Dienstag, 11. August 2009

WE158II: Im Vorarlberg; Zwei Burgen in Feldkirch und ein Spiel der zweiten Operetten- und Kommerzliga

FC „Mohrenbräu“ Dornbirn 1913 2:1 „Fernwärme“ First Vienna FC Freitag, 7. August 2009 - Anstoßzeit 18.00 „ADEG“ Erste Liga (2. Liga Österreich, 1. Halbprofiliga) Ergebnis: 2:1 nach 93 Min. (45/48) - Halbzeit 1:1 Tore: 0:1 4. Osman Bozkurt (Elfmeter), 1:1 45. Thomas Stadtler, 2:1 69. Andreas Maier Verwarnungen: Rifat Şen, Johannes Hirschbühl, Andreas Maier, Oliver Mattle, Stephan Kirchmann (Dornbirn), Andreas Fading (Vienna) Platzverweise: keine Stadion: sog. Cashpoint „Arena“ - Stadion Schnabelholz (Kap. 8.500, davon 6.000 Sitzplätze) Zuschauer: 4.400 (30 Gästefans) Spielqualität: 5,0/10 (Mittelmaß) Sightseeing: 7,5/10 (Schön!) Innerhalb von drei Tagen hieß es drei neue Länderpunkte zu machen. Der erste Punkt sollte am Freitag fallen. Es ging um 6 Uhr morgens los und wir kamen bis zum Ende der Autobahn hervorragend durch. Erst ab Lindau wurde es nervend, denn dieser hässliche Bodensee ist bekanntlich total zersiedelt. Somit sind die Straßen auch so überfüllt, dass zwischen Deutschland und Österreich teilweise nur im Schritttempo gefahren werden kann. Stoßstange an Stoßstange bis weit ins südöstliche Nachbarland hinein, doch je näher man Feldkirch kam, umso besser wurde es. Wir durchfuhren auch Dornbirn, eine abartig hässliche Stadt, die uns nur wegen Fußball interessierte. Doch dazu später mehr.
Zuerst fuhren wir bis Feldkirch, wo wir kurz vor 12 an der kleinen, aber perfekt erhaltenen, spektakulär gelegenen und deshalb absolut sehenswert Schattenburg am Rande des Ortes ankamen. Wir durften für nur 0,20€ das Auto zwei Stunden lang parken und besichtigten zuerst den Ort, der mit etlichen schönen mittelalterlichen Gebäuden und spektakulären Häusern aus dem 18. und 19. Jahrhundert zu überzeugen weiß. Aber zurück zur Schattenburg, die man für 3€ (ermäßigt 2€) besichtigen kann. Die Kassenwärterin ist sehr freundlich, die Innenräume sind mit bis zu 400 Jahre alten Möbeln ausgestattet, mit Bildern und alten Klavieren, Ritterrüstungen und Heiligenfiguren bestückt. Der Blick aus den offenen Fenstern auf die Stadt, die in einem Talkessel liegt, ist fantastisch. Ein Teil der Räumlichkeiten - u.a. auch der Turm - sind leider (noch) nicht zugänglich. Die Kassiererin klagte uns über die Verzögerungen bei der Renovierung des Turms.
Die zweite Burg, die wir anschauten, war die Ruine Tosters, die am anderen Ende von Feldkirch liegt. Die letzten 500m muss man laufen, um den nicht mehr begehbaren Bergfried und die teils noch mehrere Meter hohen Mauern zu sehen. Die lebensgefährlichen Abbrüche sind gesichert, ebenso der Eingang zum Bergfried. Auch von Burg Tosters ist der Blick auf Feldkirch herrlich. Nicht so herrlich sind die Preise in der Pension Nofels, aber für österreichische Verhältnisse - Benzin ist billiger, Parken und Besichtigungen auch, aber Übernachtungen völlig überhöht - noch anständig. Geräumig und ordentlich eingerichtet - wie sich’s in Österreich gehört, muss ein Heiligenbild in jedes Zimmer - sind die Räumlichkeiten auch.
Wir ruhten uns eine Stunde lang aus und fuhren dann nach Altach, da das Spiel vom FC Dornbirn 1913 nicht auf der Birkenwiese in Dornbirn aufgrund von Bauarbeiten stattfand, sondern ins nahe gelegene Stadion Schnabelholz in Altach verlegten. Der Blick auf die Berge hinter dem stinklangweiligen, 0815-modernisierten Bau auf der grünen Wiese war eines der Highlights der Anlage. Für überdachte, frei wählbare Sitzplätze musste ich 11€, mein Vater 13€ abdrücken. Auf der Karte verbat eine Stadionordnung in einem Atemzug Waffen- und Feuerwerksbenutzung sowie Bild- und Tonaufnahmen, doch schien sich das 1. ohnehin nur auf Videos zu beziehen und 2. keine Sau zu interessieren. Die Ordner tasteten nicht einmal meine Tasche ab, die Tribüne fotografierte ich mit Ordner am Bildrand. Also gar nicht mal so unsympathisch - zumindest nicht so unfreundlich wie in Deutschland meistens - diese Sicherheitskräfte. Auch übers Stadionessen - u.a. Brezeln und Gespritzter - konnte man nicht klagen. Beklagen muss man sich nur über das Konzept der österreichischen Operetten- und Kommerzliga und deren - von den Einheimischen auch fleißig als „Fußballmafia“ betitelten - Verband. Die schießen da echt den Vogel ab! Die deutsche Bundesliga und der DFB sind - lässt man die hanebüchenen Unsummen, mit denen dort im Schatten Englands und Spaniens gezockt wird, einmal beiseite - echt noch anständig dagegen: bis in die untersten Spielklassen heißen die Vereine nach irgendwelchen Sponsoren und spielen in der Kreditinstitut XY- oder Sportwetten XYZ-Arena. Und das auch in fast allen anderen Sportarten! Selbst im Radball! Ob die da unten noch zu retten sind, kann ich nicht sagen, nur ist der Widerstand in der Fanszene - meistens natürlich von so radikalen Kaspern wie dem Anhang der neuen Austria ausgehend - um einiges größer, als in Deutschland, auch was Aktionen gegen zockende Blubberbrausehersteller angeht. Hoffnung, dass die Phase der sich hemmungslos im Sport in den Mittelpunkt stellenden marktwirtschaftlichen Interessen abklingt, besteht erst innerhalb der nächsten Jahrzehnte, wenn die Konsumenten eventuell genug haben von familiengerechten, lärmfreien Events in Allseater-Arenen. Da hilft halt nur ein Boykott des (Profi-)Sports, wenn er zu widerwärtige Formen annimmt. Mein erster Spielbesuch in Österreich wird also ganz sicher der letzte sein.
Das Spiel war etwas besser als ein Durchschnittsspiel der mit der Ersten Liga vergleichbaren deutschen Regionalliga. Es ging sofort mit Druck des Gastvereins, der auf den völlig hirnverbrannten Sponsorennamen „Fernwärme“ hört, los. Dornbirns Abwehr geriet ins Wanken und eine Notbremse im Strafraum wurde mit Gelb und Foulelfmeter gegen Dornbirn bestraft. Weiß nicht, was die Stachelfrüchte sich da beklagt haben. Der Wiener Bozkurt verwandelte sicher. Die nächsten 40 Minuten waren halbwegs passabel, doch auch beste Möglichkeiten wurden bis zur 45. ausgelassen. In der letzten Minute vor der Pause spielte Dornbirn, die mittlerweile gleichwertig waren, aber in Sachen gelbe Karten vom Schiri ungleich, soll heißen: schlechter, behandelt wurden, wunderbar den Ausgleich heraus. Nach der Pause wurden die mehr oder wenige Hausherren sogar stärker. Nach einigen vergeben Chancen hämmerte ein Deutscher den Ball an den Innenpfosten aus 20m ins Tor. Dieser erste Saisonsieg im fünften Spiel sollte aber erst nach 24 Minuten zittern perfekt werden, denn nach dem 2:1 spielte der älteste Fußballverein Österreichs wieder mehr aufs Dornbirner Tor. Zwei Lattentreffer und etliche Kleinchancen standen zwei Kleinchancen und einem gnadenlos schlecht vergebenen Konter gegenüber. 2:1 war am Ende ganz O.K. und wir gingen erst einmal in einem guten indisch-chinesischen Restaurant in Feldkirch essen und mussten dann Motoröl nachfüllen: da haben wir in knapp 1.000 Kilometern doch glatt einen Liter Öl weggeballert! Wieso der Wagen aber auch im höchsten Gang bei 190 km/h Spitze bis fast in den roten Drehzahlbereich schießt, ist mir ein Rätsel. In der Pension zurück, bereiteten wir uns auf die Tour ins benachbarte Fürstentum vor.

Statistik: Ground Nr. 336 (ein neuer Ground; diese Saison: 5 neue) Sportveranstaltung Nr. 864 (diese Saison: 6) Tageskilometer: 650 (Auto) Saisonkilometer: 2.460 (2.320 Auto, 140 Fahrrad, 0 Flugzeug, 0 öffentliche Verkehrsmittel) Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 52 Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 158 Fotos unter: Stadt und Burgen Feldkirch Spiel Dornbirn - Vienna Der Elfmeter von Vienna

1 Kommentar:

fan.aus.einer.merseburger.arbeitersiedlung hat gesagt…

Fußballbilder:
https://www.flickr.com/photos/fchmksfkcb/albums/72157713822085267
Sightseeing:
https://www.flickr.com/photos/fchmksfkcb/albums/72157622389638738