Donnerstag, 14. Mai 2015

W459I: Keine Überraschung beim Pokalfinale an Christi Himmelfahrt

Bonner SC 1901/ 04 .................................................. 1
FC Viktoria Köln ...................................................... 4
- Datum: Donnerstag, 14. Mai 2015 – Beginn: 14.00
- Wettbewerb: Finale des Verbandspokals Mittelrhein (sogenannter „Bitburger-Pokal”, Bonn = Mittelrheinliga; 5. Liga, 1. Amateurliga/ Köln = Regionalliga West; 4. Liga, Halbprofiliga)
- Ergebnis: 1-4 nach 94 Minuten (46/48); Halbzeitstand: 1-2
- Tore: 0-1 9. Timo Staffeldt, 1-1 19. Rachid Eckert, 1-2 23. Tim Väyrynen, 1-3 72. Silvio Pagano, 1-4 93. Andreas Schäfer
- Verwarnungen: Lucas Musculus (Bonn); Lukas Nottbeck (Köln)
- Platzverweise: keine
- Spielort: Stadion im Sportpark Nord/ Stadion Bonn (Kap. 10.164, davon 2.628 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 7.500 (davon 6.193 Zahlende und ca. 1.500 Viktoria-Fans)
- Unterhaltungswert: 7,0/10 (Gutes, schnelles und bis zum 1:3 auch spannendes Spiel vor großer aber nicht unbedingt stimmungsvoller Kulisse) Bonner SC v Viktoria Köln 1:4 
Photos with English Commentary:
Mittelrhein Regional Cup Final: Bonner SC lost to Viktoria Köln at Sportpark Nord (Bonn)

Letztes Jahr kurz nach Christi Himmelfahrt/Männertag hatte ich Rama, einer guten Freundin aus Syrien die in Halle studiert und die dort typischen Szenen zu Christi Himmelfahrt bzw. dem Männertag gesehen hatte, erklärt, dass dieser 40. Tag nach Ostern ursprünglich ein christlicher Feiertag (derselbe, eher weniger bedeutende Feiertag, den sie auch als Muslima von ihren christlichen Freunden aus Syrien kannte) ist, aber seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als Tag für Saufen und Randale (im Arabischen klingen beide Worte sehr ähnlich: „yaum ash-shurb wa ash-sharab) sei. Ich hatte das dabei auf ganz Deutschland bezogen, da ich an Männertagen immer nur im Norden und Osten Deutschlands unterwegs war, wo – wie z.B. im Raum Halle – Saufgelage, Verkehrsgefährdung durch untüchtige Fahrzeuge oder Fahrer, Pissen in aller Öffentlichkeit, Vandalismus, Schlägereien etc. an diesem Tag als normal erachtet werden. Hier im für deutsche Verhältnisse religiös-konservativen Rheinland war aber nicht viel los. Keine besoffenen Asis in Bonn. Weder in der Stadt (abgesehen von denen, die so wie so jeden Tag besoffen am Bahnhof rumhängen) noch beim Fußball! Also meine Beschreibung eines Sauf-und-Krawall-Tages in der gesamtdeutschen Kultur muss ich wohl doch mal überdenken, wenn ich von Ausländern nochmal darauf angesprochen werde... Nicht überdenken werde ich allerdings – v.a. hier im Rheinland nicht – meine zurückhaltende Einstellung zu einem typischen positiven Deutschland-Klischee, das u.a. fast alle Araber haben: Deutsche seien so zuverlässig. In der Realität sind insbesondere Schüler und Studenten oft alles andere als zuverlässig, selbst wenn sie fleißig und leistungsfähig sind. Verspätungen, Verpassen von Verabredungen und mittlerweile auch in großem Maße Arbeitsverweigerung (das aber v.a. bei Arbeitnehmern der Bahn und Post) gehören mittlerweile auch bei Ur-Deutschen zur Normalität. Insbesondere im Rheinland empfinde ich die Unzuverlässigkeit bei Verabredungen sehr auffällig: von geplanten vier Kommilitonen (davon drei Deutsche bzw. zwei Rheinländer) fand sich nur einer zum heutigen Pokalfinale im Sportpark Nord ein: und zwar ich...

Da ich keine Karte hatte und die Bonner zu blöd waren mehr als zwei Kassen zu öffnen, stand ich erstmal 30 Minuten an. Im Vorverkauf waren schon 2.200 Karten abgesetzt worden und am Spieltag gingen noch mal über 5.000 über die Theke. Die Tickets waren ausgesprochen preisgünstig: 8€ Stehplatz, 12€ Sitzplatz und als Student, Rentner usw. zahlte man nur die Hälfte. Ich bekam also für 4€ ein Spiel zwischen dem Zweiten der Mittelrheinliga und dem Zweiten der Regionalliga geboten! Wenn ich daran denke, dass am Vortag in Halle das Landespokalfinale von Sachsen-Anhalt, das mit der Paarung HFC (3. Liga) gegen VfL 96 (5. Liga, Oberliga) keineswegs interessanter war, stieg: dort hätte ich mindestens 9€ und für einen Sitzplatz sogar bis zu 19€ hinlegen müssen (Vollzahler sogar 22€) – ein weiteres Beispiel dafür, dass in NRW viele Dinge doch preisgünstiger sind als im Osten.

Das Stadion füllte sich bis zum Anpfiff zu 75%, was meine Erwartungen übertraf. In jedem Fall handelte es sich bei diesem guten Besuch um einen Zuschauerrekord für das Verbandspokalfinale. Dass in Sachsen-Anhalt z.B. mehr als doppelt so viele zu so einem Spiel kommen, ist etwas anderes. Dass dort außer einer Handvoll Halb-Ultras auch noch andere Zuschauer richtig mitgehen, ebenfalls. Sieht man einmal von ein paar Pöbeleien und Schlägereiandrohungen – teilweise von Rentnern gegen Jugendliche ohne triftigen Grund – ab, war das eine sehr friedliche Atmosphäre.

Was meine Erwartungen noch viel weiter übertraf als die Zuschauerzahl, war das Niveau des Spiels. Zum ersten Mal sah ich von Viktoria Köln keinen hässlichen, beschissenen, langweiligen Anti-Fußball. Kein 0:0 halten, kein 1:0 über die Zeit retten. Der Bonner SC war die eine Klasse schwächer, aber er hielt in der ersten Hälfte gut mit und forderte die Kölner wirklich gut. Nach der schnellen 0:1 Führung glich Bonn in gleicher Form – schneller Angriff nach Eindringen in den Strafraum souverän abgeschlossen – aus. Kurz darauf ging zwar Viktoria wieder 1:2 in Führung durch einen wuchtigen Schuss unters Tordach, aber bis zur Mitte der zweiten Hälfte war das Match spannend. Dann konterte Köln und setzte den Ball ins lange Eck zum 1:3. Die Partie war dann entschieden, aber Bonn hatte nun die offensivste Phase. In der Schlussphase gab es auch endlich mal etwas Stress auf dem Platz, da der Kartenschoner von Schiri ein Handspiel im Viktoria-Strafraum übersah und keinen Elfer gab. Kurz darauf gelangte nach einer Unterbrechung wegen Rudelbildung der Ball in Besitz der Kölner, die einen Konter zum etwas zu hohen 1:4 einnetzten. Der Sieg für die Viktoria, oder wie ein paar Bonner in meiner Ecke so schön meinten „Ficktoria Dich Köln“ (im Dialekt wird hier oft auch noch das V tatsächlich wie ein F gesprochen, was dieses Wortspiel noch passender macht), war aber eindeutig verdient. Schade ist halt nur, dass der Underdog hier keine große Chance hatte, das zweite wichtige Spiel innerhalb kürzester Zeit vergeigte (den Aufstieg in die Regionalliga, in der sie spielerisch wohl auch wenig ausrichten könnten, haben sie letzte Woche so gut wie verspielt) und Viktoria Köln hier den mit der Ausschüttung einer sechsstelligen Summe verbundenen Einzug in den DFB-Pokal schaffte. Bonner SC v Viktoria Köln 1:4 
Statistik:
- Grounds: 1.364 (heute 0 neue; diese Saison: 209 neue)
- Sportveranstaltungen: 2.375 (heute 1; diese Saison: 263)
- Tageskilometer: - (-)
- Saisonkilometer: 52.880 (37.284 Auto/ 8.200 Flugzeug/ 4.760 öffentliche Verkehrsmittel/ 1.990 Fahrrad/ 20 Schiff, Fähre) - Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 70 [letzte Serie: 13, Rekordserie: 178]
- Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 459

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