Montag, 25. März 2013

W347II: Ein Außenseitersieg – aber ein wenig überraschender

VfB Thomas Müntzer Mühlhausen -------------------- 33
Landsportverein Ziegelheim ---------------------------- 20
- Datum: Sonntag, 24. März 2013 – Anwurf: 16.00
- Wettbewerb: 5. Runde des Thüringer Verbandspokals, d.h. Viertelfinale (Thüringenliga = 5. Ebene, 2. Amateurliga gegen „Mittel“deutsche Oberliga = 4. Ebene, 1. Amateurliga)
- Ergebnis: 33-20 nach 60 Min. (2x30) – Halbzeit: 17-12
- Tore: k.A. (VfB TM); k.A. (LSV Z)
- Gelbe Karten: Nr. 5, 9, Trainer (VfB TM); Nr. 2, 18, 79 (LSV Z)
- Zeitstrafen: Nr. 5, 9, 15, 23 (VfB TM = 8 Minuten); 3x Nr. 18, Nr. 17, 79 (LSV Z = 10 Minuten)
- Platzverweise: Nr. 18 LSV (53. wg. Schiedsrichterbeleidigung)
- Spielort: Sporthalle Damaschke-Straße (Kap. 250, davon 50 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 200 (darunter Gästefans: keine?)
- Unterhaltungswert: 5,0/10 (Durchschnittliches Spiel, dass ein klar überlegener Außenseiter souverän für sich entschied) DSC00395 Photos with English Commentary:
a) Amateur Handball, Cup of Thuringia: Thomas Müntzer Mühlhausen defeat LSV Ziegelheim

Video:

Die Spielausfallflut ging beim Fußball ungebremst weiter – wenn die Temperaturen leicht unter Null liegen reicht das hierzulande – also ging es weiter mit Hallensport. Am Sonntag standen aber auch einige Besichtigungen an, die teilweise erschreckend schwer erreichbar waren. Es ist ja wohl nicht zu glauben, dass man es in den thüringischen Landkreis Unstrut-Hainich und Kyffhäuser nicht fertig bringt, Schneeverwehungen von bis zu einem knappen Meter zu beseitigen. Selbst an diesen Stellen entstehen die nicht in 20 Minuten, sondern sammeln sich erst in vier, fünf Stunden an – vergleichbare Orte im Saalekreis waren gut beräumt. Nicht zu verstehen ist aber auch, dass da Autofahrer mit einheimischen Nummern den Verkehr behinderten, da sie solche Verhältnisse kennen sollten. Aber die Einheimischen kannten ja nicht mal Regeln wie „bergan hat Vorfahrt bei Begegnung im einspurigen Bereich“...

Irgendwie schafften wir es aber ein vernünftiges Besichtigungsprogramm auf die Beine zu stellen: zuerst die Klöster von Dingelstädt (unspektakulär da 19. Jh. aber nett gelegen) und Zella (eines der bekanntesten Klöster Deutschlands und eines der wenigen, bei denen die Kirche nicht das Highlight ist, denn diese ist schlichter als viele Nebengebäude mit feinem Fachwerk). Dann war die Altstadt von Mühlhausen, der man auch preisgünstig und gut bei einem China-Thai-Imbiss essen konnte, ein Highlight. Mit der massiven, mit etlichen Türmen bewehrten Stadtmauer, den Fachwerkbauten und Kirchen, die fast durchweg schlanke, hohe Türme in weiß aufweisen, ist Mühlhausen eine der schönsten Städte Thüringens und Deutschlands. In Sachen Kirchengeschichte ist der Ort übrigens bedeutend: Thomas Müntzer hatte zwar außer seine letzten Stunden, die er bis zu seiner Hinrichtung vor dem Stadttor Mühlhausens verbrachte, nicht viel Zeit in diesem Ort zugebracht – als Thomas-Müntzer-Stadt wird sie trotzdem bezeichnet. Besonders die gotische Saalkirche, die auch dafür gleich 3€ Eintritt will, hält die Erinnerung an den radikalen Theologen und Reformer aufrecht.
Nach dem Handballpokalspiel besichtigten wir eine Kirchenruine in Grabe und dann das barocke Schloss von Schlotheim. Neben diesem steht ein Gedenkstein für Müntzer in DDR-Diktion, auf dem seine revolutionären Seiten herausgestrichen werden: absolut albern, dass ein Atheisten-Staat einen radikalen Theologen feiert – aber in der DDR musste man halt jeden Schwachsinn der irgendwie mit irgendwelcher Revolution gegen feudale Obrigkeiten zu tun hatte, bis zur Verblödung ausschlachten...
Abschließend besichtigten wir noch die Schlossruine von Ebeleben, von der nur noch eine große Außenmauer und regelmäßige Grundmauern stehen. DSC00420 Nicht einmal beim Handball blieb man dann in Mühlhausen von diesem Reformationschaoten verschont. Die Sporthalle heißt aufgrund ihres Standortes in der Damaschke-Straße nach Adolf Damaschke, einem Führer der Bodenreformbewegung und einem schrägen Pädagogen mit diversen linksextremistischen Tendenzen – der Sportverein dann tatsächlich „VfB Thomas Müntzer 09“. Nach „SV Scharnhorst Großgörschen“ und „Don Bosco Bamberg“ ist das erst der dritte deutsch Verein der mir unterkommt und den Namen einer historischen Persönlichkeit trägt. Wobei von den drei genannten, Müntzer die mit Abstand zweifelhafteste ist. Viele DDR-Bürger und deren Nachkommen scheinen nicht zu wissen, dass sie von Müntzer in die Kategorie der nichtswürdigen und zu tötenden Gottlosen einsortiert worden wären: die Theologie Müntzers ist in ihren politischen Forderungen für seine Zeit nicht ungewöhnlich aber für den heutigen Deutschen nur aus den Medien im Zusammenhang mit islamistischem Terrorismus bekannt. Dass ein derart radikaler religiöser Reformer von einem atheistischen Staat verherrlicht wurde, da er nebenbei auch einer von vielen aus unterschiedlichen Kulturkreisen war, der späteren revolutionären sozialistischen und kommunistischen Tendenzen und Ideen vorgriff und somit entfernt als „Revolutionär“ bezeichnet werden kann, ist wie gesagt wirklich albern. Sich nach einer Persönlichkeit zu benennen, die nur in der Stadt hingerichtet – nicht einmal länger dort gewirkt hat – ebenfalls. Ich hätte ja noch Müntzers Lieblingsspruch aus Matthäus (Kapitel 10, Vers 34) auf die Trikots gedruckt: „Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert“ – aber stattdessen wurde lieber für die „beste Bratwurst“ geworben...

Für die Halle sollte keiner gleich ein Schwert mitbringen, aber eine Schlagbohrmaschine sowie ein paar Holzlatten, Metallrohre und die erforderlichen Genehmigungen wären schon nicht schlecht, denn mit den paar Turnbänken und als Stehplätze angedachten Fußbänkchen, die nach Lust und Laune auf der breiteren Längsseite in dem kastenförmigen Backsteinbau aus den 1970ern verteilt werden, ist die Halle für die Zuschauer etwas zu eng geraten. Und Zuschauer kommen reichlich, denn fast alle 250 Plätze waren belegt, was bei sehr anständigen Eintrittspreisen von 3€ (Studenten, Rentner, Schüler: 2€) auch so seien sollte. Eine sehr gute Sache war auch die Trommelgruppe, die sich aus richtigen Hobbymusikern zusammensetzt und bei Ballbesitz der Mühlhäuser flotte Rhythmen vorlegte. Ich würde denen allerdings, so gut ihre Darbietung auch war, vorschlagen, mal richtige Liedmelodien komplett durchzuspielen, solange das Spiel nicht wirklich unterbrochen ist und nicht sofort bei Ballbesitz für den Gegner das Musizieren einzustellen. Wenn eine Musikgruppe wie z.B. bei den maltesischen Fangruppen üblich, mit eine paar Blasinstrumenten zu den Trommeln aufkreuzt, ist das natürlich noch besser. Aber wie auch immer: um klassen besser als bei den meisten Vereinen im Handball, was die da bei Mühlhausen zeigen!

Mühlhausen ist übrigens weit abgeschlagen hinter Gotha auf Rang 2 der Thüringenliga und hat leider keine Chance mehr, den vermutlich leider absteigenden LSV Ziegelheim in der sogenannten „Mittel“deutschen Oberliga (wobei Mühlhausen ja wenigstens wirklich eine mitteldeutsche Stadt ist) zu ersetzen. Nominell war der Außenseiter natürlich Mühlhausen, ich hatte allerdings schon gleich fest mit einem Sieg der Reformermannschaft gerechnet. Was der Landsportverein spielte, war selbst für Thüringenliga nur unteres Mittelmaß. Mit einem 13-Tore-Unterschied hätte ich auch nicht gerechnet, aber die unmotivierten, zum Ende hin einfach nur gefrusteten und über die ganzen 60 Minuten zu guten Spielzügen unfähigen Ziegelheimer wurden hier regelrecht vorgeführt. In den ersten 15 Minuten war das Spiel ja noch eng, aber dann zog Mühlhausen immer weiter davon. Nur wenige Fehler unterliefen den Gastgebern, weitestgehend konsequent wurden die Angriffe vorgetragen, in allen technischen und spielerischen Belangen wusste der VfB TM besser zu gefallen als der LSV.

Nach einer sehr guten Schiedsrichterleistung am Samstag, gab es übrigens auch am heutigen Sonntag keine Kritik am Gespann der Unparteiischen. Die beiden machten ihre Sache gut und souverän, teilweise vielleicht etwas kleinlich, aber bei einer zunehmend aggressiv auftretenden Mannschaft wie Ziegelheim war das wahrscheinlich auch nötig.

Alles in allem war es erschreckend zu sehen, wie ein Fünftligist der 44 Stunden zuvor bereits ein Spiel absolviert hatte, einen Viertligisten, der 24 Stunden zuvor ein Spiel gemacht hatte, vorführte. Es scheint absehbar, dass Ziegelheim sich bereits auf kurze Sicht als nicht MOL-tauglich erweisen wird, was schade ist: der Spielbesuch bei diesem Verein im Altenburger Land war wirklich nett! DSC00281 Statistik:
- Grounds: 890 (heute 1 neue; diese Saison: 122 neue)
- Sportveranstaltungen: 1.748 (heute 1, diese Saison: 171)
- Tageskilometer: 330 (330 Fahrrad)
- Saisonkilometer: 43.940 (34.760 Auto/ 6.500 Flugzeug/ 2.340 Fahrrad/ 170 Bahn, Bus, Tram/ 90 Schiff, Fähre)
- Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 39 [Letzte Serie: 6, Rekord: 141]
- Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 347

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