Freitag, 14. September 2012
W317II: Balkantour 2012 – Tag 2 = Bericht (2)
| Kurioses Erstligaspiel für Länderpunkt Bosnien-Herzegowina |
NK Gradina Srebrenik ------------------------------- 1
FK Velež Mostar --------------------------------------- 3
Datum: Samstag, 25. August 2012 – Anstoß: 17.00
Wettbewerb: Premijer Liga (1. bosnische Profifußballliga)
Ergebnis: 1-3 nach 97 Min. (47/50) – Halbzeit: 0-0
Tore: 0-1 60. Anel Hebibović, 0-2 75. Anel Hebibović, 1-2 83. Alen Turbić, 1-3 91. Anel Curić
Verwarnungen: 2x Emir Alić, Drazen Savić (Gradina); 2x Adi Mehremić, Amer Mahinić (Velež)
Platzverweise: Gelb-Rot für Adi Mehremić von Velež (30. Foul, 52. Unsportliches Verhalten) und Emir Alić von Gradina (20. Foul, 52. Unsportliches Verhalten)
Spielort: Gradačac; Stadion Banja Ilidža (Kap. 5.000 Sitzplätze)
Zuschauer: ca. 650 (Davon offiziell 500 zahlende und ca. 60 Zaungäste. Gästefans: vllt. 2, 3)
Unterhaltungswert: 7,0/10 (Gutes Spiel mit kuriosem Spielverlauf)
a) Bosnian Football Top Tier: Gradina Srebrenik vs Velež Mostar (Played in Gradačac)
b) Castles of Bosnia: Srebrenik, Gradačac
Am Samstag stand ein erstes Highlight unserer Balkantour auf dem Programm. Länderpunkt 31 – Bosnien und Herzegowina – fing von vorne herein sehr interessant und auch sympathisch an. Bevor wir uns ein Spiel der landesweiten Profiliga anguckten, besichtigten wir die Burgruine Srebrenik. Um von unserem Übernachtungsort Zaprešić in diesen ansonst sehr hässlichen Ort, der nahe am Grenzverlauf der Federacija Bosna i Hercegovina zum Brčko Distrikt und der Republika Srpska liegt, zu gelangen, muss man über 200km (Maut ca. 12€) auf der Autobahn bis nach Županja zurücklegen. Die letzte Autobahntankstelle vor Županja liefen übrigens nicht nur wir zum Nachtanken an: Da tankte keiner mehr als 10 Liter, da in Kroatien die Spritpreise weit über jenen im 30km entfernten Serbien bzw. 15km entfernten Bosnien liegen. Die Grenzkontrolle war erstaunlich locker und schnell: Pass, Grüne Karte, Zulassung und mal ansagen, wo man eigentlich in Bosnien hin will (am besten nur große, touristische Orte wie Sarajevo und Mostar nennen) und bei wenig Andrang wie bei uns an diesem Tag dauert der Grenzübertritt keine 15 Minuten.
Auf der anderen Seite der Brücke sieht man schon, dass man jetzt nicht mehr im sehr westlichen Kroatien ist: Die Häuser sind einfacher und älter, es stehen viele Bauruinen herum und die im osmanischen Stil errichteten Moscheen sind mindestens so zahlreich wie die Kirchen, die man bereits von außen nach orthodox (serbisch) und katholisch (kroatisch) einteilen kann. Die Straßen sind aber ganz OK, auch wenn sie nicht sonderlich gut ausgebaut sind. Erfreulich sind die gute Beschilderung und die sonstige Infrastruktur an Hauptstraßen. Diese mit ein- oder zweistelligen Nummern betitelten Überlandstraßen kann man mit Bundesstraßen vergleichen. Im Gegensatz zu Deutschland sind die Bundesstraßen in Bosnien gesäumt von Restaurants, Läden, Tankstellen (Preisunterschiede aber leider wie in Deutschland: 1 Liter Benzin kostete am 25.8. zwischen 2,40 und 2,60 Konvertiblen Mark, d.h. rund 1,20-1,30€ und Diesel zwischen 1,15€ und 1,25€) und auch Motels. In der ersten Nacht in Bosnien stiegen wir auch gleich in einem solchen ab.
Erstmal besichtigten wir aber – wie oben schon erwähnt – die Burg von Srebrenik. Fährt man in diesen Ort, wird man eine tolle Tankstellenkonstruktion (überdachte Zapfsäulen, angeschlossen daran ein Verkaufsraum, an dessen Seite ein Restaurant angebaut ist und auf dessen Dach noch ein zweigeschossiges Motel gebaut wurde) bemerken. An der Kreuzung dahinter geht es links dem Schild „Stari Grad“ – obwohl es in diesem Fall eine „Alte Burg“ ist, wird mal wieder „Old Town“ übersetzt, da „grad“ im Südslawischen sowohl „Burg“ als auch „Stadt“ heißen kann – nach den Berg rauf. 5km geht ein enger Asphaltweg die Ausbauten des Ortes entlang. 2km vor der Burg hat man hinter einem muslimischen Friedhof einen tollen Blick auf ebendiese Burganlage. Die letzten 500m sind ein ausgewaschener Schotterweg. Als wir den Parkplatz, der sich für maximal vier Pkw eignet, erreicht hatten, stelle sich gleich ein Mietwagen mit zwei türkischen Touristen neben uns. Am Burgtor wurde es dann lustig, da sich der Kassenwart und der Aufpasser ein paar Kumpels aus dem Dorf eingeladen hatten, die im Schatten des Torturms hockten und sich unterhielten. Darunter war ein Bergmann aus der Nähe von Recklinghausen: in Bosnien geboren, in Deutschland gearbeitet – und nun als Rentner zurück nach Srebrenik. Der Bergmann löste dann auch unser Wechselgeldproblem, in dem er uns kurzerhand einlud auf seine Kosten die Burg zu besichtigen. Eigentlich muss man 1 KM, also 0,50€ entrichten – aber wenn wir nun mal nur 100er-Scheine aus dem bescheuerten Bankomat bekommen hatten… Solche freundlichen Leute wie den Bergmann findet man auch in Bosnien nicht an jeder Ecke! Aber nicht nur ihm gefiel es, dass überhaupt Deutsche ohne jede Verbindung nach Bosnien sich das Land angucken, Sehenswürdigkeiten besichtigen und auch Fußball schauen. Bosnier treffen eben doch nicht jeden Tag auf Touris und sind entsprechend interessierter an Fremden als Kroaten…
Die Burg Srebrenik ist mit der Felslage und den schroffen Mauerruinen, die zwar noch gut in Form stehen, aber nirgendwo Dächer haben, erheblich spektakulärer aber weniger erschlossen, als die Burg im 20km entfernten Gradačac. Dieser Ort ist genauso hässlich, lebt aber ebenfalls touristisch von einer schönen Burganlage. Parkt man auf dem Hauptplatz darunter bekommt man natürlich ein nicht so tolles Bild des Ortes: Zum ersten Mal fallen Einschusslöcher und von Granatsplittern verursachte Risse, die auch nach 17 Jahren noch nicht ausgebessert wurden, auf – und dann betteln noch etliche Roma-Kinder, die auch in Bosnien Ausgestoßene sind, aufdringlich jeden (Einheimische wie Fremde) an. Besser ist es also wahrscheinlich, auf dem Parkplatz hinterm Obertor, an dem noch besonders schön die osmanischen Inschriften zu lesen sind, zu parken. Hinter dem Obertor liegt noch einiges brach, aber an einem windschiefen Wehrturm und erheblich graderen Pappeln vorbei erreicht man die Kernburg: Einen als Hotel und Restaurant genutzten, regelmäßigen, weißen Bau auf massivem Mauerwerk.
In Gradačac stieg heute auch ein Spiel der Premjer Liga, der höchsten bosnischen Spielklasse und der einzigen Liga des Landes, die nicht in zwei oder noch mehr Staffeln aufgeteilt ist. Das Stadion ist – wie so vieles in Bosnien – noch nicht so fertig gestellt, wie es eigentlich sein sollte, aber doch in akzeptablen Zustand. Die VIPs haben eine Rohbautribüne und auch wir nahmen auf einer zwar schon mit grünen Schalensitzen bestückten, nicht aber wie geplant überdachten Betontribüne Platz. Hinter den Toren gab es nichts außer einem Graswall bzw. einem bewaldeten Hang, auf dem sich einige Fans platziert hatten ohne Eintritt (2,50€ übrigens umgerechnet) zu entrichten. Gegenüber blickte man hinter einer niedrigen Sitztribüne mit drei Stahlgerüsten in die hügelige Landschaft. Auf dem höchsten Punkt des Hügels, in 500m Luftlinie, hatte sich übrigens ein Dutzend junger Männer der Sorten „erlebnisorientiert“ und „Sektion Stadionverbot“ eingefunden, das dann nach dem 0:1 für Velež ein paar Bengalos, Böller und Leuchtfeuer abfackelte.
Das 0:1 fiel aber recht spät und läutete eine kuriose letzte halbe Stunde eines von Beginn an guten Spiels ein. Durch das Theater eines Gästeakteurs spielten beide Teams ab der 52. nur noch zu zehnt, und Velež ging mit dem zweiten Konter innerhalb von drei Minuten, durch einen erst nach dem Platzverweis eingewechselten Spieler, in Führung. Derselbe vollendete einen weiteren Konter mit einem herrlichen Hammer unters Tordach zum 0:2 nach 75 Minuten. Keine zehn Minuten darauf kam der Gastgeber, der in den ersten 45 Minuten erheblich mehr Spielanteile und Chancen hatte als der Gast, zum Anschlusstreffer mit einem abgefälschten Schuss aus 10m. Ein dritter Konter, der von einem Velež-Stürmer abgeschlossen wurde, saß dann aber auch: Der Torwart hatte noch die Hand dran, doch das verlangsamte die Pille nur, die ins lange Eck rollte und den 1:3 Endstand markierte.
Nach dem Spiel hatten wir dann doch keine Lust mehr, die 140km von Gradačac bis nach Zenica durch zu fahren, sondern nahmen uns gleich im 90km entfernten Žepče ein Motel. Mit 30€ für ein Doppelzimmer ist das „Marić“ eines der teureren, was man allerdings auch schon von außen abschätzen kann (das Schild wirbt mit 3 Sternen und die Anlage ist groß und modern). Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt trotzdem – auch im angeschlossenen Restaurant, wo die qualitativ guten Hauptgerichte zwischen 4€ und 7€ kosten. Die Motel-Zimmer sind erfreulich geräumig, auf drei Gäste ausgelegt (abgerechnet wird pro Gast: 15€ pro Person) und etwas altmodisch aber für Bosnien doch sehr ordentlich eingerichtet. Was man noch erwähnen muss, ist dass niemand im Motel eine Fremdsprache beherrscht. Wer nicht wenigstens wie ich ein paar Dutzend slawische, möglichst bosnische (aber russische, serbische usw. werden auch meistens verstanden) Worte kann, der hat die Arschkarte. Aber am besten ist es natürlich, wenn man nicht nur wie ich Worte ohne Fallendungen aneinanderreiht, sondern richtige Sätze hinkriegt… Wer übrigens auch scheiße dran ist, ist jeder Vegetarier, denn in Bosnien isst man ausgewogen: fleischlos gibt’s nicht. Andere Beilagen als Pommes, Weißbrot und Salat aber übrigens auch nicht…
Von den Burgbesichtigungen und der Landschaft über den Stadionbesuch und die Infrastruktur bis hin zum Essenfassen (Supermarkt wie auch Motel-Restaurant) und Übernachten machte Bosnien an diesem ersten Tag einen sehr guten Eindruck. So schön Kroatien auch ist, aber wenn man in Bosnien ist und für weniger Geld mehr bekommt, weiß man es sehr zu schätzen, dass Bosnien einfach etwas weniger entwickelt und weniger westlich ist als Kroatien. Im weiteren Verlauf des Aufenthaltes sollte es an Bosnien auch nur einen Kritikpunkt geben: Sportveranstaltungen (insbesondere die 2. Fußballliga) könnten wirklich besser organisiert sein.
Statistik:
Grounds: 784 (heute 1 neuer; diese Saison: 16 neue)
Sportveranstaltungen: 1.597 (heute 1, diese Saison: 20)
Tageskilometer: 470 (470 Auto)
Saisonkilometer: 4.920 (4.410 Auto/ 510 Fahrrad/ 0 Flugzeug/ 0 Bahn, Bus, Tram/ 0 Schiff, Fähre)
Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 133
Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 317
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