Dienstag, 26. Februar 2013

W342VI: Amateurfußball in der Großstadt und auf dem Land => Algerien Tour (10/21)

* Tag 9: Amateurfußball in der Großstadt und auf dem Land*

Assoc. Sp. Madinet d'Oran (الجمعية الرياضية لمدينة وهران) U21
1 : 1
Mouloudia Olympique Béjaïa (نادي مولودية أولمبي بجاية) U21
- Datum: Freitag, 15. Februar 2013 – Anstoß: 11.00
- Wettbewerb: Ligue Deux U21 (2. algerische Reserveliga)
- Ergebnis: 1-1 nach 93 Min. (46/47) – Halbzeit: 1-1
- Tore: 0-1 13. (10), 1-1 41. (11)
- Verwarnungen: Nr. 33 (ASMO); Nr. 5 (MOB)
- Platzverweise: keine
- Spielort: Stade Ahmed Zabana (Kap. 30.000, davon 3.000 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 80 (darunter ca. 20 Gästefans)
- Unterhaltungswert: 3,0/10 (Dürftiges Gekicke mit einzelnen guten Szenen)

Jeunesse Sportive de Sig / Nadi Chabab (نادي شباب سيق)
2 : 1
Chabab Riadhi Baladiat Aïn Turck (عين الترك البلدية شباب)
- Datum: Freitag, 15. Februar 2013 – Anstoß: 15.00
- Wettbewerb: Ligue Inter-Régions de Football Algerie, Groupe Ouest (Überregionale Liga, Gruppe West = 4. algerische Fußballliga, 2. Amateurliga)
- Ergebnis: 2-1 nach 94 Min. (46/48) – Halbzeit: 1-0
- Tore: 1-0 35. (11), 2-0 64. (10), 2-1 91. (9)
- Verwarnungen: keine
- Platzverweise: keine
- Spielort: Stade Municipale de Sig/ Said Ahmed (Mal’ab al-Balady, Kap. 5.000, davon 2.500 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 200 (darunter ca. 2 Gästefans)
- Unterhaltungswert: 5,0/10 (Durchschnittliches Amateurspiel vor unterdurchschnittlicher Kulisse in einem genialen Stadion)
DSC04806 Photos with English Commentary:
a) Algerian Reserve League: ASM Oran v MO Bejaia
b) ALGERIAN AMATEUR LEAGUE 2: JEUNESSE SIG – CRB AIN TURCK

Diesmal guckten wir das erste Spiel des Tages erst um 11 Uhr. Im Malaab Ahmed Zabana, benannt nach einem Revolutionär aus Ben Bellas Zeiten dessen imposante Statue gleich hinter dem wuchtigen Eingangstor steht, dass auch als Stade 19. Juin 1965 bekannt ist, stieg ein Spiel der Reserveliga zwischen Association Sportive Madinet d’Oran und Mouloudia Olympique Béjaïa. Für so eine Paarung, die im weitesten Sinne ein Vorspiel zum 15-Uhr-Spiel der 2. Profiliga zwischen den Erstvertretungen beider Teams ist, ist das 30.000 Zuschauer fassende, derzeit etwas modernisierte Stadion, deutlich zu groß. Die paar Dutzend Fans waren alle in einem Block, damit auch niemand, der gratis zum Reservenspiel gekommen ist, den Eintritt fürs Hauptspiel prellt.

In der eindrucksvollen Betonschüssel schien auch der Kunstrasenplatz etwas überdimensioniert zu sein für die Reserve der Städtischen Sportvereinigung und der II. Mannschaft der Berber von der Küste mit der Krabbe im Wappen. Das Spiel war sehr langsam und bei aller Ballsicherheit und Technik – die Schüsse waren unter aller Sau. Wenigstens hat jede Seite je einmal getroffen, sodass ein gerechtes aber nicht torloses Unentschieden am Ende bei heraussprang. Zum Ende des Spiels fragten uns dann doch mal endlich welche nach unserer Herkunft – die Leute bei ASMO waren sonst genauso unsympathisch wie die Meisten in den meisten Teilen der Stadt Oran. Auffälligerweise tauten die zwei älteren Männer spürbar auf, als wir uns als Deutsche zu erkennen gaben. Erschreckend, wie vielen Leuten in Oran man ihre anti-französische Haltung, die sie in ihrem für Algerien und die gesamte arabische Welt völlig unnatürlichen Fremdenhass jedem weißen Ausländer durch einfaches Ignorieren (wenigstens keine Aggression, aber bei einem so herzlichen Volk wie dem algerischen fällt Ignorieren sofort auf) entgegenbringen, deutlich anmerkt. DSC04890 In Sig, einer Landstadt im Bezirk Mua’skar („Schlachtfeld“, franz. irreführend Mascara, römisch Tasacora) im Hinterland von Wahran, waren die Leute gleich ganz anders. Beim Betreten das herrlichen Stadions „Stade Municipal bzw. Malaab al-Balady ,Said Ahmed’“ meinte der Kassenwart einfach nur auf Französisch: „Kommen Sie rein“ und der Polizist winkte uns auch durch. Die 0,10€ Eintritt (10 Dinar kostete eine Karte) hätten wir doch gerne bezahlt! Gleich darauf lernten wir einen ortsansässigen Optiker kennen, der Ende der 70er bis Anfang der 80er in Jena studiert hatte und Thüringen gut kannte bzw. wie er meinte „den Süden des Demokratischen Deutschlands“. Von ihm bekamen wir dann die nächste Einladung: freundlicherweise gab er uns nach dem Spiel Kaffe und Kuchen aus.

In seinem verständlichen, aber natürlich mittlerweile mangels Übung ziemlich gebrochenen Deutsch erzählte er uns nicht nur vom FDGB-Pokal-Finale, das er 1979 live im Stadion erlebte, sondern auch einiges über den algerischen Fußball. Dieses Spiel der ar-Râbita ma-beyn al-Djuhât lil-kurat il-qadam („Überregionale Fußballliga“) war ein Duell zwischen dem Fünftplatzierten Chabab Riadhi (SV Jugend) aus Sig und dem auf Rang 11 stehenden Chabab Riadhi Baladiya Ain Turk (SV Jugend der Gemeinde Türkenquell). Wir verfolgten dass anfangs sehr flotte aber extrem einseitige Spiel, wie die meisten anderen Zuschauer auch, von der Wellblech überdachten und mit blauen Holzbänken bestückten Hintertortribüne. Eine Längsseite weist zwei klotzige Stehtribünen aus Beton auf, die andere herrliche Holztribünen mit Wellblechdach und teilweise beschädigten blauen Planken, was wohl auf das Konto der Fans von Hilal (Croissant) Sig geht, die weit zahlreicher bei Spielen der 1. Amateurliga erscheinen, als hier bei Jeunesse Sig in der 2. Amateurdivision. Interessant war auch die winzige Wellblechtribüne zwischen dem Sprecherturm und der originellen Anzeigetafel (statt Heim und Gast bzw. Loceaux und Visiteur waren Piktogramme angebracht: ein Haus und ein Bus mit Strichmännchen daneben): Dort saßen nur Ehrengäste und die einzigen weiblichen Spielbesucher. Den Sigoise war die konservative Haltung schon an der Kleidung anzumerken – hier war man halt bei Bauern und Arbeitern auf dem flachen Land – aber trotzdem (oder vielleicht auch gerade deshalb aufgrund des Gastfreundschaftsgedanken im islamischen Bereich) waren sie hier freundlich.

Sig belagerte jedenfalls lange erfolglos das Tor von Ain Turck, ehe ein Kopfball an den Pfosten gelangte und im Nachschuss versenkt wurde. Das anfangs wirklich gute Spiel kam nach der Pause nicht mehr so recht in Gang. Nach einigem Leerlauf wurde allerdings das 2:0 schön herausgespielt. Ain Turck drängte dann noch etwas auf Tore, doch es gelang nur noch der Anschlusstreffer in der Nachspielzeit.

Danach waren wir wie gesagt zum Kaffeetrinken eingeladen und unterhielten uns noch etwas mit Nureddine, dem Optiker. In Sig hatten wir die einzigen Sehenswürdigkeiten, die noch verbliebenen französischen Bauten - also das Rathaus und den überdachten Markt (letzterer allerdings nach arabischem Vorbild errichtet) - bereits gesehen. Nureddine wusste noch, dass das Postamt mal eine Kirche war, kam aber auf meine Frage nach einer französischen Kirche nicht auf die Kapelle „Notre Dame de Bon Remède“ auf einem Berg außerhalb der Stadt. Diese ist allerdings auch mittlerweile abgerissen [Link: http://www.youtube.com/watch?v=vCrt2C5LcIg], was interessanterweise im Internet von einheimischen Muslime kritisiert wird, die sich über die Ignoranz die französischen Baudenkmalen gegenüber herrscht [Link: http://www.panoramio.com/photo/14224554], ärgern. DSC04910 Statistik:
- Grounds: 862 (heute 2 neue; diese Saison: 94 neue)
- Sportveranstaltungen: 1.712 (heute 2, diese Saison: 135)
- Tageskilometer: 140 (140km Auto [Mietwagen])
- Saisonkilometer: 32.900 (29.550 Auto/ 1.600 Flugzeug/ 1.600 Fahrrad/ 80 Schiff, Fähre/ 70 Bahn, Bus, Tram)
- Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 22 [Letzte Serie: 6, Rekord: 141]
- Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 342

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