http://s181.photobucket.com/albums/x68/fchmksfkcb/081228b%20US%20MONASTIR%202-0%20AL-QUWA%20AL-JAWIYA/
Wir standen so spät auf, wie noch nie auf dieser Reise: 7.45 Uhr. Erst 8.30 erschienen wir beim Frühstück. Vier weitere Gäste waren da und nach dem wirklich ordentlichem Frühstück mit Schokocroissant, Marmeladenbaguette und Käsestange kam die positive Überraschung: dieses 3-Sterne-Hotel kostete aufgrund des Nebensaisonrabattes nur 38€, nicht wie ausgepreist 58€.
Wir fuhren danach noch etwas die Promenade entlang. Da wir den Ribat und das Mausoleum schon kannten, die ummauerte Medina aber noch nicht gesehen hatten, parkten wir an der Habib-Bourgiba-Moschee, die wir bei der Gelegenheit gleich besichtigten. Für 2€ Trinkgeld führte uns ein freundlicher junger Mann auch in den Gebetsraum. Bald waren das kommende Spiel von USM und das vorige von EST nach den üblichen Erklärungen, was die Mihrab oder die Minbar sind, Thema. Ein wirklich sinnvoller Satz des Moscheeführers, der hoch erfreut war, dass sich Deutsche so für den einheimischen Fußball begeisterten, war übrigens: „football is money“, was uns ins Gedächtnis rief, wie teuer die Fußballkarten, teils aber auch die für Volley- und Handball für die normale tunesische Bevölkerung - die Tunesier, die mit Audi A3 und 5er BMW umherrasen, sind nicht die normale Bevölkerung - eigentlich sind. Noch schlimmer, maßloser und skandalöser überzogene Preise als in Polen!
Nachdem wir noch eine halbe Stunde an der wunderbar geschlossenen, sandfarbenen Stadtmauer mit einem vorgerückten, besonders schönen Wehrturm auf der Südseite gegangen waren, fuhren wir noch 2 Stunden in südlicher Richtung durch die fruchtbare Landschaft mit ihren engen Straßen. Dann wurden wir um 21€ erleichtert. Die besten Tribünenplätze gab man uns. Wer nicht so viel ausgeben will, muss wirklich lautstark darauf bestehen, billigere Karten zu bekommen („Virage“ gab es allerdings gar nicht bei USM), da einen als Tourist nicht aus dem Grunde „ach, der Europäer kann sich doch eh die teuersten Karten leisten“ sondern aus dem Grunde „Haupttribüne ist sicherer“, nur die besten Plätze - je nach Spiel zwischen 10,50€ wie bei diesem oder gar 26€ - verkauft werden.
Union Sportive Monastirienne 2:0 Al-Quwa Al-Jawiya Baghdad
Samstag, 27.Dezember 2008 - Anstoßzeit 14.00
Achtelfinale Arab Championsleague (دوري أبطا ل العرب)
Ergebnis: 2:0 nach 101 Min. (50/51) - Halbzeit 0:0, Hinspiel 1:1 (= 3:1)
Tore: 1:0 80. Hichem Essifi 2:0 82. Hichem Essifi
Verwarnungen: 1:3
Platzverweise: keine
Stadion: Stade Moustapha Ben Jannet (Kap. 15.000 freigegebene Plätze)
Zuschauer: 10.000 (15 Gästefans)
Ground Nr. 273 (diese Saison: 43 neue)
Sportveranstaltung Nr. 723 (diese Saison: 90)
Tageskilometer: 300 (Auto)
Saisonkilometer: 14.420; 8.070 Auto/ 2.590 Bahn/ 2.280 Rad/ 1.480 Flugzeug
Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 2
Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 126
Spielqualität: 6,5/10 (Durchschnitt bis Gut)
Tagesunterhaltungswert: 7,0/10 (hoch)
Wir sollten dann aber auch wirklich wieder etwas geboten bekommen - schon allein der Eingang ins Stadion: „Willkommen in Tunesien“ vom 1. Ordner auf Deutsch und dann durch den Logenaufgang, der holzgetäfelt und voller Fußballfotos und Poster des Präsidenten Ben Ali war, zur bequemen Bestuhlung. Apropos Ben Ali: den Durchgang schmückte übrigens ein Banner mit der arabischen Aufschrift „Shukran, ya siyada ar-ra’is - Danke, oh Eure Exzellenz (Herr) Präsident“ und über dem unterhalb der Gegengerade angebrachten Schild mit dem Stadionnamen hing ein Banner mit Ben Alis Konterfrei „Ahba’ Al-Ittihad Ar-Riyadi Al-Monastiry ma*a Ben *Ali 2009 - Die Liebenden (Fans) des SV Eintracht Münster (Monastir also natürlich) mit Ben Ali (auch im Jahre) 2009“.
Schon vor Anpfiff füllte sich das Stadion sehr zügig. Vor allem auf der Gegentribüne - die kleinen Ausbauten hinter den Tore blieben irgendwie gesperrt heute - war schon richtig was los, und nachdem ein paar Spieler der irakischen Mannschaft gebetet hatten und dann anfingen, zu filmen und zu fotografieren, wo sie ihre Auswärtsspiel bestreiten würden, kam auch noch ein Spielmannszug ins Stadion. Französische Spielmannskultur gibt es also auch in Tunesien; Blechbläser, europäische Trommeln und die allseits bekannten Büscheldinger der Cheerleader.
Für arabischen Fußball völlig untypisch - mittlerweile hatte sich unsere Tribüne so stark gefüllt, dass Dutzende Fans die Treppen sitzend blockierten, was die Ordner natürlich nicht weiter störte (wer braucht schon Fluchtwege?) - kamen schon 10 Minuten vor 14 Uhr die Mannschaften. Eine tolle Choreo der Gegentribüne - „OUR“ und das stilisierte Logo auf blauen, gelben, weißen und schwarzen Papptafeln, darunter das Banner „step by step to the final“ - begleitete den Einmarsch. Danach gab es erste Sprechchöre der Monastir-Fans „(klatsch, klatsch, klatsch-klatsch-klatsch-klatsch) Sieg!“ Nicht etwa „fauz“, sondern Deutsch: „Sieg“ skandierten die Fans!
Danach sah es aber lange nicht aus. Grobe Fehlpässe, aber viel Kampf. Viel Druck aufs Tor, aber beschissener Abschluss. Bei beiden Teams.
Bei Pause stand es 0:0 und auch nach druckvollen 10 Minuten in der zweiten Halbzeit fiel kein Treffer. Das Spiel verflachte und nach 70 Minuten traf Monastir nur einmal irregulärerweise. Erst in der 80. - durch die lange Nachspielzeit in der ersten Hälfte eigentlich schon 85. - erzielte Hichem Essefi per Kopf das 1:0. Ein wirklich sehenswerter Treffer, der das Stadion toben ließ vor Freude. Noch mehr tobten sie, als gleich darauf derselbe Spieler noch einmal traf. Diesmal volley ins lange Eck. Das war die Entscheidung!
Monastir spielte nicht herausragend, doch war diese Stadt die schönste in Tunesien für mich und dieser Stadionbesuch ebenfalls sehr schön.
Nach Abpfiff gab es noch seltsame Szenen im Klo: zwei der jungen Irakerinnen wurden von ihrem Vater an den Männern im Klo vorbei geschleust und bis zur Kabinentür begleitet. Die Männer sahen sie nicht, da sie von den hohen Ummauerungen der Pinkelbecken verdeckt waren. So kann man also ein gemischtgeschlechtliches Klo regeln.
Und Apropos Frauen im Stadion: wer ohne männliche Begleitung kam als Frau, wurde von den Ordnern in den Sektor links von uns geschickt. Ein eigener Frauensektor, zudem außer Frauen und Mädchen nur noch Jungen unter 12 Jahren Zutritt haben. Ansonsten natürlich freie Platzwahl.
Nach dem Spiel gab es noch etwas Party in der Innenstadt und wir gingen im Restaurant El Medina essen. Der Ober sprach uns gleich an, dass wir im Fernsehen zu sehen waren, denn das Spiel wurde live übertragen, im El Medina läuft immer die Glotze in einem der drei Bereiche des Restaurants und so bekamen wir gleich mal eine gratis Vorspeise serviert.
Irgendwie war es schade, dann danach gen Tunis fahren zu müssen, um sich zum Flughafen zu begeben. Die 10 Tage waren schnell rum und Tunesien zusammen mit Serbien das bisher interessanteste Reiseland für mich. Sogar leichte Vorteile für Tunesien, was die Schönheit des Landes und die Unterhaltsamkeit der Reise angeht!
1 Kommentar:
Grounds:
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Sights:
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