FK Arsenal Česká Lípa 3:1 SK Motorlet Praha
FC Arsenal Böhmisch Leipa – SC Motorlet Prag
Samstag, 19. Juni 2010 – Anstoß 10.30
Česká fotbalová liga (ČFL, 3. tschechische Fußballliga, 1. Halbprofiliga)
Ergebnis: 3:1 nach 92 Min. (46/46) – Halbzeit 2:0
Tore: 1:0 30. Zeman, 2:0 45. Štálík, 2:1 75. Hoareau, 3:1 89. Breite
Verwarnungen: keine
Platzverweise: keine
Spielort: Mĕstský Stadion u Ploučnice (Städtisches Stadion am [Fluss] Polzen; Kap. 5.000, davon 600 Sitzplätze)
Zuschauer: ca. 300 (davon ca. 10 Gästefans/ offiziell: 230)
Unterhaltungswert: 6,5/10 (In sehr guter erster Halbzeit noch flotter, als in ordentlicher zweiter HZ)
Photos and English Version: Arsenal Ceska Lipa vs Motorlet Prague
Die in der Größe mit Merseburg vergleichbare nordostböhmische Mittelstadt Česká Lípa erreichten wir drei nach nur drei Stunden Fahrt über mehr oder weniger gute deutsche Autobahnen und gute tschechische Landstraßen, die oft enorm kurvenreich waren. Selbst wenn man die Strecken mit 110 statt 90 fährt, ist es nur eine Frage von wenigen Minuten, bis man einen der eiligen Einheimischen dicht an der Stoßstange hat. Gefährdet war man aber an keiner Stelle und die beste Aktion kam auch von mir: ich halte an, da gerade ein Fahrzeug mit sperrigem Anhänger in ein Grundstück in einem Dorf kurz vor Česká Lípa reinrangiert, und vergesse – nachdem das Manöver beendet ist und ich weiter gewunken werde – dass ich noch im dritten Gang bin. Doch der Ford Kombi fährt tatsächlich – aufheulend und stotternd zwar, aber erfolgreich – im dritten Gang an. Mit der Motortechnik und -flexibilität von vor fünf bis zehn Jahren noch undenkbar.
Die enge Zufahrt zum Stadion endet auf einem kostenlosen Parkplatz, an dem ein freundlicher Mann kassiert, der von uns beiden Männern je 40 Kronen (wirklich niedrige 1,60€) und von Anja mit der Begründung „Frauen nix zahlen“ gar nichts verlangte. Die offizielle Zuschauerzahl wurde schon allein durch den Frauenanteil im Stadion zu niedrig. Uns erwartete nicht gerade ein Spitzenspiel im Stadtstadion, das mit 5.000 Plätzen recht groß für die Spielklasse ist und zum Teil renoviert wurde. Die Haupttribüne hat neue, in frischem blau und gelb gehaltene Metallsitze, unter einem sanierten Holz- und Metalldach. Auch die Stufen sind in hervorragendem Zustand, ebenso die Tartanbahn. Konträr dazu die rissige Gegentribüne mit dem komischen Spielertunnel, über dem sich eine Holzhütte von VIP-Tribüne befindet, und das Gebäude mit der Anzeigetafel und Stadionuhr (eines der raren 45-Minuten-Exemplare). Der Nebenplatz übrigens hat eine 100 Meter lange Wellblechüberdachung, die schlimmer aussieht, als am Busbahnhof.
Česká Lípa, die Arsenal – ob nun in Anlehnung an den Londoner Klub oder nicht, weiß ich nicht – benannten aus dem ehemaligen Böhmisch Leipa (Leipa ist jedoch nur eine verschliffene Form vom tschechischen Wort für Linde: die Linde (lípa) ist der Nationalbaum), belegten einen mäßigen 14. Platz, der immerhin den Klassenerhalt sicherte. Die Chance auf Platz 13 war noch vorhanden. Der Gegner Motorlet – ein Prager Klub, der selbst für tschechische Verhältnisse oft umbenannt wurde: 10x; aber sie sind schon seit 10 Jahren wieder (zuvor schon einmal 40 Jahre lang) nach dem Hersteller von Flugzeugantrieben benannt – war bereits in die Divize (4. Liga, 2. Halbprofiliga) abgestiegen.
Wen jetzt die Bezeichnungen mit den Halbprofiligen wundern, dem sei gesagt, dass zwar bei Wikipedia behauptet wird, alle Ligen ab ČFL seien; deutsche Version: „Amateurligen“ bzw. tschechische Version: „neprofesionální“ (Letzteres schließt ja mein „halbprofessionell“ nicht aus), aber man muss schließlich immer ein Zwischending zwischen dem reinen Profitum (Spieler verdient einzig mit Fußball Geld) und dem Amateursport (maximal Prämienzahlungen, die nicht für Lebensunterhalt ausreichen) ausmachen und während es ab der Krajský přebor nie Lizenzentzüge zu vermelden gab, trat dieses Problem eben bis in die 4. Liga hinunter immer wieder auf, da in der 3. und 4. Liga doch erhebliche Finanzmittel, die z. T. auch als Spielergehälter, die ein guter Zuverdienst, aber eben keine Lebensgrundlage sind, fließen. Außerdem ist auch das Vorhandensein ausländischer Spieler bis in die Divize – aber nicht darunter – ein klares Indiz für den nicht-amateurhaften Charakter dieser Spielklassen.
Wie dem auch sei; ob Profis, Halbprofis oder Amateure: die Spieler beider Mannschaften, insbesondere jedoch der Heimmannschaft, legten gut los und belagerten Strafraum und Tor. Motorlet traf einmal aus Abseitsposition, was zu Recht aberkannt wurde. Manch ein Spieler der Heimmannschaft vergab mehrere sichere Torchancen hintereinander. Die Zweikämpfe waren stets fair und selten mit Fouls garniert. Die Geschwindigkeit war hoch. Es war also ein gutes Spiel, das nach einer halben Stunde auch die wichtigste Zutat liefern konnte: ein Tor. Der darauf folgende Torjubel der Heimmannschaft war natürlich genial: unter einfallsreichen Schlachtgesängen der 20 bis 30 aktiven Heimfans, die aber über weite Phasen des Spiels kaum anfeuerten, nahm der Torschütze den Ball und rollte ihn auf die neun dicht nebeneinander stehenden Mitspieler zu, die nach der Berührung mit dem Ball umfielen. Alle Neune!
Česká Lípa legte vor der Pause noch zum 2:0 nach. In der Pause wurde einiges verlost – unter anderem eine Dauerkarte aber auch Freibier und gratis Würste. Aber wie manche bei einem Vormittagsspiel schon fettige Klobasa futtern, die da für zum Eintritt unverhältnismäßig wirkende 1,60€ angeboten wurden?! Wir aßen da lieber die Baguettes vom Supermarkt... Nach der Pause ließ das Spiel etwas nach, doch schwach war es nie. Motorlet kam durch einen französischen Spieler auch mal endlich zu einem Torerfolg, doch weitere Chancen vergaben sie nur kläglich. In der Schlussphase erzielte Česká Lípa noch einen herrlichen Treffer zum 3:1. Mein Tipp kurz vor Anpfiff zum Spielausgang war mal wieder ein Volltreffer. Das erreichte Ziel Klassenerhalt (13. Platz) wurde von Arsenal-Fans und -Spielern mit Abklatschen und Kollektivjubel gefeiert.
Teil II: Eine der schönsten Burgen Tschechiens
Photos and English Version: BEZDEZ CASTLE AND HELFENBURK CASTLE
Wir fuhren weiter ins nahe Bezdĕz, wo sich auf dem Grat eines herrlichen Bergkegels, eine fantastische Burganlage breit macht. Der Parkplatz 700m unter der Burg kostete mit 1,60€ genauso viel wie der Burgeintritt für Studenten (sonst regulär 2,20€). Bei touristisch erschlossenen Burgen leider mittlerweile üblich. Der Fußweg (dem Pfeil rechts folgen!) führt spektakulär als Baum bestandener Aufstieg mit ausgewaschenen Steinen bis zum Haupttor. Daneben steht der Wachturm und eine ganz schmale Mauer mit Zinnen führt zur Hauptburg. Die kostet dann Eintritt, wofür man auch die schöne und hervorragend erhaltene Burgkirche, diverse andere Räume und den Hauptturm – in allen Gebäudeteilen findet man enorm gut erhaltene gotische Deckenmuster mit Schlusssteinen und kunstvollen Bögen – zu sehen bekommt. Der Rundblick vom Bergfried ist hervorragend!
Weiter ging es über Úštĕk, wo sich in der Nähe die Helfenburk in einer bewaldeten Schlucht – ja, in der Schlucht; ja, das ist eine komische Lage für eine Burg – befindet. Der Wanderweg ist mindestens 3,5km lang, was einfach zu zeitaufwendig war. Wir verschoben die Besichtigung und begnügten uns mit dem Blick von der einen Schluchtseite auf die Anlage. Im Oktober diesen Jahres sollte das nachgeholt werden.
Teil 3: Erfolgreicher Saisonabschluss für den FK Chmel
TJ Střekov 2:5 FK Chmel Blšany
TV Schreckenstein – FC Hopfen Flöhau
Samstag, 19. Juni 2010 – Anstoß 17.00
Krajský přebor Ústecký kraj (Bezirksliga Aussig, 5. tschechische Fußballliga, 1. Amateurliga)
Ergebnis: 2:5 nach 90 Min. (46/44) – Halbzeit 2:2
Tore: 0:1 8. Brodecký, 1:1 18. Vošahlík, 1:2 23. Brodecký, 2:2 28. Novotný (Elfmeter), 2:3 60. Pavel Červenka, 2:4 76. Josef Nĕmec, 2:5 83. Josef Galbavý
Besondere Vorkommnisse: 80. Minute; Torwart von Střekov hält Foulelfmeter von Josef Nĕmec
Verwarnungen: Nr. 3, Nr. 14, Nr. 2 (TJS), Jan Klíma, Nr. 2, Nr. 4, Josef Galbavý, Nr. 11 (FKCB)
Platzverweise: keine
Spielort: Fotbalové hřiště TJ Střekov (Fußballplatz TV Schreckenstein; Kap. 1.080, davon 80 Sitzplätze)
Zuschauer: ca. 90 (davon 4 Gästefans, offiziell: 100)
Unterhaltungswert: 9,0/10 (Feinster Amateurfußball!)
Photos and English Version: TJ STREKOV vs FK CHMEL BLSANY
Der Sportplatz in Střekov, einem Stadtteil von Ústí nad Labem, ist eine der schönsten Sportanlagen, die ich je gesehen habe. Auch meiner nicht Groundhopping-erfahrenen Mitfahrerin gefiel der Platz sehr. Architektonisch zwar nicht der Bringer: eine Fernsehtribüne auf dem hohen Graswall der Gegenseite, auf drei Seiten Gärten direkt hinterm Platz und auf der vierten ein kleines Gebäude für Kabinen usw. vor dem sich auch eine zweireihige überdachte Tribüne mit Holzbänken befindet. Doch die landschaftliche Lage ist wunderschön: direkt an der Elbe, doch mehrere Meter höher am Berg gelegen, steile Berge hinter dem Graswall, spektakuläre Felsen, die zur Elbe hin abbrechen in direkter Nähe auf dem gegenüberliegenden Ufer. Alles dicht bewaldet. Und die Burgruine Střekov in Sichtweite. Fantastisch!
Das TJ (auch: Tj) steht für „Tělovýchovná jednota“, was „Turnverein“ bedeutet. Mehr weiß ich leider mangels zugänglicher Informationen nicht über den Klub. Die Hintergründe zu Blšany kann man problemlos in meinem Blog finden. Gespielt wurde eine Partie des Abschlussspieltages der am ehesten mit der Bezirks- oder Landesliga vergleichbaren Krajský přebor, die ich hier als höchste Amateurliga bezeichne (s. Teil I).
Das Hinspiel war das mit Abstand torärmste Spiel von Blšany in dieser Saison: sie gewannen – hoch verdient da klar überlegen – mit 1:0. Der Zufall wollte es, dass wir auch zum Rückspiel zugegen waren, nachdem wir bereits das Hinspiel sahen (Bericht hier!). Da FK Chmel derzeit völlig unberechenbar ist, gab ich zwei Tipps ab: 5-1 und 2-8. Ich erwartete jedenfalls richtigerweise ein überschreiten der ohnehin schon tollen durchschnittlichen Trefferzahl pro Partie, die in Spielen von Blšany bei fünf Toren pro Spiel liegt. Siege von 8:4 und 7:2, Niederlagen von 4:0 und 5:0, erst eine 0:5 Niederlage, dann nächste Woche ein 10:0 Sieg gegen eine Mannschaft, gegen die man im Hinspiel noch 2:1 verlor und andere unberechenbare Resultate ließen die Tabellensituation Střekov = 11. von 16 und Blšany = 3. alles andere als spielverlaufsrelevant aussehen. Der Staffelsieger SK Roudnice nad Labem (es steigt nur einer auf) ist längst enteilt, sodass Blšany höchsten einen starken zweiten Platz einholen kann.
Das Spiel war von der ersten Minute an feinster Amateurfußball mit engagierten Zweikämpfen, guten Laufduellen, technischen Feinheiten bei Blšany, Fehlern auf beiden Seiten aber noch viel mehr Torgelegenheiten. Nach acht Minuten kam ein Volleyschussabpraller durch den Schreckensteiner Strafraum gesegelt und ein Gästespieler verwertete ihn. Der Ausgleich war nicht unverdient, aber Blšany reagierte rechtzeitig mit viel Druck und brachte schon nach weniger als einer halben Stunde den Ball zum zweiten Mal über die Linie. Ein ungeschicktes Einsteigen sorgte für einen Elfmeter für die Heimmannschaft, der souverän verwandelt wurde. Kurz vor der Pause noch ein Aufreger, da der eine Linienrichter nicht auf Ballhöhe war, dadurch das Abseits von Střekov übersah und dann – da der Ball nur vom wie immer souveränen Torwart Klíma knapp zur Ecke gelenkt wurde – den Unmut mehrerer FK Chmel-Spieler auf sich zog. Vor allem Klíma belappte die Nachtjacke an der Linie und bekam gelb.
Nach 46 Minuten 2:2. Nach der Pause kam dann der vierte Gästefan in unseren „Fanblock“. Der Altenberger, den wir schon mehrfach in Blšany getroffen hatten, bleibt dem Verein natürlich auch treu. Die Leute im Ort und der Umgebung, die zu dreistelligen Zahlen zu Heimspielen kommen, sind sicherlich nicht so arm, dass sie nicht nach Střekov fahren können, doch irgendwie waren wir vier die Einzigen, was lustig und erschreckend zu gleich war, dass es nur deutsche Gästefans gab. Wir konnten uns dann gemeinsam über drei weitere Tore von Blšany, von denen Galbavýs Schuss ins Dreieck das genialste seit langem war – Galbavý ist auch mit der beste Spieler beim FK Chmel – freuen und kamen in Aufregung beim verschossenen Elfmeter von Nĕmec und dem Chaos im Strafraum von Blšany kurz nach dem 2:4: da spielt der Klíma einen Gegenspieler und einen eigenen Mitspieler im eigenen Strafraum aus, verliert den Ball jedoch an der Grenze im spitzen Winkel zum Tor an einen anderen Gegenspieler, der in die Mitte flankt; auf der Linie abgewehrt, Nachschuss wehrt Klíma ab, nächster Nachschuss wird an die Strafraumgrenze hinaus geköpft und von da Volley an die Latte gesemmelt.
Ein wirklich geniales Spiel; Střekov mit einer guten Leistung und Blšany mit einem hervorragenden Spiel. Mal sehen wie die nächste Saison wird bei dem Spielerchaos, was dort oft herrscht. Die beiden einzigen verbliebenen Jugendteams erzielten zwar auf Bezirksebene gute Ergebnisse (2. bzw. 4. von 10), doch die U-12 und U-10 können natürlich noch keine Spieler abstellen. Die B-Mannschaft ist ja mittlerweile aufgelöst.
Die siegreiche Gästemannschaft feierte jedenfalls mit ihren deutschen Fans den Sieg und Siegl Senior, ein ehemaliger Nationalspieler der Tschechischen wie auch Tschechoslowakischen Republik, bat uns aufs Feld für ein paar Fotos mit der Mannschaft. Gut, dass der sympathische Mannschaftskapitän auch Deutsch kann, da die Tschechischkenntnisse von uns doch sehr begrenzt sind.
Zum Abschluss fuhren wir drei kurz zur Burgruine hoch, wo uns der mittlerweile zehnte oder fünfzehnte Tscheche darauf aufmerksam machte, dass unter der Stoßstange eine Kunststoffverkleidung herabhing, die wir reparieren lassen sollten. Da sind doch viele enorm hilfsbereit! Ein hervorragendes Essen bekamen wir dann noch im „Gasthof zur Linde“ geliefert: Putenschnitzel mit Spargel im Schinkenmantel und Käse überbacken, dazu Krautsalat und Knödel.
Alles in Allem ein typischer Samstag in der Tschechischen Republik!
Statistik:
Ground Nr. 436 (zwei neue Grounds; diese Saison: 105 neue)
Sportveranstaltung Nr. 1.021 (diese Saison: 163)
Tageskilometer: 600 (Auto)
Saisonkilometer: 35.590 (22.580 Auto/ 6.000 Flugzeug/ 3.740 Fahrrad/ 3.270 Bus, Bahn, Tram/ weniger als 10 Schiff)
Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 15
Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 203
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