Nach einer angenehmen Nacht im „Randa Schloss“ ging es nach Süden. Erst ein paar Mal im südlichen Damaskus verfahren – dann beim Tanken gemerkt, dass man nicht zu viel einfüllen sollte, da es sonst unten raus läuft. Im weiteren Verlauf haben wir noch erfreut das rege Sporttreiben auf dem Standstreifen der Autobahn wahr genommen: da trainierten zwischen Damaskus und Bosra fast 20 Leute in kleineren Gruppen oder alleine mit dem Rennrad (meist sogar sehr gute Modelle – und fast alle trugen einen Helm, was nur 2% der Motorrad- und Mopedfahrer tun sowie 1% derjenigen Fahrradfahrer, die mit unbeleuchteten und durchgerosteten Karren im Stadtverkehr auf der dreispurigen Straße einen auf Geisterfahrer machen) auf der Autobahn. Beste Szene: eine Gruppe dreier junger Männer und einer Frau fährt auf der rechten Spur im Windschatten eines Kleintransporters mit gut 50 km/h. Geschwindigkeit ist übrigens vor allem auf der Autobahn ein Problem, da dort jeder so fährt wie er kann: erlaubt sind 110, der schnellste Bus fährt 120, der neue Porsche 170, der alte Lada 80 und der uralte Kleintransporter 35.
In Bosra angekommen, konnte man kostenlos vorm römischen Theater parken und für nur nicht einmal drei Euro die extrem gut erhaltene Anlage besichtigen. Die Tourismusindustrie ist zum Glück nicht so rege in Bosra: nur ein paar freundliche und wenig aufdringliche Kinder und Männer, die „Original Münzen“ aus der Römerzeit oder Postkarten anbieten. Im Theater haben die Hausverbot. Hier wird man nur von den freundlichen Kassenverantwortlichen und dem ein oder anderen Besucher ausgefragt. Und gerade das macht die Interaktion mit den Einheimischen aus: zum Beispiel die eine Jugendliche aus der Mädchenschulklasse, die bei unserer Ankunft mit der Besichtigung fertig waren, und uns gleich neugierig mit ihrem süßem Lächeln nach Herkunft, Name und so was fragte. Aber selbst wenn man ganz alleine durch das Theater geht, wird es nicht langweilig: hervorragend erhalten, dunkle Gänge hinter und unter der Bühne, herrlich restaurierte Säulen auf der Bühne, davor bis zu 45 Reihen, die dem Halbrund eine Kapazität von knapp 15.000 Zuschauern geben und noch etliche Mosaike und Figuren im hinteren Bereich. Damit ist es in Bosra aber noch nicht getan: zwei Moscheen aus römischem Baumaterial, zwei verfallene Kirchen aus byzantinischer Zeit, dutzende Privathäuser, die zum Teil auch nach über 1.500 Jahren noch bewohnt sind, einige hundert Meter römische Pflasterstraße und herrliche Thermen-Ruinen. Durch Bosra kann man mehrere Stunden laufen!
Wir fuhren ein Stück zurück und folgten dann der Straße nach Norden, die in einem kleinen Dorf mit drei Kirchen – eine größer als die andere, davon noch eine im Bau – abknickt. Nach einer halben Stunde kommt man in As-Suwayda (wörtlich: die Schwarze (Stadt)) an. Dort ist aber kaum noch etwas von den Gebäuden zu sehen, die wie in Bosra und dem ganzen Hauran (Süden Syriens) aus dem namensgebenden schwarzen Vulkangestein gebaut sind. Und jene noch übrige gammeln an der Durchfahrtsstraße in die sozialistisch gebaute Großstadt vor sich hin. Immerhin kann man in Suwayda problemlos ein Mal rechts abbiegen und nach 100m einen Parklatz auftun, um dann Obst zu kaufen und ein gebratenes Hähnchen mit Fladenbrot (das dünne arabische, nicht das dicke türkische, was man aus dem Aldi kennt) und Knoblauch-Dipp zu essen. Die Händler waren, wie üblich in Syrien, auch alle sehr freundlich – im Übrigen auch viel unaufdringlicher als z.B. in Tunesien und nie zu Ungunsten des Kunden handelnd. Besonders beim Mann am Broilerstand war es lustig: der ließ mich auf Arabisch reden ohne mich mit Englisch zu unterbrechen, wie es einige aus Freundlichkeit machen, und wollte dann nur ein paar Vokabeln wissen – wie Knoblauch auf Englisch und Deutsch heißt z.B.
Wir fuhren noch einen Umweg auf dem Weg nach Damaskus zurück: in Qanawat haben wir aber nur den unspektakulären Tempel gefunden, da die Sehenswürdigkeiten (ein Saray und noch ein paar römische Bauten) nicht richtig ausgeschildert sind [Später haben wir sie aber doch noch gefunden]. Qanawat ist aber übrigens eine sehr schöne, saubere und mit guter moderner Architektur errichtete Kleinstadt mit mehrheitlich drusischen Einwohnern. Die gelten als abtrünnig vom Islam, nehmen also auf jeden Fall eine Randströmung in dieser Weltreligion ein, und siedeln vor allem im Süden Syriens. In Qanawat haben sie es anscheinend zu Reichtum und Wohlstand gebracht, was nicht ungewöhnlich ist in Syrien: Minderheiten sind oft überdurchschnittlich reich; in anderen Landesteilen sind das vor allem Christen.
In Shahba war es für Fotos schon zu dunkel – war ja auch ein regnerischer Tag –deshalb verlegten wir die Besichtigung der römischen Ruinen ans Ende der Reise. Wir fuhren über gute Landstraßen, die nur ab und zu plötzlich wegen Baustellen verengt wurden (und plötzlich heißt auch plötzlich: ohne Schild vorher, wird man auf die Gegenfahrbahn, die zweigeteilt wird, geleitet – wenn es wieder rüber geht, steht vor der 50 cm hohen Betontrennwand ein Pfeil nach rechts) in die Hauptstadt zurück. In Damaskus kamen wir an der schiitischen Moschee Sayyide Zeynab vorbei, wo man Schwerter des rechtgeleiteten Kalifen ’Ali und seine Fotos mit grünem Turban kaufen kann, und fanden von dort den Weg mit dem schlechtem Stadtplan aber ohne Verfahren zum Hotel. Bei dieser Stadt: einfach nur erleichternd!
Statistik:
Tageskilometer: 320 (Auto)
Saisonkilometer: 20.420 (12.980 Auto/ 3.000 Flugzeug/ 2.320 öffentliche Verkehrsmittel/ 2.120 Fahrrad)
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