Montag, 22. März 2010

W187-SY6: Ins Herz der Syrischen Wüste

DAMASCUS: http://www.flickr.com/photos/fchmksfkcb/sets/72157623526378867/
SYRIAN DESERT: http://www.flickr.com/photos/fchmksfkcb/sets/72157623652597562/
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Wir verabschiedeten uns im Hotel Qasr Randa, holten uns Croissants vom Bäcker und frisch gepressten Orangensaft von einem Getränkestand. Dann liefen wir durch die anderen Teile der Altstadt, die wir am Vortag nicht besucht hatten. Die Zitadelle mit dem Saladins-Denkmal „Befreiung von Jerusalem“ lag natürlich als Startpunkt am nächsten: die beiden oben genannten Läden und unser Hotel liegen in derselben Straße wie die Zitadelle. Diese ist leider immer noch wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Dann geht es durch einen überdachten Souq (Markt), an dessen Ende ein römischer Tempel steht: zumindest dessen Säulen und Bogenreste. Direkt vorm Jupitertempel befindet sich eine der für den Islam wichtigsten Moscheen. Im Gegensatz zu den meisten anderen wichtigen wie jene in Mekka, Medina und Jerusalem, kann man auch als Nicht-Muslim hinein. Das zwar angeblich nur für 100 Pfund (1,60€), aber das ist von der Tageszeit abhängig – wir kamen gratis rein und andere nicht-muslimische Touristen vor uns auch.

Das Schauspiel, was sich einen in der nach der islamischen Herrscherdynastie der Umayyaden (661-750) benannten Moschee bietet, ist ebenso typisch für Syrien, wie der Umstand, dass man auch als Nicht-Muslim in ein so wichtiges Heiligtum hinein darf. Kaum haben wir die Schuhe ausgezogen, werden wir auch schon von einer persischen Reisegruppe weiter gedrängt. Im Gebetsraum sind nicht nur einige Prediger zu Gange, die mehrheitlich Perser sind, sondern auch Touristen und Pilger, die mehr zum Fotografieren und Filmen als zum Beten gekommen sind. Vor mir geht z.B. eine, bis auf das Gesicht völlig in ein schwarzes Gewand gehüllte, junge Frau, die mit einer richtig dicken Canon fotografiert. Ein paar Meter weiter liest ein alter Mann im Koran. Einige Schritte weiter wird gebetet, während ein junger Araber sich zwischen die Pilger vor dem Schrein Johannes des Täufers drängt, um ein Foto vom Sarg zu machen. Und ja: der Johannes wird hier in dieser Moschee verehrt. Im Innenhof geht es noch recht lässig zu, da er sehr groß ist. Spektakulär sind das vergoldete Schatzhaus und die ebenfalls gold überzogenen Wände des Arkadenganges. Man entdeckt auch – typisch für die Umayyaden, die in manchen ihrer Schlösser Mosaike mit nackten Frauen hängten – dass hier das ohnehin umstrittene, da nicht im Koran erwähnte Bilderverbot wenig ernst genommen wird: etliche Pflanzen und Gebäude sind zu sehen – und es sollen sogar an einigen Stellen Personen abgebildet sein. Richtig eng wurde es dann am Schrein von Imam Hussayn, wo der enge Eingang von hunderten von Leuten auf ein Mal benutzt wurde. Meistens Perser, aber natürlich auch Araber. Vor dem Schrein, den man im zweiten Raum findet, schlagen sich dann teils weinende und schluchzende Frauen in schwarzen Gewändern und Männer in normalen Straßenklamotten zu religiösen Gesängen in Andenken an den 680 verstorbenen Imam auf die Brust. Der Einzige der uns hier ansprach, war ein Iraner, der uns erklärte, dass der Iran wirklich toll sei, aber Deutschland auch – und das der Kopf vom gesegneten Imam Hussein hier liegt.

Erst nach einer Stunde hatten wir alles in der Umayyaden-Moschee besichtigt. Zuvor hatten wir schon die größte syrisch-orthodoxe Kirche, wo uns ein Bediensteter durchführte, besichtigt. Dieser erbat dann noch eine möglichst große Spende: da man eh nur 500-Pfund-Scheine beim Wechsler bekommt, die dann oft viel zu groß für Einkäufe sind, bekam er halt einen davon. Er war ja nicht für ihn, sondern für die Schule der Gemeinde gedacht.
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Nach einem leckeren saudi-arabischen Essen im Mat’am Masry – und nachdem derjenige, der uns einfach zugeparkt hatte, aus dem Laden gerufen wurde – fuhren wir aus der sehenswerten syrischen Hauptstadt nach Norden heraus. Auf der Autobahn bretterten wir durch die schöne Berglandschaft – ein paar Kilometer nördlich von Damaskus steht ein kleines Schloss (Khan al-Arous) direkt an der Autobahn, dessen Besichtigung wir aber auf ein paar Tage später verschoben – dann wieder einmal in An-Nabk verfahren, aber nach ein paar Minuten zur Klosterstraße Dayr Mar Musa gefunden und an diesem vorbei. Gleich nach dem Kloster sind rechts und links der Straße riesige militärische Einrichtungen. Dort sollte man auf keinen Fall anhalten, außer man wird angehalten. Das wird dann erst an einem Checkpoint kurz vor der Auffahrt zur Schnellstraße passieren. Irgendein unfreundlicher Soldat kontrolliert Pass und Visum und fragt dann nur, wo man herkommt und wo man hinfährt. Eine der Situationen, wo man besser Arabisch können sollte, da die Typen meist keine Fremdsprache sprechen.

Auf der prima ausgebauten Schnellstraße (100 km/h Tempolimit, aber wer kann, der fährt andauernd mindestens 120 km/h) erreichten wir bald ein weiteres Militärgebiet. Das war aber erstens sehr klein und zweitens hielt uns nur deshalb ein Soldat an, da er nach Hause in den übernächsten Ort wollte. Wir nahmen ihn also mit in seine Heimat, eine Kleinstadt, die Al-Qaryatayn heißt, was wörtlich „Die Zwei Dörfer“ bedeutet. Nachdem wir den freundlichen Soldaten abgesetzt hatten, fuhren wir nur zum Kloster am Ortsrand, das sehr interessant aussieht. Das größte Gebäude des Elias-Klosters ist übrigens erst 2006 erbaut worden. Das orientalische Christentum ist also zumindest in Syrien noch lange nicht tot, was manche Schwachköpfe, die sich mehr oder weniger intensiv mit dem Christlichen Orient oder dem islamischen Kulturraum befasst haben, gerne behaupten.
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Schroffe Berge in einigen Kilometern Entfernung im Blick, Beduinen mit ihren Schafen links und rechts der Farbahn, klapprige LKWs, die man trotz ihrer völlig bescheuert hohen Geschwindigkeit von bis zu 110km/h lässig überholt. So fuhren wir zum Westlichen Wüstenschloss der Umayyaden, dem Qasr al-Hayr al-Gharby. Das wird zwar in jedem Reiseführer schlecht geredet, aber ich fand es schon lohnend, die Abfahrt am dritten Schild (ist etwas unübersichtlich, aber man merkt nach 500m, wenn man falsch abgefahren ist) zu nehmen, um die 15 Meter hohen Reste des Turms, von dem nur noch eine Mauer komplett steht, und die maximal 2m hohen Mauerreste der anderen Gebäudeteile zu begucken. Ein Türbogen und ein behauener Stein mit Kreuzsymbol fallen auf. In der Tat ist das Schloss aber schlecht erhalten.

Die Straße blieb weiterhin richtig gut, der Verkehr war alles andere als dicht, aber man hatte selten eine völlig freie Fahrbahn. Irgendwann kommt dann Richtung Palmyra das legendäre Baghdad-Cafe, eine Raststätte im Beduinen-Style. Dann Khunayfis, eine „Verbotene Stadt“ d.h. eine nur von Arbeitern (hier wohl eine Mine oder ein Steinbruch) bewohnte Stadt – hier eher Dorf –, die man nur mit Sondergenehmigung befahren und betreten darf, die man auch nur bekommt, wenn man dort jemanden kennt. Dann kommt schließlich noch ein Abzweig zum Khan Hallabat, einem weitere umayyadischen Schloss. Erstes Problem am Abzweig: er ist nur auf Arabisch ausgewiesen (خان الحلبة) – das war für uns kein Problem. Doch das zweite Problem war, dass die Straße hinter der Schafsfarm gesperrt war. Und acht Kilometer die gesperrte Stichstraße entlang laufen, kann man echt vergessen. Dann halt irgendwann einmal später.

Schließlich kamen wir zum Sonnenuntergang in Palmyra bzw. Tadmour an. Die Ruinen guckten wir nur flüchtig an, da wir das bei besserem Licht am nächsten Tag ausgiebig vorhatten. Die Stadt lebt leider vor allem vom Tourismus, was nach einhelliger Meinung schlechte Preis-Leistung, Abzocke und miese Qualität bei touristischen Einrichtungen bedingt. Über das „Hotel Sun“ kann ich jedoch nicht so sehr meckern, denn der freundliche Hotelier war nicht nur einer, der sich mit einen trotz ordentlicher Englischkenntnisse auch gerne in elementarem Arabisch unterhält, sondern auch einer, der ordentlich Preise macht (1.000 Pfund = 16€ für eine Nacht im Doppelzimmer). Die Zimmer sind völlig O.K. wobei sie recht kahl und zudem im Kellergeschoss und damit nur mit Neonlicht ausgeleuchtet sind. Der größte Mangel ist, dass mitunter das Wasser nicht warm wird. Zum Abschluss des Tages aßen wir noch ein einem wirklich guten Restaurant ein Beduinen-Gericht mit Kamelfleisch: sehr gut – geschmacklich ähnlich wie Rindfleisch, aber deutlich weicher und zarter. Jedoch waren wir die einzigen Gäste und die Preise waren erwartungsgemäß hoch: 24€ für uns beide (Suppe, Getränke, große Fleisch- und Reispfanne) sind zu hoch für syrische Verhältnisse.
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Statistik:
Tageskilometer: 330 (Auto)
Saisonkilometer: 20.920 (13.480 Auto/ 3.000 Flugzeug/ 2.320 öffentliche Verkehrsmittel/ 2.120 Fahrrad)

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