--- (نادي رجاء بني ملال) ---
............... 1:0 ................
Wydad Athletic de Fès
---- (نادي الوداد الفاسي) ---
- Datum: Samstag, 12. Oktober 2013 – Anstoß: 15.00
- Wettbewerb: Coupe du Trône [كأس العرش] (Pokal des Thrones; Viertelfinale des Pokals des marokkanischen Fußballverbandes, GNF Botola 2 = 2. Marokkanische Liga/ Halbprofiliga gegen GNF Botola 1 = 1. Marokkanische Liga/ Profiliga)
- Ergebnis: 1-0 nach 99 Min. (47/52) – Halbzeit: 0-0
- Tor: 1-0 89. Djawad Aziz
- Verwarnungen: al-Mudghary (RBM); Brikal, Akhmis (WAF)
- Platzverweise: keine
- Spielort: Stade Municipal de Beni Mellal [ملعب البلدي ببني ملال] (Kap. 8.000, davon 300 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 6.000 (darunter ca. 80 Gästefans)
- Unterhaltungswert: 6,5/10 (Ausgesprochen spannendes, aber qualitativ nicht sonderlich hochwertiges Spiel) Photos with English and Arabic Commentary:
a) Moroccan Football Cup Quarterfinals: Raja Beni Mellal eliminate Wydad Fès
b) Central Atlas Region: Beni Mellal, Oued Oum
In arabischen Ländern erörtert man oft auch mit flüchtigen Bekannten relativ persönliche Sachen und mit besseren Bekannten, wie seinen Lehrern im Institut, natürlich noch viel mehr. Man erzählt hat auch immer was von der Familie und Freunden und natürlich auch was man am letzten Wochenende gemacht hat und am nächsten (inshallah, wie hier meist angefügt wird) vorhat. Als ich Beni Mellal, Marrakech und Safi erwähnte, war der aus Agadir stammende Lehrer Abdelhadi gleich begeistert. Der Deal: ich bringe ihn und seine Familie (Mutter, Ehefrau, zwei Kleinkinder) Samstag mit dem Auto nach Marrakesch zu Freuden, übernachte dann dort kostenlos mit ihnen und bekomme gratis Essen.
Treffpunkt 8.30 vorm McDonalds am Sahat l-Muqawama. Ein korrekter Lehrer wie Abdelhadi steht natürlich schon 10 Minuten vorher da – also von wegen die Araber könnten keine Zeiten einhalten… Gut, eigentlich ist er Berber, aber egal... Seine Mutter und seine Ehefrau waren übrigens – entgegen der Behauptungen die ich oft gehört habe, Berber seien (auch äußerlich) weniger streng islamisch und wie alle Berberinnen die ich hier bisher kennengelernt habe – sehr konservativ gekleidet mit langen, farbigen Gewändern und Kopftuch. Gegrüßt wird mit Handgeste zur eigenen Brust, nicht etwa Handschlag mit der Gegenüber. Jedenfalls wurde das Auto hinten mit Taschen vollgeladen und die Frauen gingen mit den beiden drei- bzw. fünfjährigen Kindern auf dem Schoß auf die Rückbank, von wo aus sie ziemlich wenig zu mir und dem auf dem Beifahrersitz erzählenden und Fahrtrichtung anzeigenden Abdelhadi sagten. Das lag weniger an der konservativen Einstellung, sondern viel mehr daran, dass ich mich mit Abdelhadi nur Hocharabisch unterhielt, was sie zwar verstehen, aber nicht richtig sprechen…
Nach vier Stunden Fahrt machten wir mal eine Pause an einem Stausee, der recht spektakulär in der schönen Gebirgslandschaft des mittleren Atlas liegt, nach dem Nationalisten El Hansali benannt ist und vom Oued Oum gespeist wird. Eine weitere Stunde dauerte es, ehe wir Beni Mellal erreichten. Der größtenteils von Berbern bewohnte Ort („Söhne des Weisen“) ist eigentlich völlig monoton von Neubauten durchzogen, aber am Rande recht sehenswert: fährt man den Berg hoch, findet man am Stadtrand einen schön angelegten Park der von kanalisierten Bächen durchflossen ist, die von einer landesweit bekannten Quelle (Ain Azzerdoun) gespeist werden. Oberhalb der Anlage thront die rekonstruierte Kasbah, die wir auch noch besichtigten. Nur der Kernbereich wurde wieder aufgebaut und ist absolut quadratisch und weitestgehend symmetrisch. Der Blick von oben auf den von Gärten umgebenen Ort ist prima. Mit zwei Kindern unterwegs zu sein, bedeutet natürlich dass man ziemlich bummeln muss. Mit Mutter und Ehefrau, die keinen Bock auf Fußball haben zu verreisen ist noch schlimmer… Abdelhadi konnte mich also nicht begleiten, da die anderen nicht ins Stadion aber auch nicht allein durch die Innenstadt bummeln wollten. Also holte ich nur für mich die 20 Dirham (1,80€) Tickets (die für alle Plätze außer die überdachte Haupttribüne gelten) am Schalter geholt, in die Schlange gestellt, etwas an der berittenen Polizei vorbeigedrängelt, an der kleinen Schlägerei vorbei geschoben und genau zum Anstoß durch das im Stile der Windtürme der mittelalterlichen Burgen (Kasbah) gebaute Eingangstor gequetscht. Rechts vom rechten Windturm befindet sich die Gegentribüne mit ihren Stehstufen, die direkt in die Hintertorkurve übergeht. Links vom linken Windturm befindet sich eine weitere, etwas kleinere Kurve die von den Heimfans (Ultras „Star Boys“) belegt wird. Die Haupttribüne ist in zwei unüberdachte Teile (der von den Türmen aus rechte Teil ist für die Gästefans) und einen überdachten Teil mit grünen Schalensitzen getrennt.
Die wenigen Gästefans waren nie zu hören, aber die Heimkurve ging gut ab. Selten so viele Mädchen und Frauen wie hier bei Raja in einem marokkanischen Stadion gesehen – und selbst die pogten hier in der Ultra-Kurve mit. Die Lieder stimmten allerdings die Jungen und jungen Männer an. Die grünen Rauchbomben zündeten natürlich auch nur die Kerle. Die Gegen- und Haupttribüne ging bei jeder Szene mit, sprang teilweise kollektiv und wild gestikulierend auf.
Das Spiel war eher mittelmäßig. Wydad kickte nach dem Motto „1. Liga – keiner weiß warum“ – Beni Mellal hatte die deutlich besseren und zahlreicheren Torchancen. Die nach Raja Casablanca benannten Gastgeber versäumten es aber immer zu treffen, was auch am guten WAF-Torwart lag. Der RBM-Keeper hielt aber auch mehrfach gut und sehenswert den Kasten sauber. Ich fürchtete schon, Abdelhadi anrufen zu müssen und überlegte, was „Verlängerung“ auf Arabisch heißt, doch dann gab es Freistoß knapp 18m vorm Kasten von Wydad. Ich fürchtete einen Schuss in die Mauer, da sich zwei Spieler ewig den Ball hin und her legten. Doch dann zirkelt die Nummer 10, Aziz, den Ball genau über die Köpfe der Abwehrmauer direkt oben ins kurze Eck! Eins zu Null für den Außenseiter in der neunundachtzigsten Minute!!! Die sieben Minuten Nachspielzeit wurden dann souverän vom Zweitligisten heruntergespielt, was zu stehenden Ovationen führte.
Noch ein Sandwich gegriffen (noch nie so gutes Catering in Marokko gesehen wie bei RBM: Sandwiches, Baguettes, sechs verschiedene Arten von Süßigkeiten, Wasser, Kaffee, Tee – und natürlich nicht wie in Deutschland an Fressbuden sondern auf Tabletts von privaten Bäckern/ Ladenbesitzern etc. durchs Stadion getragen und zu Centbeträgen leicht über den Ladenpreisen verkauft) und ich verließ auch das Stadion. Der Weg nach Marrakesch dauerte noch mal drei Stunden, da wir uns mangels Beschilderung etwas verfuhren. Das waren nur 10km mehr, aber 40 Minuten Zeitverlust durch schlechte Nebenstraßen. Immerhin konnte ich dort die Familie mit meiner Fahrweise beeindrucken: „Du fährst ja selbst durch Suqs [Märkte] und auf den halb-asphaltierten Landstraßen sicher wie ein Marokkaner…“
Bei Abderrahmane (einem Freund von Abdelhadi) angekommen, konnte ich dann mal eine Junggesellen-Arbeiterbude von innen sehen: ordentlicher Mehrfamilienbau aber total kahle Zimmer mit kaum einem Möbelstück sondern nur Teppichen und Kissen (auf einem Lager von Teppichen und Kissen wurde auch geschlafen) und v.a. ein leerer Kühlschrank. Wir gingen dann alle, ehe Abderrahmane zur Nachtschicht in der Molkerei/ Käserei musste, in einem kleinen Restaurant essen wo keines der Gerichte mehr als 2,50€ kostete. Besonders sauber war es dort nicht und viele Europäer hätte es gestört, dass Abdelhadi zig Sachen orderte, damit sich alle mit allen das Essen teilen – es wird einfach mit der bloßen Hand oder einem Stück Brot auf den Tellern rumgefuchtelt – aber mich stört hier gar nichts und schockieren tut mich erst recht nichts. Höchstens wundern, zum Beispiel dass ich hier niemals Magenprobleme, nicht mal vom Leitungswasser, bekomme… Statistik:
- Grounds: 1.025 (1 neuer; diese Saison: 54 neue)
- Sportveranstaltungen: 1.923 (heute 1, diese Saison: 67)
- Tageskilometer: 470 (470km Auto)
- Saisonkilometer: 17.350 (16.230 Auto/ 870 Fahrrad/ 40 Schiff, Fähre/10 öffentliche Verkehrsmittel/ 0 Flugzeug)
- Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 8 [letzte Serie: 178, Rekordserie: 178; davor 141, 106, 101 bzw. 88]
- Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 376
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