Montag, 3. Februar 2014

W392I: 5. Liga auf einem Rasenplatz im Wald und einem Reitplatz vor der Kasbah

Ittihad Ouled El Ghadbane (نادي اتحاد اولاد الغضبان)
................................ 0:0 (0:0) ..................................
Club Real Moulay Abdellah (نادي ريال مولاي عبد الله)
- Datum: Samstag, 1. Februar 2014 – Anstoß: 15.15
- Wettbewerb: Championnat régional de Ligue Doukkala Abda [عصبة دكالة عبدة البطولة الجهوية] (Bezirksklasse Mittlere Atlantikküste, d.h. 5. Marokkanische Fußballliga, 3. Amateurliga)
- Ergebnis: 0-0 nach 97 Min. (45/52) – Halbzeit: 0-0
- Tore: keine
- Verwarnungen: Nr. 4, 9, 11, 12 (Ghadhbane); Nr. 5 (RMA)
- Platzverweise: keine
- Spielort: Stade Municipal Moulay Abdellah [الملعب البلدي بمولاي عبد الله] (Kap. 2.500 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 150 (davon mind. 30 Ghadhbane, der Rest Moulay Abdellah)
- Unterhaltungswert: 1,5/10 (Darum also gilt Doukkala Abda als der spielschwächste Bezirk des ganzen Landes…)

Green Association Football Benslimane
- (جمعية الخضراء الرياضية لكرة القدم بنسليمان) -
......................... 0:1 (0:1) .........................
------ Union Nasr Sportif de Rabat ------
-------- (اتحاد النصر الرياضي الرباطي) ----------
- Datum: Samstag, 1. Februar 2014 – Anstoß: 11.00
- Wettbewerb: Senior 3 Division, Ligue Excellence du Gharb de Football [دوري الهواة القسم الثالث - عصبة الغرب] (Westmarokkanische Bezirksoberliga = 5. Marokkanische Liga, 3. Amateurebene)
- Ergebnis: 0-1 nach 93 Min. (44/49) – Halbzeit: 0-1
- Tore: 0-1 43. Nr. 8
- Verwarnungen: Nr. 9? (GAFB); Nr. 18, 20, NN (UNSR)
- Platzverweise: keine
- Spielort: Stade Municipal de Benslimane [الملعب البلدي ببن سليمان ] (Kap. 2.000, davon 1.400 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 65 (davon ca. 5 Gästefans)
- Unterhaltungswert: 6,5/10 (Ganz gutes Spiel mit sehr glücklichem Sieg für den Gast)  
Photos with English and Arabic Commentary:
a) Green City Benslimane: Green Association Football Benslimane v Nasr Rabat
b) Moulay Abdellah Derby: Ittihad Ouled Ghadbane v Real Moulay Abdellah
c) Zaer: From Dayet Er-Roumi via Rommani to Ben Slimane
d) El-Jedida: El-Jedida and Azzemour Old Towns

Im staatlichen Sportfernsehen läuft zwei Mal die Woche eine Sendung, die sich mit den Amateurvereinen im ganzen Land – von Liga 3 bis Liga 7 – befasst. Sport 1 hatte Vergleichbares mal, weniger niveauvoll und weniger akzeptiert – in Marokko läuft das seit 8 Jahren gut – als „Helden der Kreisklasse“. Dienstag hatte ich das mit Hamza geguckt und bin auf Stadien aufmerksam geworden, die absolut topp sind und sich nach den Ansetzungen von Adrare.Net und den jeweiligen Vereinsseiten auf Facebook auch an einem Tag kombinieren ließen: 11 Uhr in der Grünen Stadt Benslimane zwischen Rabat und Casablanca im gebirgigen Hinterland des Zaer gelegen – und 15 Uhr im nach El-Jedida eingemeindeten Moulay Abdellah direkt am Meer.

Nun war eigentlich nur die Frage, wer mitkommt: Hamza und Zaki gefielen die Stadien doch als es ums Schule schwänzen ging, war Khadija natürlich dagegen. Scheiß Samstagsunterricht halt! Darum findet man auch samstags vor Schulschluss (12 Uhr) kaum Partien! Khadija selber und Driss hatten im Haus in Ain Chgag zu tun – und Fayza, die wieder mal das größte Interesse an einer Tour hatte, bekam nicht das Wochenende, nicht einmal den Sonntag frei, da Montag und Dienstag so schlechtes Wetter war, dass niemand aufs Feld konnte und sie somit im Labor nichts zu tun hatte: und den Rückstand musste die Firma dann am Wochenende aufholen. Schlechtes Wetter heißt in den meisten Gegenden Marokkos auch im Winter nicht Schnee, aber dafür Regen und das ohne Ende! Montagvormittag bis Sonntagmorgen regnete es im Norden und Westen fast ohne Unterbrechung, sodass die Jungs nicht dazu kamen mit mir gegen die amerikanischen Studenten dieses Freizeitfußballspiel (5 gegen 5 in Ain Sliten) auszurichten. Dass trotzdem kaum Spiele abgesagt wurden, bzw. dass ich diesen Umstand hier so deutlich erwähne, zeigt nur, wie verweichlicht und verblödet man in Deutschland mittlerweile ist: regnet oder schneit es mal ein bisschen und ist kein Kunstrasenplatz da, wird alles abgesetzt…

Statt eines Umwegs über Larache nahm ich also am Samstagmorgen eine Abkürzung über Dayet er-Roumi, einem idyllisch gelegenen See südlich der Autobahn bei Khemisset, und Rommani nach Benslimane. Die Orte in dieser Gegend sind extrem heruntergekommen. Vor allem Maaziz ist sehr dreckig und verfallen: die bäuerliche Bevölkerung treibt fleißig ihr Vieh durch die Gegend, verdient mit den Viechern aber natürlich nicht genug um sich eine Renovierung ihrer Häuser leisten zu können. Das Highlight auf dem Weg nach Benslimane sind zweifelsfrei die Berglandschaften des Zaer, die um Benslimane herum auch stark bewaldet sind. Die „Grüne Stadt“ ist sehr gepflegt, wenn auch architektonisch absolut langweilig, und gilt zurecht als die grüne Lunge zwischen den Großstädten Rabat und Casablanca.  
Das Fußballstadion von Benslimane liegt, flankiert von einem Leichtathletikstadion und mehreren Bildungs- und Verwaltungseinrichtung, am Stadtrand, der in den Wald übergeht. Auch im Stadion grünt es ziemlich: einige Fans suchten in der Halbzeit Pilze und Kräuter, die v.a. hinter der Haupttribüne und dem einen Tor wachsen. Die Haupttribüne ist sehr klein aber überdacht und grün-weiß gestrichen, rechts und links sind zwei Tribünen mit bis zu sechs Sitzstufen angebracht, an deren rechten Ende auch zwei Bäume herauswachsen. Die ausbautenlose Gegenseite hat einen von Bäumen umgebenen Sprecherturm zu bieten. Die Sportanlage macht durch die Landschaft einen eher osteuropäischen Eindruck.

Wenn Hassania hier 4. Liga spielt kommen mitunter vierstellige Zuschauerzahlen zusammen, aber aus Zeitgründen schaute ich mir ein sehr dürftig besuchtes Spiel des kleineren Stadtrivalen Green Association an. Die spielten sinnigerweise in blau gegen die in grün antretenden „Eintracht Sieger“ (Ittihad Nasr) aus der Hauptstadt. Da es sich um das Vorspiel zu Hassania gegen was weiß ich wen handelte und für Sonntag noch vier weitere Spiele auf diesem ganz guten aber matschigen und teils mit Pfützen verunstalteten Rasenplatz angesetzt waren, noch mal ein Vergleich zu Deutschland: dieses Spiel wäre überall in unserem Land abgesagt worden!

Beide Teams lieferten ein recht ansehnliches Match mit ein paar Leerlaufphasen und schwachem Abschluss ab. Es gab aber viel Bewegung, viele Zweikämpfe und nicht zuletzt auch viele Torchancen. Dass die mehrheitlich von Benslimane ausgingen, am Ende jedoch nur der Gast aus Rabat traf, war natürlich ärgerlich. Aber was soll’s: immerhin ein 35m-Schuss der sich in den Winkel senkte und das Spiel entschied! Im Moment ist nach drei torreichen Monaten in Marokko seit dem neuen Jahr der Wurm drin was 0:0 angeht…  
Weiter ging es über die vierspurige Landesstraße nach Mohammedia, dort auf die Autobahn und für 43 Dirham Maut nach El-Jedida. Die löchrige innerörtliche Tangente führt einen auf die genauso löchrige Bundesstraße El-Jedida – Es-Saouira, und die nach 5km an Moulay Abdellah vorbei. Dieser Ort ist nicht völlig unbekannt, da er – nett am Meer gelegen – jedes Jahr Schauplatz eines großen Mousim ist: salopp beschrieben ist das ein muslimisches Volksfest (streng genommen ein Verstoß gegen Vorschriften aus dem Koran) zu Ehren eines weisen Mannes (diese Verehrung ist auch ein solcher Verstoß, aber in Marokko sehr populär) der in einem Kuppelgrab neben einer sehr ansehnlichen Moschee begraben liegt.

Bei diesem Volksfest wird eine wilde Reiterparade (Fantasia) veranstaltet: und zwar neben der Moschee und vor den Wehrmauern der Kasbah im dazu erbauten und direkt vorm Meer liegenden Reitstadion. Doch die zwei fünfreihigen Tribünen die hufeisenförmig zu dem Festzelt zusammenlaufen, werden weniger von Pferdefans und Touristen als vielmehr jedes Wochenende von einheimischen Fußballfans aufgesucht. Denn hier spielen auch Ittihad Ouled El-Ghedbane (das Nachbardorf 5km den Strand runter) und Real Moulay Abdellah. Manchmal auch gegeneinander, so wie heute…

Das Spiel stellte leider unter Beweis, dass der Bezirk Doukkala Abda der spielerisch schwächste von ganz Marokko ist. Sogar in einer Comedyserie wurde das thematisiert: diese spielt ohnehin an der Küste zwischen Casa und Essaouria, und in einer Folge ging es um die durchgeknallten Dörfler in einem (in Wirklichkeit nicht existenten) Kaff bei Oualidia und ihre Fußballmannschaft, die eine Karikatur des Sportes ablieferte, wobei natürlich der Schiedsrichter mit einem Festtagshammel bestochen wurde und der x-beinige Buchhalter mit Brille die beiden entscheidenden Tore erzielte. So in etwa sah das auch heute aus, wobei wohl weder der Schiri bestochen noch ein Buchhalter in der Mannschaft war. Es wurde fleißig vor den Ball getreten und immer wieder das Ziel knapp verfehlt, aber alles in allem stellten sich beide Teams – v.a. die aktivere Mannschaft, Real Moulay Abdellah – unheimlich dämlich an, sodass es auf dem steinigen und sandigen Lehmboden torlos enden musste.

Die Fans waren leider alles andere als zahlreich – 150 sind ganz ganz schwach: es gibt ja Derbys vor über 2.000 Zuschauern in dieser Spielklasse und ich habe bei Agadir ein ganz normales 5. Liga Spiel vor 1.000 Fans gesehen – aber wie bei der Ortsdurchfahrt zu erwarten war: wenn man in ein Kaff fährt und dort alles vermüllt ist, nach Abwasser stinkt und vor den ärmlichen Häusern Kinder in dreckigen Sachen spielen, geht es im Stadion mindestens verbal zur Sache. Es waren immer nur einzelne Zuschauer und Spieler beider Teams die sich hier belöffelten, aber da war von „halt die Fresse“ über „steh auf und schauspielere nicht du Hurensohn“ bis „fick deine Mutter, die fette Hure“ alles dabei. Ein Jugendlicher wollte sich vor seinen Kumpels cool machen und laberte ein paar Meter neben mir englische Schimpfworte vor sich her. Als ich ihn anguckte, drehte er sich weg, fing aber noch mal mit „fucking bitch“ an, woraufhin ich auf Arabisch zu ihm meinte: „Ich weiß, dass deine Mutter eine Hure ist. Gibt es noch ein anderes Problem?“ Er: „Non, non, Madame. [leise zu seinen lachenden Kumpels] Scheiße, der kann Arabisch.“ Ich: „Sicher, ich hab dich verstanden. Sag nicht nochmal „fuck Madame“ zu mir! Klar?“
War anscheinend klar, da er sich mit den anderen etwas wegsetzte und nun nur noch die Spieler blöd zutextete. Dass umstehende Erwachsene über unser gegenseitiges Belappen nur grinsten, zeigt wie scheiße dieses asoziale Kaff ist. In anständigen Orten hätten, bevor ich überhaupt die Antwort parat gehabt hätte, mehrere Erwachsene den Jungs sofort mit Schlägen gedroht. Ich möchte nicht wissen, wie sich diese hirnlosen Fischköppe gegenüber den Touristen, die zu diesem Mousim mit Fantasia-Reiten in dieses Drecknest kommen, verhalten, wenn man schon beim Fußball – wo sonst in Marokko immer alle mindestens höflich distanziert wenn nicht sogar sehr herzlich sind – in Streitereien rein gerät.

Auf der unspektakulären Rückfahrt sparte ich etwas Maut, nahm aber nach der lahmen Fahrt über die völlig überfüllte Bundesstraße El-Jedida – Casablanca wieder die Autobahn bis Fès. War natürlich nicht so die super gelungene Tour bei den Ergebnissen – aber zwei wirklich geniale Grounds miteinander kombiniert!  
Statistik:
- Grounds: 1.066 (heute 2; diese Saison: 95 neue)
- Sportveranstaltungen: 1.976 (heute 2; diese Saison: 120)
- Tageskilometer: 860 (860km Auto)
- Saisonkilometer: 34.420 (33.330 Auto/ 1.040 Fahrrad/ 40 Schiff, Fähre/ 10 öffentliche Verkehrsmittel/ 0 Flugzeug)
- Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: - [letzte Serie: 2, Rekordserie: 178]
- Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 392

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