Dienstag, 28. Dezember 2010

W230III: Teil 2 der Tour durch Mähren; Burgruinen, Plattenbauten, ein moderner Zoo und eine klare Niederlage für Litvínov

HC „PSG“ Zlín 7:2 HC „Benzina“ Litvínov
Sonntag 26. Dezember 2010 – Anbully 17.00
Übersetzung: HC „PSG“ Zlin/ Gottwaldov gegen HC „Benzina“ Oberleutensdorf
Liga: „Tipsport“ Extraliga (1. tschechische Profi-Eishockey-Liga)
Ergebnis: 7:2 nach 60 Min. – Drittel: 5:1, 1:0, 1:1
Tore: 1-0 5.57 Grof, 2-0 7.16 Linhart, 3-0 10.17 Galvas (PP1), 3-1 12.09 Švarný (PP1), 4-1 14.29 Balaštík (PP1), 5-1 15.24 Sýkora, 6-1 22.42 Sýkora, 7-1 45.02 Balaštík, 7-2 50.53 Jenáček Zeitstrafen: Čech 2, Švrček 2, Sýkora 2, Köhler 2 (Zlín: 8 Minuten); Vopat 4, Trávniček 2, Kubát 2, Rindoš 2, Švarný 2 (Litvínov: 12 Minuten)
Vergebener Penalty: Hübl (Litvínov) hält Penalty von Valenta (Zlín)
Halle: Zimní stadion Luďka Čajky/ Eisstadion Luděk Čajka (Kap. 6.975, davon 4.525 Sitzplätze)
Zuschauer: 4.813 (davon ca. 50 Gästefans)
Unterhaltungswert: 6,5/10 (Rasantes erstes Drittel, danach deutlicher Leistungsabfall von Zlín und allgemein schwächeres Spiel, aber alles in allem noch sehenswert)
Sightseeing: 7,0/10 (Echt gelungene Tour!)
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Photos and English version:
Kroměříž Old Town
Zlín Zoo, City Centre and Castles
HC Zlín vs. HC Litvínov (Extraliga Ice Hockey)

Von Olomouc brauchen wir bereits kurz vor 8.00 auf gen Süden, nach Kroměříž. Die Altstadt des früheren Kremsier ist Weltkulturerbe der UNESCO. Wenn man manche Nicht-Welterbe-Altstädte Böhmens und sogar Mährens mit dieser Durchschnitts-Altstadt vergleicht, fragt man sich warum. Aber diese UNESCO-Titel werden doch sowieso teilweise willkürlich verteilt. Jedenfalls hat fast jede zweite Kleinstadt in Tschechien Barock-, Renaissance und Jugendstilhäuser in dem Zustand zu bieten. Ein Schloss, ein Stadttor und ein Rathaus mit davor befindlichem Markplatz auf dem eine Pestsäule steht ist ebenso regelrecht Standard. Das ganze mag zwar in Kroměříž zu den schöneren Exemplaren gehören, aber herausragend ist das nicht. Und auch in der Größe nicht sonderlich beeindruckend, da einzig das Schloss überdurchschnittlich groß ist: vielleicht mag der Park etwas Besonderes sein, aber so herausragend kann der nicht sein für so einen Titel. Aber solange nur Kroměříž und nicht Zlín Welterbe wird, reg ich mich nicht auf.

Zlín wird gerne als die „Perle des Funktionalismus“ – also der Bauepoche der 1920er Jahre – oder „Modellstadt der Moderne“ gelobt. Der Laie wird sie eher als „zu groß geratenes Straßendorf mit minderwertiger Plattenbau- und 20er-Jahre-Betonklotz-Architektur“ bezeichnen. Wenn man sich die Ausdehnung Zlíns – schmal entlang einer großen Straße in einem Tal – anschaut, wäre Punkt 1 (Straßendorf) erfüllt. Die Wohnqualität der 1920er Betonklötze mag ganz gut sein, da sie ihr (einziges?) Anliegen - praktische Funktionalität - erreichen, aber etwas anderes als gesichtslose Betonklötze sind das beim besten Willen und weitreichendsten architektonischen Verständnis nicht. Bauhaus und Bruno Taut wandeln schon an der Grenze zwischen „praktisch und formschön“ und „praktisch, aber Augenkrebsgefahr“, aber ein Blick aufs Zlíns Rathausplatz genügt, um dieser Stadt jegliche Attraktivität abzusprechen. Einzig lohnend sind Ziele im Stadtumland, da selbst die als Sehenswürdigkeiten der Stadt verzeichneten Kirchen und das Schloss (eine größere Villa) bei Weitem nicht einmal Durchschnitt für ihre Architekturform sind.

Diese Sights im direkten Stadtumland sind das Burgschloss auf dem Berg von Malenovice, einem westlichen Vorort der Stadt und die sehenswertere gotische Burgruine Lukov im Norden Zlíns. Diese ist eine der größten in Mähren. Der Mauerverlauf zur besten Zeit ist komplett nachvollziehbar, aber nur der Torturm ist richtig gut erhalten. Dafür liegt die Ruine von Lukov schön auf einem bewaldeten Berg. Vom Parkplatz aus läuft man etwas über 1km mäßig steil bergauf.

Dass wir vor den Sportevents viele Burgen besichtigen ist dem Leser ja bekannt, aber ab und zu darf es auch mal eine andere Sehenswürdigkeit sein: denn ebenfalls nördlich der Stadt liegt der Zoo in Lešná. Der ist sehr modern und beherbergt eine hohe dreistellige Zahl von Tieren aus über 200 Tierarten. Da gab es sogar ein paar seltsame Tiere, die ich vorher noch gar nicht gesehen habe: so vor allem die Greifstachler, welche so etwas wie auf Bäume kletternde Stachelschweine sind. Ansonsten sind natürlich die üblichen Verdächtigen, die in jedem größeren Zoo auftauchen, wie Lemuren, Tiger (hier: sibirische), (afrikanische) Elefanten, Gorillas und baktrische Kamele zugange. Auffällig waren sonst nur das Vorhandensein vieler Geier, deren Gehege man sogar begehen konnte, und die moderne und kunstvolle Gestaltung vieler Anlagen und Pavillons, die alle nach Kontinenten (Australien – dazu Krokodile, Kängurus (darunter ein Albino), Emus etc., dann Afrika mit Elefanten, Löwen, Nashörnern usw. bis man alle Kontinente durchhat) sortiert sind. Die Außenanlagen waren bei fünf Grad unter Null natürlich relativ leer (auch Besucher waren nicht viele da), aber dafür war in den Häusern was los – besonders interessant sind das im weitläufigen Landschaftsgarten, in dem der Zoo liegt, befindliche historistische Schloss mit sehr schöner Fassade, das im Keller ein Terrarium mit Alligatoren und Waranen beinhaltet, und das topp-moderne Tropenhaus mit meterhohen Pflanzen und freilaufenden kleinen Affen. Verglichen mit dem letzten Zoobesuch außerhalb Deutschlands, im August in Chorzów (Polen), muss ich Zlíns Zoo allerdings eine geringere Attraktivität gegenüber jenem in Chorzów bescheinigen, da zwar die Anlagen moderner sind und die Landschaft schöner, die Zahl der Tiere aber geringer und die Qualität der Beleuchtung in den Häusern erheblich schlechter ist als in Chorzów. Ebenfalls ein klarer Pluspunkt für den bekannten polnischen Zoo: ein weitaus größeres Aquarium und größeres Vogelhaus.

Wir checkten noch im Hotel Ondráš ein, das einige Zimmer anständiger Größe im ersten Stock eines außen recht mies aussehenden Plattenbaus für umgerechnet 35€ pro Nacht (DZ, Frühstück 4€ extra, bewachtes Parken vorm Haus ebenfalls 4€) anbietet. Das Flair der ČSSR ist sozusagen greifbar in diesem Hotel – es ist aus guten Gründen so ziemlich das billigste in der Stadt – aber es ist weder heruntergekommen, noch unsauber oder fällt durch schlechten Service auf. Sogar die PVC-Fußböden sind durch bessere Kunststoffe ersetzt worden.
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Nun ging es zum Eishockey. Die Halle befindet sich hinter dem Hotel „Moskva“ südlich der Durchgangsstraße und ist nach einem früheren Spieler Zlíns benannt: Zimní stadion Luďka Čajky. Von außen ahmt der Bau eine Backsteinfassade nach und auch innen sieht er etwas älter aus: so gibt es etliche Holzbänke und nur in der Mitte gepolsterte Klappsitze. Eindrucksvoll sind die Stahlträgerkonstruktionen hinter den Stehplätzen der Heimfans und vor allem die Logen über dem Gästesektor: die oberste Loge ist bis unters Dach gebaut und nur ein blechverkleidete Metallbrüstung trennt einen vom direkten Weg 15m nach unten. Die Gesamtkapazität liegt bei 6975.

Der HC „PSG“ Zlín, der allein in den letzten fünf Jahren schon drei Mal den Namen gewechselt hat und nun nach einer großen Baufirma (PSG) heißt, ist als 3. noch im Meisterschaftsrennen und so gut wie in den Play-offs, während unser HC Litvínov im hinteren Mittelfeld herumgurkt. Der Platz 10 erklärt sich zuallererst aus der schlechten Auswärtsbilanz der Oberleutensdorfer, die nur 2 Siege und 2 Siege nach Penaltyschießen bei einem Torverhältnis von 36:67 in 15 Auswärtsspielen aufweisen können. Zuhause haben sie 11 der 17 Spiele gewonnen, Zlín hingegen nur 10 (davon nur 8 in der regulären Spielzeit) von 18. Aber eines der 8 war ein 10:2 gegen Litvínov in der ersten Runde. Und das Heimspiel haben die Schwarz-Gelben auch noch verloren: 2-4. Nun also das zweite Duell Zlín gegen Litvínov, d.h. die dritte Runde der vier Hauptrunden ist schon im vollen Gange.

Die Hausherren spielten im ersten Spielabschnitt richtig schnelles und schönes Eishockey und nahmen die Gäste auseinander. Die Stimmung rechts von uns klang so prima, wie die „Bären-Hotdogs“ vor der Halle (eine fette tschechische Bratwurst mit Ketchup wird in ein Baguette gesteckt und mit einer Peperoni und Weißkraut belegt) geschmeckt haben. Zu Beginn des Viertels hörte man noch die mehr als 40 Leute im Gästesektor ab und an, doch nach dem 3:0 verging ihnen die Stimmung. Das 3:1 – ein toller Schlagschuss von der blauen Linie – ließ nicht wirklich Hoffnung aufkommen. Schnell stand es 5:1 und die Zuschauer forderten schon „déset“ = „zehn (Tore)“.

Das zweite Drittel wurde von Zlín zwar nach wie vor dominiert, doch bei weitem nicht so rasant und sehenswert, wie in den ersten 20 Minuten. Es verwunderte also nicht, dass es nur zum 6:1 reichte. Ab und an ließ Litvínov auch noch mal ihre sonst besser sichtbare Klasse aufblitzen: so beim zweiten Treffer des Tages und vor allem beim Abwehrverhalten in doppelter Unterzahl (zwei Spieler waren gleichzeitig wegen zweier in Sekundenabständen ausgeführter Checks auf die Strafbank geschickt worden), wobei sie in den zwei Minuten keinen Treffer Zlíns zuließen und einen Konter nur knapp vergaben. Am Ende war das 7:2 zwar äußerst ärgerlich, da es eine peinlich hohe Klatsche war, aber man konnte bei dem ersten Drittel schon froh sein, dass das Spiel 7:2 und nicht 17:2 oder auch nur 10:2 ausging.
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Statistik:
Ground Nr. 508 (ein neuer Ground; diese Saison: 57 neue)
Sportveranstaltung Nr. 1.196 (diese Saison: 83)
Tageskilometer: 120 (Auto)
Saisonkilometer: 14.380 (9.180 Auto/ 2.290 Bahn, Bus, Tram/ 2.110 Fahrrad/ 800 Schiff, Fähre/ 0 Flugzeug)
Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 83
Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 230

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