Donnerstag, 4. September 2014

W421IV (Baltikum 2/10): Zwei Hauptstädte und der zweite neue Länderpunkt

Salacgrīvas FK Brīvais Vilnis 2010 .................................. 1
Futbola klubs Ādaži 2006 - 2 ............................................ 2
- Datum: Sonntag, 24. August 2014 – Anstoß: 13.00
- Wettbewerb: Latvijas 3.līgas čempionāts futbolā, Vidzeme (3. Liga der lettischen Fußballmeisterschaft, Region Mittel-Livland = 4. und unterste Spielklasse im lettischen Fußball, 3. Amateurliga)
- Ergebnis: 1-2 nach 93 Min. (46/47) – Halbzeit: 1-1
- Tore: 1-0 11. K. Kalniņš, 1-1 45. J. Kleperis, 1-2 66. J. Kleperis
- Verwarnungen: keine
- Platzverweise: keine
- Spielort: Salacgrīvas stadions (Salacgrīva, Salismünder Stadion; Kap. 2.000, davon 600 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 45 (keine Gästefans)
- Unterhaltungswert: 4,0/10 (Spannendes Spiel auf niedrigem Niveau)  
Photos with English Commentary:
a) Estonia: Tallinn, the Capital City of Estonia (Old Town) + Uulu Church
b) Latvia: Rīga, the Capital City of Latvia (Old Town) + Ainaži Church, Salacgrīva Church, Liepupe Church and Ruins of a Chapel and a Castle
c) Latvian 3rd Amateur Division: FK Brīvais Vilnis (Salacgrīva) v FK Ādaži Reserves

Am Anreisetag waren wir fast nur in Stadien gewesen, jetzt musste mal Sightseeing in Tallinn her: am Sonntagmorgen standen wir extra früh auf und gingen schon vor um 7 Uhr in Richtung Altstadt los. Wir betraten den sehr geschlossenen historischen Stadtkern durchs Nord-Tor, vor dem sich ein frei zugänglicher Sportplatz (Tallinns wohl bester Bolzplatz) befindet und das aufgrund seines massiven linken Turms sehr eindrucksvoll ist. Hinter den teils noch erhaltenen Stadtmauern, die auch am Südende mit mehreren schönen Türmen bestückt sind, befinden sich eine hohe Domkirche, eine symmetrisch gebaute orthodoxe Kirche und noch mehrere andere Gotteshäuser sowie auch Renaissancegebäude mit verspielten Giebeln und Portalen und außerdem Jugendstilhäuser mit eigenwilligen Gestaltungselementen. Insgesamt bestätigte sich der positive Eindruck vom Vortag: die Altstadt sowie das Viertel Kadriorg und der Vorort Pirita sind sehr sehenswert. Die anderen Stadtviertel sind mehr oder weniger ansehnlich bebaut aber durchweg ordentlich und Bruchvolk wie Säufer, Bettler und Randalierer schien für eine Stadt mit 400.000 Einwohnern zahlenmäßig ziemlich gering zu sein. Alles also besser als in der auf der gegenüberliegenden Küste der Ostsee liegenden Partnerstadt Helsinki!

Sowie man Tallinn allerdings auf der Via Baltica gen Süden verlässt, erinnert man sich wieder an Finnland: man schläft fast ein beim Autofahren, da es kaum Ortsdurchfahrten gibt und außerorts nur mit moderater Geschwindigkeit (maximal 10km/h über den zulässigen 100) gefahren und nie riskant überholt wird. Und dann diese flache, öde, grüne Wüste mit Gestrüpp und Bäumchen so weit das Auge reicht – dazwischen vereinzelt Holzhäuser, die oft nur auf Schotterwegen erreicht werden können. Man, ist das langweilig in der estnischen Provinz!

Kurz vor der Grenze fuhren wir einem Hinweisschild nach, das uns in einen Waldweg leitete, der nach 500m an einer interessanten Kirche mit steinernem Kirchenschiff und hölzernen Anbauten sowie einem vereinzelten deutschen Grabstein endete. Drumherum ein verlassenes Feriendorf und keinerlei Gebäude. Dieses Uula war wahrscheinlich mal ein deutsches Dorf (und die Kirche auch mal größer; mit richtigem Turm), das von den Russen im Zweiten Weltkrieg mitsamt Bevölkerung vernichtet wurde.

An der Grenze zu Lettland kontrollierte keiner mehr. Auffällig war der schlechter werdende Straßenbelag nach dem Grenzübertritt. Im Grenzdorf Ainaži war die Kirche recht orthodox vom Äußeren – besonders sehenswert war sie allerdings nicht. Ansonsten wurde die Landschaft auch kaum interessanter – nur gibt es in den Wäldern einige Senken und leichte Anhöhen und man ist direkt an der Ostseeküste, die schmale, sandige Strände hat.  
An einen solchen sandigen und von Kiefern umgrenzten Strand gingen wir im kleinen Städtchen Salacgrīva. Dort gibt es nämlich nicht nur die namensgebende Flussmündung (Salaca, Salismünde) und zwei halbwegs ansehnliche Kirchen, sondern auch ein tolles Stadion direkt hinterm Wäldchen am Strand.

Die Sportanlage besteht aus einer riesigen Freilichtbühne, einer Bolzwiese, Tennisplätzen, Basketballcourt, einem Eishockeystadion mit zwei schönen Tribünen für je ca. 400 Leute und einem Leichtathletik- und Fußballstadion. Diese 2.000 Leute fassende Anlage gefällt u.a. durch ihre Olympiagestaltung, die wohl im Zusammenhang mit der Olympiade in der Sowjetunion 1980 (damals war Lettland ja noch Teil der SU) entstanden ist, sehr gut: Eine kantige Version der olympischen Feuerschale, dann die fünf Ringe im gusseisernen Zaun eingelassen und auf der ausbautenlosen Längsseite der lateinische Leitspruch „Schneller, Höher, Stärker“ – Citius, Altius, Fortius – auf einer großen Blechtafel angebracht. Ausbau hat das Stadion auf der gegenüberliegenden Längsseite: von den Holzbänken, die da in drei Reihen auf Steinplatten gebaut wurden, sind allerdings nicht mehr alle intakt. Teilweise drücken die Kiefern auch die Platten nach oben und wie der Stadionsprecher in seinem tollen, holzverkleideten Sprecherturm durch das Geäst der davor stehenden Kiefern alles sehen will, weiß ich auch nicht...

Aber heute gab es eh keinen Stadionsprecher, denn das Duell der vierten und untersten Spielklasse lockte nur gut vier Dutzend Zuschauer aus Salacgrīva an. Dieses Brīvais Vilnis ist wohl ein Ortsteil der Stadt Salacgrīva, die auch unter dem deutschen Namen Salismünde bekannt ist. Zugast war die Reserve vom FC Ādaži, die aus einem Kaff wenige Kilometer nördlich der Hauptstadt angereist waren. Beide Vereine sind ausgesprochen neue Gründungen (2010 bzw. 2006), denn Fußball war in Lettland lange sehr viel unbedeutender als Eishockey. Nach wie vor ist Fußball nur Nummer 2, aber es kann ja nicht überall Nr. 1 sein und das ist auch gut so. Nur leider beginnt die interessante Eishockeysaison in Lettland erst im September wenn wir schon wieder abgereist sind, sodass wir nichts vom bedeutsamsten Sport des Landes mitkriegen werden.

Das Fußballspiel begann aber auch nicht schlecht: nach kurzer Druckphase der Gäste ging Salacgriva per Kopf nach einer schönen Flanke in Führung. Erst nach und nach kam Adazi II zurück in die Partie. Kurz vor dem Pausenpfiff gelang es schließlich, den ohne Rückennummer und Handschuhe (!) spielenden Torwart der Heimelf mit einem Doppelpass auszuspielen und locker zum 1:1 einzuschieben. Nach dem Seitenwechsel hatten beide Teams ihre Chancen, aber das Spiel wurde immer langsamer. Erst in der Schlussphase, nachdem Adazi nach einem Abwehrfehler mit einem Schuss aufs kurze Eck in Führung gegangen war, überwanden beide Teams ihre Probleme mit dem weitläufigen Platz. Ein weiteres Tor fiel trotzdem keines mehr.  
Nach dem allenfalls mittelmäßigen Kick fuhren wir weiter nach Süden. Bevor wir die Hauptstadt erreichten, entdeckten wir noch dank der Ausschilderung eine interessante barocke Kirche in Liepupe, die auch geöffnet war. Daneben steht eine ältere Kapellenruine am Waldesrand und im Wald drin befinden sich auch noch die Gräben- und Wallreste einer Burg.

Weiter die öde Via Baltica gen Süden, kamen wir in der lettischen Hauptstadt Riga an. Sofort fiel der Niveauabfall gegenüber Tallinn auf: teures Parken (3€/h) aber dreckige, schlechte Straßen und Plätze, verfallene, graue Häuser und enorm viele bettelnde und saufende Gestalten. Die meisten dieser Asis schienen Russen zu sein: das ist keine Vermutung, weil die so hässlich aussahen, sondern weil sie sich in der Unterhaltung untereinander auf Russisch anbläkten und wenn einen jemand anbettelte, tat dieser das dann auch auf Russisch.

Auch die Altstadt von Riga kann nicht ganz mit der von Tallinn mithalten. Auch hier interessante Jugendstilgebäude und einige schöne Renaissancehäuser mit tollem Portal oder Giebel. Auch hier sehenswerte Backsteinkirchen und der ein oder andere Prunkbau – aber eben oft auffällig heruntergekommen und nicht so geschlossen in der Bebauung wie in der estnischen Hauptstadt. Der berühmte Rigaer Dom hatte dann auch nur bis 17 Uhr geöffnet (und wir waren erst 17.30 da) und das Schloss hatte ohnehin wegen Sanierungsarbeiten zu.

Lettland wirkte schon ärmer als Estland, aber auch wenn der Vergleich der Hauptstädte zugunsten der Esten ausfallen muss: in der Provinz gibt es mehr Sehenswürdigkeiten bei den Letten. Auch ein Plus für Letztere: da das Land offensichtlich ärmer ist, ist es nicht so teuer. Für nur 30€ bekamen wir ein gutes Motelzimmer im „Brencis“ bei Iecava auf dem Weg nach Bauska und weniger als 25€ kostete uns beide dort ein gutes Essen mit Vorsuppe und großen Getränken. In Estland ist man da schnell bei 40€!  
Statistik:
- Grounds: 1.168 (heute 1 neuer; diese Saison: 14 neue)
- Sportveranstaltungen: 2.136 (heute 1; diese Saison: 24)
- Tageskilometer: 360 (360km Auto)
- Saisonkilometer: 5.660 (3.470 Auto/ 1.800 Flugzeug/ 350 Fahrrad/ 40 öffentliche Verkehrsmittel/ 0 Schiff, Fähre)
- Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 116 [letzte Serie: 10, Rekordserie: 178]
- Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 421

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