Zu meinem Studium gehört zum Ende des Bachelors auch ein Praktikum dazu. Ein unbezahltes zwar, aber immerhin mit Finanzierungsbeteiligung durch eine Stiftung. OK, eigentlich war ja vorgesehen, dass die Stiftung alle Kosten von ca. 1.000€ übernimmt – aber schließlich sind wir beim schon fast lächerlichen Betrag von 500€ rausgekommen. Zum Glück sind die Übernachtungen in den Schlafsälen und der Unterricht am St. Ephraem’s Ecumenical Research Institute (kurz SEERI, ein theologisches- und Sprachinstitut in Kottayam, im Bundesstaat Kerala, d.h. im Südwesten des keilförmigen Subkontinents), der Partnerbildungseinrichtung des Seminars für die Wissenschaft vom Christlichen Orient an unserem Orientalischen Institut in Halle, Gratisleistungen, wenn man ein solches offizielles Praktikum, das laut Plan einen Sprachkurs in Syrisch-Aramäisch und die Arbeit als Deutschlehrer umfasst, macht.
Weshalb die Teilfinanzierung trotzdem ärgerlich wenig ist, ist der Fakt, dass der Flug 526€ (und alle meine Kommilitonen, die dieses Praktikum belegen, haben mehr bezahlt, da sie zu anderen Zeiten – entweder zu früh oder zu spät – gebucht haben als ich), die Versicherung 30€, die An- und Abreise zum Flughafen Frankfurt locker 120€ (zumindest pro Gruppe und bei 6 Leuten mussten wir uns auf zwei Fahrzeuge aufteilen) bzw. Flughafen Kochin von und nach Kottayam noch mal eine zweistellige Eurosumme und das Visum mit allen Zusatzkosten wie Passbilder in Sondergröße über 80€ (!) kostete. Ich fange jetzt nicht an, Essenskosten vorzurechnen. Immerhin sind Lebensmittel in Indien viel billiger als in Deutschland. Aber 750€ Erstattung wäre eigentlich das Mindeste gewesen und die Bearbeitungszeit ließ sehr zu wünschen übrig – und die Rückerstattung wird wahrscheinlich noch länger dauern...
Nun ja, wie kommt man eigentlich bei den Studienfächern Arabistik und Christlicher Orient auf Indien als Praktikumsziel? Es wird zwar nicht Arabisch gesprochen und Muslime wie Christen – z.B. auch diejenigen Christen aus dem arabischen bzw. aramäischen Sprachraum – sind eine mehr oder weniger kleine Minderheit. Doch die Minderheiten sind in manchen Gegenden richtig bedeutsam und so kommt es auch, dass im Bundesstaat Kerala etwa 20% der 34 Millionen Einwohner sich zu christlichen Glaubensgemeinschaften zählen, von denen auch ein beachtlicher Teil Thomaschristen aus dem syrischen Raum sind. Besonders viele davon finden sich in der Kreisstadt Kottayam, wo auch dieses Sprach- und Theologieinstitut etabliert wurde. Na gut... und außerdem war es das weiteste Praktikumsangebot: Libanon z.B. ist auch privat preisgünstiger zu bereisen als Indien, sodass es unter dem Gesichtspunkt „einfach mal dagewesen sein“ auch das interessanteste Praktikum war...
Mit Reisen in Indien wird es allerdings nicht viel her sein: die Berichte, die ich in den nächsten sechseinhalb Wochen einstelle, werden den Alltag in Kottayam und meine Arbeit dort etwas beschreiben. An den Wochenenden ist es aufgrund der beschissenen Infrastruktur (Straßen- wie Schienennetz) und der schweinischen bis asozialen Preise auf Inlandsflüge kaum möglich, den sehr provinziellen Bundesstaat Kerala zu verlassen oder auch nur innerhalb dieses 500km langen (aber nur maximal 120km breiten) Gebilde groß herumzukommen. Aber wahrscheinlich sind gerade die anvisierten Sportveranstaltungen in der Provinz am spannendsten... Immerhin gibt es 50km von Kottayam entfernt in Kochin Erstligafußball!
Allerdings hätte ich mir kaum ein schlechteres Praktikumsziel für Fußball aussuchen können, als Indien – wenn ich das z.B. mit Marokko vergleiche...
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