Freitag, 26. Februar 2010 - Anstoßzeit 14.00
Daury As-Suriyy Ad-Daradja Ath-Thaniyya (دوري السوري الدرجة الثانية) = Zweite Syrische Fußballliga: Halbprofiliga
Ergebnis: 0:1 nach 95 Min. (47/48) - Halbzeit 2:0
Tore: 1:0 40. Nr. 40, 2:0 43. Nr. 36, 2:1 48. Nr. 11 (Elfmeter), 3:1 69. Nr. 11
Verwarnungen: Nr. 6, Nr. 11, Nr. 21 (Nidhal), Nr. 12 (Sahel)
Platzverweise: keine
Spielort: Malaab Nady An-Nidhal Ar-Riyadhiyy (ملعب النادي النضال الرياضي, Kap. 2.500, davon 2.000 Sitzplätze)
Zuschauer: ca. 500 (davon ca. 40 Gästefans)
Spielqualität: 6,0/10 (Vor allem in der zweiten Halbzeit flott)
Sightseeing: 5,0/10 (Schlechtes Wetter, außerhalb von Damaskus nur ein bisschen schöne Landschaft und in Damaskus nur wenige Sights besucht)
FOOTBALL: http://www.flickr.com/photos/fchmksfkcb/sets/72157623652400008/
WADI BARADA ETC. http://www.flickr.com/photos/fchmksfkcb/sets/72157623527690347/
DAMASCUS: http://www.flickr.com/photos/fchmksfkcb/sets/72157623526378867/
Wir standen mal wieder kurz nach sieben auf und verließen das Hotel zuerst in Richtung der Bäckerei, die sich in derselben Straße befindet. Dort holten wir nicht nur etwas zu essen, sondern lösten auch das Problem mit dem Anlasser. Der freundliche Mitarbeiter telefonierte etwas mit denen von „Europcar/ Marathon Damaskus“ und konnte uns daraufhin erklären, was wir beim Startvorgang die ganze Zeit falsch gemacht hatten, sodass der Wagen oftmals erst nach 10 oder 20 Versuchen ansprang.
Ab nach Westen gen Libanon. Nein, wir sind nicht ins Nachbarland gefahren, sondern nur bis kurz vor die Grenze, da sich dort ein beliebtes Ausflugsgebiet befindet. Entlang des Barada Flusses befinden sich spektakuläre Berge, teilweise sogar recht stark bewachsen, an deren Hängen sich kleine und mittlere Orte schmiegen. Als wichtigste sind Wadi Barada, Az-Zabadani und Bloudan zu nennen. In ersteren genossen wir nur die Landschaft und im zweiten Ort gibt es kaum Sehenswertes, sodass wir weiter nach Bloudan fuhren. Dort findet man dann ein paar evangelische Kirchen (ganz selten in Syrien, da die meisten Christen dort katholisch, armenisch-apostolisch oder syrisch- bzw. griechisch-orthodox sind) und einige Moscheen, wovon die eine extrem hoch gebaut ist. Aber auch dort strömten keine Massen ins Freitagmittaggebet, was das wichtigste der ganzen Woche ist.
Zurück in Damaskus fanden wir nach ein bisschen Verfahren einen Parkplatz im christlich geprägten Stadtteil At-Taba’leh. Wir stellten uns dort neben den armenischen Friedhof und liefen die Querstraße raus, wo eine Fußgängerunterführung das gefahrlose Queren der sechsspurigen (bei hohem Verkehrsaufkommen drängen sich auch mal Autos so zwischen andere, dass man bei acht oder zehn Spuren ist) Straße ermöglicht. Man kommt vor einer recht modernen Moschee namens „Djamiy’ Fatih Islamy“ raus und muss dann links von ihr gerade aus die Straße entlang gehen. Die nächste Straße rechts rein und schon steht man vorm Haupteingang des Stadionareals. Die Ordner und Polizisten vorm Eingang hatten ihre Freude am deutschen Besuch. Da bekam ich gleich mal ein paar Mandarinenstücke geschenkt, als ich die 50 Pfund (0,80€) kostenden Karten kaufte.
Als wir eintraten lief noch ein Jugendspiel. Nachdem Nidhal einen Elfmeter im Nachschuss verwandelte, fragte ich einen Mann nach dem Spielstand: „itnään – tnään“ – „2:2“. Damit gab sich Nidhal nicht zufrieden. Wahnsinn, was wir in diesen letzten 10 Minuten des U-19 Spiels so alles erlebten: eine gelb-rote Karten gegen Nidhal wird zurück genommen, da sie dem falschen gezeigt wurde, vor der Wechselbank muss eine Rauferei zwischen Zuschauern, Linienrichter, Gästespielern und Heimbetreuern von der Polizei geschlichtet werden, dann erzielt Nidhal das 3:2 und schließlich fliegt ein Gästespieler wegen Schiedsrichterbeleidigung vom Feld und pöbelt noch eine Weile weiter. Nach Spielschluss muss dann die Polizei mit erhobenem Schlagstock eine Massenschlägerei verhindern, während die meisten Nidhal-Spieler ausgelassen feiern.
Nidhal, vor dem Spiel Tabellenführer der Südstaffel mit einem Punkt vor Hittin Al-Ladhiqiyah (und damit aufstiegsberechtigt), heißt übrigens „Kampf“, „Widerstand“ oder „Zweikampf“ – wobei sich die ersten beiden Begriffe mehr auf kriegerische Auseinandersetzungen und der letzte Begriff auf Sport bezieht, was sicher eine gewollte Doppelbedeutung ist. Die Gäste, die nur 10. von 13 waren und damit den letzten Nichtabstiegsplatz (11. Play-out, 12. und 13. direkt Abstieg) belegten, heißen nach der Küste (Sahel) von der sie kommen. Das Stadion des Damaszener Clubs ist wirklich cool: zwischen mehreren Plattenbauten vor der Altstadtmauer gelegen, eine Moschee in Sicht- und zu Gebetszeiten auch Hörweite, wobei gerade einmal drei Fans beteten, als das Nachmittagsgebet in der Halbzeitpause war, hat die Anlage vier Bolzplätze in Handballfeldgröße, wovon einer eine Tribüne für vielleicht 500 Leute hat, ein Schwimmbad, Fitnessräume und vor allem den Hauptplatz mit einer ausgebauten Längseite (10 Stufen für 2.000 Leute: mächtig abgeblättert, davor ein 1,70m Maschendrahtzaun mit kurioser Aufhängung) und zwei Seiten Stehplatzmöglichkeiten (500 Leute) hinter einem hohen Maschendrahtzaun. Das Spielfeld ist aus etwas zertretenem Kunstrasen.
Fans waren nur wenige da: etwa 460 waren neutral oder für Nidhal, wobei nur sporadisch 50 bis 100 Leute angefeuert haben: vor allem ein Jugendlicher, der mit lapprigem Trainingsanzug und Badelatschen ins Stadion ging und dort nicht nur mit seinen Kumpels so redete, wie man das als Deutscher von „solchen Südländern“ erwartet, sondern auch eine Trommel kunstvoll schlug. Die restlichen 40 waren für Tartous, doch von denen kam nur einmal Torjubel und kaum Dazwischenrufen. Nach dem Spiel unterhielt sich auch ein junger Mann mit mir, der vom Äußeren her Tscherkesse gewesen sein müsste. Der war nicht so begeistert vom Spiel, aber lobte den 21er, der mir auch positiv auffiel. Aber ob er es in die erste Liga schafft, so wie es der Tscherkesse wünschte, kann ich nicht abschätzen, bei dem Leistungsgefälle zwischen den beiden Ligen.
Das Spiel war gar nicht schlecht, doch die ersten 20 Minuten schleppten sich fürchterlich dahin. Auf die Halbzeit zugehend wurden die Fehlpässe weniger und die Torchancen mehr. Schöner anzusehen, als ein Spiel der am ehesten mit der 2. Liga vergleichbaren deutschen Oberliga (Semiprofi-Grad, Umfeld, Spielstärke, der große Unterschied zur Bundes- bzw. 1. Syrischen Liga etc.) war es allemal. Vor der Pause schaffte es der Gastgeber auch endlich mal zwei Tore rein zumachen.
Die zweiten 45 + Minuten waren dann deutlich besser, wobei nun auch härter gespielt wurde. Für ein Spiel in Syrien aber sehr diszipliniert und außer wenigen Pöbeleien war auch auf der Tribüne keinerlei Aggression da. Bald nach der Pause bekam dann der Gast einen berechtigten Elfmeter zugesprochen, der von einem Sahel-Spieler, der den Nidhal-Torwart verlud, verwandelt wurde. Die Entscheidung fiel in der 76. Minute, als das schönste Tor der Partie vom 11er von Nidhal erzielt wurde: im vollen Lauf auf Höhe des Elfmeterpunktes über den grätschend anfliegenden Torwart gelupft und per Aufsetzer ins Netz.
Bald darauf war auch Schluss und wir bemerkten verwundert die weitere Infrastruktur des Stadions: weder Toiletten, noch ein Imbiss und gar ein Sportgeschäft sind Standard bei einem Zweitligastadion.
Wir liefen dann noch zum nahe gelegenen Stadttor Bab Sharqy, wo wir auf dem Weg dahin zum Fußball auf einer Wiese eingeladen wurde – schon lustig, wenn da ein paar kleine Jungen angestürmt kommen: „Helloooo! Whots you näääm? Wont plääy soccer?“ – aber dann doch lieber einen ersten Teil der Sehenswürdigkeiten der Damszener Altstadt ansahen. Diese ist sicherlich eine der sehenswertesten der arabischen Welt, doch natürlich sind auch viele Häuser verfallen und stören das das Bild der schönen, holzverleideten und mit bunten Steinen und Kalligrafien in schwarz oder gold bestückten Häuser. Auch etliche sehenswerte Kirchen und Moscheen sind im südlichen Teil der Altstadt auszumachen. Als es dämmerte, liefen wir zum Auto zurück. Die benachbarte Kirche schlug gerade die Glocken und eine Musikgruppe trommelte und trompetete wild zu einer Prozession. Wir aßen noch im Mat’am Masry (in der Straße vorm Hedjaz-Bahnhof; sehr freundliche Bedienung und sehr gutes, aber trotzdem billiges Essen: zwei Personen zahlten für ein normales Gericht mit Vorspeise und Getränk knapp 10€) und gingen dann verhältnismäßig früh ins Hotel. Am nächsten Tag standen andere Stationen in der Altstadt an.
Statistik:
Ground Nr. 396 (ein neuer Ground; diese Saison: 65 neue)
Sportveranstaltung Nr. 959 (diese Saison: 101)
Tageskilometer: 170 (Auto)
Saisonkilometer: 20.590 (13.150 Auto/ 3.000 Flugzeug/ 2.320 öffentliche Verkehrsmittel/ 2.120 Fahrrad)
Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 48
Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 187 – Betonung liegt hier übrigens auf Woche; einige meinten, die Serie sei gerissen, da ich weder Samstag (27.2.) noch Sonntag (28.2.) ein Spiel geguckt habe: aber es sind in manchen Ländern halt andere Wochenrhythmen, sodass die Zeit von Montag bis Sonntag zählt, in der ich für meine Serie mindestens eine Sportveranstaltung gesehen haben will.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen