Hallescher FC 1:0 1. FC Magdeburg
Sonntag, 8. März 2009 - Anstoßzeit 14.15
Regionalliga Nord (4. Liga, Halbprofiliga)
Ergebnis: 1:0 nach 92 Min. (45/47) - Halbzeit 1:0
Tor: 26. Markus Müller
Verwarnungen: HFC; David, Lachheb - FCM; Braham, Vujanovic, Gewelke, Rosin
Platzverweise: David; HFC, 78. wiederholtes Foulspiel
Besondere Vorkommnisse: a) Anpfiff erfolgte mit 15 Minuten Verspätung wegen enormen Zuschauerandrang, b) Halbzeit dauerte wegen Pyro-Einlagen beider Fankurven 30 Minuten, c) Spielunterbrechung von 15 Minuten in 75. aufgrund von Handgreiflichkeiten im Gästefanblock
Stadion: Kurt-Wabbel-Stadion (Kap. 13.322, davon 4.072 Sitzplätze)
Zuschauer: 10.851 (3.000 Gästefans)
Unterhaltungswert: 7,0/10 (ziemlich unterhaltsam - Spielqualität 6,0/10; Atmosphäre 7,5/10)
Im Vorfeld des Spiels versuchte die im Raum Halle/ Merseburg gängige Presse ungewohnt sachlich zu bleiben, anstatt Ängste zu schüren, wobei die MZ im Sportteil beispielsweise auf das bunte Ausmalen des Szenarios, die menschenfressenden Horden so genannter FCM-Hooligans werden ganz Halle niederbrennen, verzichtete, und stattdessen mehr die 0815-Meldungen brachte. Eine davon ist die der zwei Hoffenheimer Spieler, die zu spät zur Dopingkontrolle kamen.
An dieser Stelle sei aber auch erwähnt: stark, dass der MZ-Kommentator, der seine Gedenken zum fraglichen Artikel äußerte, es sich nicht nehmen lies, den „Skandal“ gelassen zu betrachten. Nur hätte er auch auf den eigentlichen Skandal, nämlich das Verhalten von DFB, DFL, FIFA und WADA, hinweisen sollen. Reine Wichtigtuerei und Mediengeilheit! Man denke nur an das System „ADAMS“ und entsprechende Regelungen, dass die Sportler 365 Tage im Jahr für diese rechthaberischen Hansel von Dopingärzten zu jeder Unzeit antanzen müssen, was von Tennisprofi Rafael Nadal ua. mit „Verfolgungswahn“ kommentiert und von Peter Schaar (Bundesbeauftragter für Datenschutz) ua. wegen ,,lückenlose[n] Aufenthaltskontrolle[n], unzureichende[m] Datenschutz und Generalverdacht gegen Athleten“ kritisiert wurde. Dass viele Fans auch noch auf die Dopinghysterie eingehen, ist wirklich bedenklich. Eigentlich wäre das Thema einen eigenen Blog-Eintrag wert, doch mit derlei Scheiße will ich mich eigentlich nicht befassen - wer so hohl ist, die Tätigkeit der WADA widerspruchslos zu befürworten oder Strafen für die zwei Hoffenheimer Kicker fordert, dem ist ohnehin nicht mehr zu helfen.
Beim Einlass war dann eine weitere Krankheit des Sports Nr. 1, der Sicherheitswahn, zu beobachten: die Einlasskontrollen wurden zwar von recht anständigen und keineswegs provozierend oder arrogant auftretenden Ordnern (um ein Vielfaches angenehmer als in der verkommenen Bundesliga!) durchgeführt, doch das derartig pingelig, dass das Spiel mit 15 Minuten Verspätung beginnen musste. Wir standen auch immerhin fast 30 Minuten vor den Stadiontoren, obwohl wir ganze 70 Minuten vor Spielbeginn erschienen waren.
Die erste Halbzeit des Spiels wusste bis zur 25. durch rein gar nichts zu überzeugen. Was die beiden Mannschaften da spielten, war so derartig beschissen, dass ich mich da nicht länger dran aufhalten will, da ich jeden einzelnen Spieler, außer einige Abwehrspieler und den Torwart des HFC kritisieren müsste, was die Quote an Schimpfworten und Kraftausdrücken in meinem Bericht noch enorm steigern würde. Und die Quote wird schon hoch genug... Nur so viel: bis zur 25. hatte der FCM eine und der HFC gar keine Torchance und das Spielniveau war bestenfalls Alte Herren Freundschaftsspiel, wobei ich auch schon Spiele der Ü-40 gesehen habe, die besser waren, als diese ersten 25 Minuten.
Als diese dann endlich verstrichen waren, hatte der HFC seine erste richtige Chance im Spiel. Die Abwehr des FC Magdeburg bekam eine gut hereingebrachte Ecke, die von Markus Müller per Kopfball aufs Tor gebracht wurde, nicht mehr heraus. Das 1:0 für die zu diesem Zeitpunkt des Spiels (geringfügig) noch schlechtere dieser beiden sehr schlechten Mannschaften.
Nach diesem Tor ging aber ein Ruck durch beide Teams und in den nächsten 20 Minuten bis zur Pause zeigten sie mit Fouls wie auch mit stark geführten Zweikämpfen und Laufduellen, dass sie den Fans dann doch noch etwas zeigen wollten.
Während die ersten 25 Minuten eine Spielbewertung von 0,5/10 (totale Scheiße) verdienten, muss man den Minuten 26-45 eine Bewertung von 4,0/10 (leicht unterdurchschnittlich) gewähren.
Die zweite Halbzeit, die aufgrund einer ordentlichen Pyro-Show beider Fankurven (mehr siehe übernächster Abschnitt) später anfing, verdiente dann eine Spielbewertung von durchgängig 7,0/10 (gut). Denn nicht nur die Fans brannten von Zeit zu Zeit Feuerwerk ab, sondern im übertragenen Sinne auch die Spieler. Es blieb engagiert und hart, und nun drängte der FC Magdeburg viel mehr aufs Tor als der Hallesche FC. Doch die Gastgeber zeigten im Duell 2. gegen 3. warum sie vor den Gästen stehen: ihre Abwehr ist einfach noch einen Tick besser. Der Sturm, der meisten grottenschlecht ist, aber von Zeit zu Zeit auch mal seine Lichtblicke hat, ist zwar kaum Oberligareif, doch die Abwehr hat schon ein beachtliches, bundesligataugliches Format. Der aus Monastir stammende Tunesier Lachheb hat seine Kollegen schon gut im Griff und zeigt selber oftmals ziemlich gute Spiele und der fast 36jährige kroatische Torwart Darko Horvat hält seinen Kasten in vielen Spielen sauber. Nur 8 Gegentore in 21 Spielen ist hervorragend, doch selber nur 24 Tore in 21 Spielen zu erzielen, ist Niveau unteres Mittelfeld. Spiele des HFC sind also zumeist ein Graus für Freunde wilden Offensivfußballs. Aber den bot, vor allem ab der 60. und noch mal eine Spur schärfer ab der 78. aufgrund eines nicht unberechtigten Platzverweises für Pavel David, ja immerhin der 1. FC Magdeburg. Belohnt wurde er allerdings nicht, obwohl ich in der 91. Minute den Ball, der aus 20 Metern aus ruhender Lage an den von Horvat aus gesehen rechten Innenpfosten klatschte, schon ins Tor springen sah. Ich dachte in den Sekundenbruchteilen nach dem Pfostentreffer schon an die Wutausbrüche der Fans gegenüber von uns, doch dann sah ich, dass der Ball die Torauslinie entlang rollte. Kurz darauf war dann auch Schluss und die Spieler der Heimmannschaft konnten sich von ihren Fans feiern lassen.
Das Schiedsrichtergespann verdient zu allererst eine Erwähnung, da sie aus Stuttgart kamen um dieses Spiel zu leiten, dann, weil sie auch Bundesligaspiele leiten, und schließlich, weil sie mich immer wieder an den Rande regionalrassistischer Sprüche brachten, mit ihrem kleinlichen Gepfeife. Da mir aber die Baden - besonders im Umfeld des KSC - mit ihren hirnverbrannten Slogans wie „Badener ist das Höchste, was ein Mensch werden kann“ noch viel mehr zuwider sind, als ihre Stuttgarter und andere Rivalen aus Schwaben, verzichtete ich darauf, mich auf das Niveau „Haut die scheiß Schwaben-Schaben vom Feld“ herabzulassen. Die drei, die jede gleiche Höhe als Abseits stoppten und das Spiel viel zu lange anhielten bei den Pyroaktionen, hießen übrigens Marcus Schmidt, Stefan Lupp und Michael Karle.
Größte Unverschämtheit von ihnen war allerdings folgende: nach 27 Minuten Lachhebs Magdeburger Landsmann Braham berechtigterweise Gelb zeigen, sich dann aber in schöner regelmäßig von diesem Bauern aus Bembla nerven lassen, der Gegenspieler provozierte, foulte und zudem regelmäßig Elfmeter oder Karten forderte, ist höchst inkonsequent. Es sei übrigens noch erwähnt, dass Lachheb und Braham sich nicht besonders gut leiden können. Während andere Spieler des Halleschen FC bzw. des FC Magdeburg nach Abpfiff sich die Hand gaben, meckerte Braham noch auf die Schiedsrichter ein und Lachheb ging an Braham vorbei. Beide ignorierten sich. Im Hinspiel waren sie ja auch recht heftig aneinander geraten.
Nun zu dem Punkt, ohne den ich nie zu diesem Spiel gegangen wäre: den Fans. Wie eingangs beschrieben, blieb die Presse recht sachlich und schon einmal vorweg: Respekt an den mdr für einen an Sachlichkeit und Richtigkeit kaum zu überbietenden Artikel
.* Da wurde mal wirklich drauf verzichtet, über „sogenannte Fußball-‚Fans’“ herzuziehen und stattdessen sachlich daraufhin gewiesen, dass die Ordner in einem Punkt versagten.
Wie auch immer, erstes Highlight war die Choreo der Heimfans. die rechtzeitig zum Einlauf der Mannschaften entrollt und bis kurz nach Anpfiff hochgehalten wurde. Immer wieder stark, wie Leute - also: Ultras - Stunden um Stunden aufwenden, um dann zwei, drei Minuten, teils sehr aufwendige, für den Einmalgebrauch bestimmte Kunstwerke zu zeigen.
Von mir aus gesehen auf der linken Seite 12 rote, etwa zwei Meter breite Folienstreifen, auf der rechten dasselbe in weiß. Damit sind die Vereinsfarben abgedeckt und zudem noch eine Anspielung auf: der 12. Mann - die Fans. Dazwischen im oberen Bereich rote und weiße Papptafel, darunter im unteren Bereich eine schwarz-weiß karierte Flagge, auf der, teils nach oben überstehend, zwei Schachfiguren - ein roter König und ein blauer Bauer gezeigt werden. Rechts und links oberhalb in vier stilisierten Uhren auf Goldgrund die Ergebnisse der beiden letzten Aufeinandertreffen: 4-3 (nach Elfmeterschießen) und 2-1. Am Zaun dann ein Spruchband auf schwarz-weißen Karos gerahmt von roten und weißen Flächen: „König schlägt Bauer.“ Nicht zuletzt auch auf den üblichen Schmähspruch „die Bauern aus Magdedorf“ bezogen.
Die Bauern - ähm: Fans - aus Magdedo... -burg hatten leider keine Choreo (möglicherweise verboten worden, wenn ja, ist es natürlich eine Unverschämtheit, dass auf der HFC-Website deswegen über die „Langweiligkeit“ der Gästefans hergezogen wird) und glänzten bis zur Pause nur mit einer Schalparade und mittelmäßig lauten Standardanfeuerungen. Dasselbe tat dann auch der Heimanhang: Standardanfeuerungen. Und mal wieder nur die Kurve. Einzig beim Wechselgesang „Chemie - Halle“ gingen die Sesselfurzer auf der Haupttribüne (die aktiveren Fans von Gate A und Mücheln im Block A sind damit nicht gemeint**) und die Spießer in unserem Block mit. OK, sonst gingen wir beide ja auch nicht, ab mangels Stimmung direkt um uns herum.
Pünktlich zur zweiten Halbzeit - sehr absehbar - ging es in beiden Kurven gut ab: eine ordentliche Feuerwerksshow auf beiden Seiten.
Die Gästekurve mit grün-blau-rot-weißen Rauchbomben - Zitat einer Kutte neben mir: „Ach diese dummen Hunde!“, Bemerkung von meinem Vater zu ihm: „Kommt wenigstens Farbe ins Spiel!“ - und die Heimkurve untermalte dutzende Doppelhalter mit einem guten Dutzend Bengalfackeln.
Der Schiedsrichter rief lächerlicherweise beide Mannschaften in die Kabine und verzögerte den Wiederbeginn somit um 15 Minuten und der Stadionsprecher vergeigte sein Ansehen bei mir, indem er sich nicht entblödete, die (natürlich aus guten Gründen verbotene) künstlerische Darbietung mit Gesülze zu stören. Für den Spruch mit den „Idioten“ sollte er eigentlich eine ordentliche Schelte kriegen, da es sich um eine direkte Beleidigung handelt. Und wenn der Stadionsprecher die Gästefans - oder auch nur einen Teil von ihnen - als „Idioten“ dahinstellt, ist es eine ganz andere Sache, als wenn ich hier in meinen Texten derlei Worte benutze. 1. Verantwortungslos, da die Stimmung anheizend und 2. an der Grenze zum Tatbestand der Beleidigung.
Bis zur 75. blieb es fantechnisch höhepunktslos - einzig ein paar Spruchbänder, gegen Datenmissbrauch, für die HFC-Fanszene und in Erinnerung an einen verstorbenen Fan, wurden von der Heimseite entrollt - doch dann sorgten die Ordner für ein zweifelhaftes Highlight. Ein Magdeburger Fan regte sich über Spieler und Linienrichter auf und - um zu provozieren - kletterte er auf den Zaun und pöbelte herum. Es bestand keinerlei Grund für den Ordner - eigentlich müsste man „so genannter ‚Ordner’“ schreiben - den Fan, der auf der zur Stehtribüne hin liegenden Seite herumkletterte, mit einem Faustschlag*** vom Zaun zu hauen, sodass dieser mit dem Hinterkopf auf den zwei Meter tiefer liegenden Betonboden aufschlug. Wenn der Fan wirklich über den Zaun gesprungen wäre (höchst unwahrscheinlich), hätte ihn man problemlos und mit Recht in der Polizeikette abgefangen und festgenommen. So entwickelte sich ein Handgemenge - nicht unbedingt mit Recht, aber völlig nachvollziehbarerweise - im Gästesektor. Das war den schwäbischen Weicheiern natürlich zu wild und wieder hieß es 15 Minuten Pause, was natürlich auch mit der Pyrotechnikaktion, die die geklaute HFC-Fanatics-Fahne in Rauch aufgehen ließ, zu tun hatte.
Als dann abgepfiffen wurde, jubelte der ganze Heimbereich und am Heimfanblock wurde ein Transparent entrollt, dass sich auf die Choreo vorm Anpfiff bezog: „Schach matt!“
*Leider nicht so gelungen ist das Video unten: a) interessiert keine Sau, was der DFB-Spielbeobachter zu seiern hat, zumal der nur mal die Glotzen hätte aufmachen müssen: da muss nichts geprüft werden, das haben genug Leute im Stadion gesehen, b) weiß ich nicht, wo der FCM-Trainer bisher Fußball gespielt und trainiert hat, dass er so etwas noch nie erlebt haben will und c) ist das Video mal wieder unnötig dramatisierend. Einzig das asozialen Verhalten von Braham (Der Bembla-Bauer zu HFC-Spielern: "Ihr Arschlöcher!") lohnt sich im Video zu beachten.
**Zitat zu den Fans in Block A von Kirps: „Ich setze mich in Block E. In A sind die ganzen Chaoten!“ - Meine Bemerkung dazu: ,,Ja, ja... Und Reizenstein ist der größte Chaot! Heizt da die Stimmung übelst an...“ (Die betreffenden Personen wissen, was gemeint ist). Der „Ober-Chaot“ meinte nach dem Spiel übrigens zu uns: „Ach so, ja: die Kleenen hab ich bei der Schwiegermutter abgegeben. Denen kann man noch nicht so ein Spiel antun.“ Damit hatte er übrigens vollkommen Recht. Zumindest in der Heim- und der Gästekurve und in Schussweite der Gästefans haben die U-14 Jungs und Mädels meines Erachtens nichts zu suchen. Von den vielen Neuerungen, die der moderne Fußball brachte, sind zwar meines Erachtens 90% Scheiße hoch drei, doch die Familienblöcke oder Kindersektoren sind in vielen, auch keineswegs kommerzialisierten Ligen Gang und Gebe. Und das zu Recht!
*** Hab's aus der Entfernung als Faustschlag wahrgenommen. War allerdings ein Zerren und Stoßen am Bein. Mittlerweile hat sich ein ehrlicher Redakteur des mdr um die Verwertung der Amateuraufnahmen dieser Szene gekümmert. Also wer mir die Beschreibung nicht glauben will: bitte mal hier den lieben, guten Ordnungshüter ansehen!
Statistik:
Ground Nr. 283 (kein neuer Ground; diese Saison: 53 neue)
Sportveranstaltung Nr. 764 (diese Saison: 131)
Tageskilometer: 30 per Rad
Saisonkilometer: 18.150; also 9.270 Auto/ 3.060 Fahrrad/ 2.960 Flugzeug/ 2.860 Bahn
Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 3
Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 136
Fotos unter:
http://s181.photobucket.com/albums/x68/fchmksfkcb/090308%20HALLESCHER%20FC%201-0%20FC%20MAGDEBURG/