Mittwoch, 22. September 2010
W215II: Auf nach Skandinavien!
Vorwort zur Reise - und:
Von Merseburg nach Malmö
Mit Skandinavien hatte ich bisher fast keine Erfahrungen gemacht – obwohl meine Vorfahren aus Schweden kommen. Einige Generationen ist das aber schon her und von der Sprache der Vorfahren kann ich auch nur ein paar Worte. Die sollten aber mal im September, kurz nach Ende der Hauptsaison, eingesetzt werden. 2007 war ich einmal, einen Verwandtenbesuch in Lübeck nutzend, mit meinem Vater ins süddänische Haderslev gefahren. Die Altstadt mit Dom besichtigt und dann zweite Liga (der Klub Søderjyske spielt mittlerweile sogar erste Liga) geguckt.
Jetzt sollten 12 Tage ausreichen, um sich in etwas nördlicheren Gefilden zu bewegen. Die drei restlichen skandinavischen Länder Schweden, Norwegen und Finnland sollten besucht werden. Ich stimme der weitgreifendsten Definition von Skandinavien zu, die lautete, dass die kulturell, politisch und sprachlich eng zusammenhängenden Staaten Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland (das Finnische ist zwar die Sprache Nummer 1 und dem skandinavischen Sprachsystem völlig fremd, aber in Finnland ist Schwedisch die zweite bedeutende Sprache – zudem sind die kulturellen und politischen Verbindungen zu den drei anderen Staaten wichtig) zu Skandinavien zählen.
Einen Monat vorher schlugen wir uns mit den Buchungen rum. Zwar schon beruhigend, im Voraus seinen Übernachtungsort zu kennen – in Syrien z.B. würde ich nie buchen: da informiere ich mich, wo die billigsten Hotels liegen und schau dann am Nachmittag/ Abend des Anreisetags da vorbei – aber bei den Preisen in Skandinavien will ich schon gleich wissen, was auf mich zukommt.
Eine absolute Frechheit sind die Fährverbindungen. Wir wollten wegen unserer Leute in Rostock über Rostock fahren (von Sachsen-Anhalt aus kommend auch der günstigste Weg), verwarfen aber schon fast, von Rostock aus zu fahren: die Strecke nach Trelleborg in Schweden beträgt gerade einmal 140km, aber dafür soll man dann über 300€ hin und zurück bezahlen. Wenn man von Rostock nach Gedser fährt, kostet das die Hälfte für eine Strecke von 2x60km (also 2€ pro Kilometer), aber man ist schneller in Schweden, da man dann nur noch 150km Landweg hat. Die Brückenmaut von Kopenhagen nach Malmö (38€ pro Überfahrt) + Benzinkosten (knapp 40€) fressen dann die Ersparnis von 150€ gegenüber der Fähre Rostock-Trelleborg zwar fast auf – aber wie gesagt 1. nur fast und 2. schneller – und auf dem Rückweg von Schweden nach Deutschland sollte ja auch noch Kopenhagen besichtigt werden. Wenn man sieht, das große Bauwerke wie die Brücke vom schwedischen Festland nach Öland kostenfrei zu benutzen sind und die nicht mal doppelt so lange Brücke von Dänemark nach Schweden derartig teuer ist, sieht man, dass die Preise rein politischer Natur sind. Scandlines kann mir auch nicht erzählen, dass die mit ihren Wucherpreisen nur Betriebs- und Wartungskosten decken würden: die Fährverbindung von Stockholm nach Turku (Silljaline, Tallink) kostet am Tag um die 45€ (eine Nachtfahrt mit Kabine, die bei Rostock-Trelleborg noch mehr gekostet hätte, als die schön üblen 155€ pro Strecke, nur 80€). Von Stockholm bis nach Turku sind es aber keine 40km, sondern 300. In Worten: dreihundert!!!
Die einzigen angemessenen und halbwegs nachvollziehbaren Preise bei Scandlines sind Personen- und Zweiradfahrerbeförderungen von Rostock nach Trelleborg. Die sind zwar immer noch in der Relation (20€ Passagier + 25€ Fahrrad bzw. 45€ Motorrad) doppelt so teuer wie die gleiche Tour von Stockholm nach Turku, aber überlegenswert. Wenn man die viele Zeit – und die Lust trotz der 360 Regentage im Jahr – für lange Radstrecken in Skandinavien hat. Oder Motorradfahren will. Letztere Beschäftigung finde ich außerhalb von Motoballplatz und Motorradrennstrecke eher daneben. Aber bei weitem nicht so daneben wie die Preise für Fähren von Deutschland aus nach Skandinavien.
Die Reise durch den Südwesten und den südlichen Teil Zentral-Schwedens – Abstecher nach Süd-Norwegen und Südwest-Finnland inklusive – ließen wir uns dadurch natürlich nicht vermiesen. Wir brachen gegen 9 Uhr nach Abholung des Mietwagens in Merseburg auf, kamen gegen eins in Rostock an, aßen bei Blohms zu Mittag und machten uns dann zum Überseehafen auf. Dort musste man dann fast eine Stunde warten, bis man auf das Autodeck der großen Fähre durfte. Auf so einem Deck ist übrigens Millimeterarbeit gefragt, da man immer den geringsten Raum ausnutzen muss. Die Passagiere gehen dann hoch zu an den Fensterseiten gelegenen Viererbänken mit Tischen und sehen erst die Hafengebäude, dann Warnemünde und den Strand langsam vorbei streichen. Dann kann man getrost mit Lesen oder so was anfangen, denn die nächste knappe Stunde wird auf dem offenen Meer herumgeschippert.
In Gedser auf der Insel Falster angekommen, verließen wir zügig die Fähre und kamen problemlos bis 600 Meter vorm Tunneleingang der Öresundbrücke – ein gigantisches Bauwerk aus Tunnel und noch viel längerer Brücke bestehend, das Kopenhagen (Dänemark) mit Malmö (Schweden) verbindet. Dann hielt alles an und sah mit Schrecken, dass die Verbindung zwischen den beiden Ländern gesperrt war. Zum Glück gab es nur einen kleineren Unfall mit wenigen und leicht zu bergenden Fahrzeugen. Etwas übertrieben, da mit drei Krankenwagen, vier Löschfahrzeugen und mindestens 10 Polizisten anzurücken. Ich will nicht wissen, wie lange wir bei einem LKW-Unfall mit Todesopfern hätten warten müssen. Der Tunnel wurde nämlich erst nach 80 Minuten Wartezeit wieder freigegeben. Eine nette Geste wäre ja gewesen, wenn die Mautbrücken geöffnet worden wären, aber nein, man musste sich dann nach dem Stau an die Mautschranken stellen und da 38€ (in eine Richtung: achtunddreißig Euro!!! – was natürlich ein rein politischer Preis ist, damit die sonst nicht konkurrenzfähigen Fähren nicht aussterben) bezahlen. Aber das Bauwerk war auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung, da die Fährverbindung im Öresund z.B. noch mal 5€ teurer ist und die Bedenken der Umweltaktivisten, wie so oft, unabhängig-wissenschaftlich gesehen völlig daneben sind.
Am Ende des Tages checkten wir in dem im Voraus gebuchten Hotel Formule 1 Malmö ein. Da kostete das Doppelzimmer mit Frühstück auch nicht viel mehr als die Maut. Mit der Stadtbesichtigung dieser südschwedischen Großstadt begannen wir am darauf folgenden Tag.
Statistik:
Tageskilometer: 660 (600 Auto, 60 Schiff)
Saisonkilometer: 4.310 (2.750 Auto/ 1.120 Fahrrad/ 380 Bahn, Bus, Tram/ 60 Schiff, Fähre/ 0 Flugzeug)
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