Freitag, 14. September 2012

W318V: Balkantour 2012 – Tag 8 = Bericht (8)

| Diesmal kein Abenteuer Straße, aber das Abenteuer Fußball in Albanien |

KF Skënderbeu Korçë -------------------------------- 2
KF Apolonia Fier -------------------------------------- 0
Datum: Freitag, 31. August 2012 – Anstoß: 19.00
Wettbewerb: Kategoria Superiore (1. albanische Profifußballliga)
Ergebnis: 2-0 nach 95 Min. (48/47) – Halbzeit: 0-0
Tore: 1-0 56. Sebino Plaku (Foulelfmeter), 2-0 65. Nurudeen Orelesi
Verwarnungen: Dorian Kërçiku (Skënderbeu); Guido Tepshi, Konstandin Ndoni, Albi Llënga, Emiliano Çela (Apolonia)
Platzverweise: keine
Spielort: Stadiumi Skënderbeu (Kap. 7.500 Sitzplätze)
Zuschauer: ca. 5.000 (darunter keine Gästefans)
Unterhaltungswert: 7,0/10 (Gute Atmosphäre, noch besseres Spiel)
IMG_8008 Photos with English Commentary:
b) Castles of Albania: Berat, Elbasan, Pogradec
 
Die wir heute nur große Straßen fuhren, wurde die Route zwar etwas länger, doch weitere Straßenabenteuer mit 65km unbefestigten Bergpisten oder so was blieben aus. Es ging sogar relativ flott voran, da man z.B. von Elbasan nach Pogradec eine hohe Qualität von Landstraßentyp hat. Bevor wir uns die beiden erwähnten Orte anschauten, besichtigten wir aber natürlich den Ort, in dem wir übernachtet hatten. Berat gilt einigen als die schönste Stadt Albaniens oder zumindest auf Augenhöhe mit Gjirokastra, was wir auslassen mussten. Ich habe ja bis jetzt nur sieben Städte in diesem Land gesehen, aber ich kann mir gut vorstellen, dass bei Stadtbesichtigung Nr. 4 gleich das absolute Highlight gekommen ist. Schöne Flusstallandschaft zwischen hohen Bergen, auf dem einen Ufer ein dörflicher, christlich geprägter Altstadtbereich im osmanischen Steinhausbaustil mit charakteristischen Erkern und auf dem anderen ein größerer muslimisch geprägter Altstadtteil im gleichen Baustil, aber noch deutlich schöner da sehr enge Gassen. Sehenswert ist außerdem die Burg, die oberhalb des muslimischen Altstadtbereiches thront. Für 100 Lek (0,70€) Eintritt besichtigt man eigentlich keine Burg sondern eine befestigte Kleinstadt. Ganze Kirchen, Wohnhäuser, Geschäftshäuser usw. befinden sich innerhalb der massiven, aber teils recht stark gebröckelten Mauern, die sich auf der Spitze eines von Olivenhainen durchzogenen Berges befinden.

Nach Berat fällt Elbasan natürlich ganz schön ab. Neustadt im Stile Enver Hoxhas Diktatur und mittendrin eine quadratische, mittelalterliche Festungsstadt. Die Mauer ist in weiten Teilen erhalten, innen ist aber alles völlig zugebaut von modernen Bauten. Die drei, vier historischen Gebäude gehen in diesem architektonischen Chaos völlig unter. Was uns am meisten ins Auge fiel war die eine Moschee im Zentrum der Festung: Zu Zeiten des Kommunismus beschädigt – Minarett ab – nun mit noch nicht fertig gebautem und sehr bescheidenem Minarett versehen und bei der Freitagspredigt so was von überfüllt… OK, die Moschee ist ja nicht groß, aber so westlich wie in der Stadt Elbasan (wie in anderen albanischen Städten ja auch) alle rumlaufen, hätte ich keine überfüllte Moschee erwartet.

Wenig lohnend war Pogradec am Ohrid See. Der Sprachkundige wird sofort sagen: Was? Der Ort heißt Pogradec, als „Unter der Festung“ und liegt in Albanien? Klar: Makedonien ist in Sichtweite und so kommen auch schon mal slawische Einflüsse in den albanischen Sprachraum, der ja sprachlich eher in Richtung Griechisch geht, aber am nächsten noch mit Persisch verwandt ist. Pogradec ist jedenfalls ein gesichtsloses Badedorf und von der Festung ist nichts mehr zu sehen. Die Burgstelle befindet sich auf einem steilen Berg, der mit einem Nicht-Allradfahrzeug kaum bis zum Ende befahrbar ist.

Korçë macht da schon mehr daher, obwohl man die Stadt auch nicht als besonderen Knaller darstellen brauch. Ein wüstes Stilmischmasch ganz unterschiedlicher Qualität. Auffällig ist, dass fast nur Kirchen zu finden sind. Muslime sind hier in der Minderheit und auch die sonst in Albanien weit verbreiteten Katholiken stellen nur die zweitgrößte religiöse Gruppierung. Hier finden sich so viele griechisch-orthodoxe Menschen wie sonst nirgendwo in Albanien. Die griechisch-orthodoxe Kirche ist auch das eindruckvollste Bauwerk der 90.000 Einwohner zählenden Stadt.
IMG_7899 Trotz der ethnischen Vielfalt des Ortes – Albaner, Griechen, Slawen, Araumunen u.a. – wird auch hier von 90% der Menschen nur Albanisch gesprochen. Wir konnten trotzdem im guten und empfehlenswerten Hotel „Gold“ ohne Probleme für 21€ einchecken. Verkehrssprache im Hotel mal wieder Italienisch. Am Kartenschalter des Fußballstadions ging es sogar ganz ohne Fremdsprachen: Einfach Handzeichen für „zwei“ geben, da eh alle durcheinander brüllten. Freundlicherweise holte ein albanischer Fan der etwas vor uns am Gitter des Wettbüros, in dem es die Karten gab, stand, für uns gleich zwei Karten mit. So ein Chaos beim Kartenholen habe ich aber selbst in Nordafrika oder Indien noch nicht erlebt: Zu weniges und unfähiges Personal und dann Tumulte weil das Wechselgeld nicht stimmte und zu langsam gearbeitet wurde. Wären kein Gitter vor dem Kassenhäuschen gewesen, hätten sich alle Fans einfach so bedient und nicht nur am Gitter gerüttelt und rumgepöbelt…

Im Stadion von Skënderbeu Korçë – Gjergj Kastrioti, genannt Skënderbeu ist der größte albanische Nationalheld, da der Fürst im 15. Jh. stark gegen die osmanische Vorherschafft kämpfte – ging der Tumult gleich weiter. Zwischen der Büste des Helden vor dem Hintertoreingang und der Hintertortribüne wurde am Eingangstor randaliert, da nicht genug Karten ausgegeben wurden und noch Plätze frei gewesen wären im 7.500 Zuschauer fassenden Stadion. Die Polizei schlichtete die Handgreiflichkeiten aber sehr vernünftig.

Während des guten und schön anzusehenden Spiels gab es auch keine weiteren Auseinandersetzungen, was auch am vorbildlichen Polizeiverhalten lag. Wenn da mal ein paar Feuerwerkskörper abgefackelt wurden, griff niemand ein und bei aufgeladenen Situationen wurde nur Präsenz gezeigt. Das Stadion ist übrigens auch vorbildlich – jedenfalls für Albanien. Die Sitzschalen haben keine Lehnen und sind etwas alt, aber sonst hat man meist nur nackte Betonstufen in den albanischen Stadien und nicht solche „Luxussessel“ in Vereinsfarben. Die Hälfte der längs stehenden Haupttribüne ist auch überdacht und etwas abgehoben von den beiden einfacheren Teilen rechts und links der Mitte. Die meiste Stimmung war übrigens im Fanblock auf der Mitte der Gegentribüne. Gästefans hatten leider keine Zeit/ Lust oder kein Geld um den 200km (d.h. über 3 Stunden) langen Weg von Fier nach Korçë an einem Freitag zu bewältigen.

Für ihre Mannschaft, die recht viele Konter spielte aber sich auch anderweitig gute Chancen spielte, hatte sich das Kommen auch nicht übermäßig gelohnt. Nach einem Spieltag war das die Paarung 1. gegen 4. wobei nur die ersten drei Teams gewonnen hatten. Skënderbeu kam erstmal eine Weile nicht so recht ins Spiel, doch mit zunehmender Zeit nahmen auch die Chancen zu. Aber erst ein harter Elfmeter nach 56 Minuten, der mittig flach verwandelt wurde, lenkte das Spiel in die richtigen Bahnen für die Heimelf und führte den Rekord von meinem Vater und mir weiter: 135 Fußballspiele ohne 0:0! Das 2:0, das neun Minuten später fiel, war ein herrlicher Weitschuss ins lange Eck, den der sich hechtende Torwart einfach nicht erreichte. 2:0 war der Endstand.

Wir gingen unter den immer noch glotzende Kinderaugen – albanische Erwachsene sind zurückhaltend höflich, Kinder wirken hingegen unheimlich doof: glotzen viel, sagen gar nichts; wobei sie wohl auch einfach nichts sagen können, da sie intelligent genug sind, zu wissen, dass der Ausländer sie nicht versteht und umgekehrt auch nicht, aber sie sich andererseits mangels Fremdsprachenkenntnisse auch nicht verständigen können – ins Vereinslokal von Skënderbeu. Zum Fleisch vom Grill mit einem hervorragenden Salat und gutem Schafskäse gab es klassische, südalbanische Livemusik. IMG_8075 Statistik:
Grounds: 786 (heute 1 neuer; diese Saison: 18 neue)
Sportveranstaltungen: 1.599 (heute 1, diese Saison: 22)
Tageskilometer: 260 (260 Auto)
Saisonkilometer: 6.690 (6.280 Auto/ 510 Fahrrad/ 0 Flugzeug/ 0 Bahn, Bus, Tram/ 0 Schiff, Fähre)
Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 135
Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 318

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