Donnerstag, 13. März 2014

W397I: Mauretanien 1; Erste Eindrücke aus der Islamischen Republik

 
Photos with English and Arabic Commentary:
Western Mauritania: Nouadhibou, Nouakchott

Wir verließen Dakhla gegen 9 Uhr und kamen enorm schnell voran. Ab und an eine Polizeikontrolle, doch alle waren sehr höflich und unkompliziert – einer rezitierte mal was aus dem Koran um mir die Bedeutung des Arabischen zu erklären, ein anderer erkannte uns aus dem Stadion von Dakhla wieder. Erst nach 380km durch kahle Sand- und Geröllflächen, von winzigen Büschen bewachsenen Sand- und Geröllflächen bzw. von kleinen erodierten Tafelbergen durchsetzten Sand- und Geröllflächen, hieß es länger warten und sich von den nicht immer freundlichen Zöllnern nerven lassen. Das Plus für den Grenzübergang in Guergerat: die Mehrheit der Beamten ist höflich und recht gut gelaunt (im Gegensatz zu Fnideq oder Nador). Das Minus: man wird dauernd von einem Schalter zum anderen geschickt, da man dauernd sich widersprechende Hinweise bekommt. Nachdem ich am Passschalter 1 war, sollte ich zu Zollschalter 2, dann zur Polizeiwache, wieder zum Passschalter 1, dann Zollschalter 1, dann wieder Polizeiwache, dann fehlte was am Zollschalter 1 was ich laut einem Beamten gar nicht gebraucht hätte, also wieder zu Schalter 2… So vergehen gut anderthalb Stunden!

Das Tor zu Marokko ist von mauretanischen Schleppern umlagert, was keinen guten Eindruck macht – den ganzen Rest des Tages und auch des Folgeages laberte uns keiner nervig an und alle Mauretanier mit denen wir ab dem eigentlichen Staatsgebiet redeten, waren sehr höflich: nur an der Grenze waren solche Knalltüten unterwegs... Aber wenn man deutlich und laut die Guides, Einreisezettelschreiber, Geld-Unter-Der-Hand-Wechsler und Schieber abweist, kann man in Ruhe das Abenteuer Niemandsland angehen. Bis zum mauretanischen Grenzposten sind es nämlich 4km üble Piste: nackter Fels und Sand, flankiert von Altreifen, Schrottautos, weggeworfenen Fernsehern und anderem Müll. Man empfängt langsam wieder Radio, doch mauretanische Sender kriegt man mit einem normalen Radio erst 30km vor Nouadhibou rein: die Musik ist sehr gewöhnungsbedürftig; schrilles Saitengezupfe, scheppernde und klirrende Schlaginstrumente und v.a. (auch für Leute mit soliden Arabischkenntnissen weitestgehend) unverständliches Gegröle und Gekreische.

Der mauretanische Grenzposten Boulanouar ist hervorragend ausgebaut und unglaublich gut organisiert. Besser als jeder marokkanischer Grenzübergang! Hinterm Tor wird rechts geparkt, die Schieber abgewiesen und ins erste Büro links zur Registrierung gegangen, dann Gepäckkontrolle (die wurde sehr viel lascher als in den ersten zwei Minuten, nachdem der Zöllner mein Arabischlehrbuch gefunden hatte), danach lässt man im Büro eins weiter Passbilder per Webcam (!) anfertigen und Fingerabdrücke nehmen und danach 50€ rüberwachsen um ein frisch gedrucktes Visum in Empfang zu nehmen. Am dritten Posten nahm ich dann doch gegen 10€ Trinkgeld einen (sehr freundlichen und angenehmen) Schieber, da ich die französischen Dokumente zur Fahrzeugdeklaration nur halb verstand und es keine arabische oder englische Version gab. Die Ehrenerklärung (Akzeptierung des Verkaufsverbotes) kostet 10€, die Versicherung 50€. Zahlt man in marokkanischen Dirham (nur Versicherung und Ehrenerklärung dürfen auch in Dirham bezahlt werden) spart man etwas. Versicherung und Geldwechsel ist aber in Nouadhibou in den Büros zwischen den beiden größten Campingplätzen in der Stadtmitte prinzipiell billiger – man kann also auch bis dorthin weiterfahren. Im Gegensatz zu Marokko sollte man die Versicherung auch lösen!

An der Grenze kam ich schnell nicht mehr mit beim Zählen, wie oft wir handschläglich oder mit Schulterklopfen begrüßt oder verabschiedet wurden. Auch die Polizeikontrollen auf dem Weg nach Nouadhibou (wenn sie uns überhaupt anhielten) waren enorm freundlich. Dass es einige wunderte, dass ein Ausländer Arabisch spricht und dann kein Muslim ist, ist natürlich etwas dämlich (in einigen arabischen Ländern, v.a. da wo arabische Christen leben, gilt so eine Frage wie „wieso hast du Arabisch gelernt, wenn du nicht den Islam annehmen willst“ als unhöflich; in Marokko und in geringerem Maße auch Mauretanien ist das aber normal) aber erstens fragten nicht alle blöd und zweitens wurde man trotzdem handschläglich verabschiedet und zigmal willkommen geheißen.

Angenehm war auch, dass niemand stresste oder bettelte: nachdem wir die Schienen des gewaltigen Erz-Zuges kreuzten, rasteten wir in der Nähe der Lagune unter Bäumen - in der Nähe von bewohnten Häusern aber völlig ungestört - und selbst als wir in Nouadhibou einmal falsch abbogen und durch einen Slum fuhren, nervte keiner. Auf der Hauptstraße nach Nouadhibou rein gab es nur etwas Chaos, da die Polizei gerade die Spuren einer öffentlichen Unruhe beseitigte: bei einer Auseinandersetzung kamen Steine und Holzlatten zum Einsatz…

Die besagte (asphaltierte) Hauptstraße ist staubig und sandig, gesäumt von einfachsten Betonhäusern und Wellblechhütten. Der Verkehr ist recht dicht, die meisten Autos unheimlich alt und rostig. Die Leute tragen fast alle traditionelle Kleidung mit bunten (Frauen) oder einfarbigen (Männer) Gewändern und leichtem aber das Gesicht halb verdeckenden Kopftuch bzw. einer Art Turban der ebenfalls das Gesicht halb verdeckt – es staubt halt gewaltig in Mauretanien; mit Islam hat diese Kleiderordnung herzlich wenig zu tun.

Wir suchten den Campingplatz Baie de Levriers auf, wo man in einem herrlichen Innenhof mit Baum und drumherum gruppierten Räumlichkeiten gut übernachten kann. Das Auto parkt direkt vor der Zimmertür, die allerdings fast so breit ist wie das Zimmer, obwohl sie echt keine Überbreite hat… Für dieses Matratzenlager 6.000 Ouguia (15€) für zwei Leute zu verlangen ist schon eine Frechheit. Aber Mauretanien ist leider generell teuer: in vielen armen Ländern ist die Lebenshaltung ja extrem. Wer im nahgelegenen „Plein Lune“ Restaurant Essen geht, hat es auch echt geschafft: Hauptgerichte zwischen 3€ und 12€, die Pizza die ich nahm 4€. Und natürlich gab es nur ganz elitär europäische Küche mit Pizza, Pommes, Hähnchenkeulen, Fischtellern mit bunten Salaten und Softdrinks – statt Kamelfleisch, Datteln und Ziegenmilch…  
Statistik:
- Tageskilometer: 460 (460km Auto)
- Saisonkilometer: 40.680 (39.550 Auto/ 1.080 Fahrrad/ 40 Schiff, Fähre/ 10 öffentliche Verkehrsmittel/ 0 Flugzeug)

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