Posts mit dem Label Annaburg werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Annaburg werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Montag, 6. Mai 2013

W353V: Zaungast bei einem lächerlichen Derby und ein hart umkämpftes Spitzenspiel im Schatten der Militärruinen

SG Blau-Weiß Altes Lager ----------------------------------- 2
SV Traktor Schlenzer 1965 ----------------------------------- 2
- Datum: Sonntag, 5. Mai 2013 – Anstoß: 15.00
- Wettbewerb: Kreisklasse Jüterbog/ Luckenwalde (10. Spielklasse und unterste Spielklasse, 5. Amateurliga)
- Ergebnis: 2-2 nach 97 Min. (45/52) – Halbzeit: 1-2
- Tore: 0-1 6. (Nr. 11), 0-2 13. (Nr. 9), 1-2 40. (Nr. 4), 2-2 92. (Nr. 9)
- Vergebener Foulelfmeter: Nr. 9 von Altes Lager scheitert an Nr. 1 von Traktor Schlenzer (30. Min.)
- Verwarnungen: Nr. 4 (Altes Lager); Nr. 3 (Traktor Schlenzer)
- Platzverweise: keine
- Spielort: Stadion der ehemaligen Höheren Fliegertechnischen Schule Altes Lager (Kap. 5.000 Stehplätze)
- Zuschauer: ca. 180 (davon ca. 35 Gästefans)
- Unterhaltungswert: 7,5/10 (Hart umkämpftes und sehr spannendes Spiel, dass über weite Teile auf gutem Niveau stattfand)

SV Grün-Weiß Annaburg II --------------------------------- 3
SV Alemannia Jessen III -------------------------------------- 1
- Datum: Sonntag, 5. Mai 2013 – Anstoß: 11.30
- Wettbewerb: Kreisliga Wittenberg (10. Spielklasse, 5. Amateurliga)
- Ergebnis: 3-1 nach 93 Min. (45/48) – Halbzeit: 0-1
- Tore: 0-1 17. Stefan Becker, 1-1 57. Stephan Vogel, 2-1 75. Artur Klassen, 3-1 88. Marcel Lieschke
- Vergebener Foulelfmeter: Annaburgs Michael Zerche wehrt Elfmeter von Florian Hamann ab (93. Min.)
- Verwarnungen: Willi Runke (?), Ronny Leder (Annaburg); Sebastian Hauptig (Jessen)
- Platzverweise: keine
- Spielort: Waldstadion Annaburg (Kap. 1.200, davon 200 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 100 (davon 25 zahlende und ca. 30 Gästefans)
- Unterhaltungswert: 3,0/10 (Über weite Strecken dürftiges Gekicke)
 DSC03899 
Photos with English Commentary:

Die nach dem Stadion am Quenz in Brandenburg/ Havel und der Elster-Kampfbahn in Senftenberg beste Sportanlage des Bundeslandes Brandenburg sollte heute besucht werden! Ein absoluter Insidertipp in der Nähe einer sehenswerten Stadt – doch mit einem Spiel wollte ich mich nicht zufrieden geben und da Annaburg eine schöne Stadt mit einem ganz ordentlichen Stadion ist und das kein so großer Umweg war, hatte ich mir ein Spiel des Sechsten gegen den Siebten von 14 Teams der Kreisliga Wittenberg um 11.30 – zu einer Zeit, zu der sonst nur Jugendmannschaften in Sachsen-Anhalt spielen – herausgesucht.

Ich hatte versäumt nachzuschauen, ob bei so einer komischen Anstoßzeit nicht die Erste Mannschaft nach der Reserve spielt. Blöderweise kickte nach der Kreisliga tatsächlich die Landesklasse. Und da Annaburg ein ziemlich asozialer Verein ist, bauten sich schon um 11 Uhr die Ordner an der Kasse auf, um die 4€ Eintritt einzufordern. 4€! Für ein völlig überschätztes Landesklasse-Derby, bei dem zwar weit über 500 Zuschauer kamen, aber auch keine Stimmung gemacht wird! Und 4€ auch schon für das beschissene Vorspiel der beiden unbedarften Reserveteams! Gut, dass das Stadion nur eine zweireihige Tribüne mit Holzbänken auf der einen Seite und ein Sportlerheim und Sprecherturm auf der anderen Seite hat. So konnten wir uns auf den öffentlichen Fußweg hinter der Tribüne aufstellen und das Spiel kostenlos von außen verfolgen. Der jugendliche Ordner an der Anzeigetafel schien sogar Verständnis zu haben und grüßte einen weiteren Zaungast – und der versiffte Vokuhilatyp glotzte uns zwar blöd an, aber als ich ihn genauso blöd zurück anglotzte, traute er sich nichts zu sagen. Vielleicht wusste er auch, dass er keine Chance hat Zaungäste, die von einem öffentlichen Gelände aus in die Sportanlage schauen, zu vertreiben oder abzukassieren. Beim Abkassieren war Annaburg natürlich ganz stark: außer den Gästefans, die aber auch so doof waren und nur meckerten und dann doch rein gingen, anstatt sich neben uns zu stellen, musste niemand für das Vorspiel bezahlen. Die Eltern, die schon zur E-Jugend da waren wurden nicht angesprochen, die Heimanhänger kamen entweder kostenlos rein oder legten offensichtlich einzelne 1€- oder 2€-Münzen auf den Tresen, was wohl ein inoffizieller Rabatt war. Denn laut Aushang galten 4€ für alle – auch für Kinder, Behinderte usw. Faktisch galt das natürlich nur für Nicht-Annaburger oder Nicht-Mitglieder. So was Asoziales habe ich wirklich noch nicht erlebt!

Von draußen konnte man aber auch gut beobachten, dass da zwei ziemlich unbedarfte Mannschaften gegeneinander antraten. Jessen III erwischte den besseren Start und ging nach über einer Viertelstunde mit einem schönen Schuss in den Torwinkel, den der Torwart nur noch mit den Fingerspitzen berührte, in Führung. Bis zur Pause passierte fast nichts mehr, da Jessen es für sinnvoll zu halten schien, das Ergebnis von 0:1 zu sichern.
Die zweiten 45 Minuten waren deutlich besser, da Annaburg nun neben kläglich vergebenen Chancen auch Treffer verzeichnen konnte. In den letzten 15 Minuten entschieden sie das Spiel mit zwei schönen Treffern zum 3:1. Den passenden Schlusspunkt auf die erbärmliche Jessener Leistung setzte der 11er der einen Elfmeter in der Schlussminute schwach verschoss.
Als Fazit kann ich da nur sagen: gut, dass wir bei dem Scheißverein keinen Eintritt entrichtet haben!
 DSC03853 
* * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * *
 DSC03918 
Zügig fuhren wir nach Brandenburg weiter. In Jüterbog aßen wir zu Mittag, wobei die Qualität hoch war und die Preise dort durchweg überm brandenburgischen Durchschnitt liegen. Dann hieß es für in Anbetracht der Eintrittskarten noch akzeptable 1,50€ Erster gegen Zweiter in der brandenburgischen Provinz. Kreisliga Jüterbog/ Luckenwalde bzw. Teltow-Fläming. Nahe Jüterbog liegt ein 1.800 Einwohner zählendes und erst 140 Jahre altes Dorf, das zur Gemeinde Niedergörsdorf gehört. Die Preußen gründeten es als Militärsiedlung, dann nutzten es die Nazis und danach nutzten die Sowjets das ganze Gelände ab. 1992 hat die Rote Armee das Gelände aufgegeben und in einem weniger guten Zustand ans Land Brandenburg gebracht. Seitdem hat sich einiges geändert und Altes Lager scheint ein relativ lebhaftes Dorf zu sein, das sich auch gerne im Internet präsentiert. Die Geschichte kann man hier nachlesen  und zum Sportverein findet man hier etwas!

Fast 200 Zuschauer, davon über drei Viertel aus Altes Lager, fanden sich hier Sonntagnachmittag bei bestem Wetter ein um im Schatten der Bäume oder Militärgebäude zu picknicken oder nur zu sitzen oder zu stehen und Fußball zu gucken. Einige gingen auch ganz gut mit aufgrund des packenden Spiels. Interessant war auch das Neben- und Miteinander von versoffenen Rentnern, unauffälligen Familien, klassischen Dorfneonazis, Russen, aber auch Schwarzen und anderen jungen Leuten, denen man ansah, dass sie eigentlich nicht in das Weltbild der vereinzelten aber dafür umso auffälliger tätowierten und mit eindeutigen T-Shirts ausgestatteten rechtsextremen Deutschen und Russen passen dürften...

Parallel hinter dem langgestreckten Komplex der höheren Fliegertechnikschule, deren Portal ein Sowjetstern ziert, befindet sich die herrliche Sportanlage von Altes Lager. Das Schwimmbad und die Sporthalle sind zwar leider verfallen, doch ersteres bietet zusammen mit den verfallenen wie auch monumentalen Gebäuden der Schule eine tolle Kulisse für den erst vor wenigen Jahren angelegten Kleinfeldplatz und letztere ist eine hervorragende Kulisse für das weite Rund des Stadions. Von der Schule aus führt eine Treppe hinunter zum Feld, gegenüber ist es eine 12reihige Stehtribüne die den Platz mit dem Säulenvorbau der Sporthalle verbindet. Hinter dem einen Tor führt eine weitere Treppe vom Kleinfeld auf das Großfeld. Auch ein Beachvolleyballplatz liegt vor dieser Treppe. Gegenüber fallen nur Fahnenmasten vorm Graswall und die verfallenen Steineinfassungen und Betonwege auf. Auf dem Wall stehen auch etliche Bäume. Alles in allem eine der genialsten Sportanlagen, die ich je gesehen habe!

Auch das Spiel ließ sich sehen! Altes Lager baute sofort Druck auf, doch nach zwei vergebenen Chancen und gerade einmal fünf Spielminuten begingen sie ein Foul in Nähe des eigenen Sechzehners – und der Freistoß wurde von Traktor Schlenzer klasse verwertet. Dieser Verein mit dem klangvollen dörflichen Namen kommt aus einer kleinen Ortschaft in der Gemeinde Niederer Fläming, was in der GoogleMaps-Suche Probleme bereitet, keine 10km östlich von Jüterbog.

Altes Lager hielt den Druck aufrecht, doch kam zu keinem Treffer, sondern kassierte einen zweiten. Noch nicht mal einen Elfmeter – dessen Verursacher übrigens der erste verletzt Ausgewechselte seien sollte – bekamen sie im Tor unter, doch das lag auch am sehr starken Traktor-Torwart. Erst nach 40 Minuten und mehreren Anläufen musste er mal hinter sich greifen. Der knappe Pausenrückstand geriet natürlich auch in der zweiten Hälfte in Frage, doch Blau-Weiß brauchte 15 Minuten, ehe sie wieder richtig auf dem Feld waren. Als sie wieder die Gäste unter Feuer nahmen, begann das Spiel hitzig zu werden, da ein Angreifer von Altes Lager übel gefoult wurde. Nachdem ihm vom Feld geholfen wurde, musste sogar der Notarzt kommen, da er wohl Atemwegsprobleme hatte. Kurz darauf dann der dritte Verletzte: ein übles Foul des 4ers am sehr guten Torwart, dem in die Seite gelatscht wurde, obwohl er im Fünfer eindeutig zuerst am Ball war. Der Schiedsrichter offenbarte einige Schwächen und beließ es hier bei Gelb. Den beknackten 6er verwarnte er erst gar nicht, obwohl er das Spielfeld verließ um Gästefans anzupöbeln, die sich mit Recht über das Getrete einzelner Spieler der Heimelf aufregten.
Dafür gab es dann ohne Unterbrechung durch den Schiri so intelligente Dialoge zu hören, in etwa wie diesen:
Gästefan: Ey, wat is’n dat, du Arschloch?!
Blau-Weiß-Spieler: Was willste?
Gästefan: Das war Rot, du Penner!
Blau-Weiß Spieler: Mach’n Kopp zu, da draußen!
Gästefan: Deine Mudda!
Blau-Weiß-Spieler: Ey, halt’s Maul, da draußen!
Gästefan: Mach du’n Kopp zu!
Blau-Weiß-Spieler (macht eindeutige Gesten, dass der Fan aufs Feld kommen solle): Komm her, Alter!

Zu Beginn der reichlichen aber angemessenen Nachspielzeit gelang dann gegen den nicht schwachen, aber natürlich etwas unsicheren Ersatztorwart, der Ausgleichstreffer per Seitfallzieher aus spitzem Winkel. Ein herrlicher Treffer und vom Spielverlauf her das Mindeste für die aktive Spielgestaltung durch Altes Lager – aber dass sie den ersten Torwart ausschalteten, war schon sehr grenzwertig. Trotz drei verletzter Spieler und so einem spannenden Spiel beruhigten sich die Gemüter aber recht schnell, da sich im Zweifel nach dem Spiel aus dem Weg gegangen wurde.

Nach diesem sehenswerten Spiel in diesem herrlichen Stadion fuhren wir in die Altstadt von Jüterbog, die sechs oder sieben Stadttürme und -tore aus der Backsteingotik sowie eine entsprechende Kirche und ein tolles Rathaus vorweisen kann. Eine wirklich sehenswerte Stadt, zu der auch das Kloster Zinna – etwas klein, aber auch ganz nette Backsteingotik – gehört. Weniger sehenswert ist Treuenbrietzen mit zwei Stadttürmen, zwei Kirchen und einem seltsamen Rathaus. In Niemegk ist dann nur das Rathaus, nicht einmal die Kirche gegenüber, erwähnenswert: dieser Renaissancebau hat in der Region einen herausgehobenen Stellenwert.
OK, nun hat erstmal die Uni einen herausgehobenen Stellenwert, ehe es vom 8.5. bis 15.5. etliches an der Groundhoppingfront zu berichten gibt!
 DSC03994 
Statistik:
- Grounds: 912 (heute 2 neue; diese Saison: 144 neue)
- Sportveranstaltungen: 1.781 (heute 2, diese Saison: 204)
- Tageskilometer: 350 (350 Auto)
- Saisonkilometer: 48.920 (39.220 Auto/ 6.500 Flugzeug/ 2.920 Fahrrad/ 190 Bahn, Bus, Tram/ 90 Schiff, Fähre)
- Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 67 [Letzte Serie: 6, Rekord: 141]
- Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 353

Montag, 12. Dezember 2011

W280II: Handball in Jessen und Gräfenhainichen (Radis)

Jessener SV 1953 28:23
SG Saaletal Reichardtswerben/ Prittitz
Datum: Samstag, 10. Dezember 2011 – Anwurf: 15.00
Wettbewerb: Verbandsliga Sachsen-Anhalt/ Süd (6. Spielklasse, 3. Amateurliga)
Ergebnis: 28:23 nach 60 Min. (30/30) – Halbzeit: 13:9
Tore: 4x Rose, Plott, Zwicker, Richter, Kretzschmann, 3x Hufnagel, Apfelbaum, 2x Trompke (Jessen); 7x Enke, 4x Laue, 3x Müller, 2x Faust, Sträletzky, Haufe, 1x Wedwitschka, Korn, Linse (Saaletal)
Gelbe Karten: Nr. 10, 17, 78 (Jessen); Nr. 4, 9, 11 und Trainer (Saaletal)
Zeitstrafen: 3x Nr. 17, 2x Nr. 28, 76 und 1x Nr. 19, 24, 25, 78 (Jessen = 22 Minuten); 2x Nr. 11, 33 [+ Rot], 1x Nr. 4, 9, 18 (Saaletal = 14 Minuten)
Disqualifikationen: Nr. 17 Jessen (dritte Zeitstrafe, 41.); Nr. 33 Saaletal (Nachtreten, 49.)
Spielort: Sporthalle Gymnasium Jessen (Kap. 300, davon 224 Sitzplätze)
Zuschauer: ca. 110 (davon ca. 15 Gästefans)
Unterhaltungswert: 7,5/10 (Jessen die spielerisch bessere aber auch unsaubere Mannschaft – insgesamt ein wirklich sehenswertes Spiel)

TuS 1947 Radis 23:30 HSV Bad Blankenburg
Datum: Samstag, 10. Dezember 2011 – Anwurf: 19.00
Wettbewerb: Mitteldeutsche Oberliga (4. Spielklasse, 1. Amateurliga)
Ergebnis: 23:30 nach 60 Min. (30/30) – Halbzeit: 12:16
Tore: 6x Nr. 2, 5x Nr. 10, 4x Nr. 7, 2x Nr. 6, 17, 1x Nr. 3, 10, 14, 84 (TuS); 9x Havel, 7x Miler, Petko, 3x Weyrauch, 2x Merkel, 1x Menge, Römermann (HSV)
Gelbe Karten: Nr. 6, 10, 14 (TuS); Merkel, Miler, Weyrauch (HSV)
Zeitstrafen: 2x Nr. 14, 1x Nr. 3, 7 (TuS = 8 Minuten); 2x Miler, Weyrauch, Merkel (HSV = 12 Minuten)
Disqualifikationen: keine
Spielort: Turnhalle Lindenallee (Gräfenhainichen; Kap. 350, davon 250 Sitzplätze)
Zuschauer: ca. 300 (davon ca. 20 Gästefans)
Unterhaltungswert: 5,0/10 (Ohne zu überzeugen war Blankenburg die klar bessere Mannschaft in einem mittelmäßigen Spiel)
IMG_7019
Photos and English Version:

Dieser Samstagsauflug führte uns in die Region um Wittenberg, einer sehenswerten und geschichtsträchtigen Stadt, die wir allerdings schon zur Genüge kennen, herum. Bevor wir uns die beiden Handballspiele anguckten, standen noch ein paar unbekannte Sehenswürdigkeiten auf dem Programm. In Hemsendorf, westlich von Jessen, befindet sich ein privat bewohntes und nur nach Vorabsprache ab und an zu besichtigendes Wasserschloss. Dessen Park ist aber zugänglich und von außen sieht es jetzt auch nicht so schlecht aus, aber an dem quadratischen Bau mit Mittelturm ist noch einiges zu sanieren.
Jessen selbst ist ein richtig mieses Provinzkaff mit einem eintönigen Marktplatz an dessen Ende eine halbwegs ordentliche Kirche steht. Ein paar Schritte weiter befindet sich dann ein runder, teil modernisierter Schlossbau. So richtig definierbar ist der Bau nicht mehr, bei dem Stilmischmasch. Aber passt zu diesem traurigen Kaff.
Etwas weiter östlich in der flachen, aber durch den Wechsel von Wäldern, Flussauen, Feldern und Wiesen gar nicht so unansehnlichen Landschaft, liegt dann Annaburg. Dieser Ort war sightseeingmäßig mit ganz weitem Abstand das Beste heute und ist nur knapp hinter Wittenberg (wenn überhaupt) einzuordnen. Das Schloss ist ein richtig schöner gelb-weißer, hoher Renaissancebau mit trockengelegtem Wassergraben und engem, verschachteltem Innenhof mit Arkadengang. Gegenüber sind eine ganze Menge Wirtschaftsgebäude zu finden, die meistens als Wohnungen genutzt werden. Rechts vom Portal befinden sich noch Barockbauten wie eine ehemalige Orangerie und eine Schule. Unweit davon befindet sich der Marktplatz – ganz nett, aber leider sehr tot: da gibt es kaum Geschäfte – und daneben eine Kirche mit interessantem Torbogen und Friedhof. Auf diese mit monumentalen Grabmalen zugestellte Ruhestätte blickt die Turmseite des kasernenartigen Altenpflegeheims...
IMG_7095
In Jessen ging es dann zum Handball, wobei im angrenzenden Stadion noch die letzten 14 Minuten des Landesklassespiels von Alemannia Jessen und Grün-Weiß Piesteritz II liefen. Vom Kreisverkehr aus konnten wir das Spiel prima verfolgen. Es blieb allerdings beim 0:2 für die Gäste. Die Halle liegt direkt am anderen Ende des Kreisverkehrs. Von außen ein seltsam kastenförmiger Bau mit hässlicher Backsteinrückseite an der sich der Eingang befindet, doch geht man die Wendeltreppe deren Innengang mit einer aufgemalten Vulkanlandschaft verschönert ist, hoch, wird man beim Betreten der Halle über die Qualität des Inneren erstaunt sein: drei Reihen rote und grüne Sitzschalen auf einer Obertribüne hinter deren Sitzreihen auch noch eine Stehreihe vorgesehen ist – und nirgendwo hat man Sichtbehinderungen! Nur die Farben der gesamten Halle sind etwas hässlich...
Was gar nicht geht ist der Eintritt: 3,50€ für alle ist in dieser Liga asozial. Mehr als 2,50€ nehmen normale Vereine nicht.

Über das Spiel und seinen furiosen Beginn konnte man aber nicht meckern: zwei zu zwei nach drei Minuten, vier zu zwei nach vieren. Nach dem wilden Beginn kam etwas mehr Ordnung ins Spiel, aber bis kurz vor der Halbzeit war es nach wie vor ein schnelles und ausgeglichenes Spiel. Dann stieg die Härte der Jessener genauso wie deren Leistung in der Verteidigung. Daran scheiterten die Gäste aus dem Burgenlandkreis schließlich. Eine Sekunde vor der Pausensirene kassierten sie ein fast vorentscheidendes 13:9. Nach der Pause festigten die Jessener diesen Vorsprung souverän, sodass am Ende eines wirklich sehenswerten Spiels ein 28:23 für den Gastgeber stand, obwohl dieser regelmäßig in Unterzahl spielte und auch einen Spieler verlor. Allerdings war der 17er so ziemlich der Schlechteste auf der Platte – seine ganzen ungeschickten Bewegungen führten schließlich zu drei Zweiminutenstrafen und folgerichtig zur Hinausstellung. Ebenfalls hinausgestellt wurde einer von mehreren mit zunehmender Spieldauer zunehmend gefrustet auftretenden Saaletalern: der wurde am Wurfkreis umgeruppt und latschte dann den foulenden Jessener. Zudem war es nicht das erste Foul des Gästespielers. Jessen festigte so seinen 4. Platz und Saaletal den 7. von 14.
IMG_7168
In Gräfenhainichen ging es dann weiter mit Handball. Radis ist eigentlich ein eigener Ort, der sechs Kilometer nordöstlich von Gräfenhainichen liegt, aber in dem Dorf gibt es keine oder keine vernünftige Sporthalle. Dafür ist im Bergbaukaff Gräfenhainichen ein schönes Exemplar von umgebauter Scheune – sieht jedenfalls so aus wie die Sporthalle in Osternienburg, die definitiv eine ist – in dem 350 Leute platz haben. Der Eintritt betrug nur 5€, ermäßigt 2,50€, was für diese Liga eigentlich normal seien sollte, es aber leider nicht ist. Es waren auch so 300 Fans da, die sich auf den vier Reihen der glatten Holztribüne ausbreiteten – oder hinter dem einen Tor ebenerdig bzw. auf den Barren hockten oder eben im VIP-Raum oberhalb des anderen Tores hinter Glas zuguckten – und durchgängig lärmten. Von den Behauptungen, dass in Radis „Bombenstimmung“ herrsche und das die Fangruppe Pilzkumpels „so richtig gut drauf sei“ und deswegen Radis „so mit die besten Fans der Liga“ habe, bin ich allerdings nicht so überzeugt worden: erstmal ist es nicht schwer bei einem Schnarchnasenpublikum wie im Handballsport üblich irgendwelche Stimmungsrekorde aufzustellen, zweitens ist es Ansichtssache, was gut drauf bei einer Fangruppe, bei der der Name Programm ist, heißt – wirklich gute Fans brauchen keine drei Liter Pils um Stimmung zu machen wie offensichtlich die Pilz- (oder Pils-)kumpels und schließlich ist der Rest des Publikums bei aller Begeisterung die ab und an aufkommt weit von Bombenstimmung entfernt. Wenn ein paar Trommler dauernd monoton „bumm, bumm, bumm“ machen und ein Fan mit Tröte „tröt, tröt, tröt“ dann ist das auch nicht sonderlich förderlich für Sprechchöre, die so oder so nur so ausgefeilt sind wie „Raaaadis, Raaaaadis“. Also in dieser Liga ist insbesondere Ziegelheim stimmungsmäßig besser.

Die Mannschaft von Radis, die aufgrund von Krankheit leider ohne ihren Stammtorhüter Illig, einen Bekannten meiner Freundin, auskommen musste, wusste genauso wenig zu überzeugen wie ihre Fans. Die ersten 10 Minuten hielten sie gut mit, dann wurde die Fehlerquote immer auffälliger. Als richtiges Amateurteam, auf Platz 9 von 14, gegen den Spitzenreiter aus Bad Blankenburg, ein Söldnertrupp der unter unterdurchsichtiger Geschäftsführung zusammengekauft wird, zu verlieren, ist wirklich keine Schande. Sieben Tore Unterschied die es am Ende waren sind auch keine Schande. Konstant war übrigens ab der 15. Minute ein fünf Tore Rückstand. Ansehnlich waren die wenigen Lichtblicke im Spiel der Radiser: souveräne Tempogegenstöße, erfolgreiche Torwürfe durch die dichte Abwehr hindurch usw. – aber es war nicht annähernd der Kampfgeist einer Mannschaft wie Ronneburg vorhanden, die letzte Saison zwar abstieg, aber gegen Bad Blankenburg nur durch Unfairness der Gäste mit einem Tor verlor, nachdem sie einen Rückstand von fünf, sechs Tore bereits aufgeholt hatten. Bei diesem Spiel war übrigens auch erheblich mehr Stimmung als diesmal in Gräfenhainichen bei Radis.

Wer übrigens mal richtig gute Stimmung beim Handball erleben will, wird auch in der Bundesliga keine Fangruppen finden, die überzeugen können. Dazu muss man wohl in Nordafrika gucken: z.B. die tunesische und ägyptische Liga sind spielerisch auf hohem internationalen Niveau – und die Stimmung auf einem hierzulande unbekannten. Die spielerisch schwächere marokkanische macht auch etwas daher: siehe im Video: Wydad Casablanca v Olympique de Meknes...
IMG_7184
Statistik:
Grounds: 677 (heute 2 neue; diese Saison: 83 neue)
Sportveranstaltungen: 1.426 (heute 2, diese Saison: 112)
Tageskilometer: 310 (310 Auto)
Saisonkilometer: 14.430 (12.530 Auto/ 1.890 Fahrrad/ 10 Bahn, Bus, Tram/ 0 Flugzeug/ 0 Schiff, Fähre)
Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 20
Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 280