Wir checkten morgens in Hama aus, holten Frühstück und brachen gen Norden auf. Zwischen Idlib und Halab (Aleppo) verfuhren wir uns beim Abzweigen zum Simeonkloster (Dayr bzw. Qal’a Sam’an) leicht. Nachdem ich das Auto auf der linken Spur zum Stehen gebracht und über den Mittelstreifen an einer Wendestelle auf die Gegenfahrbahn manövriert hatte, probierten wir gleich die erste Abfahrt nach Norden aus, die allerdings schnell auf eine Schlaglochpiste führte. Der zweite Abzweig war auch noch zu früh, jedoch winkten uns die Bauarbeiter durch die Baustelle und auf dem holprigen, welligen Erdboden konnte man halbwegs fahren. Allerdings atmeten wir schon auf, als ich in Ash-Shaykh ’Aly die hohe Schwelle von der Baustellenstraße auf die asphaltierte und freigegebene Straße überwunden hatte. Von diesem Ort aus war es kein großes Problem mehr, das Qal’a Sam’an, das Simeonkloster, zu finden.
Im Syrien des 4. Jhdt. n. Chr. verdingten sich tausende Eremiten auf der Suche nach Gottesnähe in Höhlen oder Klöstern. Einer, der bald wie ein echter Star gefeiert wurde, war Simeon (Sam’an), der meinte, er müsste die ortsgebundene Askese besonders hart betreiben und den Rest seines Lebens auf einer Säule verbringen. Von dieser Säule, die, da seine Fans ihn nervten, mit der Zeit immer höher gebaut (bis zu ca. 20m) wurde, ist nur noch ein 2,50m kleiner Stummel in der Mitte der Basilika des Klosters, das darum herum gebaut wurde, als Simeon verstorben war, übrig. Vom Kloster sind auch nur noch Ruinen erhalten, doch diese sind äußerst eindrucksvoll. So eindrucksvoll, dass selbst aus Tartous (280 km entfernt) eine Schulklasse ihren Tagesausflug dahin machte. Beim Anblick eines nur wenige Jahre älteren, blonden Reisenden, gab es in der Mädchenklasse natürlich das übliche Kichern, Tuscheln, auffordernde Anlächeln und Grüßen...
In der Reiseliteratur und auch auf Bildern kommt die Ausdehnung des Geländes zu kurz. Die Basilika, die kreuzförmig gebaut und mehr als 20m hoch überkuppelt war, ist das größte Gebäude, auf dem mit kurzem, blumen- und blütendurchwirkten Gras bewachsenen Gelände, auf dem sich außerdem noch eine weitere Kirche (die Taufkirche), ein Friedhofsgebäude und mehrere, mir in der Funktion unbekannte Nebengebäude befinden. Etliche Bäume, darunter auch eine Weide, stehen da herum. Der Blick ins Kalksteinmassiv mit seinen vielen Oliven- und Nadelbäumen und dem weiß-grauen, flechtenbesetzten Gestein ist grandios. Eine der schönsten Ecken Syriens!
Auf dem südlichen Weg zum Simeonkloster liegen die beiden byzantinischen Ruinenstädte Sitt ar-Roum und Refada. Die guckten wir dann noch auf dem Weg nach Halab an. In ersterer fällt zuerst eine einzeln stehende Doppelsäule auf, außerdem kann man noch eine kleine Kirche und wenige andere Gebäude, bei denen allerdings oftmals nur Fragmente einer einzelnen Mauer stehen, betrachten. Bei letzterer steht deutlich mehr, wobei irgendein Spinner eines der Gebäude wieder bewohnbar gemacht hat und da jetzt inmitten byzantinischer Ruinen wohnt und seine Viecher hält. Ohnehin sind ja viele der Gebäude nicht mehr so gut erhalten, da die Steine des Mauerwerkes geklaut und zu ein bis anderthalb Meter hohen Mauern aufgeschichtet wurden, in denen Bauern ihren Viehbestand halten. In Refada ist der Wehrturm am auffälligsten. Der Blick zum Simeonkloster ist auch nicht schlecht.
Gut war auch das Hähnchenessen in Dayr ’Ayzza: der Verkäufer nennt jeden Ausländer immer „My Friend“ und ist wirklich gut gelaunt und freundlich. Ein ordentliches Hähnchen mit Fladenbrot, etwas laschen Fritten aber dafür umso saftigeren Gurken kostet für zwei Personen (mehr als ein halbes Hähnchen pro Person ist nicht gesund!) 300 Pfund (4,80€).
Nach Halab kamen wir dann ganz gut voran, nur je näher wir der Innenstadt kamen, umso dichter wurde das Gedränge. Und die Aleppiner fahren wirklich bescheuert hektisch. In Damaskus ist zwar alles unübersichtlicher, aber viel weniger aufgeregt und aggressiv als in Aleppo. Auch das Hotel, was wir erfreulich schnell fanden, war nicht so zufriedenstellend. Im Plattenbau des „Funduq Yarmouk“ was nach dem Fluss zwischen Jordanien und Syrien, an dem 636 eine der beiden bedeutendsten Schachten des islamischen Eroberungsheeres stattfand (Sieg gegen die Byzantiner), lässt es sich zwar aushalten, aber ein bisschen weniger als 1.000 Pfund (fast 17€) für ein Doppelzimmer (1.400L/ 23€ für Dreier) wären angebracht, bei einem nach Chlor stinkendem Bad, plasteverkleideten Wänden, abgeblätterten Holzbetten, ausgeleierten Türen und insgesamt einem 70er Jahre DDR-Feeling. Die Angestellten und Betreiber des Hotels können übrigens fast alle nur Arabisch, sind dafür aber reichlich unmotiviert und kühl im Auftreten. Kein Vergleich zu stets gut gelaunten und freundlichen Hoteliers wie denen im „Cairo“ oder vor allem „Riad“ (Hama), „Sun“ (Palmyra), „Umayya Djediyd“ (Dayr Az-Zour) und „Qasr Randa“ (Damaskus). Bis auf die hervorragende Architektur, die wir aber an diesem Donnerstag nur im Vorbeifahren bzw. –gehen erlebt hatten, machte die mit zwei Millionen Einwohnern zweitgrößte Syriens keinen besonders guten Eindruck.
Statistik:
Tageskilometer: 240 (Auto)
Saisonkilometer: 22.560 (15.120 Auto/ 3.000 Flugzeug/ 2.320 öffentliche Verkehrsmittel/ 2.120 Fahrrad)
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