Montag, 21. März 2011
W241I: Mit Feribot und Banliyö Tren ins tiefste asiatische Istanbul
Kartalspor 2 (İstanbul) 3:0 Galatasaray S.K. 2 (İstanbul)
Datum: Montag, 7. März 2011 - Anstoß 13.30
Liga: A2 Lig (1. türkische Liga für Reservemannschaften und U-23 Abteilungen der Profivereine)
Ergebnis: 3:0 nach 93 Min. (46/47) – Halbzeit: 1:0
Tore: 1-0 44. Aydın Kuzu, 2-0 56. Aydın Kuzu (Handelfmeter), 3-0 60. Ahmet Aktaş
Verwarnungen: Yağız Göktuğ Taşbulak (Kartal); Sinan Osmanoğlu, Cem Sultan (G’Saray)
Platzverweise: keine
Spielort: Kartal İlçe (Kap. 7.195 Sitzplätze)
Zuschauer: ca. 100 (davon ca. 10 Gästefans)
Unterhaltungswert: 4,0/10 (GS-Reserve enttäuschend und schwach, Kartal mit mittelmäßiger Leistung verdienter Sieger)
Sightseeing: 3,0/10 (Der uninteressanteste Teil Istanbuls: Südosten)
Photos and English Version:
a) ISTANBUL – ALL SIGHTS FROM HAGIA SOPHIA AND BLUE MOSQUE TO ANADOLU CASTLES AND ÜSKÜDAR
b) Kartalspor 2 vs. Galatasaray 2 (Reserve League)
Zu Fuß ging es nach Sirkeci, wo sich der Hafen für die „Feribot“ genannten Fähren befindet. Dort ist es ziemlich unübersichtlich und alle fremd aussehenden Leuten werden von dutzenden Schmeißfliegen wegen Bosporusrundfahrten belagert. Man muss sich an den entsprechend bezeichneten Schalter anstellen, um die Fähre von Sirkeci nach Harem zu bekommen: die Fährjetons sind andere als die Metrojetons und sogar von Linie zu Linie unterschiedlich, was natürlich völlig bescheuert ist. Heute hatten wir mit den öffentlichen Verkehrsmitteln sowie so etwas Ärger, da man, so wie man den europäischen Teil verlässt, mehr Zeit einplanen muss, da alles maroder und unzuverlässiger ist. Im asiatischen Teil waren dann auch mal meine Türkischkenntnisse gefragt. Gerade in so Stadtvierteln wie Kartal oder auch schon Harem kann keine Sau irgendwelche Fremdsprachen. Der Banliyö Tren (also Vorortzug) holpert über völlig marode Gleise – seit England nicht mehr einen so schlecht gewarteten Gleiskörper gesehen: aber da wird Deutschland in den nächsten Jahren auch hinkommen – und bringt einen erst nach 45 Minuten Verspätung und 40 Minuten Fahrt von Haydarpaşa, wo sich das ganze Militär von Istanbul zu ballen scheint, nach Kartal.
In Kartal liegt die Bahnstation mit Meerblick oberhalb des Tschetschenien-Parks. Am Rande des Parks steht eine Kemalismus-Säule: siebeneckig, da die 6 Pfeile des Kemalismus (Nationalismus, Populismus, Republikanismus, Laizismus, Etatismus und Revolutionismus) auf jede Ecke kommen müssen, ein paar Atatürk-Sprüche drauf und dann noch eine Liste von „türkischen Staaten“, die einen Bogen übers Hunnenreich von Attila bis zur Republik von 1923 spannen. Ansonsten gibt es in Kartal noch eine kleine Kirche, von der man das Kreuz und die Glocke deutlich über die Häuser hinweg sieht und Plattenbauten: mal bunt mal grau. Zwischen solchen befindet sich auch das Stadion von Kartalspor, einem mit roten und weißen Schalensitzen bestückten Rechteck. Man ist nah am Spielfeld, hat aber extrem hohe Maschendrahtzäune vorm Nischel – außer auf der verbauten doppelrangigen Haupttribüne, auf deren Unterrang wir saßen. Über der Anzeigetafel ist ein Zitat mit Porträt von Atatürk angebracht: „Ben sporcunun zeki, çevik ve aynı zamanda ahlaklısını severim“ – „Ich schätze es, wenn ein Sportler intelligent, aktiv und gleichzeitig moralisch ist“.
Kartalspor spielt 2. Liga, hat auch ganz gute Jugendmannschaften und sogar eine Frauenmannschaft in der 1. Liga (gibt aber zugegebenermaßen auch nur drei Frauenfußballligen) spielt und eine Männer-Reservemannschaft. Diese Reserve spielte heute. So eine Liga wie die „A2“ bräuchte Deutschland auch: die Reserven haben eigene Spielklassen und spielen nicht wie in Deutschland kreuz und quer mit. Die A2 ist in drei Staffeln eingeteilt und die höchste Spielklasse für solche Amateur- und U-23-Spieler. Auffällig ist übrigens die bescheuerte Anstoßzeit: Montag 13.30 – das toppt den HFC mit mittwochs 15.00 gegen Hertha II noch um Längen. Es schauten auch nur 100 Leute zu, die größtenteils das zu erwartende anatolische Publikum waren, aber das Spiel leider nicht mit Anfeuerungen untermalten.
Kartalspor war vor dem Spieltag 6. und Galatsaray 1. von 20 Mannschaften. Sie lagen 11 Punkte auseinander, doch Kartal, was übrigens „Adler“ heißt, spielte in ihrem Kartal İlçe, also „Adlerhorst“ genannten Stadion erheblich besser als die Reservetruppe von Galatasaray. Wie die mit der schwachen Technik und der Unfähigkeit im Zweikampf überhaupt einen einstelligen Platz – und dann auch noch den Spitzenplatz – belegen können, ist mir ein Rätsel. Kartalspor war klar besser und zeigte der Reserve aus dem europäischen Teil, die wohl mittlerweile genauso abgewirtschaftet hat, wie leider auch die Profimannschaft in der Süper Lig, wie man trotz technischer Mängel Tore erzielt. Kurz vor der Pause saß ein Flachschuss zwischen Pfosten und Torwarthand mit leichtem Aufsetzer.
Nach der Pause griff Kartal mit Freistößen an und schoss einmal die im Strafraum stehende Galatasaray-Mauer an: Handelfmeter. Der wurde sicher zum 2:0 verwandelt. Die beste Aktion des Spiels war der Sturmlauf zum 3:0, als sich einer alleine durchsetzte und aus spitzem Winkel den Ball am herausfliegenden Torhüter vorbei spitzelte. Ein paar ordentliche Fouls gab es auch noch, aber keine so nennenswerte Aktionen, die den Bericht hier noch weiter füllen könnten.
Nach einem Imbiss – der Döner (bzw. Yarım Ekmek Döner) in der Türkei ist übrigens nicht mit dem in Deutschland zu vergleichen: ein paar Gramm Fleisch, ein paar Pommes, etwas Grünzeug und noch Ketchup und Mayo drauf und das Ganze in ein Baguette – fuhren wir mit dem mal wieder nicht pünktlichen Vorortzug nach Haydarpaşa. Wen wundert es, dass wir die einzigen Nicht-Türken im überfüllten Abteil waren? Mich wundert eher, dass die fliegenden Händler im Zug nicht aufdringlich wurden, sondern allen Fahrgästen nur ganz normal ihren Ramsch im Zug anpriesen...
Zurück mit der Fähre und noch ein prima Essen im Buhara – das rundete den unterhaltsamen, aber von den Sehenswürdigkeiten her schwachen Tag ab. Den Bereich südlich von der Anadolu Hisarı kann ich wirklich nicht empfehlen – höchstens noch nach Üsküdar, zum Fotografieren der spektakulären westlichen Seite vom dortigen Hügel aus.
Statistik:
Grounds: 536 (heute ein neuer Ground; diese Saison: 86 neue)
Sportveranstaltungen: 1.238 (heute eine, diese Saison: 125)
Tageskilometer: 50 (40 Zug, 10 Fähre)
Saisonkilometer: 22.380 (12.070 Auto/ 4.720 Bahn, Bus, Tram/ 2.830 Fahrrad/ 1.950 Flugzeug/ 810 Schiff, Fähre)
Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 2
Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 241
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