Donnerstag, 24. Dezember 2009

W178I: Bei Thüringens bekanntestem Handballclub; dem ThSV – oder: Vorgeführt wie in der C-Jugend

Thüringer SV Eisenach 37:17 TSG Groß-Bieberau
Mittwoch, 23. Dezember 2009 - Anwurf 20.00
2. Handballbundesliga Süd (2. Liga, Profi- und Halbprofiliga)
Ergebnis: 37:17 nach 60 Min. – Halbzeit: 20:7
Tore: Luther 8, Sklenak 8, Trautvetter 5, Hoffmann 4, Lindner 3, Koke 3, Prokopec 3, Heinemann 2, Szep Kis 1 (Eisenach), D. Rybakov 8, Bauer 4, Kossler 1, Neumann 1, Gerber 1, Göbel 1, Laurencz 1 (Gr.-Bieber.)
Zeitstrafen: 4 Minuten Eisenach (Luther 2, Koke 2); 6 Minuten Groß-Bieberau (A. Rybakov 2, D. Rybakov 2, Konrad 2)
Platzverweise: keine
Spielort: Werner-Aßmann-Halle (Kap. 2.140, davon ca. 1.700 Sitzplätze)
Zuschauer: 1.800 (davon ca. 5 Gästefans)
Unterhaltungswert: 6,5/10 (Eisenach sehr gut; Spiel unterhaltsam)
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Ja, ich weiß wie deutlich Ergebnisse in den Jugend-Handball-Klassen teilweise ausfallen. Aber ich schreibe ja auch nicht „vorgeführt wie in der E-Jugend“ wo es in meinem Landkreis letzthin sogar Ergebnisse wie 1:62 gab. Aber das letzte Handballergebnis von derartiger Deutlichkeit, habe ich bei einem C-Jugendspiel in Frankleben (noch etwas deutlicher; 34:11 gegen TuS Dieskau) erlebt. Was an diesem Vorweihnachtabend in der Wartburgstadt Eisenach abging, war aber auch nicht schlecht: der 11. gegen den 14. von 18, beide Vereine werden die Qualifikation nächstes Jahr zur eingleisigen Profi-Liga nicht schaffen, hätte wirklich langweiliger sein können.

Auf jeden Fall aber, hat es sich gelohnt, die lange, umstiegslose Bahnfahrt von Merseburg nach Eisenach für mittlerweile 28€ (wird auch Jahr für Jahr teurer, bis es sich irgendwann gar nicht mehr lohnt: Merseburg – Eisenach – Merseburg ist ja mit 300km insgesamt fast das absolute Maximum an Fahrtstrecke!) zu bewältigen. In Eisenach angekommen, fuhren wir ein bisschen mit den Rädern durch die kaum beleuchtete aber dafür verschneite Stadt, sparten jedoch die von uns aber auch schon mehrfach besuchte Hauptsehenswürdigkeit: die Wartburg, aus, und fuhren zur Werner Aßmann Halle raus. Diese ist architektonisch bei Weitem nicht so schön, wie das dahinter liegende Wartburg-Stadion – so ist die Supermarkt-Blechkisten-Architektur von Außen eine Zumutung – aber Innen hat man immerhin Holzbänke, wo man sich an herausstehenden Nägeln die Hose aufreiben kann und die so niedrig ansteigen, dass es fast gar keinen Platz gibt, von wo aus die Sicht gut ist – es sei denn, man hat eine Person von unter 1,50m vor sich sitzen.
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Nachdem die Karten besorgt (für uns mittlere Kategorie: 10€, billigste wären 8€, teuerste 15€ gekommen: viel billiger als 1. Handball-BL), das Catering (Bratwurst gut, Hackbrötchen besser, Schnitzelbrötchen das Geld nicht wert) gekostet wurden und der Hallensprecher ein fürchterliches Intro nach dem Muster: „Firma XY präsentiert unsere Nummer 1: Vorname Nachname… Firma YZ präsentiert die Nummer 2…“ (selbst der Oberfan, der als Manolo-Kopie die Stimmung anheizte, wurde von irgendeiner Firma des lobenswert großen - aber zu aufdringlich präsenten - Sponsorenpools präsentiert) durchsagte, ging es auch schon bald mit dem einseitigen Spiel los. Nach kaum einer Minute traf Eisenach zum ersten Mal, dann dauerte es bis zur 4. Minute, ehe sie zum 2:0 nachlegten und nach einem Anschlusstreffer zogen sie auf 6:1 nach 8 Minuten davon. Time-out der Gäste. Nur brachte das nichts! Sie spielten genauso schwach weiter: nach 26 Minuten hatten sie gerade mal 4 Tore, Eisenach aber schon 17 erzielt. Hier lag aber auch keine Lustlosigkeit vor, nein: Eisenach war einfach zu gut: ein sicherer Torwart und vor allem mit Luther, dem Tschechen Sklenak und Trautvetter auch drei Torgaranten, sicherten Eisenach den Erfolg gegen einfach überforderte Gäste aus Hessen.

Nach der Pause war das gleiche Bild zu sehen: nur ab und an ein paar Lichtblicke der Gäste aus der Viereinhalbtausend-Einwohner-Stadt mit dem Killer-Biber im Stadtwappen im Süden Hessens, die die ein oder andere nette Szene brachten und sonst nur die Wartburgstädter am Drücker, die schließlich das unglaubliche Ergebnis von 37:17 erzielten. Die Ehrenrunde hatten die Spieler sich wirklich verdient.
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Während die Spieler Klasse bewiesen, enttäuschten die Fans: selbst beim rhythmischen Klatschen, was leider auch nur in einem Rhythmus (klatsch-klatsch-klatsch-klatsch-…) und einer Geschwindigkeit (lahm!) bekannt war, machten höchstens 50% mit. Sprechchöre fast Null. Nur die Radeburger ThSV-Fangruppe und ein alter Provokateur hinter mir – zu einem Gästespieler, der affig-glitzernde Schuhe trug: „Ey! Deine Turnschuhe glitzern! Schraub deine Absätze wieder ran! Schwuchtel!“ – kriegten den Mund auf. Da war vor ein paar Jahren mehr Stimmung in der Halle. Aber das Handballpublikum verkommt ohnehin bei fast allen Vereinen in jeder deutschen Liga zu einem Tennispublikum, wo man nicht mal mehr den Schiri beleidigen, die Gästespieler provozieren oder die eigene Mannschaft mit Trompeten unterstützen darf.

Vom Allgemeinen wieder zum Konkreten: auffällig war auch, dass die Zuschauerzahl wieder einmal so was von hanebüchen war, wenn man der Angabe zur Hallenkapazität auf der Website der Thüringer glauben schenken will. Angeblich fasst die Halle über 3.000 Zuschauer und war an diesem Abend zu 60% ausgelastet. Hallo?! Da war kaum ein Platz frei! Mittlerweile nimmt das ja Formen wie in der syrischen Fußballliga an, wo Umayya Idlib und der Verband bei einem Spiel letzthin offiziell 3.500 Zuschauer meldeten und da in Wirklichkeit knapp 8.000 da waren. Beim SC Magdeburg gab es vor wenigen Jahren erst Ärger wegen zu niedriger Zuschauerzahlen. Ich vermute aufgrund der Größenverhältnisse der Halle aber einen Schreibfehler auf der ThSV-Website und dass nur reichlich 2.000 Zuschauer rein dürfen und die Auslastung von 90% richtig geschätzt war. Aber ob nun 1.800 oder 2.800 Zuschauer: Ich habe schon bei 180 oder 280 Zuschauern mehr Lärm vernommen, als in Eisenach…

Statistik:
Ground Nr. 382 (ein neuer Ground; diese Saison: 51 neue)
Sportveranstaltung Nr. 933 (diese Saison: 75)
Tageskilometer: 310 (300 Bahn, 10 Fahrrad)
Saisonkilometer: 14.300 (11.620 Auto/ 1.730 Fahrrad/ 950 öffentliche Verkehrsmittel/ 0 Flugzeug)
Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 45
Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 178

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