Częstochowa liegt am Nordwestrand einer der schönsten Ecken Polens, dem Krakau-Tschenstochauer Jura, den wir vor anderthalb Jahren recht ausführlich besuchten. Berühmt ist Tschenstochau als Wallfahrtsort und das Kloster ist auch sehr eindrucksvoll (siehe oben verlinktes Fotoalbum) – doch ansonsten ist die Stadt extrem hässlich. So hässlich wie sie ist, so funktional ist sie allerdings auch. An der östlichen Ausfallstraße befinden sich riesige Einkaufszentren mit hervorragend sortierten Supermärkten, kleinen Läden, Restaurants, Imbissen und sogar Hotels. In einem Sporthotel namens „Scout“ checkten wir für 32€ ein. Das Doppelzimmer war sehr gut. Der Einkauf ließ sich auch sehen: bei den Mengen an Lebensmitteln zahlt man in Deutschland weit mehr als 15,50€. Nur der türkische Imbiss, den wir nach dem Volleyball besuchten, war nicht so doll: Es ist auch mal wieder typisch, denn wohl nirgendwo sonst findet man so viele ausländische Lokale, die von Einheimischen betrieben werden, wie in Polen; Chinarestaurants, Mexikaner, Kebabimbisse – und immer werden sie von Polen geleitet...
Auch beim Volleyball war die Ausländerquote ungewohnt niedrig. In der wenigen Monate alten Multifunktionssporthalle Tschenstochau, also: Wielofunkcyjna hala sportowa w Częstochowie, die 5.813 Zuschauer fasst, waren nur vereinzelt Südamerikaner auf der Platte und ansonsten Polen, die teilweise auch in der Nationalmannschaft unseres Nachbarlandes antreten.
Leider war die Mannschaft von „Wkręt-met“ Akademickiego Związku Sportowego Częstochowa im Viertelfinale ausgeschieden. Die Stimmung wäre sicher besser gewesen, denn die ganzen Częstochowa-Fans gingen nicht so mit bei den Spielen wie die jeweiligen Fanclubs der vier Halbfinalisten.
Das erste Spiel in der außen aschgrauen und innen kitschig bunten, sehr praktischen aber trotz interessanter Deckenkonstruktionen (bunte, symmetrische Schallbrecher) eher langweiligen Halle, bestritten „Zaksa“ Kędzierzyn-Koźle (mit vollem Namen Zakłady Azotowe Kędzierzyn spółka akcyjna) und Klub Sportowy Jastrzębski „Węgiel“ (aus Jastrzębie Zdrój). Beide Teams sind aus dem südlichen Schlesien und gute Erstligisten.
In einem wirklich starken Spiel hatte Kędzierzyn-Koźle irgendwie stets die Nase vorn. Bei allem Kampf der Mannschaft aus Jastrzębie Zdrój waren sie dann doch der Sieger am Ende langer Ballwechsel oder hatten bei den Annahmen und Aufgaben das größere Glück und Geschick. Nur im dritten Satz schaffte es Jastrzębie Zdrój die Niederlage noch etwas aufzuschieben. Im vierten Satz war dann aber eher die Luft draußen, was wiederum Kędzierzyn-Koźle gut zu nutzen wusste.
Leider quatschte der Sprecher ähnlich viel wie in Deutschland, sonst wären die Anfeuerungen noch besser rübergekommen. Beide Teams, Jastrzębie Zdrój auch noch von Fans aus Rzeszów unterstützt, feuerten mehr mit Sprechchören als mit Trommeln an, was um Klassen besser als in Spergau, Leipzig oder den allermeisten anderen Bundesligastandorten klingt. Die Stimmung war also doch besser als bei uns, obwohl die Frauenquote (und fast keine der Frauen feuerte an) für polnische Verhältnisse extrem hoch lag. Beim Volleyball waren es 50-60% - beim Fußball in Polen sind es oft keine 10% weibliche Zuschauer.
Fantechnisch hatte sich im zweiten Spiel des Samstages dann der kleine Anhang aus dem relativ weit entfernten Bromberg gegen die Übermacht an Rzeszów-Fans durchzusetzen, was ihnen in den besten Phasen ihres Teams aus gelang. Doch Rzeszów war nicht nur auf den Rängen zahlenmäßig und akustisch überlegen. Bei allen Schwierigkeiten: am Ende siegte Resovia mit 3:2 nach Sätzen.
„Delecta“ Łuczniczka Bydgoszcz war im ersten Satz sehr unterlegen gegen „Asseco“ Resovia Rzeszów, was uns schon ein zackiges 0:3 erwarten ließ. Dass dachten sich die von Resovia wohl auch und prompt verloren sie einen umkämpften zweiten Satz – auch aufgrund von Fehlentscheidungen der streckenweise etwas überforderten Unparteiischen – mit 25:23. Nach einem zweiten erfolgreichen Satz erkämpfte sich Bydgoszcz mit einem wahren Comeback den Tiebreak.
Dass man für das Ausspielen eines fünften Satzes eine ganze halbe Stunde braucht, habe ich übrigens auch noch nicht erlebt. Mit 16:14 siegte Rzeszów, die es sich ab Satz 2 mit ihrer Fehlerquote selber schwer gemacht hatten, verdient im Tiebreak. Es war aber schon dreist wie beide Teams dieses Spiel ab dem ersten Satz verzögerten: Besonders Bydgoszcz spielte sich dauernd über die Schiris auf – in der Bundesliga hätten die längst mal einen Strafpunkt bekommen – aber der polnische Volleyballverband unterstützt so affiges Verhalten mit dauerndem Lamentieren und Meckern auch noch in dem er Videoaufnahmen zulässt, die vom jeweiligen Kapitän des Teams gefordert werden können.
Hoffentlich kommt die Bundesliga nicht auf so hirnrissige Ideen wie Videobeweis... In Sachen Spielqualität stehen sie der polnischen Liga ja nicht weit nach, wobei eine Mannschaft wie Rseszów sicherlich auch die Berliner Müllabfuhr besiegen kann. Nur bei den Anfeuerungen könnte man sich ruhig mehr an Polen orientieren. Allerdings wird das kein deutscher Volleyballfan machen, da die Volleyballfans fast durchweg (Handballfans übrigens genauso schlimm!) zu blöd sind, mal über ihren beschränkten sportlichen Tellerrand zu schauen. Das war die erste Sportveranstaltung in Polen und Tschechien auf hohem Level, bei der ich keine deutschen Fans bemerkt oder deutsche Autos gesehen habe. Kein Wunder bei der dürftigen Fanszene im Volleyball: Wenn nicht mal der Rekordmeister Fangruppen hat, die samstags mal die knapp 500km nach Spergau fahren, dann hat auch keiner so was wie Groundhopper. Und das bei dem eher überdurchschnittlichen Einkommen der Volleyballfans, was Groundhopping ja bequemer und einfacher macht! Aber Volleyballfans kommen wohl nicht mal bei einer Urlaubsreise auf die Idee, ihren Lieblingssport im Ausland zu gucken...
Statistik:
- Grounds: 849 (heute 1 neue; diese Saison: 81 neue)
- Sportveranstaltungen: 1.697 (heute 2, diese Saison: 120)
- Tageskilometer: 610 (610km Auto)
- Saisonkilometer: 27.480 (25.780 Auto/ 1.570 Fahrrad/ 80 Schiff, Fähre/ 50 Bahn, Bus, Tram/ 0 Flugzeug)
- Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 13 [Letzte Serie: 6, Rekord: 141]
- Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 339
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