Freitag, 24. September 2010
W216V: Ein Lichtblick in Finnlands Einöde – Rauma!
Pallo-Iirot Rauma 0:2 Kaarinan Pojat
Freitag 17. September 2010 – Anstoß 18.30
Kakkonen Lohko B („Die Zweite, Gruppe B“ = 3. finnische Liga, 2. Halbprofiliga)
Ergebnis: 0:2 nach 92 Min. (45/47) – Halbzeit 0:1
Tore: 0:1 35. Jussi Kosonen, 0:2 88. Eloma Ilondo
Verwarnungen: Nico Rinne, Vasile Marchis (P-Iirot); Olli Suominen, Eloma Illondo, Tommi Haukila, Sauli Tuomi (KaaPo)
Platzverweise: keine
Spielort: Äijänsuon Stadion (Kap. 600 überdachte Sitzplätze)
Zuschauer: ca. 200 (keine Gästefans)
Unterhaltungswert: 6,5/10 (Amateurniveau, aber unterhaltsames und torszenenreiches Spiel)
Sightseeing: 6,0/10 (Mann, ist Finnland öde! Aber wenigstens hat man alle paar hundert Kilometer mal etwas Schönes: Rauma ist aber wohl die schönste aller Städte Finnlands)
Photos and English version:
P-Iirot Rauma 0-2 Kaarinan Pojat
Helsinki (Capital of Finland)
Säkyle & Lappi
Rauma (City of Wooden Houses)
Am Morgen stopften wir uns in Ermangelung günstiger Alternativen das mit 5,70€ immer noch viel zu teure und dabei nicht mal gute Frühstück im Stadion Hostel rein. Einen ganz ordentlichen Abschied aus dieser beschissenen Hauptstadt bildete dann der 2€ kostende Aufzug zur Aussichtsplattform des Turms des Olympiastadions. Man sieht von dort die ganze Stadt und von oben sieht selbst so ein Drecknest wie Helsinki gut aus. Vom Olympiastadion mal ganz zu schweigen! Das kommt zwar bei weitem nicht an das in Stockholm ran, ist aber auch sehr sehenswert.
Wir mussten auf dem Weg nach Rauma und dann noch in Turku für 20€ (14l) bzw. 10€ (6l) etwas tanken, was jedes Mal zum kotzen war: in diesem unterentwickeltem Land funktioniert kein Automat auf Anhieb. Und dann haben diese Hinterwäldler, weil sie nicht als solche gelten wollen, sondern als reiche, gebildete, moderne Menschen, auch nur Automatenbetrieb an den Tankstellen. Gut, dass in dem Kaff bei Sakylä ein anderer Kunde 10 oder 20 Worte Englisch konnte und uns so zeigte, was man auf dem einsprachigen Touchpad drücken muss.
Apropos Sprache: die kuriose Sprache ist ja eine der wenigen interessanten Dinge in diesem öden Land. Die Leute reden in ihrer kühlen Art, die ein Finnlandfan sowie ein gewisser Fachbuchautor in der Kulturwissenschaft, den ich mir mal in der Uni durchgelesen habe, als „freundliche Zurückhaltung“ auslegt, zwar meist nicht viel, aber wenn, dann gibt es so kuriose Worte wie „pussi“ für „Beutel“ oder „hasselpähkinätäytteinen suklaavohvelipala“ für „haselnussgefüllte Schokowaffeln“ zu hören. Programmhefte gibt’s beim Fußball oft gratis zugesteckt. Die Texte sollte man sich mal durchlesen, um die längsten Wörter zu finden: „ostoympäristösuunnittelu ... myymälävarustaminen ... ikkunaratkaisuissa ...potkupallojoukkueita“ usw. Eine seltsame Erscheinung ist die sonst v.a. in Sprachen wie Japanisch übliche, zwanghafte Einschiebung von Vokalen (ob Japaner große Probleme haben, so konsonantenreiche Sprachen wie Tschechisch zu lernen?) bei Fremdwörtern: die Japaner machen den Rucksack zum „rukkusakku“ und Diamanten (engl. „diamonds“) zu „diamonzu“ – die Finnen das Ketchup zum „Kettschappi“ oder den Hurrikan zum „hurrikani“. Man spricht Finnisch übrigens so aus, wie man es als Deutscher tun würde bei der Schreibweise. Doppelte Vokale („oo“ usw.) werden lang – nicht getrennt! – gesprochen und das „y“ klingt mehr wie ein „ü“.
Nachdem wir uns kurz die flache, langweilige, Kiefer- und Birkenwald gesäumte Seenplatte bei Säkyle angeschaut hatten, da sie als „Sehenswürdigkeit“ markiert war und auf dem Weg lag, fanden wir noch die im Ort mit dem lustigen Namen Lappi gelegene Holzkirche. Die war ein ganz sehenswertes Gebäude mit ihrer roten Holzfassade, den schön verzierten Fensterrahmen und dem seitlich zwischen Bäumen auf einem Felsen stehenden Glockenturm. Noch viel schönere Beispiele für Holzgebäude gibt es in Rauma, der wohl schönsten aller Ortschaften in Finnland, zu sehen. Dort ist die Altstadt geschlossen in hervorragend hergerichteten Häusern mit bunten Holzfassaden, die teilweise Schnitzkunst über den Türen oder im Giebel aufweisen, erhalten. Eine kleine Kirchenruine und die prima erhaltene Kirche mit den vielen mittelalterlichen Bauelementen im Innenraum (toller Apsisausmalung, prima Heiligenbilder auf der Balustrade der Empore) sind auch sehenswert.
Das Essen beim Türken kostete hier kurioserweise kaum mehr als in Deutschland, somit also gerade halb so viel wie in den einheimischen Restaurants. Der İskender Kebab war zwar zu kalt, aber dafür gab es frisches Wasser und warmen Tee gratis und besser einen İskender Kebab für 6,50€ oder einen Döner für 4,00€, als einen stinknormalen Döner für 7,50€ bei diesem Drecksladen um die Ecke, einem Heesburger (der finnischen Fast-Food-Kette).
Für 6€ pro Karte (also pääsylippu) guckten wir uns auch noch ein Spiel der dritten finnischen Liga im schönen Äijänsuon Stadion an. Die Anlage hat zwar nur eine kleine Sitztribüne (Sitzschalen auf Holzbänken, alles überdacht und zwei Meter höher als das Spielfeld gelegen in den Felshang reingebaut), aber weiß durch die schöne Lage zwischen den mit Flechten, Moosen und Kiefern bewachsenen Felsen zu gefallen. Auf den Felsen der Gegenseite kann man zwar ebenso stehen wie hinter den Toren, aber das ist offiziell eigentlich nicht vorgesehen, weswegen die Kapazität von 600 Plätzen richtig ist.
Etwa 200, fast völlig emotionslos auftretende Zuschauer verfolgten ein ziemlich gutes und schnelles Spiel, was aber mit Fehlern gespickt war, die man in einer Halbprofiliga nicht erwarten kann. Im Amateurbereich wäre das natürlich völlig in Ordnung, wenn über den Ball gestolpert wird oder der Torwart den Ball so nach einem Rückpass erwischt, dass er einen frei vorm leeren Tor stehenden Gegner anspielt, der allerdings neben die Bude köpft. Besonders sehenswert waren da die Spieler Jere Narkko (der Rauma-Torwart) und Eloma Ilondo (Kaarina): unglaublich, dass dieser Fliegenfänger nur zwei Tore kassiert hat und er mit seiner Mannschaft auf dem vierten Platz – wenn auch abgeschlagen hinter dem Tabellenführer und so gut wie Aufsteiger Ilves – steht bzw. wie dieser Schauspieler und Komiker Ilondo noch einen tollen Treffer zum 0:2 für seine Mannschaft aus dem Plattenbauvorort von Turku, die nicht einmal Gästefans mitbrachte, erzielte, nachdem er 87 Minuten nur am Kaspern, Meckern und Chancen versemmeln war. Als bester Spieler von Kaarina wurde übrigens völlig zu Recht der Torwart, Marko Laaksonen, der mit seinen reaktionsschnellen Paraden den Sieg des fast Absteigers (KaaPo ist nur 12. von 14. und hatte auf den 11. (den ersten Nichtabstiegsplatz) vor dem Spiel vier Punkte Rückstand) festhielt. Wie gesagt; ein schönes Spiel!
Was wieder sehr an Eishockey erinnerte war die Wahl zum besten Spieler und das Ansagen von Eck- und Freistoßschützen. Jedoch sagte der Sprecher diesmal sogar zweimal Werbesprüche durch, was mich schon beim Eishockey immer nervt. Da war es doch irgendwie schön, dass die Mannschaft aus Rauma mit ihren mit Werbeschriften zugetexteten Trikots gegen die Mannschaft aus Kaarina, die in den Standard-Amateurtrikots ohne jegliche Aufschriften außer der Rückennummer spielten, verloren hat. Allerdings ist Rauma ein wirklich schöner Ort, durch dessen Besuch der Finnlandabstecher noch etwas gewann. Ansonsten kann ich keinem raten sich länger in Finnland aufzuhalten, als für den Länderpunkt nötig: mal mit der Nachtfähre von Stockholm nach Turku, sich Rauma und Turku angucken und dann ein Spiel in Rauma oder Turku oder so reinziehen um danach in dieser Stadt zu übernachten, bis die Morgenfähre fährt, reicht völlig. Helsinki ist z.B. die beschissenste Hauptstadt, die ich bisher gesehen habe. Kein Deut besser als so ein Kaff wie Vaduz und ein Scheidreck gegen Prag, Damaskus, Stockholm, Budapest, London, Tunis, Luxemburg-Stadt usw.
Ein Knaller zum Abschluss: das mäßige Hostel in Helsinki kostete uns 47€ und das hervorragende Holiday Inn in Turku nur 62€. Wie ein Dreisterne-Hotel, das wir wegen der normalerweise zwischen 80 und 140€ liegenden Nachtpreise nie nehmen, so wenig teuerer als so eine scheiß Jugendherberge sein kann, frag ich mich wirklich, wo die Zimmer vier mal so groß, mit Dusche, Klo, Glotze, großem Schreibtisch, Sessel, breiten Betten usw. ausgestattet sind. Außerdem war mal endlich etwas billiger als ein vergleichbares Angebot in Deutschland!
Statistik:
Ground Nr. 473 (ein neuer Ground; diese Saison: 23 neue)
Sportveranstaltung Nr. 1.067 (diese Saison: 29)
Tageskilometer: 350 (Auto)
Saisonkilometer: 7.390 (5.490 Auto/ 1.120 Fahrrad/ 400 Schiff, Fähre/ 380 Bahn, Bus, Tram/ 0 Flugzeug)
Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 56
Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 216
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