Dienstag, 10. April 2012

IND-XXVII: Endlich mal raus aus Kerala – Ostern in Bangalore, Karnataka State (Teil 3)

Photos with English Commentary:

Zum Abschluss des Aufenthaltes in Bangalore guckten wir uns die Festung und den Palast an. Außerdem sahen wir noch das Sommerschloss von Tipu Sultan von außen. Die Festung kostet keinen Eintritt, ist aber ein sehr interessanter Bau. Von minderwertiger modernerer Architektur umstellt, weiß die Festung aus dem 18. Jahrhundert aber trotzdem zu gefallen: die massiven Mauern sind vielfach verziert – nicht nur mit islamischen Blumenmustern, sondern auch mit indischen Tierdarstellungen (unter anderem auch bei der Fortpflanzung) und Götterbildern, die aber wohl erst angebracht wurden, als die Hindus wieder die Stadt regierten.
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Der Palast von Bangalore hat einen ganz anderen Baustil: Elemente der Neogotik, des viktorianischen Stils und des Tudor-Stils mischen sich. Man merkt den englischen Einfluss leider auch an den Eintrittspreisen: indische Oberschicht und Touristen sind bei Preisen von 200 bis 400 Rupien (plus 600 Fotogebühr: 3€, 6€ bzw. 9€) willkommen – der Rest darf sich kaum dem Eingangstor zum Park nähern. In west-asiatischen Ländern wäre es undenkbar, dass durch die Preispolitik z.B. Schulklassen ausgesperrt werden. Aber der Besitzer des Schlosses, der Maharaja von Mysore, nutzt seine Macht natürlich gerne aus. Viel mehr Macht, als das Diktieren von Eintrittspreisen zu seinem Privatbesitz, ist ihm ja nicht geblieben.
Innen ist der Palast richtig feiner Kitsch und ein herrliches Bild für die Hochstapelei und Zweischneidigkeit des nach außen hin konservativen Adligen: die Familienmitglieder leben nach strengen Regeln miteinander (arrangierte Ehen, Geschlechtertrennung etc.) – aber der Chef sammelt alle mögliche europäische Kunst: von nordischen Kriegerstatuen bis Aktporträts, die teilweise mit orientalischen Sitten spielen: auf einem Bild trägt z.B. eine Frau mit Kopftuch ein durchsichtiges Seitengewand, was den Blick auf ihre Brüste freigibt.
Während die Fassade und der Vorgarten des Schlosses englisch sind, sind die Deckenbemalungen oft eher orientalisch. Decken und Säulen sind farbenfroh und tragen weitestgehend Pflanzenmotive.

Auf dem Rückweg zum Hotel stellten wir fest, dass man selbst den lizenzierten Rikschafahrern teilweise mit der Polizei drohen muss, damit sie einen dahin bringen, wo man hin will und nicht dahin, wo der Bruder seinen Ramschladen hat. Selbst in Tunesien klappt dieses System der Lizenzierung (dort Taxifahrer) reibungslos: aber was vergleiche ich auch wieder dieses scheiß Indien mit einem arabischen Land? Indien hat so wie so keine Chance gut auszusehen im Vergleich! Die Lizenzierten Rikschaheinis haben jedenfalls innen einen Führerscheinaufkleber, wobei man sicherlich keinen Erfolg haben wird, wenn man so einen der vielen Kleinkriminellen wegen zu hoher Fahrtpreise oder versuchten Betrügereien mit befreundeten Händlern anzeigt. Aber wir sind ja schließlich doch in der MG-Road gelandet und konnten dort auschecken. Ich war schon fast überrascht, dass die Hotelrechnung nicht doch höher war, als vorher aufgeschrieben, so unehrlich wie viele Dienstleister in Bangalore sind. Verglichen mit dem schon bis auf ganz wenige Ausnahmen recht kühlen und wenig sympathischen Volk in Kerala, sind die Leute in Bangalore wirklich fast durchweg unsympathische, unfreundliche Zeitgenossen.

Insgesamt gesehen hat sich diese Wochenendfahrt mit all ihren negativen Facetten (hohe Kosten, großer Aufwand, unsympathische Leute) natürlich doch sehr gelohnt. Denn die Sportveranstaltungen waren interessant bzw. sehr sehenswert und die Sehenswürdigkeiten haben sich richtig gelohnt. Da ärgert man sich gar nicht so sehr darüber, wie schwer es ist, in der 6-Millionen-Einwohner-Metropole ein Restaurant zu finden: lauter vegetarischer Mist, doppelt so teuer wie in Kerala und dann findet man fünf Kinos, 20 Ramschläden aber nur ein Restaurant in einer Hauptstraße. Nicht nur das Wetter (trocken heiß statt feucht warm: unglaublich, wie viel schöner doch 35 Grad und 8% Luftfeuchtigkeit gegenüber 25 Grad und 70% Luftfeuchte sind) war viel angenehmer als in Kerala, sondern auch die Sehenswürdigkeitendichte im Stadtgebiet: mehrere Festungen bzw. Schlösser, viele Parks, Kirchen, Tempel, Moscheen...

Montagmorgen zurück in Kottayam: kein Laden offen obwohl schon alle auf den Beinen sind, Strom im Institut wieder für eine Stunde weg, nichts Vernünftiges zu Essen im Institut, LAN-Internet geht ungewöhnlich langsam und das verseuchte WLAN kann man vergessen – nun ja, Kerala hat uns wieder...
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Statistik:
Tageskilometer (8./9.4.): 580 (570 Bus, 10 Autorikscha)
Saisonkilometer: 44.150 (25.020 Auto/ 14.820 Flugzeug/ 2.280 Bahn, Bus, Tram/ 2.010 Fahrrad/ 20 Schiff, Fähre)

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