Seit Zypern Ende Februar 2020, also kurz vor dem Ausbruch der weltweiten Coronahysterie, hatte ich keinen neuen Länderpunkt machen können. Normalerweise mache ich alle 4 Monate einen neuen Länderpunkt, aber was ist nun in dieser Zeit noch normal? Auch diese Reise war es nicht! Das fing schon einen Monat vorher bei der Planung an: Wir hatten uns nun doch u. a. wegen Motoball für Russland statt für die Kombination DomRep+Haiti entschieden, doch im Gegensatz zu den Kariben wollen die Russen Visa sehen. So ein aufwändiger Papierkram wie in Russland ist mir noch nirgendwo untergekommen. Ohne eine Reiseagentur zu buchen, ist nicht empfehlenswert, da man sich dann selber um Einladungen und Rückkehrwilligkeitsschreiben kümmern muss. Also warf ich König Tours in Brühl pro Visa inklusive Einladung, Rückkehrwilligkeitsschreiben, spezieller Krankenversicherung und allem anderen Scheiß (außer Registrierung, das kann jedes Hotel in Russland vor Ort machen) fast 200€ in den Rachen. Dafür brauchten die auch extra lange, da angeblich unsere Nordkaukasusroute beim Konsulat geprüft werden musste. Nach diversen Anrufen – wenn man nervt, kommt man auch direkt in die Leitung statt in der Warteschleife zu hängen – konnte ich die Visa dann persönlich während meiner Arbeitszeit in Brühl schlappe 32 Stunden vor der Abreise abholen. Da Russland eines der ganz wenigen Länder ist, das zu blöd für Onlinevisa ist und noch die Reisepässe per Einschreiben will. Ich würde aber gar nicht abraten von König Tours, denn die Mitarbeiter waren nett und die Visa habe ich ja bekommen und über die Verzögerung haben sie sogar selber informiert – doch der Laden war einfach offenbar überfordert, sodass ärgerlicherweise immer wieder eigene Kontaktaufnahme nötig war. Ich war ja bei weitem nicht der einzige Kunde, aber das kenne ich nur zu gut aus dem Übersetzungsbüro – wir kriegen das besser hin!
Noch größeres Ärgernis und noch größerer Kostenfaktor war der Flug. Günstiger Flug via Istanbul z. B. nach Sochi oder Makhatshkala? Nicht erlaubt wegen der schwachsinnigen Einreisebestimmungen im Zusammenhang mit Corona! Relativ teurer Direktflug von Deutschland (meist FFM, Direktflugzwang durch das russische Regime bis auf Weiteres) mit Pobeda oder Aeroflot? Nein danke – aus Prinzip und wegen beschissener Zeiten. Blieb nur noch die Lufthansa die schon früh am Freitag von Frankfurt/ Main flog. Es war der mit Abstands beschissenste Flug, obwohl er einer der nur 67% pünktlichen war. 400€ für gerade einmal 2.700km sind schon ein Vorgeschmack auf den grünen Terror der hierzulande folgt, wenn die Coronahysterie abgeebbt ist. Und dann hat diese Scheiß-Airline nur noch Automaten-Checkin, Selbstbedienungs-Gepäckaufgabe und kein Essen mehr bei inner-europäischen Flügen. Vor Corona hatten selbst Ryan-Air und v. a. Pegasus besseren Service – und viel bessere Preis-Leistung. Muss man sich mal vorstellen: bei diesem teuren Made-in-Germany-Großkotz-Unternehmen gibt es nichts zu Fressen an Board, kostenpflichtiges Menü war nicht mal verfügbar. 0,33l Wasser und 1 kleiner Tee oder Kaffee. Baut doch die scheiß Sitze in der Economyklasse aus – wenn ihr dann solche Stangen wie in der U-Bahn einbaut, fliege ich auch gerne im Stehen nach Moskau, wenn ihr eure Abzockpreise auf Vor-Corona-Niveau halbiert! Lufthansa ist einfach nur noch Dreck!
Noch ein unnötiger und dem grassierenden politischen Irrsinn geschuldeter Kostenpunkt: 55€ für einen PCR-Test. Das CBT Bonn arbeitet aber wenigstens freundlich, kompetent und verhältnismäßig günstig sowie erfreulich schnell. Die Ergebnisse eines 19.40-Uhr-Tests am Mittwoch lagen schon Donnerstag um 5.30 Uhr vor. Dieser Test wurde erst in Frankfurt kontrolliert – warum auch immer einen die Lufthansaspinner dann noch ein Thermometer an den Schäddel halten – und dann noch mal flüchtig (die englischer Version) in Moskau. Dort gelandet mussten wir entgegen der Ankündigung nicht mehr Fieber messen lassen und nur noch ein doppelseitiges Gesundheitsformular (Haben Sie Chinagrippesymptome? Ja / Nein / Bin ich blöd das zuzugeben...) mit Meldeadresse etc. ausfüllen (Russisch und Englisch) und dieses dann bei einem unmotivierten Mitarbeiter der Gesundheitsbehörde abgeben. Die Frau an der Passkontrolle war freundlich, Kommunikation auf einer Russisch-Englisch-Mischung, da diese (wie üblich selbst am Domodedovo, dem größten Flughafen Russlands) so schlecht Englisch sprach wie ich Russisch. An der Info ging es in dem Stil weiter, denn wir fanden die Mietwagenschalter mangels Ausschilderung nicht. Mit der Englisch-Russisch-Beschreibung haben wir die dann gefunden, wir hatten über Lufthansa ganz komisch und unklar über Hertz gebucht, die Sublizenznehmer von einer einheimischen Firma sind. Die Schalter in der hintersten Ecke sind offenbar immer mit einem Höhergestellten (kann ganz gut Englisch und füllt alles aus) und einem Handlanger (kann nur Russisch, wenn man wenigstens Grundkenntnisse hat wie ich, kommt man aber zurecht, da sich so jemand stets Mühe gibt, deutlich, einfach und langsam zu sprechen) besetzt. Für einen ganz guten SUV (Hyundai Creta, Automatik, ordentlicher Zustand) zahlten wir für 18 Tage Miete bei unbegrenzten Kilometern und Full Cover (0€ Selbstbehalt im Schadensfall) nicht einmal ganz 700€ – also so 38€ pro Tag; da kriegste in Deutschland nicht mal nen Ford Ka für 2 Wochen...
W3.0023.I: Anreise und Rundgang um den Kreml
Photos:
Moscow City (Kremlin, Red Square etc.)
Mit besagtem Hyundai fanden wir recht problemlos zum Hotel Gesten (nur wegen einer Baustelle direkt in der Hotelstraße mussten wir mal hin und her eiern). Freundlicher Empfang, wieder Mischung aus Englisch und Russisch, topp saniert und gut ausgestattet. Dafür, dass man nur 1,2 km vom Kreml entfernt unterkam, sind 49€ im Doppelzimmer inklusive Frühstück (Abendessen dann übrigens mit hervorragenden Kartoffelpuffern (Dreniky) mit Hähnchenfleisch und Dill sowie großem Bier zu zweit auch kaum 15€ mit Trinkgeld) wirklich preisgünstig.
Um den Kreml drehten wir dann auch eine Runde zu Fuß. Auch diverse Kirchen (nicht nur die berühmte Basiliuskathedrale direkt neben dem Kreml, auch etliche kleinere) begutachteten wir von außen. Die ganze Architektur zwischen dem Kreml und dem stalinistischen Wuchtbau von der ehemaligen Staatlichen Uni ist unglaublich monumental, interessant rotlastig (aber hellere Rottöne beim Mauerwerk als z. B. in Norddeutschland) und bei der Sakralarchitektur schön bunt und verspielt. Auf dem Roten Platz wurde gerade ein Konzert vorbereitet. Überall lungerte Polizei, Zivilpolizei, sogar OMON herum – haben wohl befürchtet, dass da die Jünger des Kapitalismus ein perverses Fest feiern, das die russische Kultur, Kirche und Nationalstolz beleidigt... Sehr schön sind in Russland auch überall die gewaltigen Denkmäler und Bronzereliefs für Kriegshelden, Kosmonauten und Co. Einige gute Beispiele gibt es auch im Umfeld der gewaltigen Mauern des Kremls. Dass da am Kreml so ein kanalisierter versiffter großer Bach – die Moskva – vorbeifließt und dass dort überall sehr lebhafter Verkehr herrscht, stört übrigens nicht weiter. Ist halt Großstadt. Ohnehin fand ich die 48km vom Flughafen zum Hotel, die knapp anderthalb Stunden (zzgl. einer Essenspause) dauerten, ganz erträglich. Moskau ist eine architektonisch eindrucksvolle Stadt – auch außerhalb der City gibt es einige herausragende Bauten. Muss man echt mal gesehen haben die russische Hauptstadt. Aber da die Stadt eben die Hauptstadt und das Wirtschaftszentrum ist, ist sie mittlerweile auf 12 Millionen Einwohner (die Agglomeration auf über 15 Millionen Einwohner) gewuchert und daher ist halt der Verkehr etwas, na ja, anspruchsvoll... Aber dass manche Reiseführer ausdrücklich vorm Autofahren in Moskau und Russland warnen, ist lächerlich. Genauso lächerlich übrigens wie die russischen Hygieneregelschilder: Können die gleich abhängen, denn so gut wie niemand beachtet Mundschutzpflicht oder ähnlichen Quatsch. Wie holten den Mundschutz daher nur noch aus der Hosentasche, wenn wir mit Leute kommunizierten, die sich entsprechend schützten (Kellner, Museumspersonal etc.) – aber selbst das machten ja die meisten Russen bei ihrer durchschnittlichen „Rücksichtnahme“ und „Höflichkeit“ nicht...
Statistik:
2.700km Flugzeug, 210km Auto (davon 50 km Mietwagen) und 20km Bahn, Straßenbahn
Saisonkilometer: 51.560 (37.440 Auto, davon 1.510 Mietwagen/ 10.380 Flugzeug/ 3.560 Fahrrad/ 180 Bus, Bahn, Straßenbahn / 0 Schiff, Fähre)
W3.0023.II: Länderpunkt Fußball und Motoball
Photos:
a) Football 6th Division: FK Kotelniki vs. Pavlovski Possad Res.
b) Motoball Top Division: Metallurg Vidnoe vs. Kometa Kushchovskaya
c) Moscow Suburbs: Kuskovo, Kotelniki, Vidnoe
d) Golden Ring: Sergiyevski Possad
Am Freitag verzichteten wir auf einen Spielbesuch und machten nur Sightseeing, doch am Samstag hingegen schauten wir kaum was an und konzentrierten uns auf den Sport im Moskauer Umland. Wir gingen nur kurz in den frei zugänglichen Teil des Schlossparks Kuskovo, um den Sommerpalast der Sheremetyevs von außen zu fotografieren. Dieser Palast liegt noch auf Moskauer Stadtgebiet, danach ging es ins Umland, wobei außer Schildern nichts darauf hindeutete, dass man die Hauptstadt verlassen hätte, denn die angrenzenden Gemeinden im Moskovskaya Oblast sind mit der brutal wuchernden russischen Hauptstadt längst zusammengewachsen.
FK Kotelniki ..................................................... 4
FK Pavlovskiy Posad (2) .................................. 2
- Datum: Samstag, 12. Juni 2021 – Beginn: 12.00
- Wettbewerb: Moskovskaya Oblast Division V-4 (4. Staffel der C-Liga des Bezirks Moskau Umland; 6. Spielklasse im russischen Fußball, 3. Amateurliga)
- Ergebnis: 4-2 nach 93 Minuten (46/47) – Halbzeit: 1-0
- Tore: 1-0 34. Mikhailov, 2-0 62. Klenyayev, 2-1 69. Yefimov, 3-1 81. Nikiforov, 3-2 85. Tesin, 4-2 92. Sysoyev
- Gelbe Karten: Khomyakov (Kotelniki), Shamrayev (P. Posad)
- Rote Karten: keine
- Austragungsort: Stadion Ruskiye Gazony (Kap.: 1.400, davon 700 Sitzplätze / wegen der Coronahysterie derzeit auf irgendeine Fantasiezahl beschränkt)
- Zuschauer: ca. 35 (davon ca. 5 Gästefans; gemeldet: 20 Zuschauer)
- Spielbewertung: 7,0/10
Da wir nach dem guten Frühstück und der kurzen Besichtigung für den sechstklassigen Kick der 3. Bezirksliga (Liga W-4; also Staffel 4 der C-Liga, denn der dritte Buchstabe des kyrillischen Alphabets ist das W bzw. V) des Moskovskaya Oblast (Moskauer Umlandsbezirk) viel zu früh da waren, kauften wir noch schnell etwas zu Essen für unterwegs ein. Typischer Supermarkt in Russland: Keiner hält sich an die Maskenpflicht, alle Mitarbeiter schlecht gelaunt und unfreundlich, immer nur eine Kasse offen – aber wenigstens kriegt man preisgünstig was zu essen. Die Teigwaren waren sogar frisch gebacken...
Der erste Spielbesuch in Russland ist als besonders landestypisch zu bezeichnen. Zwischen versifften Plattenbauten steht eine Wiese, die von niedrigen, völlig verbogenen Zäunen bzw. Banden umgeben ist, welche aber immerhin schön gedreht sind (das ist noch richtige Handwerksarbeit, nicht die glatten 0815-Alu-Dinger!) An einer Seite der Wiese steht eine Betontribüne (bröcklig, Unkraut überall) die mit Holzbänken (waren mal gestrichen, sieht man aber kaum noch, sowieso einige Bretter zerbrochen) bestückt ist. Es fanden sich ein paar Dutzend Zuschauer ein, hauptsächlich Männer und Jungs – kurze Haare, zweifelhaft bedruckte Shirts oder zerschlissene Pullunder und Mützen bei den älteren Herrschaften – und immer schön Sonnenblumenkerne fressen und dann die Schalen auf der Tribüne zurücklassen. OK, machten wir auch mit unseren Dattelkernen, man soll sich ja anpassen...
Das Spiel zwischen dem FK Kotelniki und der II. Mannschaft vom FK Pavlovskiy Possad war echt lohnend. Flottes Kick and Rush und recht sauber. Es dauerte etwas, ehe der Gastgeber traf, doch in Halbzeit zwei fielen mehr Tore. Nach dem 2:0 der Anschlusstreffer, dann ging es immer hin und her und beim Stand von 3:2 in der Nachspielzeit noch der alles entscheidende Konter zum 4:2.
Wir besichtigen noch eine schöne kleine Kirche unweit des Stadions. Der freundliche Kirchenbedienstete erlaubte mir sogar ausdrücklich die Fresken zu fotografieren, obwohl das ja im Allgemeinen nicht erlaubt ist bei den Orthodoxen und obwohl ich auf seine Nachfrage angab, evangelisch zu sein – für einen echten Orthodoxen ist das natürlich nicht so richtiges korrektes Christsein...
Neben der Kirche steht übrigens auch ein Denkmal für die Gefallenen des Zweiten Weltkriegs (Großer Vaterländischer Krieg) und des Winterkrieges (Finnlandkrieg). Letzter ist übrigens deshalb aus dem deutschen Geschichtsunterricht weitestgehend verbannt, weil er das positive Narrativ der Sowjets als Befreier vom Hitlerfaschismus beschmutzt. Im Zusammenhang mit der Beschäftigung mit dem Zweiten Weltkrieg ist dieser Angriffskrieg der Russen/ Sowjets unter Stalin jedoch sehr wichtig. Damit das hier nicht zu lange wird, verweise ich auf Wikipedia und den Artikel zum bekanntesten Kriegsteilnehmer, welcher übrigens auch von Sabaton hervorragend besungen wurde. Es ist übrigens eines der ganz wenigen Lieder der schwedischen Metal-Band, das eine historische Begebenheit/ Person nicht neutral sondern positiv wertend besingt. Diesen Textabschnitt hier habe ich übrigens am 13.6. verfasst, doch den Link zu dem Lied musste ich später setzen, da alle Videos zu u. a. diesem Thema und von dieser Band von der russischen Regierung auf Youtube blockiert werden.
Dann ging es in den Stau auf den Moskauer Ring und in Vidnoe runter. Dort gibt es ein paar besonders schöne Denkmale für Kriegsgefallene und andere Helden der Russen. Die Kirche am zentralen Platz ist auch ganz ansehnlich, doch ansonsten nur öde Platte in oft mäßigem Zustand. Doch nach Vidnoe unweit des Flughafens Domodedovo kommt man nicht zum Sightseeing, meistens auch nicht zum viertklassigen Fußball des FK Metallurg, sondern in direkter Nachbarschaft und ebenfalls eine Abteilung der BSG Metallurg: zum Motoball!
MsM Metallurg Vidnoe ................................. 10
MK Kometa Kushchovskaya .......................... 1
- Datum: Samstag, 12. Juni 2021 – Beginn: 17.00
- Wettbewerb: Chempionat Rossiy po motobolu (1. russische Motoballliga)
- Ergebnis: 10-1 nach 60 Minuten (4x15) – Viertel: 4-0, 2-0, 2-1, 2-0
- Tore: 3x Anton Gusev, 3x Ivan Krishshtopa, 2x Anatoli Kasyanov, 1x Artyom Kovtun, 1x Nikita Markov / 1x Maksim Dovbnaya
- Grüne Karten: NN; NN
- Gelbe Karten: keine
- Rote Karten: keine
- Austragungsort: Motodrom Metallurg (Kap.: 1.750 Sitzplätze / wegen der Coronahysterie derzeit auf irgendeine Fantasiezahl beschränkt, zudem 750 Plätze wegen Bautätigkeit gesperrt)
- Zuschauer: ca. 600 (wohl keine Gästefans darunter)
- Spielbewertung: 8,0/10
Am Eingangstor wurden 100 Rubel p. P. fällig – 1,15€ für ein Spiel der wohl besten Motoballmannschaft der Welt! Einige Sicherheitskräfte kontrollierten die Zuschauer, hatten aber nichts zu beanstanden, auch nicht an meiner großen Kamera. Das Stadion wird derzeit renoviert: eine Tribüne mit Schalensitzen in Vereinsfarben ist schon etwas älter. Wir setzten uns in die erste Reihe, zwei Meter über dem Spielfeld. Etwa 600 andere Zuschauer nahmen darauf noch Platz. Die Gegentribüne wird gerade neugebaut und wird wohl etwas weniger als die 1.000 auf der Haupttribüne fassen. Hinter der Anlage sind beeindruckende Appartementhäuser im Bau: die Bauerbeiter verfolgten die Partie ständig aus den Fensterhöhlen...
Zu Gast war einer der typischen Vereine aus dem Kaukasusvorland: Kometa Kushchovskaya aus einer Staniza (Kosaken-Siedlung) im Krasnodarski Kray. Es schienen keine Fans mitgefahren zu sein – verstehe ich nicht, macht doch echt Spaß so eine 1.100km lange Fahrt zu einem Auswärtsspiel, wo man mal wieder zweistellig verliert...
Rekordmeister Metallurg zeigte sein ganzes Können, ging früh in Führung und dominierte die Partie nach Belieben. Auch Kometa hatte so manche gute Szene, traf ja auch einmal, doch nach 59 Minuten fiel der 10. Treffer zum 10:1 Endstand nach 4x15 Minuten plus etwas Nachspielzeit. Es war ein packendes, rasantes, teils raues und immer sehenswertes Spiel mit tollen Zweikämpfen, Pässen, Schüssen und Torszenen.
Auch die Atmosphäre muss hervorgehoben werden: kaum Stimmung, aber hier saßen Hunderte völlig normale Leute ohne Hygienehysterie (nur Temperaturmessen am Eingang, was natürlich aktionistischer Schwachsinn ist) beim Sportgucken zusammen. In Deutschland sieht es hingegen düster aus für Motoball:
„Ab Freitag, 2. Juli soll es in der Motoball-Bundesliga endlich wieder rund gehen. „Der Plan steht. Wir müssen natürlich noch auf die abschließende Freigabe des DMSB, als Veranstalter der DMM, warten, damit wir auch offiziell starten können“, so Lothar Grabs, der Vorsitzende des Fachausschuss Motoball. Die Saison 2021 wird in vier Monaten in Turnierform ausgetragen. Auf eine jahresübergreifende Saison konnten sich die Vereine auf der jüngsten Online-Sitzung nicht einigen. Es gab ein klares Votum gegen diese Saisonreform. So greift nun der Turnier-Modus, um Ende Oktober das Endspiel in Mörsch austragen zu können. „Jetzt gilt es, dass sich die Inzidenz-Werte weiter so entwickeln wie bisher und wir auch gesichert spielen können. Es müssen bundesweit die gleichen Voraussetzungen vorliegen“, unterstreicht Lothar Grabs. Die Vereine der Süd- und Nordstaffel der Motoball-Bundesliga wurden in vier Gruppen ausgelost. Die jeweiligen Gruppenersten ziehen dann in die Play-Off-Spiele ein. Die Dritt- Mannschaften spielen anschließend in der Platzierungsrunde. In der Gruppe Nord 1 spielen: der MSC Kobra Malchin, der MSC Jarmen und der 1. MBC 70/90 Halle. Der MBC Kierspe, der 1. MSC Seelze und der MSC Pattensen spielen in der Gruppe Nord 2. In der Gruppe Süd 1 spielen: der MSC Puma Kuppenheim, der MSC Philippsburg und der MSC Comet Durmersheim. In der Gruppe Süd 2 treffen der MSC Taifun Mörsch, der MSC Malsch, der MSC Ubstadt-Weiher und der MBV Budel aufeinander. Der MSF Tornado Kierspe hat seine Teilnahme an einer Saison in diesem Jahr schon im Vorfeld abgesagt. Der offizielle Spielplan wird in Kürze erscheinen. Jeder Verein hatte schon ein umfassendes Hygienekonzept ausgearbeitet. Zudem klärt jeder Verein mit seiner Kommune die mögliche Zuschauerzahl für die Heimspiele ab. „Das liegt voll in der Eigenverantwortlichkeit der Vereine“, so Grabs. Die Pokalrunde fällt in diesem Jahr aus. Dafür soll der Nachwuchs seine Meisterschaft in der gewohnten Turnierform austragen. Hierzu wird Mitte Juni eine endgültige Entscheidung feststehen, wann die Jugendrunde beginnt. Für die Saison 2022 wird dann – wenn es die Lage zulässt – alles wie gewohnt laufen. Dann soll die Spielrunde im März starten und das Endspiel im Oktober stattfinden.“ [Anmerkung meinerseits: kurz darauf sagte auch Philippsburg bei den Männern (nicht aber bei der Jugend) ab].
Nach dem Spiel in Vidnoe kamen wir gut bis Sergiyevski Possad durch. So gut, dass wir noch den Kreml mit den eindrucksvollen Kirchen und dem Kloster (alles noch in aktiver Nutzung) besichtigten. Eindrucksvoll auch, wie viele religiöse Typen in Tracht da herumliefen – rauschebärtige Priester und verschleierte Frauen... Wenn eine orthodoxe Russin so in Deutschland rumlaufen würde, würde sie als Muslimin/ Islamistin bezeichnet werden. Die locker gebundenen Kopftücher sind das eine, aber tief religiöse verdecken ihr Haar komplett und oft mit schwarzen Tüchern – ich weiß gar nicht, wie die Russen eine solche Russin von z. B. einer Tschetschenin oder Awarin muslimischen Glaubens unterscheiden... Dann checkten wir im Hotel ein (Xantri; für 30€ sehr enge Zimmer) und gingen in der Innenstadt Essen.
Statistik:
2 Spiele, 2 neue Grounds, 170km Mietwagen, 34. Fußballspiel ohne 0:0, 23. Woche hintereinander mindestens eine Sportveranstaltung
W3.0023.III: Den Goldenen Ring entlang
Photos:
a) Football 4th Division: Shinnik Yaroslavl U21 vs. Dinamo Vologda
b) Golden Ring: Pereslav Salesski, Rostow Veliki, Yaroslavl, Ivanovo
Das Frühstück in Sergiyevski Possad war etwas fade, also insgesamt keine Empfehlung für das Hotel Xantri. Erster Stopp in Pereslav Salesski, wo es ein beeindruckendes Wehrkloster gibt. Das ist aber auch etwas verfallen und nur als Museumsareal genutzt. 50 Rubel kostet der Eintritt ins Areal, alle Ausstellungen und Kirchen innen noch 250 extra. Es gibt noch weitere sehenswerte Kirchen in der Stadt, wir schauten uns nur noch den vier Kirchen (davon eine neue und drei größtenteils verfallene alte) umfassenden Kirchenkomplex im Zentrum an.
Wir besichtigten dann, nachdem wir teilweise ziemlichen Baustellenstau hatten, Rostow Veliki: der Ort ist noch verfallener, aber hat einen noch spektakuläreren Kreml. Innen kann man lange Führungen (natürlich nur auf Russisch) mitmachen, die Kathedrale kann man aber kostenlos besichtigen. Diese ist eine halbe Baustelle.
Je weiter wir uns nun von Moskau entfernten, desto schlechter wurden die Straßen und umso heruntergekommener wurden die Orte. Dörfer sind hier nur noch über unbefestigte Pisten erreichbar, auch in den Städten oft völlig versiffte Infrastruktur (löchrige Straßen, uralte Busse und Bahnen, Baupfusch, Überschwemmungen nach Regenschauern mangels Kanalisation usw.) Russland versucht verzweifelt durch Angriffskriege, Kolonisierung und Staatsterrorismus als Weltmacht aufzutreten und baut immer noch seine Potemkinschen Dörfer wie in Moskau oder Grozny, um von der weitestgehend auf dem Niveau eines durchschnittlichen Entwicklungslandes befindlichen Infrastruktur und Lebensart in weiten Teilen des Landes abzulenken.
TsPYuF Shinnik 2004 Yaroslavl (U21) .......... 0
FK Dinamo Vologda ........................................ 4
- Datum: Sonntag, 13. Juni 2021 – Beginn: 15.00
- Wettbewerb: III. division zolotoye kolzo (3. Division Goldener Ring; 4. Spielklasse im russischen Fußball, 1. Amateurliga)
- Ergebnis: 0-4 nach 92 Minuten (46/46) – Halbzeit: 0-2
- Tore: 0-1 10. Kirillov, 0-2 28. Belyayev, 0-3 50. Ganichev, 0-4 71. Belyayev
- Gelbe Karten: Krasov, Popovich (Shinnik); Kirov, Komissarov (Dinamo)
- Rote Karten: keine
- Austragungsort: Trenierovochnoye futbolnoye polye FK Shinnik (Kap.: 3.000 Sitzplätze / wegen der Coronahysterie derzeit auf irgendeine Fantasiezahl beschränkt)
- Zuschauer: ca. 70 (davon ca. 5 Gästefans; gemeldet: 50 Zuschauer)
- Spielbewertung: 6,0/10
In Yaroslavl machten wir uns zum Stadion auf. Leider darf die III. Mannschaft (U21) die gemeinsam mit der U23 (II. Mannschaft) in der 4. Liga (1. Amateurliga) Goldener Ring spielt, nicht das große Stadion benutzen. Es wurde also auf dem Nebenplatz gespielt: Sehr guter Kunstrasen, aber verpfuschte Tribünen: 2017 gebaut, minderwertiges Material, Metallgerüste, klapprige Spanplatten, wacklige enge Sitze und viel zu niedriger Anstieg zwischen den Reihen. Ganz schlimm: Fangnetze überall. Alles ohne Sinn und Verstand.
So war allerdings auch das Spiel von Shinnik III. Der Tabellenführer aus Vologda, der gerade einmal 5 Fans mitbrachte – gut 200km sind das bloß von Vologda nach Yaroslavl – ging früh in Führung und hatte die Partie von Beginn an im Griff. 0:2 bei Halbzeit und 0:4 am Ende. Durchschnittskick – völlig verdienter Sieg vor knapp 70 Zuschauern bei freiem Eintritt. Ich muss hier noch mal festhalten, was Russland für eine starke Sportnation ist, aber es scheint das Motto „lieber selber spielen als zugucken“ vorzuherrschen – die Zuschauerzahlen in allen Sportarten sind überwiegend niedrig. Im Gegensatz zu Deutschland, wo ja oft erhebliche Eintrittsgelder für Amateursport (v.a. Fußball und Handball) fällig werden, wird in Russland unterhalb der dritten Liga nirgendwo Eintritt verlangt.
Wir besichtigten dann noch von außen den Kreml von Yaroslavl. Auch ein eindrucksvoller Gebäudekomplex – doch drumherum v. a. Siff, aber wenigstens noch ein eindrucksvoller Fluss. Außerdem sieht Yaroslavl allemal besser aus als unser nächstes Ziel: Ivanovo. Hier bekommt der naive Westler, der Putins Lügen vom entwickelten Russland glaubt einen Schock bzw. der vorurteilsbeladene Westler sieht sich bestätigt wie schlimm es da aussieht beim Ivan... Ich sehe mich ja dazwischen: Ich bin absolut anti-russisch eingestellt, aber fundiert und nicht aus Vorurteilen heraus und kann aber dennoch bestimmten Sachen in Russland (der Sportszene z. B.) echt etwas abgewinnen und will trotz allen Hinweisen auf vorhandene Probleme auch nicht alles schlecht reden. Aber Ivanovo ist schon echt hart, was da für ein Verfall ist. Dafür kann man in einem der typischen Amaks-Hotels für nur 23€ im Doppelzimmer mit Frühstück übernachten. Sehr gutes Abendessen für 2 war auch nur 18€ inklusive Trinkgeld. Dafür sind die Teppichböden zerschlissen, die Fenster im Plattenbau nicht gedämmt, der Balkon verrottet (es stehen auch keine Möbel auf diesem 0,5m² Teil) und die Türen noch aus der UdSSR... Nur die Möbel wurden mal in den letzten Jahren im Westen bei nem IKEA gekauft... Das Frühstücksbuffet war übrigens hervorragend und überwiegend warm! Amaks ist echt die beste Hotelkette in Russland!
Statistik
1 Spiel, 1 neuer Ground, 330km Mietwagen, 35. Fußballspiel ohne 0:0, 23. Woche hintereinander mindestens eine Sportveranstaltung
W3.0024.I: Vom Goldenen Ring zurück ins Moskauer Umland und die erste Panne
Photos:
a) Golden Ring: SUZDAL, Vladimir
b) Moscow Suburbs: Stupino
Am Montag gab es entgegen der Planung doch nur Sightseeing. Am Vormittag/ Mittag in Suzdal, der bisher sehenswertesten Stadt. Suzdal ist eine passenderweise mit Rothenburg ob der Tauber verpartnerte Kleinstadt in einem hügeligen von Gewässern durchzogenen Gebiet des Goldenen Ringes und hat eine Kirche an der anderen – darunter auch sehr kuriose wie eine mit einem bunt bemalten Glockenturm – zu bieten. Dazu die Reste eines Kremls und ein spektakuläres Wehrkloster sowie ein Museum für Holzkunst. Hier kann man locker einen ganzen Tag zubringen.
Wir besichtigten noch kurz den auf einem gewaltigen Hügel thronenden Kreml von Vladimir (Kloster, ehemalige Kirche (seit Sowjetzeiten Planetarium), Kathedrale und Denkmale, aber kaum noch erhaltene Wehrmauern) und fuhren dann durch monotone Wald- und Wiesenlandschaft über volle Schnell- und Landstraßen nach Stupino.
Die Kleinstadt Stupino liegt im Oblast Moskau. Pünktlich um 18 Uhr am Stadion von Metallurg angekommen – und dann ist nur Training überall und das Bezirkspokalspiel ausgefallen. Scheiß Verein, der am Vortag noch wirbt „kommt alle unsere Mannschaft unterstützen...“ und tritt dann nicht an! Kurwa! Dieses panslawische Wort beschreibt aber auch den Bauzustand des Hauptstadions – da findet eh kein Fußball mehr statt und auch die Leichtathletikanlage ist eine Zumutung. Die Kunstrasennebenplätze sind OK, aber baulich nichts Besonderes. Es gibt auf der Anlage noch mehrere Kleinfeldplätze, Sporthallen und eine Eishalle. Der Zweitligist im Eishockey ist Aushängeschild im Sport von Stupino.
In Sachen Sehenswürdigkeiten ist für Stupino ein Kloster 5km außerhalb am Fluss das bauliche Aushängeschild, doch das war nur von außen zu besichtigen. In der ganzen Anlage herrscht auch – wie bei orthodoxen Fundamentalisten üblich – Fotografierverbot. Im Ort selber gibt es neben Denkmalen, darunter einem besonders spektakulären für die Luftwaffe (Kampfjet aufgebockt) auch ein paar Kirchen zu sehen. Besonders auffällig ist die neu errichtete unweit des Kampfjet-Denkmals gegenüber vom Ibis Hotel. Das ist auch sehr passend, wenn man bedenkt, wie die orthodoxe russische Staatskirche und deren Arschkriecher in Serbien, Griechenland, Bulgarien usw. z. B. den russischen Terrorismus in Syrien als „Heiligen Krieg“ bezeichnen. Diesen Begriff gibt es nicht nur bei Islamisten/ Dschihadisten, sondern auch bei orthodoxen Extremisten. In dem Ibis stiegen wir jedenfalls für gerade einmal 50 % des Preises eines deutschen Hotels dieser Kette diesmal gleich für 2 Tage ab. Wir gingen am Montagabend auch mal dort Essen: natürlich prima Qualität, aber deutlich teurer als wir sonst in Russland einkehren...
Statistik:
470km Mietwagen
W3.0024.II: Nur in Russland: Panzer vorm Stadiontor, Lafetten vor der Tribüne und Kampfflugzeug überm Spielertunnel...
Photos:
a) 4th Division Football: SPORTAKADEMKLUB MOSOW VS FK ZELENOGRAD AT IZMAILOVO FOP STADIUM
b) Moscow: TSARITSINO PALACE GARDENS, IZMAILOVO KREMLIN
Am Dienstag quälten wir uns von Stupino nach Moskau rein. Mal wieder Stau ohne Ende. Im Stadtteil Tsaritsino gibt es einen herausragenden Schlosspark gewaltigen Ausmaßes mit mehreren Prunkbauten (nur mit Führung innen zu besichtigen) und einigen Gewächshäusern (Montag und Dienstag aber zu) sowie originellen Grotten, Scheinruinen, Teichen usw. zu sehen. Der Eintritt in den Park ist kostenlos.
Gleiches gilt auch für den sogenannten Kreml von Izmailovo. Er ist der jüngste Kreml Russlands, da er erst 1998 bis 2007 errichtet wurde. Es ist ein historisierender völlig überladener Kitschbau im 17.-Jahrhundert-Stil – das sieht so irre aus mit den ganzen kreuz und quer gebauten Türmchen, den Ausstellungsstücken innen und den ganzen Fressbuden und kleinen Museen, dass man das echt mal gesehen haben muss. Wir holten uns auch gleich noch Schaschlik vom Grill, natürlich zu für russische Verhältnisse hohen Preisen.
FK SportAkademKlub Moskva ...................... 2
FK Zelenograd .................................................. 0
- Datum: Dienstag, 15. Juni 2021 – Beginn: 15.00
- Wettbewerb: Chempionat Moskvy po futbolu LFK Division A (Division A der Amateurfußballmeisterschaft von Moskau; 4. Spielklasse im russischen Fußball, 1. Amateurliga)
- Ergebnis: 2-0 nach 95 Minuten (47/48) – Halbzeit: 1-0
- Tore: 1-0 7. Gubin, 2-0 47. Kudryashchov
- Gelbe Karten: TW Cherkay, Yevdokimov, Kashchirskiy, Kontanistov, Osmanyan, Sidorov (Sportakademklub); Klyuyev, Fattakhov, Karetnikov, Borob’yev (Zelenograd)
- Rote Karten: keine
- Austragungsort: FOP Izmailovo (Kap.: 15.000, davon 5.000 Sitzplätze zzgl. wegen Baufälligkeit gesperrter Plätze / wegen der Coronahysterie derzeit auf irgendeine Fantasiezahl beschränkt)
- Zuschauer: ca. 60 (davon ca. 10 Gästefans)
- Spielbewertung: 6,0/10
Dafür war der Eintritt in die noch irrere Sehenswürdigkeit, welche sich in direkter Nachbarschaft befindet, mal wieder kostenfrei. Ein paar Gästefans, darunter zwei „Russkiye Graundkhoppers“, von denen einer ein bisschen Englisch sprach und sehr freundlich aufforderte, ihm bei einer erneuten Russlandtour eine Mail zu schreiben, wiesen uns den Weg in das unübersichtliche Gelände. Es geht durch ein echtes Fort, in dem sich ein Militärmuseum befindet, ins FOP Izmailovo Stadion. Panzer am Eingang, ein Kampfflugzeug auf der halbrunden Tribüne und vier Geschütze auf der Laufbahn. Das Museum hat einfach einige Exponate in ein 15.000er-Stadion ausgelagert, unter dem sich ein Bunker aus Stalinistischer Zeit befindet und das eigentlich als Nationalstadion für 120.000 Leute geplant war. Diese Pläne wurden zugunsten des Baus des Luzhniki-Stadions aufgegeben. Das FOP (= Fizkulturno Ozdorovitelnoye Predpriyatiye) ist wirklich mit das verrückteste Stadion, was ich je gesehen habe. Ein hervorragender Artikel auf Englisch über den Ground: https://groundhoppersblog.wordpress.com/2016/01/01/moscows-forgotten-stadium/
Das Spiel der 4. Liga zwischen dem ganz gut platzierten Sportakademklub und dem ungeschlagenen Tabellenführer Zelenograd war auch gut. Jeweils ein frühes Tor der Gastgeber sorgte für einen überraschenden Sieg und die erste Niederlage des Gastvereins vom Nordwestrand Moskaus. In der 60. Minute ging ein so übler Gewitterschauer runter, dass die Partie 30 Minuten unterbrochen werden musste.
Statistik:
1 Spiel, 1 neuer Ground, 270km Mietwagen, 36. Fußballspiel ohne 0:0, 24. Woche hintereinander mindestens eine Sportveranstaltung
W3.0024.III: 1.000 Kilometer an den Don und dennoch ein Spiel geschafft...
Photos:
a) 5th Division Football: Rostselmash Rostov vs. FK imenie E. M. Akhlamova
b) Southern Russia: Rostov on Don
Unser Hauptziel in Russland ist ja der Nordkaukasus, also machten wir uns noch vor um 6 Uhr auf nach Süden. 1000 Kilometer über teils mautpflichtige Autobahnen und Schnellstraßen nach Süden. Mal eine halbe Stunde an Baustellen verloren, immer wieder die dümmlichen Stopps an den Mautschranken und insgesamt nur mehrere fünfminütige Pausen gemacht und dabei die abartigsten zugeschissensten Scheißhäuser aller Zeiten gesehen, dann nach knapp 11 Stunden auf Achse in Rostov na Donu (Rostow am Don) mal kurz in die hässliche Innenstadt mit der von Märkten zugebauten Kathedrale und dem völlig überlaufenen und von Schiffen zugeparkten Don-Ufer, dann schon wieder im Stau stecken geblieben und für 5km zum Progress-Stadion 45 Minuten gebraucht.
FK Rostselmash Rostov ................................... 2
FK imeni E. M. Akhlamova Novoprimorski .. 0
- Datum: Mittwoch, 16. Juni 2021 – Beginn: 18.00
- Wettbewerb: Viszhaya Liga Oblast Rostov na Donu (Bezirksoberliga Rostow am Don; 5. Spielklasse im russischen Fußball, 2. Amateurliga)
- Ergebnis: 2-0 nach 94 Minuten (45/49) – Halbzeit: 2-0
- Tore: 1-0 18. Chernychev, 2-0 40. Kismetov
- Gelbe Karten: Kismetov, Chernychev, Burchenko, Miroshchnichenko, Nazarov (Rotselmash); Khaliullin, Lyashchenko, Valiulin (Neklinovskiy)
- Rote Karten: keine
- Austragungsort: Stadion Progress (Kap.: 400, davon 330 Sitzplätze / wegen der Coronahysterie derzeit auf irgendeine Fantasiezahl beschränkt)
- Zuschauer: ca. 75 (davon ca. 20 Gästefans)
- Spielbewertung: 7,5/10
War aber nicht so schlimm. Schiri hatte erst kurz vorher angepfiffen, es stand noch 0:0 und wir schauten uns erstmal den schönen kleinen Platz mit rot-gelben Zäunen, dichtem Baumbestand, rot-gelben Schalensitzen auf der Tribüne und den Flutlichtmasten des größeren ZSKA-Stadions im Hintergrund an. Etwa 75 Leute schauten dieses Spiel der 2. Amateurliga (5. Ebene; Bezirksoberliga Rostov) an. Gastgeber war eine Fanmannschaft der ehemaligen BSG Rostselmash Rostov (nun FK Rostov), wobei Rostselmash ausgeschrieben „Rostovskiy zavod sel'skokhozyaystvennykh mashin / Ростовский завод сельскохозяйственных машин“ heißt und „Rostover Landwirtschaftsmaschinenwerk“ heißt. Gast war – noch sperriger – der Futbolniy Klub imeni Evgeni Mikhailovich Akhlamova Novoprimorski Nekinovski rayon, also der „nach Eugen Sohn des Michaels Akhlamov (Ibn Ahlam, Sohn der Träume, eigentlich also Arabisch) benannte Fußballklub aus Novoprimorski (Neustadt vor dem Meer) im Rayon (Kreis) Nekinov. Der Namensgeber ist ein verstorbener Leiter der Geflügel-LPG, der als Fußballer und Präsident des Vereins (ehemals TPF-RUOR Novoprimorski) tätig war. Die Gäste hatten auch aus dem über 50km entfernten Kaff kurz vor der umkämpften ukrainischen Ostgrenze so ihren Anhang mit, der teilweise turksprachliche Begriffe einbaute beim russischen Anfeuern (yalla oghlu / los Junge), doch gerieten schnell 1:0 in Rückstand. In dem richtig guten Spiel nahm der Gastgeber das Heft in die Hand, schoss vor der Pause das 2:0 und hielt es mit guter Offensive (ein Abseitstreffer, ein Lattenknaller vom Elferpunkt) in Halbzeit zwei. Für so ein schönes Spiel fährt man doch gerne mal 1000 Kilometer!
Dann mussten wir noch um ein paar Ecken um zum wenige Hundert Meter entfernten Hotel zu kommen. Restaurant ist beim Lemon Joe mit dabei, Zimmer zu beengt für den Preis von fast 50€ für 2 Leute inkl. Frühstück. Internet ging auch nur mit russischer Simcard. Diese Zensurmaßnahme rechne ich den sonst sehr netten Betreibern ganz schlecht an.
Ein Wort übrigens zu den langen Fahrten: Damit man nicht einschläft, wird man aufgrund der schlechten Infrastruktur alle 50km genötigt, den Sender zu wechseln. Dafür gibt es im russischen Radio oft interessante Musik. Es gibt Sender, die nur uns bekannte westliche Mucke oder ältere amerikanische/ britische/ französische Schlager spielen, aber auch vereinzelt arabische, hebräische oder kaukasische Sender. Mit Vostok FM, die man im Raum Moskau, bei Rostov, bei Nalchik u. a. empfängt, hat man eine kuriose Mischung aus Rus-Pop, Arabisch, Amerikanisch, einheimischer Volksmusik und viel zentralasiatischer und Türkei-türkischer Mucke. Sehr interessant ist auch Kozak FM, die hauptsächlich kosakische Volksmusik (Hörbeispiel) spielen. Die Rocksender taugten nichts, also DDR-Rock ist besser als Sowjet-Russischer Rock... Auch z. B. andere Ostblockländer wie Tschechien/ Slowakei und v. a. Ungarn haben viel geilere Rockgruppen, die auch sehr viel härter als die DDR-Gruppen spielen. Ein Kuriosum, was aber auch jedem Tschechien-Hopper bekannt sein sollte, sind die Sorte Rus-Pop Lieder, die einfach 1:1 eine Melodie eines bekannten westlichen Songs nehmen, oft nicht mal die Intonierung oder das Tempo ändern, aber dann einen russischsprachigen Test (grobe Übersetzung oder auch völlig anders, aber nie obszön auf Malle-Schlager-Niveau oder so) darüber singen...
Statistik:
1 Spiel, 1 neuer Ground, 1.010km Mietwagen, 37. Fußballspiel ohne 0:0, 24. Woche hintereinander mindestens eine Sportveranstaltung
W3.0024.IV: Erster Abstecher in den Kaukasus
Photos:
a) Southern Russia: Kushchovskaya, Tikhoretsk
b) Karachay-Cherkessia: Cherkessk, Krasnogorskaya, Shoana, Senty, Karachayevsk, Dombai
Am Donnerstag ging es nach ganz ordentlichem Frühstück bei netter Bedienung (trotzdem keine Empfehlung für Lemon Joe Hotel wegen Preis-Leistung) eine Weile durch die öde südrussische Weite der Donregion. In Kushchovskaya fotografierten wir den Motoballplatz (dort spielt Kometa, siehe den ersten Samstag, wo wir sie in Vidnoe verlieren sahen) und die Kirche. Ansonsten ist diese Stanitsa (Kosakensiedlung) so langweilig wie andere Stanitsas auch. Es gibt halt nur eingeschossige kleine Häuser mit Gärten und niedrigem Dach. So auch in Tikhoretsk, wo leider das Motoballstadion brach liegt seit 3 Jahren. Auch in Russland wird Motoball weniger, u. a. deshalb, weil der Rekordmeister nicht in der Lage ist, Motoball-Motorräder im eigenen Land zu produzieren: die GasGas-Maschinen kommen immer noch aus Spanien... Motoball passt übrigens prima zum Kosaken-Lifestyle, die Kosaken (oder Kasak) sind „Freie Männer“: Diese sind slawischer Ethnie oder oft auch Turkvölker oder ethnisch gemischt – meist Christen, aber auch Muslime – die als Freischärler und Söldner ihr Unwesen trieben – früher zu Pferde, nun eben auf Motorrädern...
Dann ging es endlich aus der Ödnis heraus in schöne Landschaften: den Nordkaukasus. Das ist wohl die schönste Ecke in Sachen Landschaft in der ganzen russischen Föderation – und kulturell sind weite Teile des Nordkaukasus auch nicht Russland. Es sind ehemals unabhängige Fürstentümer oder anderen Staaten, die von den Russen im 18. und 19. Jahrhundert besetzt wurden. Im Gegenzug dafür, dass die Russen, die teils nur weniger als 1 % der Bevölkerung (!!!) dieser Teilrepubliken ausmachen, deren Bodenschätze ausbeuten dürfen, finanzieren sie dort das Straßennetz und die Arbeitslosigkeit und provozieren die Pull-Faktoren für Massenauswanderung nach Moskau oder in westliche Industriestaaten. Außerdem haben die Teilrepubliken eine gewisse Selbstbestimmung in internen Angelegenheiten, die am stärksten von Tschetschenien ausgeübt wird. Nach Jahrzehntelangen Schikanen werden z. B. in den muslimischen Teilrepubliken nun wieder viele Moscheen gebaut (wohl oft von türkischen und Golfstaaten-Geld).
Hauptort der Teilrepublik Karatschai-Tscherkessien ist Cherkessk. Außer einer großen Moschee und einer interessanten Kosaken-Holzkirche gibt es aber kaum was zu sehen. Krasnogorskaya ist landschaftlich viel schöner am reißenden Kuban-Fluss und hat eine kleine Festung. Richtig gut ist es, wenn man mal von der topp asphaltieren Schnellstraße abfährt und dem Schild „3km bis zur historischen Kirche Shoana“ die Schotterpiste ins Gebirge hochfährt. Genialer Blick von da oben und sehr schöner Kirchenbau. Er ist gut 1000 Jahre alt und eine alanische Gründung. Ebenso die Kirche Senty, die etwas zerfallen und genauso spektakulär aber noch schwieriger zu erreichen ist.
Zerfallen ist übrigens auch das Stadion in Karachayevsk: Das trägt den Namen „Sauluk“ („Gesundheit“ auf Karatschaisch, auf Türkei-Türkisch ist das „Sağlık“) und eine Willkommenstafel auf Karatschaisch. Nur eine Widmungstafel ist mal auf Russisch. Die Haupttribüne ist zugewuchert und voller demolierter Bänke, die Gegentribüne aber ganz ordentlich. Das Panorama drumherum topp. Auf dem Haupt- und dem Nebenplatz (250m weg an der Schule) wurde gerade Kleinfeldjugend trainiert. Außer Kleinfeld läuft da leider auch nichts derzeit, denn so ein Phänomen im Kaukasus ist, dass es mehr Jugend- als Männerteams gibt und dadurch mehr Kleinfeld- als Großfeldfußball. Ab jugendlichem Alter bzw. als junger Erwachsener wandern viele Fußballer zum Arbeiten nach Moskau oder sonstwohin ab.
Wir fuhren dann ins Skiresort Dombai und fanden ein günstiges Hotel namens „Gold Star“ und gingen in eine richtig gute Gaststätte namens „Bizon“ (Bison oder Wiesent heißt auf Karatschaisch „Dombai“). Man merkte sofort, dass man es nun nicht mehr mit Russen zu tun hatten: Die karatschaische Bedienung war besonders Aufmerksam und machte etwas Show und gab Empfehlungen und fragte immer wieder nach ob alles schmeckt usw. Auch im Hotel sehr freundliche Leute. Kurios hier aber: der Chef ließ sich von uns sagen, was er von unserem Pass/ Migrationskarte/ Visum alles für die Anmeldung braucht/ kopieren muss. Ausländer kommen so gut wie gar nicht nach Dombai...
Statistik:
580km Mietwagen
W3.0024.V: Ins Gebirge und wieder raus – Fahrt in die Heimstatt der Tscherkessen
Photos:
Karachay-Cherkessia & Adygea: Dombai and Surroundings + Adygea Republic: Pervomaiska, Shevchenko, Maikop
Auch am Freitag blieb es beim Besichtigen von Sehenswürdigkeiten im Kaukasus. Zuerst natürlich nach dem Frühstück zu Fuß von Dombai aus ins Naturreservat. Man geht die Schotterstraße bis zur Schranke, kurz danach ist eine Rangerhütte. Der Ranger nimmt 200 Rubel pro Person und kann zwar nur Russisch, aber war wieder ein freundlicher Karachayer, der einem ganz langsam und mit Markieren auf einem Faltplan erklärte, wo man hindarf. Problem: Abkhazien (Georgien) ist 4km Luftlinie weg, man kann zu Fuß illegal die Grenze passieren und auch als Russe braucht man ab 3km Entfernung eine polizeiliche Genehmigung. Die holt sich der Einheimische schnell ab – der Ausländer muss aber aufwändig über den FSB (Inlandsgeheimdienst) gehen. Uns reichte aber auch der spektakuläre und anstrengende Weg den Amanauz entlang, über ein abgegangenes und festgetretenes Schneefeld zu einem gewaltigen Wasserfall (Melnitsa) in tollstem Bergpanorama. Mit Genehmigung kann man noch ein Stück weiter zu zwei weiteren Wasserfällen. Die genauen Regeln für Ausländer musste der Ranger übrigens noch kurz telefonisch erfragen – ausländische Touristen kommen so gut wie nie in diese Gegend, obwohl die Straßen aufgrund des Wintersports super ausgebaut sind. Es lohnt sich auch absolut, mal nach Dombai zu fahren, wenn man sich eh in Karatschai-Tscherkessien, den Kurorten bei Mineralniye Vody oder in Adygea oder so aufhält.
Dann ging es wieder nach Teberda zurück – beste Bergpanoramen rechts und links der Straße, immer wieder reißende Gebirgsbäche – und an der großen Kreuzung bei Kumysh links ab gen Westen eine ganz ordentliche Landstraße durch leichtes Gebirge. In Selentshukskaya fuhren wir noch mal eine Gebirgsstraße (wieder topp ausgebaut) hinter und besichtigen die alanische Siedlung Nizhniy Arkhyz. Auch hier wieder kurios: In der Gegend sind lauter Observatorien und andere technische Einrichtungen, die bewacht werden. Man fährt an eine Schranke ran, lässt dort sein Auto registrieren und fährt dann an die nächste Schranke, wo man 150 Rubel Eintritt für den historischen Alanen-Ort zahlt. Dann kann man hinter fahren oder auch laufen. Das Dorf erstreckt sich auf 2km Länge, hat drei Kirchen zu bieten und einige verfallene Häuser. Außerdem noch ein paar sehr alte Grundmauern sowie Stelen, die teils über 1.000 Jahre alt sind und lustige Fratzen haben. Die Alanen sind übrigens ein iranisches Volk, das wohl gänzlich im Volk der Osseten aufgegangen ist und diese sind wiederum – im Gegensatz zu z. B. den verwandten Persern – ganz überwiegend christlich.
Über teils schlechte Straßen ging es in die Republik Adygea und dort in die Regionalhauptstadt Maykop (auch Maikop oder ursprünglich in der tscherkessischen Sprache „Myekuapje“ - Apfeltal). Nach den ethnischen Säuberungen und Völkermorden der Russen sind dort nur noch 25 % Adygen (Tscherkessen) übrig. Die meisten dieser auffällig oft rothaarigen Menschen (es wird gerne behauptet, in Irland gäbe es die meisten Rothaarigen, das ist aber falsch, denn kein Volk kann so viele Rotköpfe vorweisen wie das tscherkessische) leben seit Jahrzehnten bzw. bis zu 150 Jahren in Türkei, Syrien, Jordanien usw. Trotzdem ist es in Adygea anders als in Kern-Russland – das konnten wir z. B. im sehr freundlich geführten Lokal „Versalles“ feststellen, wo es typische Gerichte wie ein Rindfleisch- und Gemüsegefülltes Omelett gab und ein Karaokeabend mit Lesginka [Video: eine besonders wilde Lesginka von Türkei-Tscherkessen] stieg, feststellen. Beim Einchecken im Hotel war es sprachlich etwas schwer, während ich mich sehr gut im Restaurant verständigen konnte – jeweils halt Russisch; Englisch spricht hier keiner. Aber ich bin ja schon froh, bei aller Begeisterung für Tscherkessisch, dass die irgendeine Lingua Franca haben. Wie vor ein paar Jahrhunderten Arabisch wäre mir zwar lieber, aber dann halt Russisch – Tscherkessisch ist nämlich extrem komplex mit 70 Konsonanten und dutzenden Vokalen, Zwielauten und unaussprechlichen Konsonantenclustern wie „tləpqğək'wəd“...
Statistik:
420km Mietwagen
W3.0024.VI: Motoball in der Kosakensiedlung
Photos:
a) Motoball Top Tier: ZARYA STAROMINSKAYA VS AGROKOMPLEKS KIRPILSKAYA
b) Adygea: Maykop
c) Southern Russia: Ust-Labinsk, Kirpilskaya, Starominskaya
Diesmal ließen wir uns etwas mehr Zeit, schauten die wenig sehenswerte Innenstadt von Maykop an (schöne Moschee und interessantes Denkmal für die Tscherkessen, ansonsten eher gesichtslos) und fuhren dann nach Ust-Labinsk. Der Ort liegt schön am Hochufer des Kuban und hat eine rekonstruierte slawische Festung (auch im 18. Jahrhundert noch mit Palisaden gebaut), ein interessantes Denkmal für einen Held der Sowjetunion (11jähriger Pionier, der im zweiten Weltkrieg als Kindersoldat fiel) und einen derzeit in Renovierung befindlichen Motoballplatz (Kuban Ust-Labinsk soll im September oder so das Motoball-Juniorenfinale ausrichten, bis dahin haben die sicher alles saniert) zu bieten. Ansonsten ein gesichtsloses Nest. Danach wurde es nicht besser. Öde Landschaft, öde Straßen, öde Orte. Lauter Kosaken-Stanitzy... In Kiprilskaya schauten wir mal am Agrokompleks-Platz vorbei, da die nachher in Starominskaya antraten. Die Tribüne ist mittlerweile topp modern dort.
Zarya Starominskaya ...................................... 1
Agrokompleks Kiprilskaya ............................. 2
- Datum: Samstag, 19. Juni 2021 – Beginn: 18.00
- Wettbewerb: Chempionat Rossiy po motobolu (1. russische Motoballliga)
- Ergebnis: 1-2 nach 60 Minuten (4x15) – Viertel: 0-1, 1-0, 0-1, 0-0
- Tore: 0-1 Garnadyorov, 1-1 Danilovskiy, 1-2 Kutnyakhov
- Grüne Karten: keine
- Gelbe Karten: keine
- Rote Karten: keine
- Austragungsort: Motodrom Olimp (Kap.: 1.500, davon 500 Sitzplätze / wegen der Coronahysterie derzeit auf irgendeine Fantasiezahl beschränkt)
- Zuschauer: ca. 250 (darunter ca. 20 Gästefans)
- Spielbewertung: 7,5/10
Starominskaya, eine größere Stanitsa hingegen, hat rein gar nichts zu bieten als ein ganz ordentliches Fußball- und nebenan ein sehr altes Motoballstadion. Schmale Holzbänke in drei bis vier Reihen, kurioser Sprecherturm, interessante Mauer, kleine Anzeigetafel. Wir gammelten, da viel zu früh da, fast zwei Stunden auf der Anlage rum und nutzten z. B. die Fitnessgeräte, ehe es vor gut 250 Zuschauern los ging.
Zarya Starominskaya (Zarya ist eine Traktormarke, den gleichen Namen trägt kurioserweise ein Klub aus Minsk, Starominskaya wiederum ist ja „Alt-Minsker Siedlung“) und Agrokompleks Kirpilskaya sind zwei weniger erfolgreiche Klubs aus Kosaken-Stanizas und belegen derzeit den letzten und den vorletzten Platz. Die Plätze wurden dann in einem gutklassigen und sehr spannenden Spiel, das erfreulich offensiv geführt, aber voller vergeigter Chancen war, getauscht. Denn nach der recht späten Führung für den Gast in Viertel 1 gelang Starominskaya nur der Ausgleich in Viertel 2 und kassierte dann wieder ein Tor zum1:2 im dritten Viertel. Das letzte Viertel endete torlos. Eine richtig gute Partie – für nur 60 Rubel (70 Cent) Eintritt!
Es war allerdings ärgerlich, dass es nichts zu fressen auf dem Platz gab. Wir mussten eh noch 160km weiter nach Kropotkin, aber erst in Tikhoretzk an der Don-Kaukasus-Hauptstraße gab es – nach über 100km Ödnis – einen KFC... In Kropotkin kamen wir im einfachen Hotel „Vizit“ für nur 22€ (DZ/ Frühstück) unter.
Statistik:
1 Spiel, 1 neuer Ground, 480km Mietwagen, 24. Woche hintereinander mindestens eine Sportveranstaltung
W3.0024.VII: Dorffußball in Kabardino-Balkarien
Photos:
a) Amateur Football in Kabardino-Balkaria: FK Mal’ka 2:3 Atazhukinskiy Atazhukino & FK Mal’ka (Yu) 1:3 Atazhukinskiy Atazhukino (Yu) [in Psynadakha/ Sol’skoye]
b) Southern Russia: Mineralniye Vody, Pyatigorsk
Am Sonntag ging es dann in unsere Lieblingsregion der Russischen Förderation, den Nordkaukasus. Bei diesem zweiten Abstecher auch mit Spielbesuch. Aufgrund der Distanzen leider kein Doppler, aber Vor- und Hauptspiel auf einem ganz ansehnlichen Platz.
Zuerst quälten wir uns aber wieder über die öden Felderlandschaften, die beim Zuhalten auf Karatschai-Tscherkessien jedoch in schöne Hügellandschaften übergehen. Ab da wird es interessant. Im Gegensatz zu einigen Tagen zuvor, fuhren wir nicht noch mal Richtung Tscherkessk ab, sondern weiter in die Kurorte des Stavropolsky Kray. Mineralniye Vody ist allerdings völlig versifft. Kurort? Da ist jedes deutsche Dorf mit Kleinst-Kureinrichtungen (Bad Bibra z. B.) attraktiver! Das nahegelegene Pyatigorsk ist natürlich auch nicht so ganz aufgeräumt oder modern, aber wirklich sehenswert mit den Denkmalen, Kirchen und gewaltigen Sanatorien. Alle diese Kurorte liegen außerdem in richtig schöner Berglandschaft, also in Ausläufern des Kaukasus.
FK Mal’ka ......................................................... 2
FK Atazhukinskiy Atazhukino ........................ 3
- Datum: Sonntag, 20. Juni 2021 – Beginn: 17.30
- Wettbewerb: Viszhiy Division Chempionat Kabardino-Balkariya (Oberliga der Republik Kabardino-Balkarien; 5. Spielklasse im russischen Fußball, 2. Amateurliga)
- Ergebnis: 2-3 nach 95 Minuten (46/49) – Halbzeit: 1-2
- Tore: Dugushev, Saltanov (Mal’ka); Shigunov, Molov, Shchogenov (Atazhukino)
- Gelbe Karten: Demidov (Mal’ka); Yervasov, Soblirov, Khandokhov (Atazhukino)
- Rote Karten: keine
- Austragungsort: Futbolnoye Polye Psynadakha-Sol’skoye (Sol’skoye; Kap.: 1.200, davon 600 Sitzplätze / wegen der Coronahysterie derzeit auf irgendeine Fantasiezahl beschränkt)
- Zuschauer: ca. 100 (davon ca. 10 Gästefans)
- Spielbewertung: 6,5/10
FK Mal’ka (Yunost) ......................................... 2
FK Atazhukinskiy Atazhukino (Yunost) ........ 3
- Datum: Sonntag, 20. Juni 2021 – Beginn: 15.30
- Wettbewerb: Yunoshzhy Chempionat Kabardino-Balkariya (Juniorenmeisterschaft der Republik Kabardino-Balkarien; 3. Spielklasse im russischen U18-Fußball)
- Ergebnis: 1-3 nach 64 Minuten (31/33) – Halbzeit: 0-1
- Tore: NN
- Gelbe Karten: NN
- Rote Karten: keine
- Austragungsort: Futbolnoye Polye Psynadakha-Sol’skoye (Sol’skoye; Kap.: 1.200, davon 600 Sitzplätze / wegen der Coronahysterie derzeit auf irgendeine Fantasiezahl beschränkt)
- Zuschauer: ca. 50 (davon ca. 10 Gästefans)
- Spielbewertung: 4,5/10
Nach wenigen Kilometern passierten wir dann die Grenze zur Teilrepublik Kabardino-Balkarien. Die tscherkessischen Kabardiner stellen mehr als die Hälfte der Bevölkerung, Russen sind die größte Minderheit, die türkischen Balkaren sind die zweitgrößte Minderheit. Wir bogen erst in Salukokoashe (als Übersetzung aus dem Kabardinischen habe ich da „Ort an einem mit Weiden bewachsenen Flusstal“ gefunden – wie man sieht, man versteht nichts bei dieser sehr interessanten Sprache) ab. In dieser Kleinstadt wächst das Stadion grade etwas zu, entweder spielen die auch im benachbarten Sol’skoye, oder derzeit gar nicht. Im Nachbarort Psynadakha steuerten wir gleich den Fußballplatz an: Bei fast 30 Grad in der Randkaukasischen Hügellandschaft sind dichte Bäume wie dort natürlich topp, doch ein genauso zugewucherter Platz zeigte uns: die Ansetzung war nicht korrekt. Der geübte Hopper weiß sich natürlich zu helfen. In 2km Entfernung in Batekh gibt es einen Schulsportplatz, in 10km Entfernung in Mal’ka einen guten Rasenplatz am Fluss und eben noch ein Dorf weiter, in Sol’skoye einen Kunstrasenplatz mit vierreihiger Tribüne, Betonlaufbahn, ein paar Bäumen und freiem Blick auf die Dörfer und die schöne Hügellandschaft, die so ähnlich auch z. B. im Süden Sachsen-Anhalts oder in Teilen Thüringens existiert... Gleich Sol’skoye angesteuert und siehe da: zwei Teams machen sich warm und ein paar Zuschauer hockten rum. Teilweise wurden wir handschläglich begrüßt. Alle Spieler und Zuschauer waren Kabardiner, die sich untereinander in dieser tollen Sprache, von der ich nur ganz vereinzelt die wenigen russischen und türkischen Begriffe (daway/ los!, tamam/ OK usw.) verstand, unterhielten. Da hört man dem Trainer doch gerne zu, wenn der rumplärrt, auch wenn man eigentlich kein Wort versteht...
Das Vorspiel war ein Juniorenmeisterschaftsspiel, wobei Junioren in so einer toten Ecke Russlands alle Großfeldaltersklassen mit Spielern von 13 bis 17 Jahren zusammenwürfeln. Nach einer Weile ging der Gast Atazhukinskiy aus dem 20km entfernten Atazhukino in Führung. Nach der Pause (eine Halbzeit dauerte nur 30 Minuten zzgl. Nachspielzeit!) glich Malka, die ja heute auf neutralem Platz hier kickten, aus. Doch zwei kuriose Weitschüsse aus 25-30 Metern über den Schlussmann sorgten für den laut Tabelle sehr überraschenden weil ersten Sieg im sechsten Spiel für Atazhukinskiy.
Zum Männerspiel im Anschluss kamen noch mehr Leute, in der sehr konservativ islamischen Region auf dem Dorf jedoch nur Männer, zum gucken. Da wurde auch gut mitgegangen und auf dem Feld viel gemeckert. Einzig der Schiri, ein dicker Schreihals aus Nalchik, war Russe – ansonsten nur Kabardiner. Man merkte mal wieder: Das hier ist eigentlich nicht Russland! Das sind ja die Ureinwohner dort, nicht die zugezogenen russischen Besatzer! Und anders als in Amerika sind die Ureinwohner in der großen und unangefochtenen Mehrheit... Hier ging Malka nach zähem Beginn (und diesmal 2x45 Minuten) 1:0 in Führung, doch mit einem Elfer kurz vor der Pause – Schiri pfiff teilweise zu kleinlich, Elfer war auch etwas lächerlich – und einem guten Schuss nach dem Seitenwechsel hieß es 1:2 für den Gast. In der Schlussphase dann der spektakuläre Ausgleich unters Tordach nach viel Kampf für den Gastgeber, der sich mehr Chancen erspielt hatte. Doch kurz darauf das gut herausgespielte 2:3 für Atazhukinskiy und wieder ein Auswärtssieg. Da hat es sich doch für die echt gelohnt, da zu fünft in Ladas und anderem Schrott anzuholpern, sich auf dem Parkplatz umzuziehen und vorm Spiel hinter die Tribüne ins Gebüsch zu pissen, weil es weder Umkleiden noch Toiletten auf dieser Anlage gab bzw. diese sich in der benachbarten Halle befinden, welche verschlossen war und zu der wohl nur der nominelle Heimverein Rodnik Psynadakha (eine Liga tiefer als die Partie heute, diese Kabardino-Balkarische Republik-Oberliga ist immerhin 5. Ebene) Zugang hat.
Auf dem Rückweg wurden wir noch erstmals von der Verkehrspolizei (DPS) angehalten, aber die wollten nur mal die Wagenpapiere sehen – nicht dass dieser Moskauer Mietwagen geklaut Richtung Georgien fährt oder so...
In Nalchik war gut Betrieb, wir hatten ein ruhigeres und preiswertes Hotel am Kurpark für die Nacht. Wirklich gutes Restaurant hatten die da auch – und der Oberhammer; im „Hotel Korona“ gab es Flaschenbier der Marke „Corona Extra“...
Statistik:
2 Spiele, 1 neuer Ground, 400km Mietwagen, 24. Woche hintereinander mindestens eine Sportveranstaltung
W3.0025.I: In Ober-Balkarien und Beslan
Photos:
a) Kabardino-Balkaria: Nalchik, Verkhnyaya Balkariya (Aul Kuspart, Kyunnyum, Ishkanty), CHEREK GORGE, Kachkhatau
b) North Ossetia & Alania: Elkhotovo, BESLAN, Vladikavkaz
Am Montag ging es nach wieder einmal wirklich gutem Frühstück kurz durch den Kurort Nalchik (Kurort heißt auf Russisch auch „Kurort“, der Kurpark angepasst an die slawische Grammatik „Kurortny Park“). Es gibt auch neue Sanatorien, es gibt gute Restaurants und alles ist recht billig hier, aber beim Bauzustand doch vieler Anlagen ist logisch, dass jeder Russe, der es sich leisten kann, nicht in Nalchik sondern nach Deutschland, Frankreich, gar der Schweiz oder Österreich zur Kur fliegt. Russland ist in etlichen Dingen wie gesagt ein Entwicklungs- oder Schwellenland – und zwar flächendeckend: Weltklasse-Raumfahrt, herausragende Naturwissenschaftler oder aggressive wie aber auch erfolgreiche Militäroperationen, Angriffskriege usw., sollen nur über die unbezwingbaren internen Probleme einer Möchtegern-Weltherrschafts-Nation hinwegtäuschen...
Wir fuhren dann nach Verkhnyaya Balkariya, in ein türkisch-balkarisches Siedlungsgebiet. Dort gab es u. a. zwei Wüstungen mit charakteristischen Wehrtürmen und sehr spektakuläre Bergzüge sowie gewaltige Schluchten zu sehen. Es gibt auch ein paar ansehnliche Moscheen, die sich vom türkischen Stil völlig unterscheiden und wohl etwas eigenes, nordkaukasisches mit massiven Ziegelsteinmauern und grünen Turmhauben sind. Interessant war, dass ein sehr freundlicher Parkwächter mit vielen Zahnlücken, der natürlich auch nur Russisch und Balkarisch sprach, sich soweit es ging mit uns auf Russisch unterhielt und noch bevor er uns den Weg zum Turm beschrieb, irgendwie völlig richtig zuordnete, dass wir Deutsche sind...
Danach ging es nach Nordossetien-Alanien. Nicht zu verwechseln mit Südossetien, da konnten wir leider nicht noch hin... Mal ein Kriegerdenkmal am Weg fotografiert –Wahnsinns-Quadratschädel... Aber die Denkmalkultur in Russland ist echt überall eindrucksvoll! – und dann gezielt nach Beslan. Dort nahmen vom 1. bis 3. September 2004 tschetschenische Terroristen mehr als 1.200 Geiseln, um andere tschetschenische Kämpfer aus dem Gefängnis freizupressen und um den Abzug der russischen Besatzer aus Tschetschenien zu fordern. Bei diesem Himmelfahrtskommando waren auch einige schwarze Witwen, deren Männer von den Russen getötet oder ermordet wurden teil. Dementsprechend hatten die nichts zu verlieren und konnten gezielt Angst und Schrecken verbreiten. Die Tschetschenen waren die ersten, die ohne jede Rücksicht auf die Kriege der Russen mit Attacken auf die Zivilbevölkerung reagierten. Diesen Terror wie in Beslan muss man auch im Kontext des Tschetschenienkriegs sehen: die Russen ermordeten dort auch ganz gezielt bzw. mutwillig und willkürlich Zivilisten, so wie es die islamistischen Extremisten und die Nationalisten aus Tschetschenien daraufhin auch in Russland (ob bei Geiselnahmen in Moskau, Sprengstoffanschlägen in St. Petersburg oder Mineralniye Vody oder eben hier in Beslan) taten. Die Geiselnahme in Beslan ist freilich durch nichts zu rechtfertigen, man muss aber den perversen Erinnerungskult in der Gedenkstätte erleben: Hier hängen Spezialeinheiten von Militär und Polizei ihre Flaggen auf und die unwissende Bevölkerung (da westlicher Fremdsprachen nicht kundig, ist die russische Lügenpropaganda auch 17 Jahre nach dem Massaker bei der Normalbevölkerung verankert) feiert das. Fast alle der über 300 Toten sind nämlich vom russischen Militär durch den unsachgemäßen Einsatz von Panzermunition ums Leben gekommen – nicht etwa direkt durch die Terroristen. So wie auch bei einer Geiselnahme in einem Moskauer Theater, wo Einheiten des FSB mit einer verpfuschten Gasmischung mehr als 100 Geiseln töteten. So viel zur Kompetenz russischer Sondereinsatzkommandos... Nun steht die Schule zerschossen und die Turnhalle halb abgefackelt – gut sichtbar das Loch von Panzermunition in der Mauer der Turnhalle und das zerfallene Dach, aber freilich kein Kommentar dazu vor Ort – und überbaut mit einem Kunstwerk als Mahnmal. Man darf sich in aller Stille umsehen und solange man keine Leute fotografiert auch Bilder machen. Wenn man in der Ecke ist, sollte man sich das auf jeden Fall mal angucken – am besten kurz danach oder davor noch Gedenkstätten wie in Nazran zum Völkermord an den Inguschen oder in Tschetschenien zum Tschetschenienkrieg (diese Gedenkstätten haben sich die Teilrepubliken mit Gewalt erkämpft, die Zusagen dazu kamen erst in den letzten Jahren von Putin) besuchen – um einen Eindruck für den grenzenlos Hass und die Verrohung auf der russischen und auch tschetschenischen Seite zu bekommen.
Dann ging es nach Vladikavkaz. Trotz der nicht so genialen Sicherheitslage in der Ecke wurden wir nie kontrolliert... In Vladikavkaz konnten wir uns auch lässig umsehen. Die Stadt ist multi-ethnisch und multi-religiös – dadurch natürlich immer gut für Randale – aber unser Aufenthalt war ganz angenehm dort. Das Hotel Vladikavkaz gegenüber der sehr sehenswerten Hauptmoschee (innen Holztäfelungen, darf leider nicht fotografiert werden, wie so oft in jeglichen Gotteshäusern in der Russischen Föderation) bietet sehr günstige und gescheite Zimmer des Typs „Intourist“, aber das Restaurant ist etwas abgehoben (2 große Getränke, 2 mittlere Fleischgerichte, 2 kleine Salate kosten oft nur um die 12€ und nicht wie hier 15, 16€ zusammen – aber in Deutschland wären das wieder um die 30€ gewesen, also nichts zu meckern an den Preisen), doch dafür brauchen die dann ewig mit der Bedienung. Die Osseten waren aber sehr nett, also gibt man trotzdem Trinkgeld... Ganz klarer Punktabzug aber: es war das zweite Hotel, wo es Internet-Zensurmaßnahmen gab und ich mich ohne Russen-Simcard nicht ins WLAN einwählen konnte.
Statistik:
230km Mietwagen
W3.0025.II: Die ossetische Stadt der Toten und weiter nach Tschetschenien
Photos:
a) North Ossetia & Alania: DARGAVS, VERKHNY FIAGDON
b) Inguchetia & Chechnya: Nazran
Am Dienstag ging es durchs ossetische Gebirge, davon viele Kilometer auf Pisten – überwiegend aber gut fahrbar. Abgelegen in einem Bergtal mit Blick auf schneebedeckte Gipfel liegt Dargavs, ein angeblich verfluchtes Dorf voller Gräber und Nekropolen. Die Toten wurden dort halb-offen in kurios gebauten Türmen bestattet. Nicht-muslimische iranische Völker haben ja oft etwas ungewöhnliche naturnahe Bestattungsrituale.
In Verkhny Fiagdon gibt es tolle Wehrdörfer um den Ortskern herum. Jedes Wehrdorf hat mehrere der charakteristischen Wohn- und Wachtürme. In einem Weiler südlich des Hauptortes gibt es eine kleine Felsenburg. Unterhalb der Burg befinden sich ein alter Wohnturm und eine Quelle, an der wir etwas mit einem älteren Einwohner ins Gespräch kamen: vor 40 Jahren war der mit der Sowjetarmee bei einem Panzerbataillon in Dresden, Plauen und Karl-Marx-Stadt...
Dann kamen wir zuerst ohne Kontrolle nach Inguschetien rein und besichtigten Nasran (kleine Festungsruine, gewaltiger Gedenkpark zu den Deportationen und der russischen Besatzung, viele neu gebaute Moscheen und ein modernes Stadion für einen Viertligisten, sowie außerhalb eine schön gelegene Türbe/ Grabmal) und danach ging es ebenfalls ohne Kontrollen nach Tschetschenien. Mit einer Moskauer Autonummer wird man kaum rausgewunken... In Grosny gingen wir gut und günstig tschetschenisch Essen, hatten aber ein zu teures Hotel erwischt...
Statistik:
260km Mietwagen
W3.0025.III: Von Tschetschenien nach Dagestan mit Spielbesuch im Festungsstadion Derbent
Photos:
a) Inguchetia & Chechnya: Grozny
b) 4th division Football: Derbent vs. Energetik Prokhladnyiy (Naryn Kala Stadium)
Wir gingen am Vormittag durch Grozny, schön die Hauptachse hoch und runter. Der Ort ist sehr gepflegt, viele repräsentative Bauten und viele teure Einrichtungen. Wir gingen in einem Café „Sören“ frühstücken, dass Preise auf deutschem Niveau bei sehr freundlichem Service bot. In Grozny ist vieles Fassade: überall hängen Kadyrow Senior und Junior und sein Kumpel Putin – ein Verbrecher schlimmer als der andere – auf Porträts... Insgesamt wirkte es aber so, als seien die Warnungen vor Aufenthalten in der Region völlig überzogen. Wie so oft. Im Internet äußern sich auf „Traveller“-Seiten auf fast nur Spaste, die wohl nie dort waren und behaupten, man käme da gar nicht hin als Ausländer. Außer in Grenzgebieten hatten wir hier eine ganz normale Bewegungsfreiheit!
Die Strecke nach Dagestan zog sich unheimlich, da die tolle „Schnellstraße“ Richtung Aserbaidschan fast immer nur einspurig ist.
FK Derbent ........................................................ 1
FK Energetik Prokhladnyiy.............................. 3
- Datum: Mittwoch, 23. Juni 2021 – Beginn: 17.00
- Wettbewerb: III. division Yuzhnogo i Severo-Kavkazskogo (3. Division Südrussland und Nordkaukasus; 4. Spielklasse im russischen Fußball, 1. Amateurliga)
- Ergebnis: 1-3 nach 94 Minuten (47/47) – Halbzeit: 1-0
- Tore: 1-0 7. Adam Adamov, 1-1 51. Islam Apashev, 1-2 57. Roman Dudin, 1-3 76. Aslan Urusov
- Gelbe Karten: NN
- Rote Karten: Gelb-Rot gegen NN von Derbent (19. Minute wg. wdh. Foul)
- Austragungsort: Stadion Naryn Kala (Kap.: 2.000, davon 1.500 Sitzplätze / wegen der Coronahysterie derzeit auf 150 beschränkt)
- Zuschauer: ca. 400 (davon ca. 3 Gästefans)
- Spielbewertung: 7,0/10
Als ich auf der sehr guten Instagramseite vom FK Derbent die Spielvorschau aufrief, traf mich fast der Schlag: In einigen Regionen Russlands, u. a. Dagestan, wird die Coronahysterie wieder stärker angeheizt und u. a. die Zuschauerzahl bei Sportveranstaltungen eingeschränkt, Maskenpflicht auf Sportanlagen eingeführt, sowie Hotels verpflichtet, von Gästen ein negatives Corona-Testergebnis vorzulegen. Aber meint ihr, das interessierte in Derbent einen?! Das Dagestanische Regime hat sich verrechnet – so wie sich Putin auch mit seiner Coronahysterie und der Angeberei um die einheimischen Impfungen massiv verrechnet hat. In Dagestan fällt lediglich auf, dass es viel Plakatwerbung für Impfungen bzw. mit Danksagungen an Medizinberufe gibt.
Über eine Stunde vor Anpfiff am nach der gewaltigen Festung benannten Stadion Naryn Kala gewesen, der Gastmannschaft angeschlossen und somit ohne Temperaturmessung und Maske reingekommen... Das schmiedeeiserne verzierte Tor sieht super aus, der Kunstrasen hat etwas Ausbau auf zwei Seiten und schöne teppichartige Designs hinter der Tribüne. Als Ausländer bzw. erkennbar Ortsfremder wurde man übrigens – im Gegensatz zu deutschen oder auch zentralrussischen Orten dieser Abgelegenheit – nicht angeglotzt, sondern oft begrüßt: „Strasvoudye salam-alaykum“ – Antwort ist: „strasvoudye wa-alaykum salam“. Untereinander ließen die dagestanischen Fans den ersten Begriff, das Russische „ich grüße Sie“, weg.
Die Zuschauerzahl schien niemand zu kontrollieren – die anwesenden 400 hätten aber eigentlich nicht alle reingedurft... Die waren auch gleich voller Begeisterung, als ihr FK Derbent einen schönen Angriff mit Treffer ins lange Eck vortrug. Nach nur sieben Minuten 1:0 gegen den Tabellenführer. Doch die junge Truppe stieg übermotiviert ein und verlor einen Spieler nach nur 19 Minuten mit Gelb-Rot. Vor der Pause verteidigte Derbent noch heldenhaft, nach eine knappen Stunde fiel der Ausgleich. Binnen 5 Minuten das 1:2 und in der Schlussphase noch das 1:3. Da ebbte die Stimmung auch erheblich ab. Aber die Fußballbegeisterung hier im äußersten Süden kurz vor Aserbaidschan war schon richtig gut. Es waren auch – so wie im Moskauer Raum – einige Frauen (aber nicht gerade viele) im Stadion; mal mit (aber häufiger ohne) Kopftuch. Auf dem Dorf in Kabardino-Balkarien waren z. B. ausschließlich Männer auf den Rängen, aber Derbent ist halt liberaler...
Der Ort ist ohnehin sehr sympathisch. Das Hotel Praga fand ich nicht auf Anhieb, musste zwei Leute fragen – die Einheimischen waren super freundlich und hilfsbereit und lotsten uns zum Hotel. Die freuten sich auch, dass da irgendwelche Deutsche in ihrer Stadt – der ältesten in der Russischen Föderation – waren. Ebenso freute das auch die Vermieter im Hotel Praga, die wie gesagt alle Vorgaben vom Regime ignorierten und uns ohne Test Zimmer für nur 13,50€ pro Nacht und super einheimisches Abendessen besorgten... Zum Abendessen gab es übrigens erstmals seit einer Weile wieder Bier. In muslimischen Gesellschaften verzichten wir da eigentlich lieber drauf, aber es wurde uns als einheimisches Bräu angeboten und sollte wohl auch die liberalere Haltung in Derbent im Vergleich zu den Bergregionen unterstreichen.
Statistik:
1 Spiel, 1 Ground, 40. Spiel in Folge mit mindestens einem Tor, seit 25 Wochen in Folge mindestens eine Sportveranstaltung, 360km Mietwagen
W3.0025.IV: Derbent und andere Sehenswürdigkeiten Dagestans
Photos:
Dagestan: DERBENT, Khuchny (Yagdyg Fort, Khanagskiy Water Fall)
Nach dem Frühstück ab in die Innenstadt: Derbent ist mit 5.000jähiger Geschichte (davon seit über 2.000 Jahre ununterbrochen besiedelt) die mit weitem Abstand älteste Stadt in der Russischen Föderation, jeder erkennt aber schon am Baustil, dass da Iraner und Turkvölker und eben keine Russen an der ursprünglichen Baukunst beteiligt waren. Die russische Herrschaft ist ein zwar noch andauernder aber erst seit etwas mehr als 200 Jahren bestehender politischer Zustand.
Es gibt richtig schöne Stadtmauern, einige alte Moscheen, Bäder (Hamam), natürlich den üblichen Verfall dazwischen, und – als Hauptsehenswürdigkeit – eine gewaltige Festung am Berg oberhalb der Innenstadt. Dort verlangte der Kassierer, nachdem er herausbekommen hatte, dass wir Deutsche sind, plötzlich nicht mehr den Ausländerpreis (knapp 3€), sondern den Einheimischenpreis (unter 2€) – in vielen der Teilrepublik ist man sehr deutschenfreundlich...
Wir fuhren dann noch eine 100km-Runde durchs Gebirge mit Hauptziel Khachny, wo es eine Festung namens Yagdyg – kleiner, regelmäßiger Bau auf spektakulärem Felsen – und einen Wasserfall Khanagskiy Vodopad, der spektakulär aus dem Felsen herausschießt, gibt. Das Stadion sieht auch interessant aus, das Spielfeld ist jedoch eine Zumutung...
Bevor wir ins Hotel zum Abendessen zurückkehrten, gingen wir noch über eine Stunde an den Stadtstrand im Norden von Derbent. Ist schon ein echtes Erlebnis dort: Recht sauber, angenehmer Sandstrand, das Kaspische Meer hat Tidenhub fast wie die Ostsee, aber voll wie an der Ostsee ist es da schon. Alle tragen das, was sie wollen – einheimische Frauen gehen teils im Bikini, teils in voller Kleidung mit Kopftuch ins Wasser, vereinzelt tragen auch Männer T-Shirts, doch solange man wenigstens eine Badehose anhat, stört sich niemand daran, dass man einen freien Oberkörper hat. Wo deutsche Badegäste hingegen Schnappatmung kriegen würden: Köter laufen herum, Reiter reiten um Badegäste durchs brusttiefe Wasser, Autos parken direkt im Sand und irgendein Spacken heizte mit einer Motocrossmaschine durch den Sand – alles ganz normal hier in Dagestan...
Statistik:
130km Mietwagen
W3.0025.V: Durch die Berge und die Wüsten Dagestans
Photos:
Dagestan: KALA KOREISH, Kubachi, Madjalis, SARY KUM
Am Freitag verabschiedeten wir uns in Derbent und fuhren noch mal einen Abstecher in die Berge. Die Strecke nach Kubachi ist erst gut asphaltiert und dann schlagartig die letzten 17, 18km geschottert. Vor Kubachi, was ein sehenswertes Aul (Wehrdorf) ist, liegt die noch bessere Sehenswürdigkeit: Kala Koreish, eine alte Burganlage mit Moschee aus dem 10. Jahrhundert, arabischem Friedhof (eine arabische Armee eroberte hier im 10./11. Jh. alles) und einer muslimischen Wallfahrtsstätte. Die Berglandschaft ist überall grün wie schroff und spektakulär. Zurück auf der befestigten Straße bei Madjalis, wo es eine interessante alte Brücke gibt, zeigte der Mietwagen Reifendruckprobleme an. War aber nicht erkennbar, was los war. Erst als wir in Sary Kum an den gewaltigen Wanderdünen – den größten Dünen auf dem europäischen Kontinent, wenn man den Nordkaukasus noch zu Europa zählt, was nach den gängigsten Definitionen üblich ist – waren, war vorne links Druckverlust deutlich. Wir bestiegen erstmal die über 250m hohe Düne für den komischen Betrag von 128 Rubel (ca. 1,50€) und holten uns hinterher frisch gezapften Kwas. Auch dort wieder besonders freundliche Leute, die sich über ausländische Touristen freuten. Beim Vulkanisierer an der Kreuzung setzte sich das fort. In Russland werden Autoreifen meist noch geflickt bzw. vulkanisiert und nicht bei einem Loch weggeworfen. Keine Ahnung, was so eine Reparatur in Deutschland kosten würde, aber der machte das für 150 Rubel (1,80€): Reifen runter, prüfen, flicken, wieder rauf in 15 Minuten – und wieder super freundlicher Dagestaner... Auch beim Tanken danach: Der Tankwart wieder super gesprächig und fragte wo wir überall rumfahren... Wir kamen dann wegen der Reifenaktion und weil wir länger als erwartet brauchten, erst gegen 21.30 Uhr in Kizilyar an. Wieder sehr freundliche Frau am Hotelempfang und die zögerte auch nicht auf unsere Frage nach Essen, einfach beim benachbarten Restaurant etwas vorzubestellen, was wir dann abholten. So spät konnten wir allerdings nur noch auf dem Hotelzimmer essen; wegen der Schließzeiten und nicht wegen der immer irrer werdenden Corona-Beschränkungen. Letztere werden so flächendeckend ignoriert, dass es eine wahre Freude ist... In Dagestan zu reisen ist im allgemeinen auch eine Freude: nicht einmal in den anderen Teilrepubliken gibt es so gastfreundliche Leute wie in Dagestan!
Statistik:
410km Mietwagen
W3.0025.VI: Durch die Einöde Kalmykiens nach Stalingrad
Photos:
Kalmykia: Elista
Zum Ende der Reise geht nun alles Mögliche schief. Die Merkel und ihre Hysteriker wollen uns in Quarantäne sehen, das Russenregime wird auch wieder strenger. An der Grenze Dagestan-Kalmykien rausgewunken und länger kontrolliert – wenigstens freundlich – dann ewig ohne Radioempfang durch dieses Kack-Kalmykien mit seiner öden Steppen- und Wüstenlandschaft um dann in Elista, der Hauptstadt anzukommen. Nach Besichtigung der wenigstens lohnenswerten buddhistischen Tempel – die mongolische Ethnie der Kalmyken sind mehrheitlich Buddhisten und wurden übrigens ebenfalls Opfer von Vertreibung und Genozid durch die Russen; eine gewaltige Blutspur, die Russland da ungestraft und in ihrer Eigendarstellung noch beschönigend durch Osteuropa, den Kaukasus und Asien gezogen hat – stellte sich heraus, dass die Fußballspiele abgesagt wurden. Wenn man schon sieht, wie viele der schmaläugigen Typen hier mit Masken rumrannten, als seien sie Chinesen – so Mongolen glaubt man das auch gleich, dass die Corona haben – war das wohl aus Panik vor Virusausbreitung. Unglaublich sowas. Bei dem Drecksverband standen die Ansetzungen natürlich noch drin!
So fuhren wir also durch den etwas ansehnlicheren da leicht hügeligen Norden Kalmykiens bis kurz vor Volgograd und übernachteten in einem Motel mit dem treffenden Namen „Stalingrad“...
Statistik:
710km Mietwagen
W3.0025.VII: In Stalingrad und weiter nach Ramon zum letzten Fußballspiel des Tages und des Russlandaufenthalts
Photos:
a) Central Russia: Volgograd (ex Stalingrad), Ramon (near Voronezh)
b) 5th Division Football: Torpedo Ramon vs. Lokomotiva Liski Res.
Sonntag früh war schon gut was los im Essenssaal des Motels, die meisten Gäste waren Fernfahrer. Wir brachen dann gen Wolgograd auf und hatten den berühmten Mamaev-Hügel nach einer knappen Stunde Fahrt erreicht. Dort steht die gewaltige Mutter-Russland-Statue, darunter befinden sich stufenweise diverse historische Relikte, Gedenkstätten, Reliefs und Museen. Außerdem eine Kirche. Man hat einen guten Blick auf das neue Stadion und Teile der Stadt, die in der Schlacht von 1942-43 so völlig zerstört wurde. Diese Schlacht gilt als eine der blutigsten und verlustreichsten aller Zeiten: mehr als eine Million Soldaten auf beiden Seiten in Aktion, davon erlebte je eine halbe Million nicht das Ende der Schlacht. Von den gut 100.000 Kriegsgefangenen auf deutscher Seite aus dieser Schlacht erlebte auch nur eine viertstellige Zahl das Ende des Krieges. Die Anzahl getöteter Zivilisten ist völlig unklar, da das damals die völlig verrohten Völker der Deutschen und der Russen auch einen Scheißdreck interessierte. Von den 600.000 Einwohnern konnte wohl nur ein größerer Teil evakuiert werden. Von den 75.000 bis über 100.000 Eingeschlossenen starben bis auf 8.000 alle. Heute hat Volgograd 1 Million Einwohner und ist ansonsten ein trost- und gesichtsloser Ort. Aber der Mamayev-Hügel ist sehr eindrucksvoll – muss man mal besucht haben!
Wir fuhren dann stundenlang durch die leicht hügelige und recht öde Landschaft bis hinter Voronezh. Dort ging es nach Ramon ab, wo es ein „Oldenburger Schloss“ – ein kleiner Palast aus dem 19. Jahrhundert – zu sehen gibt. Ganz netter Backsteinbau mit Park.
FK Torpedo Ramon .......................................... 5
FK Lokomotiv Liski (2) .................................... 1
- Datum: Sonntag, 27. Juni 2021 – Beginn: 19.00
- Wettbewerb: Chempionat Voronezhskoy oblasti (Meisterschaft des Kreises Voronezh; 6. Spielklasse im russischen Fußball, 3. Amateurliga)
- Ergebnis: 5-1 nach 93 Minuten (46/47) – Halbzeit: 2-1
- Tore: 1-0 1. Yuz’kin, 1-1 18. Nargorniy, 2-1 42. Berezin, 3-1 48. Liventsev, 4-1 54. Yuz’kin, 5-1 Bolgov
- Gelbe Karten: Tsukanov (Ramon); Plitos (Liski)
- Rote Karten: keine
- Austragungsort: Stadion Yunost (Kap.: 1.650, davon 650 Sitzplätze / wegen der Coronahysterie derzeit auf irgendeine Fantasiezahl beschränkt)
- Zuschauer: ca. 100 (davon ca. 2 Gästefans)
- Spielbewertung: 6,5/10
Dass wir ausgerechnet dort gelandet sind, war den komischen Fußballansetzungen geschuldet. Ich verstehe aber immer weniger, warum diese Mongolen am Vortrag nicht gekickt haben. Hier in der Oblast Voronezh wurde kommentarlos und ohne jeden Hinweis auf Hygieneschwachsinn eine Sechstligapartie zwischen dem Gastgeber Torpedo Ramon und dem Gast Lokomotiva Liski (2. Mannschaft) vor gut 100 Zuschauern durchgeführt. Fast alle nahmen unter dem Dach der etwas kurios gebauten modernen Haupttribüne Platz. Nach nur einer Minute hatte der Gastgeber auch schon das Leder über die Linie gelatscht. Nach dem Ausgleich dauerte es eine Weile, ehe sie wieder in Fahrt kamen und dann mit einem tollen Weitschuss über den Schlussmann erneut in Führung gingen.
In der Pause konnte man sich Kaltgetränke aus einem Automaten neben dem Spielertunnel ziehen...
Danach legte Torpedo wieder kräftig los und zog schnell 4:1 davon. In der Schlussphase noch das 5:1 – der deutlich jüngere Gast aus dem 140km entfernten Liski war ziemlich überfordert.
Wir steuerten auf die Autobahn zurück und dort das nächstbeste Motel an. Interessant gemachte Blockhütten, aber etwas zu teuer – so auch das Essen und Trinken auf der Raststätte...
Statistik:
1 Spiel, 1 Ground, 41. Spiel in Folge mit mindestens einem Tor, seit 25 Wochen in Folge mindestens eine Sportveranstaltung, 680km Mietwagen
W3.0026.I-II: Rückreise mit Tücken und einem Spiel in Hamburg
Photos:
Central Russia: Tula
Football in Hamburg
Auf dem Weg zum Flughafen besichtigten wir nur noch den bekannten Kreml von Tula. Die Stadt ist recht gepflegt und v. a. der Altstadtkern mit dem Kreml macht echt was daher: viele Türme, kräftiger roter Backstein, repräsentative Kirchenbauten. Mit einer Oberschule aus Tula pflegt meine alte Schule, das Domgymnasium Merseburg, eine Partnerschaft. Die betreffende Schule habe ich aber nicht gesehen. Mir war auch v. a. in Erinnerung geblieben, dass die russischen Schüler nicht fähig waren in irgendeiner Fremdsprache zu kommunizieren und wir uns nur auf Englisch oder Französisch bzw. Spanisch, aber kaum auf Russisch verständlich machen konnten – ein Armutszeugnis für die Russischlehrer von uns.
Wir gingen noch in Domodedovo Essen, wobei es da im Ort kaum billiger als im Flughafen war. Aber entgegen der Ankündigungen interessierte niemanden im Restaurant die Impf- und Testpflicht. Und richtig gut war das Essen auch!
Dann ab zum Flughafen und mit Mühe den Parkplatz zur Mietwagenrückgabe gefunden. Das war noch kein Problem, doch dann gingen die Schikanen los: Corona-Test um ins Flugzeug zu dürfen. Der Anbieter bewirbt Schnelltests (so schnell sind die aber auch nicht: angeblicher PCR-Standard und dann 2 Stunden Auswertung), die man dann allerdings aufwändig im Internet anmelden und vorab bezahlen muss. Mit einer russischen Karte. Ja, um an einem internationalen Flughafen in ein deutsches Flugzeug von Russland nach Deutschland zu steigen, braucht man für diesen Kack-Test ein russisches Zahlungsmittel. Vergleichbaren Schwachsinn habe ich nur in Indien erlebt bisher. Die Lösung war mit einem der wenigen Medizinern, der etwas Englisch sprach zu finden: ein gut Englisch sprechender junger Russe, der nach England wollte, bezahlte die Tests von mir und meinem Vater (immerhin 2x33€ bzw. 3.000 Rubel) mit der Karte, damit wir angemeldet sind und die Nichtsnutze hinter der Theke ihren Scanner an unseren Onlinecode halten können, damit wir getestet werden „dürfen“ – und ich zahlte es dem jungen Mann in Bargeld zurück... Nach dem Dankesagen bohrte eine völlig unmotivierte junge Medizinassistentin in unseren oberen Körperöffnungen herum. Test war aber angenehmer als alle in Deutschland und somit schlampig und unzuverlässig. Nach zwei Stunden hatten wir die Negativ-Resultate.
Dann bei dem unfähigen Haufen von der Lufthansa eingecheckt. Durcheinander, schlechte Laune überall – hier wurden wir auch zur Online-Anmeldung genötigt, interessierte aber keine Sau in Frankfurt. Dort landeten wir nach einem unbequemen und servicefreien Flug. Lufthansa ist wie gesagt einfach nur noch Dreck: die Flugbegleiterinnen sind nur noch Kindergärtnerinnen, die die Maskenpflicht kontrollieren – einfach nur noch lächerlich und abartig, dass es 0,3 Liter Wasser als „Verpflegung“ gibt. In Frankfurt mogelten wir uns durch und holten das Auto ab. Ich holte in Bonn noch einige Sachen fürs Homeoffice (Abmachung ist: bis Ende Juli, daher werden im Juli wohl nur Berichte aus dem Osten kommen) aus Wohnung und Büro, dann fuhren wir nach Rostock.
Oststeinbeker SV 1948 ............................................ 4<br/>
Barsbütteler SV von 1948 ....................................... 2<br/>
- Datum: Dienstag, 29. Juni 2021 – Beginn: 19.30<br/>
- Wettbewerb: Testspiel (Landesliga Hansa gegen Landesklasse Hansa, 6. gegen 7. Liga, 2. gegen 3. Amateurliga)<br/>
- Ergebnis: 4-2 nach 92 Minuten (45/47) – Halbzeit: 1-1<br/>
- Tore: 1-0 30. Karabey, 1-1 36. Ganschow, 2-1 50. Özalp, 3-1 56. Apau, 3-2 61. Haxhiajdini, 4-2 80. NN<br/>
- Gelbe Karten: 1x Oststeinbek<br/>
- Rote Karten: keine<br/>
- Austragungsort: Sportanlage Oststeinbek, Kunstrasenplatz (Kap.: 765, davon 15 Sitzplätze / wegen der Coronahysterie derzeit auf 150 beschränkt)<br/>- Zuschauer: ca. 25 (davon ca. 3 Gäste)<br/>
- Spielbewertung: 7,0/10
Auf dem direkten Weg lag dann noch tatsächlich ein Fußballspiel in Oststeinbek (Kreis Stormann, direkt vor den Toren Hamburgs und auch Mitglied im Hamburger Verband). Da Hamburg von einem Zero-Covid-Extremisten geführt wird, waren wir uns nicht sicher, ob bei wahnsinnig hohen Inzidenzwerten von 10 überhaupt Zuschauer erlaubt waren, aber am Aushang stand dann „150 zugelassene Fans“ auf der engen, kleinen, von Bäumen gesäumten und dem 60er-Jahre-Sportlerheim dominierten Anlage. Es kamen an diesem Dienstagabend aber auch nur 25 Leute, um hier Oststeinbeker SV und Barsbütteler SV (immerhin 6. und 7. Liga) gegeneinander spielen zu sehen. Die beiden Erstvertretungen der jeweils 1948 gegründeten Vereine zeigten eine richtig gute Partie, über weite Strecken war der Gastgeber aber aktiver und gefährlicher. Elfer nach nur 7 Minuten vergeigt, dann aber ein toller Dropkick zum 1:0 nach 30 Minuten. Vor der Pause der Ausgleich vom Punkt. Nach dem Seitenwechsel super herausgespielte Treffer zum 2:1 und 3:1. Danach ein Kopfball zum 3:2 und erst zum Ende der Partie das 4:2. Die erste Partie in Russland endete ebenfalls 4:2 – nun die faktisch letzte Partie der Reise, denn die war noch im Nachgang der Tour, ebenfalls 4:2. Übrigens für 5€ (erm. 3€) Eintritt – nachdem wir vorher für alle 10 Spiele in Russland zusammen nicht mal halb so viel Eintritt geblecht hatten... Maßlos teures Deutschland eben...
Statistik Montag:
520km Mietwagen
Statistik Dienstag:
2.970km Flug, 20km Bahn, 810km Auto; 1 Spiel, 1 neue Ground, 42. Spiel ohne 0:0 in Folge, 26. Woche in Folge mit mindestens einem Spiel
Statistik gesamte Tour:
- Grounds: 2.810 (9+1; diese Saison: 152 neue)
- Sportveranstaltungen: 4.095 (10+1; diese Saison: 213)
- Tourkilometer: 14.830 km (5.940km Flug, 8.850km Auto (davon 6.670km Mietwagen), 40km Bahn)
- Saisonkilometer: 62.360 (45.440 Auto, davon 8.330 Mietwagen/ 13.050 Flugzeug/ 3.560 Fahrrad/ 180 Bus, Bahn, Straßenbahn / 0 Schiff, Fähre)
- Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 42 [letzte Serie: 6, Rekordserie ohne 0-0: 178]
- Jede Woche mindestens eine Sportveranstaltung seit: Kalenderwoche 2 des Jahres 2021 (04.-10.01.), d.h. seit 26 Wochen in Folge [letzte Serie: 30 Wochen von KW22/2020-51/2020; Rekordserie: 711 Wochen von KW 31/2006 bis KW 11/2020].
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