Sonntag, 6. Dezember 2009

WE175I: Samstagabend in Weißenfels

Mitteldeutscher Basketball Club (Weißenfels) 75:82 „New Yorker Phantoms“ Braunschweig
Samstag, 05. Dezember 2009 – Tip-off 20.00
1. Basketballbundesliga („BEKO-BBL“)
Die „Wölfe“ gegen die „Phantoms“
Ergebnis: 75:82 nach 40 Min. – Viertelergebnisse: 25:20, 16:18, 10:18, 24:26
Punkte: Gilbert 15, Gamqrelize 11, Khartchenkov 11, Pilcevic 8, Grünheid 8, Elliot 7, Kashirov 7, Bernard 4, Leutloff 2, Stucki 2 (MBC); Schaffartzik 18, Yassin Idbihi 14, Cain 11, Hicks 10, Thomas 9, Hamilton 9, Fox 8, Cielebak 3 (BS)
Fouls: Bernard, Grünheid, Gilbert, Dagunduro, Pilcevic je 3, Khartchenkov 2, Leutloff, Elliot je 1 (MBC); Hamilton, Fox je 4, Schaffartzik, Cielebak je 3, Mittmann, Hicks je 2 (BS) - 5. Foul: Cain (BS)
Spielort: Stadthalle Weißenfels (Kap. 3.000, davon 2.300 Sitzplätze)
Zuschauer: 2.200 (davon ca. 25 Gästefans)
Unterhaltungswert: 7,5/10 (Spiel gut, Stimmung sehr gut!)
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Photos and English version: http://www.flickr.com/photos/fchmksfkcb/sets/72157622825426371/

Wer jetzt bei der Überschrift „Samstagabend in Weißenfels“ damit gerechnet hat, ich würde hier das wilde Leben in der Mittelstadt im Süden Sachsen-Anhalts beschreiben, der irrt. In einer 28.000 Einwohner-Stadt mit mühsam renoviertem Barockkern, viel Leerstand und Verfall und einer Polizei, die sich lieber um 23 Uhr in die Fußgängerzone stellt, um Verkehrsverstöße wie Radfahren auf dem Gehweg zu kontrollieren, statt sich um die Drogenszene oder die erschreckend präsenten und von früh bis spät besoffenen Unruhestifter zu kümmern, erwartet man nicht unbedingt einen Erstligisten im Basketball, doch Weißenfels, deren bester Fußballclub in der 7. Liga und deren Unihockeyclub deutscher Rekordmeister ist, ist seit dieser Saison auch wieder in der 1. Basketball-Bundesliga, die nun zum dritten Mal von einem anderen Sponsorennamen – diesmal der türkisch-internationale Haushaltsgerätehersteller BEKO – verunstaltet wird, vertreten. Nach einem furiosen Start mit einen zwischenzeitlichen dritten Platz, steht der MBC immerhin noch im Mittelfeld: 8. gegen 14. von 18 war somit die Partie heute. Der Gast kam wie oben zu lesen aus Braunschweig (zweitgrößte Stadt Niedersachsens, 245.000 Einwohner) und schießt echt den Vogel ab, was finanzielle Konstanz angeht: in den letzten sieben Jahren musste wegen Insolvenzen der Namensgeber sechs Mal der Name gewechselt werden. Aber mit Insolvenzen kennt sich der MBC ja auch aus. Und wenn im Fußball die 50+1 Regel einmal völlig ausgehebelt ist, dann gehen auch in der Fußball-Bundesliga die Teams bankrott wie bei Basket-, Hand-, Volleyball und Eishockey.

Kommen wir also lieber zum erfreulichen Teil, nämlich den Fans. In der 3.000 Zuschauer fassenden und halbwegs ansehnlichen Stadthalle Weißenfels kamen wieder einmal ziemlich viele Leute zusammen. Davon waren gut zwei Dutzend Braunschweiger anwesend, von denen sich viele auf Ultra-Support mit ein paar Doppelhaltern verlegten. Da sie akustisch völlig untergingen bei mir am Rande des Heimfanblocks, kann ich nichts weiter zu denen sagen. Zu den Heimfans aber sehr wohl. Zwar keine neuen Anfeuerungen, aber deutlich lauter als die Spielzeiten zuvor! Und ausdauernd bis zum Schluss – selbst in der Schwächephase des MBC und als das Spiel eigentlich schon entscheiden war. Wirklich Respekt an das „Rudel“ und die anderen, die mindestens so mitgezogen sind, wie ich. Die MBC-Fans waren aber nicht nur laut zu hören – die Trommeln und das Klatschen der Hände natürlich oft lauter als die Stimmen – sondern auch mit optischen Aktionen einfallsreich dabei: eine Blockfahne (wichtiges Utensil, gut eingesetzt), Leuchtstäbe und Wunderkerzen (leider zu wenige), dann hunderte schlangenförmige Luftballons in den beiden Vereinsfarben blau und orange (herrlich!) und auch eine sehr originelle Choreografie: eine Scheibe (Kegelkugel) mit dem MBC-Logo wird vom einen Ende der Tribüne drehend von den Zuschauern weitergereicht, bis sie die Papptafeln (Kegel) mit den Vereinslogos der anderen Clubs umstößt. Genial! Mittlerweile wirklich eine ernstzunehmende Fanszene dort in Weißenfels – besser als z.B. ALBA Berlin, die Masse statt Klasse beweisen, und besser als die Fanszenen in den beiden anderen beliebten Hallensportarten: Volley- und Handball.
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Die beiden Teams spielten nicht unbedingt weltklasse, aber wirklich gut. Es dauerte über zwei Minuten, ehe der MBC mit zwei Freiwürfen in Front ging. Dann deutete Braunschweig auch schon gleich darauf seine Stärke in Dreipunktewürfen an, doch der MBC gestaltete das erste Viertel besser und geschickter. Braunschweig spielte teils hektisch und unsauber.
Letzteres setzte sich dann bis zum Schluss fort, doch es belebte nicht zuletzt auch das Spiel. Mit jedem Viertel steigerten sich nun die Gäste, wobei das dritte Viertel der Höhepunkt des Braunschweiger Spiels war. Nach 27 Minuten war das Spiel quasi entschieden, was nicht nur an einer hohen Fehlerquote des MBC – speziell der der Spieler Gamqrelize (sonst aber gut), Elliot (nicht besonders) und Dagunduro (den hätte der Coach überhaupt nicht bringen sollen) – lag, sondern vor allem an der guten Defensivarbeit in Verbindung mit der starken Offensive auf Braunschweiger Seite. Besonderen Respekt genießt bei mir der Spieler mit dem schön gemischten Namen Yassin Markus Idbihi, der halb deutsch halb marokkanisch, auch schon mehrfach für die deutsche Nationalmannschaft aktiv war. Der erzielte heute 14 Punkte und kam ohne Fouls aus.
Das 75:82 war am Ende verdient, wobei die drei oben genannten Spieler eigentlich einfach nur mehr ihrer Freiwürfe hätten versenken müssen: dann wäre das Ergebnis bestimmt bei 84:82 gewesen.

Wir erwischten den Zug noch rechtzeitig – fast verpasst, wegen der sinnlosen Auszeiten im vierten Viertel – der uns bummelnd nach Merseburg brachte. Aber wenigstens waren die Mitfahrer ruhiger, als in dem Zug, der mich am Mittag von Halle nach Merseburg zurück brachte, wo ein HFC-Fan hackedicht unbedingt das Klischee vom Fußballproll bedienen musste:
„Olääääääääää oläääääää, Chämieeehh Halllääää ohläääää!“
„Lühbägga (Lübecker, der Gegner des HFC an dem Tag – Endstand: 4-0 für Halle) Arschlöscha!“
„Alles hat n Haken nur des Kreuz hat vier, des Kroiz hat vier, det Kroitz hat vier…“
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Statistik:
Ground Nr. 378 (kein neuer Ground; diese Saison: 47 neue)
Sportveranstaltung Nr. 926 (diese Saison: 68)
Tageskilometer: 40 (30 Bahn, 10 Fahrrad)
Saisonkilometer: 13.760 (11.620 Auto/ 1.630 Fahrrad/ 510 öffentliche Verkehrsmittel/ 0 Flugzeug)
Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 44
Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 175

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