Freitag, 24. September 2010

W217I: Das letzte Fußballspiel in Schweden

Jönköpings Södra 2:1 Väsby United
Montag 20. September 2010 – Anstoß 19.00
Superettan (2. schwedische Profiliga)
Ergebnis: 2:1 nach 96 Min. (46/50) – Halbzeit 2:1
Tore: 1:0 10. Tommy Thelin, 1:1 30. Magnus Erriksson, 2:1 40. Kristoffer Fagerkrantz
Verwarnungen: Fredric Fendrich, Dennis Östlundh (beide Jönköping)
Platzverweise: keine
Spielort: Stadsparksvallen (5.200, davon 1.413 Sitzplätze)
Zuschauer: ca. 3.000 (keine Gästefans)
Unterhaltungswert: 7,5/10 (Schnelles und sehr spannendes Spiel auf sehr schwer bespielbarem Boden)
Sightseeing: 7,0/10 (Schwedens bekannteste Schlösser und ein bisschen Tour über die Dörfer)
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Photos and English version:
Jönköpings Södra 2-1 Väsby United
Drottningholm & Gripsholm Royal Palaces
Swedish Countryside: Aspa

An diesem extrem ruhigen Montag – irgendwie war arbeitsfrei, denn der allmorgendliche Werktagsstau blieb diesmal aus – fuhren wir schon einen Teil der Strecke nach Hause. Es sollte auch von den Besichtigungen her der letzte Tag in Schweden sein. Ebenso war es das letzte Fußballspiel in Schweden. In dieses schöne Land kommen wir aber sicherlich einmal wieder!

Der erste Besichtigungspunkt war das Schloss Drottningholm mit seinem tollen Landschaftspark – von barocken Buchsbaumhecken bis zum chinesischen Pavillon gibt es einige Dinge zu sehen – vor den Toren Stockholms. Das Schloss ist nach wie vor bedeutsam für die Königsfamilie, kann aber trotzdem zu festgelegten Uhrzeiten fast jeden Tag für 80 Kronen (8€) besichtigt werden. Im Schlosspark und vor der Parkseite des Schlosses ist übrigens auch ein Bereich für die Königsfamilie abgesperrt.

Ein weiteres prachtvolles Schloss steht in Gripsholm, wobei ich dieses, meist hinter Drottningholm eingeordnete Schloss, noch um einiges schöner finde. Gripsholm mit seinen hohen roten Mauern und den starken runden Türmen liegt auf einer Insel in einem See der Seenplatte westlich von Stockholm. Dort kann man auch kostenlos in den Innenhof, wo man noch weitere schöne Fassadenansichten erhält und auch zwei kuriose Kanonen, die u.a. mit Wolfsköpfen und Blumen verziert sind, sieht.

Über teils sehr enge Landstraßen fuhren wir nach Nyköping – einen Zwischenhalt legten wir ein: Im Dorf Aspa (kurz hinter Björnvik) sollte man dem Hinweis zur Kirche folgen, da der Bau im Ortsteil Trollesund durch seine idyllische Lage und die architektonische Zweiteilung (gelbes Hauptschiff mit Turm und rot-weißer Rundbau mit auffälligem Turmaufsatz hinten dran) zu gefallen weiß – und von dort weiter die Autobahn nach Jönköping.
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In Jönköping checkten wir für die Nacht im F1 ein – das erste Mal, dass wir jemand wirklich freundliches an der Rezeption eines Formule 1 haben: war aber auch offensichtlich eine Assyrerin – und fuhren dann zum Stadion. Dort war dann alles ganz anders als beim Spiel derselben Liga gestern. Angemessene Eintrittspreise (10€ bzw. Kinder, Schüler, Studenten, Rentner 6€ für überdachten Stehplatz), aber total schwule Softpop-Mucke aus den Lautsprechern. Keine Fahnen, keine Choreo, keine Ultras – dafür ganz klassischer Amateursupport: lautstark und emotional oder resigniert und still auf den Spielverlauf reagierend (heute war es zum Glück meistens die lautstarke Variante). Auch anders als gestern: nur die Heimfans unterhielten das Stadion, denn es waren keine Gästefans zugegen. Weniger klar aufgrund des Wochentages, sondern bei diesem Scheißverein aus Väsby ist das einfach immer so.

Das Stadion heißt nach dem Stadtpark in dem es steht. Der Park erhebt sich meterhoch über die unattraktive Industriestadt. Der Eingangsbereich ist recht gelungen mit einem etwas albern wirkenden Fortähnlichen Eingang und einer aus Holz geschnitzten Fußballerfigur. Links vom Eingang ist der Hintertorbereich ausbautenlos, die Längsseite jedoch mit der Sitztribüne belegt. Diese hat 1.413 Sitzplätze auf Holzbänken und eine geschwungene Überdachung zu bieten. VIP- und Presselogen wirken sehr bodenständig und wären in Deutschland in jedem Oberligastadion (unnötigerweise!) komfortabler. Hinter dem anderen Tor befindet sich die aus Holz und Stahl zusammen gebastelte Stehtribüne für Gästefans, die als einzige nicht überdacht ist – echt gastfreundlich, Leute! – und wir platzierten uns auf der anderen Längsseite, wo es überdachte Stehplätze auf steilen Holzstufen gibt.

Auf den Stehplätzen wurde recht eng gestanden – man hatte keine Karten für die Stehplätze gedruckt, weswegen die Zuschauerzahl so völlig unsinnig angegeben wurden – und ganz gut für die oben beschriebene Stimmung gesorgt. Jönköping braucht auch Unterstützung, da sie als 13. auf dem ersten der zwei Relegationsplätze stehen. Der Gegner aus dem industrialisierten Kuhdorf bei Stockholm ist allerdings als 15. nur Vorletzter und würde damit so direkt wie Trollhättan absteigen.

Jönköping hatte den besseren Start und eröffnete ein rasantes Spiel. Nach nur 10 Minuten hatten sie auch schon das erste Tor gemacht, nachdem sie die Gästeabwehr schwindlig gespielt hatten. Nach 20 Minuten kam Väsby etwas ins Spiel und schoss den Ball nach einer halben Stunde spektakulär ins Eck. Allerdings sah es aus, als habe er den Pfosten und nicht die Toraufhängung getroffen. Jönköping ließ sich nicht schocken und erzielte nur 10 Minuten später mit einem tollen Außenristschuss aus vollem Lauf und spitzem Winkel 25m vorm Tor den Ausgleich. Der Torschütze Fagerkrantz, der den Ball so genial über den Torwart schoss, sodass sich der Ball erst unerreichbar hoch befand und dann doch noch ins Tor tropfte, zog jetzt ein Halstuch hervor, das er in Wildwestmanier vor Mund und Nase zog, einen bestimmten Zuschauer mit seinen zu Pistolen geformten Fingern beschoss woraufhin der Fan mit seinem Schirm zurück schoss. Fagerkrantz ließ sich daraufhin nach hinten fallen, sodass alle möglichen Mitspieler auf in drauf springen konnten.

Nach der Pause regnete es noch stärker, der Boden wurde noch tiefer und rutschiger und in Deutschland hätte man das Spiel aufgrund der Tatsache, dass immer wieder Bälle liegen blieben wegen der Pfützen auf dem Rasen und den aus der Nässe resultierenden wilden Grätschen der Spieler, die unkontrolliert in den Gegner reinrutschten (machten die aber auch mit Absicht!), wahrscheinlich abgebrochen. Aber in Schweden ist das nicht so unnormal – auch wenn der Regen heute stärker als meist war –, sodass das Spiel weiter ging und das Schiedsrichtergespann immer wieder mit fragwürdigen Entscheidungen zugunsten der Gäste negativ auffallen konnte. Aber auch durch leichte Mithilfe der „Un“parteiischen schaffte Väsby zum Glück nicht mehr den Ausgleich. Damit dürften sie endlich abgestiegen sein und der Abstiegskampf ist für Jönköping nun auch wieder weniger aussichtslos.
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Statistik:
Ground Nr. 475 (ein neuer Ground; diese Saison: 25 neue)
Sportveranstaltung Nr. 1.069 (diese Saison: 31)
Tageskilometer: 400 (Auto)
Saisonkilometer: 8.400 (6.160 Auto/ 1.120 Fahrrad/ 740 Schiff, Fähre/ 380 Bahn, Bus, Tram/ 0 Flugzeug)
Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 58
Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 217

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