Sonntag, 4. November 2012
W327IV: Durch Wälder, eine Wüste und kriegsgeschädigte Orte zum aboluten Schrottklub der Brandenburgliga
1. FC Frankfurt (Oder) Eintracht/ Viktoria --------------- 0
SV Babelsberg 03 II --------------------------------------------- 3
Datum: Samstag, 3. November 2012 – Anstoß: 14.00
Wettbewerb: Brandenburgliga (6. Liga, 1. Amateurliga)
Ergebnis: 0-3 nach 94 Min. (46/48) – Halbzeit: 0-0
Tore: 0-1 55. Kofi Schulz, 0-2 62. Kofi Schulz, 0-3 72. Julian Prochnow
Verwarnungen: Marcel Georgi, Fred Garling, Erik Huwe (FFO); Kon-Ho Lee (FCB II)
Platzverweise: Jonas Schmidt (FCB II; wg. Schiedsrichterbeleidigung oder was auch immer, 87. Min.)
Spielort: Stadion der Freundschaft (Kap. 12.000, davon 5.000 Sitzplätze)
Zuschauer: ca. 130 (Zahlende: 110, Gästefans: 0)
Unterhaltungswert: 3,0/10 (Dürftige Leistung der favorisierten Gäste: Gegen diesen Schrottverein kann man wirklich mehr als nur 20 Minuten vernünftigen Fußball bieten!)
a) Brandenburg Amateur Football: Frankfurt (Oder) vs Babelsberg Reserve
b) Brandenburg Sightseeing: Duben Church, Lübben Palace, Straupitz Church, Lieberose Damaged Old Town and Desert, and Frankfurt (Oder) Town Centre
Die Anfahrt über die Landstraßen, kuriose Sehenswürdigkeiten inklusive, passte irgendwie zu dieser seltsamen Brandenburgliga-Tristesse in einer der unattraktivsten Städte dieses an sich ganz interessanten Bundeslandes. Die Autobahn-Kirche in Duben, einem Ortsteil der Stadt Luckau, die einen sehr sehenswerten Marktplatz mit Renaissancebauten hat, ist ja ganz ansehnlich mit ihrem Fachwerk und auch innen, obschon schlicht, doch schön. Aber in Lübben deutet sich schon an, dass man sich gerade in eine Region begeben hat, in der die Schäden des 2. Weltkriegs noch stärker gegenwärtig sind, als woanders in Deutschland. Das Schloss in Lübben ist in sehr gutem Zustand und baulich mit dem extrem dicken Turm auch interessant, doch der Marktplatz ist abartig kahl. Hier wurden die Kriegsschäden allerdings beseitigt, was im nahen Lieberose nicht der Fall ist. Das Schloss wird langsam hergerichtet, ist aber zu Hälfte reichlich heruntergekommen und einige Nebengebäude sind auch Ruinen. Und mitten im Zentrum steht die Kirche ausgebrannt, ohne Dach, mit leeren Fenstern und angefressenen Türen als Ruine da. Südlich von Lieberose befindet sich dann eine besonders kuriose Sehenswürdigkeit: die größte Wüste Deutschlands. Einige meinen ja immer, Wüsten gäbe es nur in Nordafrika und Westasien, aber die gibt es fast in jedem Land. Man braucht nur mal nach Brandenburg (oder in eine andere Region, in der Sandböden/ eiszeitliche Sander vorherrschen) zu gehen und dort den Kiefernwald abfackeln. So wie das die Wehrmacht getan hat. Schon hat man den kargen Sandboden und damit eine Sandwüste – diese Form der Wüste ist ja sogar der Inbegriff der Wüste! Nach kurzer Zeit versteppt das ganze zwar und hat was von Tundra, aber wenn man so nachhaltig den Sandboden mit Panzern zerstört, wie da in der Lieberoser Wüste über Jahrzehnte passiert, dauert es auch Jahrzehnte, bis die Sandflächen wieder zuwachsen. Aber eigentlich will das kaum einer, dass diese Kuriosität zuwuchert, wobei die Lieberoser Wüste wirklich noch weit von touristischer Nutzung entfernt ist, wegen möglicher Munitionsreste. Allerdings kann man trotzdem locker da herumlatschen und auch z.B. die alten Militärstraßen mit dem Auto befahren oder in die ehemaligen Wach- oder Gefechtsübungstürme hochsteigen. Betreten auf eigene Gefahr, sag ich da nur…
Es gab Zeiten, da war das Betreten des Stadions der Freundschaft in der an anderen Sehenswürdigkeiten doch recht armen Großstadt an der Oder, auch im Bereich „Betreten auf eigene Gefahr“. Wer die Gastmannschaft angefeuert oder alternativ oder „nicht deutsch genug“ ausgesehen hat, bekam da schnell mit dem berüchtigten Neonazi-Anhang des ex-ASK Vorwärts, bzw. ex-Viktoria zu tun. Nun, nach finanzieller Schieflage und Fusion, heißt der Club 1. FC Frankfurt (Oder) Eintracht/ Viktoria. Mit dieser Fusion haben sich wohl die letzten Chaoten verpisst, sodass ein aus Rentnern und Angehörigen der Spieler bestehendes Publikum geblieben ist. Also keine Sprüche à la „Arbeit macht frei – Babelsberg Null Drei“, keine Affenlaute, keine Schlägereien und keine Pyrotechnik. Wobei die Letzteres ruhig hätten machen können, heute…
Im Schnitt zahlen nicht einmal 150 Leute die 4€ bzw. ermäßigt 2€ bei den Schnepfen an der Kasse. Stimmung kommt im völlig leeren und völlig verrotteten Stadion der Freundschaft auch keine auf. Gut, vielleicht wenn Babelsberg I im Pokal kommt und im Gegensatz zu deren II. auch Fans dabei hat; so wie vor einem knappen Jahr, als es den letzten Skandal – aber auch die letzten vierstelligen Besucherzahlen – gab. Wie ich schon erwartet hatte, wurde ich heute zu keiner reißerischen Randalebeschreibung angestachelt: wenn die Fans wegbleiben, bleibt nämlich auch der politische Hintergrund (Frankfurter Neonazis gegen Babelsberger Linksautonome) weg.
Böse ausgedrückt, ist dieser Umstand eigentlich schade, denn ein schwaches Spiel wird durch bescheuertes Fanverhalten erheblich unterhaltsamer. Was beide in Hälfte eins boten war unter aller Sau mit grauenhaften Schussversuchen und viel Blockade im Mittelfeld. Da Babelsberg in der 52. mit Fußballspielen anfing und 20 Minuten ganz gut durchzog, gab es dann das am Ende noch deutliche, aber in der Höhe nicht einmal verdiente 0:3. Der mit Abstand beste Spieler auf dem Platz hätte die sich vor einem Jahr noch üble Sprüche in dieser Spielstätte anhören müssen: Der afrodeutsche Stürmer der Babelsberger war gleich zwei Mal erfolgreich. Ein weniger auffälliger Mitspieler setzte mit dem 0:3 aus 20m den Schlusspunkt auf diese Kackpartie. Danach war in 20 Minuten Restspielzeit nur noch Frankfurt/ Oder aktiv – aber so derartig unbedarft, dass man nur auf Konter der Gäste wartete. Und hätten die faulen Schweine das Kontern mal so gemacht, wie Schöneiche oft, dann wäre alles zwischen 0:5 und 0:8 noch drin gewesen. Selbst bei nur 40 Minuten richtigem Fußball gegen diese Schrotttruppe von FFO!
So war das Beste an diesem Spielbesuch eindeutig das Stadion: Ein weites Rund mit massiven Stehstufen und braunen Kunstholzbänken auf der Haupt- und der Gegengeraden. Hinter einem Tor befindet sich ein Gästekäfig, hinter dem gegenüberliegenden ein Marathontor. Die überdachte Haupttribüne, die klein und mittig auf die eigentliche Haupttribüne aufgebaut ist, ist architektonisch besonders ansprechend. Aber auch der Eingangsbereich, der teilweise überwuchert, besprayt und verrottet ist, hinterlässt einen unbeschreiblichen Eindruck. Die Flutlichtmasten sehen übrigens richtig derb aus: Von einem steht nur noch das Gerüst, von den drei anderen zwar auch die Köpfe, jedoch alle ohne eine einzige Lampe. Aber da kenne ich ein noch schöneres Stadion in Brandenburg, dem dieses Schicksal mit dem amputierten Flutlicht vielleicht auch droht…
Was also insgesamt blieb, war der Eindruck eines absoluten Schrottvereins: finanziell Schrott, spielerisch Schrott, leistungsmäßig Schrott, fantechnisch Schrott, das Stadion auch Schrott – aber letzteres ist wenigstens positiv, im Gegensatz zu den anderen vier Dingen…
Nach dem Spiel dann das Übliche: Mal kurz durchs Zentrum geschlendert und Anja die Sehenswürdigkeiten dort gezeigt (also zwei Gebäude: Kirche und Rathaus), dann Essen gegangen (natürlich gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, da in Brandenburg) und zum Tanken nach Polen rüber. Auch wenn ich in Halle zum ersten Mal seit Monaten wieder für Bioethanol versuchtes EU-Benzin unter 1,50€ bezahlt habe, war das Tanken in Słubice noch immer 11 Cent günstiger pro Liter.
Statistik:
Grounds: 816 (heute 1 neuer; diese Saison: 48 neue)
Sportveranstaltungen: 1.645 (heute 1, diese Saison: 68)
Tageskilometer: 550 (550 Auto)
Saisonkilometer: 18.510 (17.390 Auto/ 1.040 Fahrrad/ 80 Schiff, Fähre/ 0 Flugzeug/ 0 Bahn, Bus, Tram)
Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 2 [Letzte Serie: 2, Rekord: 141]
Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 327
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