Mittwoch, 4. Januar 2012
W282-283: Weihnachten in Marokko (22.12.-31.12.2011)
Zusammenfassung, Übersicht, Tipps
Tag 4: Ein Torreiches Frauenfußballspiel und 103 Minuten Dorffußball vom Feinsten zum 1. Weihnachtsfeiertag
Tag 7: Die N9 entlang gen Sahara
Tag 9: Azemmour und Boulâouane
Tag 10: Rückreise und Silvester
Fotosammlung: MOROCCO (DECEMBER 2011)
Sportfotos auch unter: Groundhopping in Foreign Countries
* Besuchte Sehenswürdigkeiten *
1. Passstraße von Tafinegoult nach Tahanaoute/ Marrakesh über Tizi-n-Test (10/10)
Eine unglaubliche Straße durch eine Wahnsinns-Berglandschaft mit sehr wechselnden Felsformationen und -farben, unterschiedlicher Pflanzendichte und ein paar architektonischen Sehenswürdigkeiten (Moschee Tin Mal, mehrere Kasbahs)! Die Strecke ist teilweise ziemlich gefährlich, aber wer ordentlich Auto fahren kann, der muss diese atemberaubende Straße einmal gefahren sein!
2. Âit Ben Haddou (10/10)
Herrliches Wehrdorf aus Lehm in toller Berglandschaft in schöner Lage oberhalb eines Wadis.
3. Passstraße von Touama (Marrakesh) nach Amerzgane (Ouarzazate) über Tizi-n-Tichka (9,0/10)
Spektakuläre und gut fahrbare Straße durch eine tolle Berglandschaft mit fast immer schneebedeckten Gipfeln.
4. Kasbah Boulâouane (8,5/10)
Herrliche Burgruine inmitten toller Hügellandschaft.
5. Amerhidil (8,5/10)
Besonders schöne, da außergewöhnliche verzierte Lehmfestung mit Garten im Innenhof. In sehr sehenswerter Landschaft – ich sag nur: Palmen vor schneebedeckten Berggipfeln – gelegen.
6. Oulad Atmane (8,5/10)
Schöne Verzierungen des Lehms fallen an der nett gelegenen Festung zuerst auf.
7. Ouarzazate (7,5/10)
In der ziemlich künstlichen Stadt gibt es eine tolle Festung, ein sehr gutes Filmmuseum und mehrere kuriose historistische Bauten: u.a. ein Ibis-Hotel, dass einer mittelalterlichen Lehmfestung nachempfunden ist.
7. Marrakesh (7,5/10)
Schöne, komplett ummauerte Altstadt in lehmrot und sehr sehenswerte Pflanzensammlung (Jardin Majorelle) am Rande dieser Altstadt.
7. Azemmour (7,5/10)
Sehr sehenswerter Ort an einem Fluss in Meernähe. Azemmour hat eine herausragende Stadtmauer, viele Häuser in dieser von einer Mauer umgebenen Altstadt sind von Künstlern verziert worden.
10. Rabat (7,0/10)
Die Hauptstadt ist recht sauber und übersichtlich gestaltet. Die Felsen am Meer unterhalb der ummauerten Festungsstadt sind fast so spektakulär wie die Festungsstadt selber. Besonders sehenswert ist die Chellah, eine ummauerte Ruinenstadt mit römischen und mittelalterlichen Bauelementen und einer Pflanzensammlung.
11. Taliouine (7,0/10)
Ganz nett gelegener Ort mit sehr schöner Burgruine.
12. Tin Mal / Moschee Tinmel (6,5/10)
Sehenswerte Ruine einer Moschee mit tollen Fresken und ungewöhnlicher Bauform: hat etwas von Wehrkloster.
12. Casablanca (6,5/10)
Nicht unbedingt schön, aber interessant und deshalb trotzdem sehenswert. Hier wird auf Filmromantik geschissen: die Stadt ist groß, laut, dreckig und eine Industrie-, Arbeits- und Business-Stadt. Sehenswert sind die klotzige Hassan-II.-Moschee, das Habous genannte Stadtviertel, das in französischer Protektoratszeit als historistischer Nachbau einer arabischen Medina errichtet wurde, mehrere (teils aber schon ziemlich verfallene) Jugendstilgebäude, die ebenfalls von den Franzosen errichtet wurden, und in geringerem Maße auch die heruntergekommene historische Medina.
14. Tiffoultoute (6,5/10)
Ganz nette Burgruine in der Nähe von Ouarzazate oberhalb einer Oasa an einem Wadi.
15. El Jadida (5,0/10)
Sehr heruntergekommene Altstadt, aber komplett von einer Wehrmauer umgeben und direkt am Meer gelegen.
16. Oulad Driss (5,0/10)
Tolle Oasen, von Dünen umgeben, am Ortsrand. Eine kleine Festung in der Ortsmittte.
17. Timiderte/ Tamnougalt (3,5/10)
Schwer zugängliche, aber schön gelegene Festung.
18. Tinzouline (3,0/10)
Verfallene Festung.
19. M’hamid (0,0/10)
Total asozialer und hässlicher Ort. Hier hört die Asphaltstraße mitten im Nichts auf. Ein guter Wendepunkt um nach Ouarzazate oder Zagora zurückzufahren. Ansonsten fährt man durch dieses Dreckloch durch: die Leute in M’hamid sind sehr unangenehm.
* Tipps *
1. Wie kommt man hin?
Wer viel Zeit hat (oder v.a.: einen langen Aufenthalt in Marokko einplant), kann mal auf dem Landweg über Frankreich und Spanien (eventuell über Andorra/ Portugal/ Gibraltar) per Fähre einreisen. Ist bestimmt interessant, auch wenn man sich über hohe Mautgebühren v.a. in Frankreich (aber auch in Marokko!) ärgern muss. Die Fährverbindungen sind schnell (z.B. Tarifa – Tanger in 45 Minuten, von Algericas nach Tanger auch nur doppelt so lange) und billiger als die meisten Flüge (Personen je nach Route 30-50€, Auto um die 120-150€ hin und zurück).
Normalerweise wird man aber fliegen und dann Verbindungen von München nach Casablanca, Berlin nach Agadir (Achtung! Nur Billigfluganbieter: also auf Konditionen achten, die oft regelrechter Betrug sind!) oder Marrakesh nehmen. Üblicherweise wird man 300-350€ hinlegen – wenn man z.B. nur Handgepäck im Billigflieger mitschleppt, dann um die 100€, bei normalen Gepäckaufkommen (1 Koffer, 1 Tasche Handgepäck) ist man dann aber auch bei den sogenannten Billigfliegern schnell bei 150€-200€.
2. Im Land herumreisen
...ist nicht weiter schwer. Das Autobahnnetz ist ganz gut ausgebaut und man fährt auf diesen auch meist etwas mehr als die zulässigen 120 km/h. Man wird bei Tempo 120, 130 aber schon die Mehrheit der Fahrzeuge überholen. Nebenstraßen sind manchmal extrem schmal und schlaglochreich: auf deutschem Niveau sind nur die größten Landstraßen mit N-Nummern. Alle Kategorien darunter sind in schlechtem Zustand. Problematisch ist das Kartenmaterial, was oft völlig veraltet und ungenau ist. So z.B. die Karte „Marokko 1:900.000“ von Freytag & Berndt: ungenau, zu großer Maßstab, Druckfehler, etwa 400km (!) Autobahn fehlen, etc. – aber noch das am wenigsten schlechte in Sachen Karten. Ein Mietwagen empfiehlt sich nur, wenn man wenig Zeit hat und trotzdem z.B. eine Tour über den Hohen Atlas machen will. Alle mittleren und größeren Städte sind per Bus und teilweise auch per Bahn ganz gut erschlossen, was billiger ist. Ebenso sind Grand Taxi und Petit Taxi günstige Verkehrsmittel. Für solche sehenswerte Sachen wie die Querung des Tizi-n-Test und die Kasbah Boulaoubane braucht man aber unbedingt ein Auto: da fährt keiner regulär mit dem Bus hin, also sollte man zumindest mal für einen kleinen Teil seiner Reise eine Mietkarre einplanen. Mietwagen kosten zwar 10-20% weniger als in Deutschland und Benzin ist mit 0,95€ bis 1,00€ auch für unsere Verhältnisse niedrig, aber billig ist das mit Mietkarre echt nicht. Mal abgesehen davon, dass Benzinpreise dieser Höhe echt das Letzte sind für die normale marokkanische Bevölkerung.
3. Sprache:
Zwar sprechen so gut wie alle Französisch, dass für jeden mit guten Französischkenntnissen trotz der mitunter seltsamen Aussprache verständlich ist, doch wer kein Französisch kann, hat in Marokko die Arschkarte. Ausnahmen sind natürlich Gebiete wie West-Sahara und Nordküste, wo Spanisch verbreitet ist. Im touristischen Bereich, v.a. in Großstädten, wird auch Englisch, mitunter sogar Deutsch gesprochen. Aber Französisch sollte man schon wenigstens halbwegs können – es sei denn man kann den einheimischen arabischen Dialekt Darija. Marokkanisch-Arabisch ist ein Dialekt des Arabischen der sehr weit von der Hochsprache entfernt ist – so wie Schwiizerdütsch ja z.B. auch weit von Hochdeutsch entfernt ist, doch nur aus nationalistischen Beweggründen ab und an als eigene Sprache bezeichnet wird anstatt als Dialekt des Deutschen, was es ja eigentlich ist – und teilt sich noch etwas in regionale Dialekte auf, die aber alle untereinander problemlos verständlich sind. Aber so wie Schwiizerdütsch für einen Deutschen mit ein bisschen Grips halbwegs verständlich ist, so ist auch Darija nicht unverständlich (wie teilweise behauptet) aber sehr wohl schwierig verständlich für jeden auch nur ein bisschen gebildeten Ägypter, Syrer, Jemeniten etc. Die Behauptung, dass Darija eine Kreolsprache sei, ist völliger Schwachsinn. Wie erklärt sich sonst die Benutzung einiger noch aus sehr alten semitischen Sprachstufen stammenden Worten, die nicht weniger Vorkommen als die französischen Vokabeln? Natürlich bereiten einige Redewendungen und seltsam ausgesprochene Worte den anderen Arabern (und jedem Nicht-Arabisch-Muttersprachler umso mehr) Schwierigkeiten. Marokkaner kennen umgekehrt auch typisch syrische Worte wie „naddêf“ für „sauber“ (marokkanisch: nqî) oder golf-arabische Worte wie „rayyâl“ für „Männer“ (marokkanisch: rdschääl) meist nicht. Es ist auffällig, wie sich immer wieder Worte abwechseln, die a) man aus dem Arabischen nicht herleiten kann und die b) sehr nah an der Hochsprache sind und in vielen Dialekten gar nicht benutzt werden, so z.B. in Syrien oder Ägypten als altmodisch gelten. Jene Worte, die in anderen arabischen Dialekten (wie den sehr gängigen ägyptischen und syrischen) nicht vorkommen, sind aber die Ausnahme. Das sind oft Berber-Worte. „Ghella“ für „Obst/ Früchte“ (in anderen arabischen Dialekten sehr ähnlich dem hocharabischen „fawakih“) müsste so ein Beispiel sein. Auch die Anzahl französischer Worte ist höher als in z.B. Syrisch-Arabisch – kein Syrer sagt „otel“; das heißt „funduq“ – aber teilweise enorm verfremdet: das syrische „bisiklet“ klingt viel Französischer als das marokkanische „besklîta“.
Da wären wir auch schon beim Thema Aussprache: das Marokkanische wird extrem hart gesprochen und benutzt penetrant lange „Ä“s wo ein langes „A“ kommen sollte. Gerade die harte Aussprache macht den Vergleich zum Schwiizerdütsch so treffend. Etwas schwierig ist es auch, nicht nur die richtigen Vokale rauszuhören – statt „von hier“ „min huna“ oder wie in Syrien „men hôn“ zu nennen, sagt man in Marokko so was wie „men-hnää“ – sondern auch die vertauschten Konsonanten (kommt auch nur selten vor, klingt dann aber besonders albern) zu erkennen: statt „stanna“ heißt es „tsännä“ (als ob man „warten“, was diese Worte bedeuten, mit „watren“ bezeichnen würde...).
Aber an sich ist Marokkanisch-Arabisch, wenn auch im Klang nicht so schön wie das dem Sächsischen irgendwie ähnliche Syrisch-Arabisch (Sächsisch klingt ja auch besser als Schwiizerdütsch), schon ganz lustig und interessant. Wenn man einen anderen arabischen Dialekt kann, wird man übrigens schon verstanden. Teilweise wohl besser, als wenn man geschwollen Hochsprache (Fusha) spricht. Interessant ist Darija vor allem, wenn man noch etwas Kenntnisse älterer semitischer Sprachen wie Hebräisch oder Aramäisch hat. Da wird man erkennen, dass „nqî“ nur „sauber“ heißen kann, da es so wie das hebräische „naqi“ klingt. Auch schon in den über 2.000 Jahre alten hebräischsprachigen Bibeltexten überliefert ist der Begriff „zona“ für „huren“ – und was hört man beim Fußball in Marokko immer wieder: „ä weld ez-znâ“ = „ey, du Hurensohn“...
4. Groundhopping:
Wenn wir eben schon beim Thema waren: Fußball lohnt sich in Marokko auch immer. Nervig ist nur, dass man die Ansetzungen immer erst Dienstagabend (manchmal sogar noch knapper) im Internet auf frmf.ma (bzw. auch soccerway.com und goalzz.com) bekommt. Wer andere Sportarten außer Fußball sehen will, dem seien Handball (frmhb.com und goalzz.com), Basketball (frmbb.ma und goalzz), Volleyball (marocvolley.com) und Rugby (rugbymaroc.com und siehe unter „clubs“) empfohlen. Die sind meist aber noch schlechter organisiert. Ganz kurios: in Rabat gibt es mehrere Eishockeymannschaften die in einer Eissportanlage in einem Einkaufszentrum spielen (moroccanicehockey.com; Suchbegriff „hockey sur glace“).
Die Fußballansetzungen auf der Verbandsseite sind sehr zuverlässig und die Ansetzungen auf soccerway & Co weitestgehend zuverlässig. Deren Rahmenterminpläne bieten auch einen verlässlichen Anhaltspunkt, sodass man immerhin weiß, dass mit Sicherheit am z.B. Wochenende 24./25.12. in dem und dem Ort gespielt wird. Meistens finden in der ersten Liga von 8 Spielen 4 sonntags, 3 samstags und 1 freitags statt – manchmal aber auch mal 1 Spiel Montag oder so. Auf ein Freitagsspiel kann man sich nicht immer verlassen: die meisten Spielen finden Samstag und Sonntag statt. Die 2. Profiliga spielt fast nur Samstag/ Sonntag, Jugend-, Frauen- und Amateurligen ebenfalls, jedoch mit mehrheitlichen Sonntagsspielen.
Auf der Verbandsseite (und vielen anderen Websiten) sind unter Rubriken wie „compétitions“ folgende Begriffe zu finden:
1.) Botola Pro = Botola 1 = GNEF 1 = 1. Profiliga;
2.) Botola 2 = Elite 2 = 2. Profiliga;
3.) Elite 1: espoirs = U-23/ Reserveliga;
4.) Championat National de Jeunes = U-19/ U-17 und U-15 Ligen, meist werden die Spiele blockweise ausgetragen, z.B. Sonntag um 10 Uhr die U-19 von Khouribga gegen Wydad, um 12.00 die U-17 der beiden Vereine und um 14.00 die U-15 der jeweiligen Clubs, und das alles im selben Stadion (siehe Verbands-Ansetzungen in den PDFs „programmes/ 4ème Journée“ usw.);
5.) Challenge Espoir = Turnier für U-23 Mannschaften;
6.) Ch. National du f. féminin = 1. Frauenfußballliga - und ja: Männer dürfen bei den Spielen zugucken, Marokko ist doch nicht Saudi-Arabien...;
7.) Ch. National de futsal = Futsal, d.h. Hallenfußball auf Handballtore mit 5 Spielern pro Team – viel besser als das Pillepalle in der deutschen Winterpause!;
8.) Coupe du Trône = Pokalwettbewerb für alles ab 4., 5. Liga, der einen größeren Umfang als der DFB-Pokal hat/
9.) Ch. amateur 1 ist die 3. Spielklasse und amateur 2 die 4. Ebene.
Bei den Stadiennamen muss man immer mit Rechtschreibfehlern rechnen; aber nach ein paar Versuchen mit wikimapia findet man eigentlich alles. Der Begriff „Annexe“ bedeutet im Sportvokabular übrigens „Nebenplatz“.
Für Groundhopper ohne Arabischkenntnisse ist es übrigens sehr bequem, dass die Websiten alle in Französisch sind. Die meisten Vereinswebsiten sind übrigens nicht besonders gut, aber Raja Casablanca hat z.B. eine ganz ordentliche mit Ticketinfos und so was.
Wenn ein Spiel ausgesucht ist, oder zwei... oder drei... Na ja, wenn man halt am Stadion steht, wird man Eintrittspreise von 20 bis 60 Dirham (= 2-6€) für 1. Liga berappen müssen (2. Liga meist 20dh, Amateurligen, Frauenliga etc. sind für gewöhnlich kostenfrei zu besuchen, während bei internationalen Wettbewerben wie Nationalmannschaftsspielen oder CAF Champions League die Preise auf dreistellige Dirham-Summen von locker 150dh (15€) steigen) und im Stadion, das oft sehr interessante aber auch heruntergekommene Betontribünenbauten vorweisen kann, wird man oft richtig gute Stimmung auf den Rängen haben. Marokko kann man (wie Tunesien und Algerien auch) gut mit dem Balkan vergleichen: harte und packende Spiele, schöne alte Stadien und laute, herrlich melodisch singende und emotionale Fans.
Fazit:
Alles in Allem muss ich sagen, dass Marokko nach Syrien und vor Rumänien, Tschechien u.a. das Beste ist, was ich bisher reisetechnisch kennengelernt habe! Auch sportlich ist dieses Land sehr zu empfehlen!
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen