- Datum: Sonntag, 16. August 2015 – Beginn: 8.15
- Wettbewerb: Kantonaler Wettkampf im Schwingen mit internationalem Teilnehmerfeld
- Ergebnisse: Sieger = Räbmatter Patrick (Aargau)
- Wettkampfort: Turn- und Schwingplatz Ormalingen (Kap. 2.000, davon 1.500 temporäre Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 2.200
- Unterhaltungswert: 7,0/10 (Sehenswerte Sportart mit interessantem volkstümlichen Drumherum)
MSC Philippsburg ............................................... 4
Motoballvereniging Budel ................................... 4
- Datum: Samstag, 15. August 2015 – Beginn: 18.00
- Wettbewerb: Motoballbundesliga, Süd-Gruppe (1. Spielklasse im deutschen Motoball)
- Ergebnis: 4-4 nach 80 Minuten (4x20); Viertelstände: 0-3, 1-1, 1-0, 2-0
- Tore: 0-1 1. Miel Looymans, 0-2 16. Miel Looymans, 0-3 17. Miel Looymans, 0-4 22. Miel Looymans, 1-4 37. Jan Zoll, 2-4 46. Jörg Leipert, 3-4 72. Jan Zoll, 4-4 78. Jan Zoll
- Grüne Karten (2 Minuten): Nr. 10 (Budel), Jan Zoll (Philippsburg)
- Gelbe Karten (5 Minuten): keine
- Rote Karten (Platzverweis): keine
- Spielort: MSC Arena (Kap. 1.300 Stehplätze und 36 gesperrte Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 100 (davon Gästefans: 0?)
- Unterhaltungswert: 7,5/10 (Gutes und sehr spannendes Spiel)
Headis World Championship 2015
- Datum: Samstag, 15. August 2015 – Beginn: 10.00
- Wettbewerb: Internationales Turnier im Headis
- Ergebnisse: siehe Website Headis
- Spielort: Freibad Waschmühle, Kaiserslautern (Kap. der Sportwiese: je ca. 50 Stehplätze pro Platte, Kap. der Schwimmsportanlagen: 400 Stehplätze)
- Zuschauer: ca. 50-100 (spielfreie Aktive, Fans, Badegäste)
- Unterhaltungswert: 7,0/10 (Sehr originelle und auch unterhaltsame Sportart!) Photos with English Commentary:
a) Headis: World Cup in Kaiserslautern
b) Motoball: MSC Philippsburg v MBV Budel
c) Schwingen: Traditional Swiss Wrestling in Ormalingen
d) Switzerland, Basel County: Farnsburg, Bischofstein, Fluematten, Augst
Beim Spiel der deutschen Australian Football Liga zwischen Köln und München unterm Kölner Fernsehturm hatte ich zwei junge Frauen gesehen, die „Tischtennis“ mit einem handballgroßen Gummiball, den sie mit dem Kopf auf die andere Seite der Platte beförderten, spielten. Irgendwie hatte ich auch schon mal etwas von einer neuen Sportart wie „Kopfballtischtennis“ gehört. Einmal gegoogelt und schon war ich auf der Website für „Headis“, wie sich diese 2006 erfundene Sportart nennt. Die beiden Frauen waren wohl eher die Ausnahme im Headis, denn es gibt nur 60-70 aktive Spielerinnen gegenüber weit mehr als 300 aktiven Männern. Und an diesem Wochenende trafen sich anlässlich der Weltmeisterschaft, dem wichtigsten Turnier des Jahres, diese zumeist jungen Sportler, im Freibad Waschmühle in Kaiserslautern, wo dieser Sport erfunden wurde. Ein Sportstudent der Uni Saarbrücken hatte nämlich den Bolzplatz auf der Sportwiese des Schwimmbads belegt vorgefunden, sodass er mit seinen Kumpels auf die Idee kam, den Ball über die nicht belegten Tischtennisplatten zu köpfen. So schnell kann man einen Sport erfinden: eine originelle Idee und als Sportstudent auch noch die Möglichkeit sie etwas zu institutionalisieren! Es gibt nun ein festes aber überschaubares Regelwerk und offizielle Bälle (leichte, aufpumpbare Gummibälle), die über Standard-Tischtennisplatten geköpft werden.
Die Zählweise entspricht jener beim Tischtennis, nur fand ich diese Headis-WM erheblich unterhaltsamer als Tischtennis. Im Gegensatz zu den Pingpongfritzen haben die Headis-Sportler kein Problem mit Lärm, nahe an der Platte rumlaufenden Zuschauern und andere lächerliche Allüren. Durch den Körpereinsatz scheint Headis auch athletisch anspruchsvoller als Tischtennis zu sein, denn vor allem etliche männliche Sportler hechteten sich wild nach dem Ball, stützten sich auf der Platte ab um geschickte Kopfbälle zu präsentieren oder retteten einen Kantenball noch mit einem Sprung auf den Boden wo sie den Ball in 30cm Höhe noch einmal zurückbeförderten. Manche schafften es übrigens auch beim Anwurf durch geschicktes Drehen des Balles beim Abwurf ihn mit Spin zu köpfen. Und das bei Dauerbeschallung von Dancehall, Rap und Rock durch den DJ... Das schnelle und dynamische Spiel hat zwar einen Wettkampfcharakter, aber der Spaß steht klar im Vordergrund. Ich hätte auch noch länger als drei Stunden bei dieser sympathischen Veranstaltung bleiben können, aber ich machte mich für einen noch erheblich spektakuläreren Sport nach Philippsburg, zwischen Speyer und Karlsruhe in Baden gelegen, auf... Wirtschaftlich ist Philippsburg Vielen wegen des Atomkraftwerkes ein Begriff, dessen Kühltürme man auch vom Motoballplatz sieht. Der Motoballplatz liegt in einer Sackgasse auf einer per Deich vom Altrhein-Zufluss getrennten Wiese. Die Platzanlage an sich ist sehr schlecht: offensichtlich wurde eine Wiese mit einer Schicht grauem, feinen Schotter oder Kies bedeckt – hier drückt offenbar stets Grundwasser auf den Platz hoch, sodass hier häufiger als anderswo Spiele abgesetzt werden müssen da der Platz unbefahr- bzw. unbespielbar ist. Zu diesem miesen, dem Standort geschuldeten Platzbelag (eine Modernisierung wie in Kuppenheim oder Ubstadt mit Verbundpflaster dürfte unmöglich sein aufgrund des unsteten Untergrunds) passt auch die Tribüne, die wohl „Bob The Cowboy Builder“ oder sein deutscher Kollege „Bob der Pfuscher“ höchstpersönlich errichtet hat: drei Reihen, sechsunddreißig Plätze, ordentliche Lehnen, gutes Stahlgerüst – aber dann in die Brombeerhecken zwischen einen Container und dem ordentlichen Vereinsheim gestellt, sodass keine freie Sicht aufs Spielfeld möglich ist... Die Tribüne war gesperrt – für die in der Südgruppe üblichen 6€ Eintritt (hier auch Ermäßigungen für Studenten: 4,50€) konnte man aber sehr schön vom Deich aus zugucken oder an der Bande stehen. Auf einigen Plätzen hat man Sicht auf die Bahnstrecke, den Turm der barocken Kirche oder das Atomkraftwerk.
Das Hinspiel hatte ich gesehen: Philippsburg und Budel lieferten sich in den Niederlanden ein hervorragendes Match, das mit einem sehr torreichen aber knappen Sieg der Niederländer endete. Heute ging es mehr denn je für den Gast aus Budel um die Play-offs. Man merkte es ihnen auch an: Budel hatte Anstoß, trug souverän seinen Angriff vor und schoss nach 20 Sekunden das 0:1. Bis zur ersten Pause hatten sie die Gastgeber soweit im Griff, dass sie mit sparsamer Chancenverwertung und souveräner Abwehrarbeit 0:3 in Führung gingen. Im zweiten Viertel legten sie schnell zum 0:4 nach und Philippsburg schien kein Mittel gegen die gute Abwehr und den starken Torwart zu finden. Das disziplinierte und faire Spiel wurde von beiden Teams trotz dünner Personaldecke (8 gegen 7 Spieler, d.h. nur drei bzw. zwei Auswechsler und Philippsburg türkischer Spieler packte sich ziemlich heftig kurz vor dem 0:3, sodass er erst zum Ende der Partie noch mal auf dem Platz war bzw. erst am darauffolgenden Tag, wo das Nachholspiel gegen MSC Mörsch mit 17:0 gewonnen wurde, wieder richtig per Treffer in Erscheinung trat) gemeistert. Also eigentlich hatten sie somit nur 2 Wechsler pro Team die meiste Zeit über. Jedenfalls erzielte Philippsburg kurz vorm Seitenwechsel endlich den Treffer zum 1:4. Nach dem Seitenwechsel verkürzten sie auf 2:4, doch wenn man beachtete, dass sie die fahrerisch schwächere Mannschaft waren, erwartete man immer noch nicht, dass sie das Spiel noch drehen würden. Doch im letzten Drittel ließ Budel etwas nach und der MSC gab nun alles, sodass sie nach zwei Toren ihres besten Spielers den überraschenden, aber dennoch verdienten Ausgleichstreffer zum 4:4 schafften! Nach dieser tollen Motoballpartie fuhr ich zwei Stunden nach Süden, nach Mulhouse. Im F1 kann man für weniger als 30€ pro Zimmer übernachten – in der benachbarten Schweiz bekommt man dafür gerade mal ein normales Mittagessen und Hotels kosten locker 100€ die Nacht. Im Übrigen ist mir dieses korrupte, überhebliche und völlig überbewerte Land absolut unsympathisch. Das Einzige was mich an der Schweiz interessiert, ist ihre Sportszene. Burgruinen in grüner Berglandschaft gibt es in Österreich und Teilen Frankreichs und Deutschlands mehr und schönere und städtebaulich ist die Schweiz unansehnlich. Ohnehin weiß ich nicht, was die Scheiße soll, in die Schweiz zu fahren, um die Alpen zu besuchen: in Deutschland und Österreich sind Preis-Leistungs-Verhältnis schon nicht gut, in Frankreich und Italien noch schlechter: aber Schweiz und Lichtenstein sind einfach total überteuert und bieten dazu nur Dürftiges. Aber wenn man in Frankreich (je nach Ziel Mulhouse, Montbeliard etc.) günstig übernachtet oder in Süddeutschland campt und in jedem Fall vorher in Deutschland günstig einkauft, kann man einen Tagesausflug in die Schweiz machen. Dann noch mit der Visa von z.B. der DKB ohne Gebühren und mit Belastung in Schweizer Franken (nicht in Euro) Geld abheben und dieses nur für Eintrittskarten ausgeben und man hat dem korrupten Staat, der mit zweifelhaften Banking-Machenschaften von einer ärmlichen Bauernrepublik zu einem der reichsten Länder der Welt wurde, das aus unerfindlichen Gründen auch noch angesehen ist – von wegen Neutralität aus Weisheit: Feigheit und Ignoranz sind es, weswegen man sich aus allem raushält, denn Neutralität heißt auch, niemanden zu unterstützen und zu helfen – so wenig wie möglich Geld dagelassen. Da die Schweiz wie Nachbar Lichtenstein ein Geldlagerplatz für Bankenkriminelle und Schwer- sowie Kriegsverbrecher aus allen Teilen der Welt ist, gelten ein paar abstruse Bestimmungen. OK, die Schweiz ist das Land der abstrusen Bestimmungen: immerhin wurden die Fahrradnummernschilder nach einer Regeländerung bei der Haftpflichtversicherung abgeschafft, aber wenn man meint, in Deutschland sei jede Scheiße reglementiert, hat man von den Regeln zur Meerschweinchenhaltung oder Papiertellerverbote in Crèperien in der Schweiz noch nichts gehört. Aber wenn man an Geldautomaten genötigt wird, mindestens 100 Franken (95€) abzuheben, hört der Spaß irgendwo auf. Denn viele ausländische Besucher sind Tagestouristen aus Deutschland und Frankreich, die wissen, dass sie beim Bargeldtausch abgezockt werden und deshalb UBS und Konsorten aufsuchen – die sind allerdings eher auf schwerreiche Touristen, die wochenlang in der Schweiz bleiben, und diverse Diktatoren samt Anhang, die nicht unter 1.000 Franken pro Tag zurechtkommen, eingestellt... Hab dann später schwarz die Franken an einen Kumpel weiter getauscht, der demnächst ebenfalls von Frankreich aus die Schweiz besuchen will und mir entsprechend Euros bar gegeben hat...
Vor dem Besuch meines Tagesziels machte ich eine erste Besichtigung: die recht ansehnliche Burgruine Farnsburg steht zwischen Buus und Rickenbach, einige Kilometer südlich von Rheinstetten wo ich die Grenze passierte, frei zugänglich im Wald. Als Wanderzeit sind 20 Minuten auf einem Schild angegeben: eine Lachnummer für sportliche Eidgenossen und Touristen; in 7 Minuten stand ich auf der Zugbrücke, nach Besichtigung und Abstieg war ich 25 Minuten später wieder am Auto. Leider war es sehr neblig und regnerisch, sodass die Besichtigung nicht so toll war. Nach dem Schwingfest in Ormalingen, das Wetter war mittlerweile ganz angenehm, besuchte ich noch eine Burgruine bei Sissach, die Bischofstein, die noch abgelegener liegt (die laut Schild 40 Minuten Wanderzeit waren aber in 25 geschafft) und durch die Kammlage und den Turmstumpf des Bergfrieds, der mit einer steilen, 5m hohen Metalltreppe bezwungen werden kann, zu gefallen weiß. Weniger zu sehen gibt es im benachbarten Fluematten, wo sich außer den Wehrmauern vom mittelalterlichen Dorf nichts mehr erhalten hat. Sehenswert ist aber noch Augst (Basel Landschaft), das auf seinem Stadtgelände etliche römische Ruinen u.a. auch ein kleines Amphitheater, einen Tempel und ein gut rekonstruiertes und ziemlich stattliches Theater zu bieten hat. Alles ist frei zugänglich 24 Stunden lang – nur das Museum kostet Eintritt. Der Grund für meinen Schweiz-Ausflug war dann aber das oben erwähnte Schwingfest in Ormalingen, genauer gesagt das 100. Kantonale von Basel Landschaft, bei dem man für 18 Franken Eintritt um die 10 Stunden unterhalten wurde. Schwingen ist eine historische Variante des Ringkampfes, die in der Schweiz seit etwa 200 Jahren wettkampfmäßige Strukturen hat. Der Kampfstil ist natürlich sehr ähnlich dem Olympischen Ringen, ein paar Judo-Elemente kann man vielleicht auch ausmachen, aber eine Besonderheit ist der Griff an die Seite der Überhose des Gegners, an der auch ein Griff freigelassen ist. Wegen dieser Technik wird das Schwingen auch als „Hose(n)lupf“ bezeichnet. Die Hose ist eine Art Überhose oder Shorts aus Zwilch, darunter tragen die Athleten lange Hosen, die mehr oder weniger traditionell sind. Auch die langen Oberhemden kommen altmodisch daher, wie auch das gesamte Ambiente beim Schwingen. Aber das ist nicht nur ein ganz wichtiger Bestandteil dieser Sportart, schweizer Traditionen und Werte zu betonen, Folklore zu präsentieren usw. sondern das macht diese Sportart auch so interessant für einen Nicht-Schweizer, selbst einem der generell eine schlechte Meinung von Land und Leute hat.
Die Wettkampfkleidung der Athleten ist in jedem Fall ansehnlicher als die Wettkampfkleidung der olympischen Ringer. Noch schöner sind die klassischen Klamotten der Ringrichter, die überwachen, ob einer der Kämpfer mit Rücken oder Schulter auf dem Ringboden gelandet ist. Eine Besonderheit: der Ring, der etwas kleiner als eine Ringermatte scheint, ist mit ca. 10cm Sägemehl ausgelegt. Das Zeug ist schön weich, aber immer wieder holt der Ringrichter auch mal lange Holzstücke bis 15cm, die nicht richtig zermahlen wurden, heraus. Beim Schwingen steht der Schultersieg viel mehr im Mittelpunkt als beim Ringen. Schafft man nach 6 Minuten keinen solchen Sieg, wird der Kampf meist als Unentschieden gewertet (Schweizer-Deutsch: „gestellt“).
Bei diesem Schwingfest traten nur erwachsene Männer an. Es gibt offensichtlich kein Nachwuchsproblem beim Schwingen, sodass es auch etliche Schwingfeste für Junioren gibt. Sehr dünn ist es jedoch ums Wyberschwinget (offiziell wohl eher Frauen-Schwingen) bestellt: lange war in der konservativen Schweiz den Frauen ein Gesellschaftsstand, der keineswegs besser als in der Golfregion oder teilweise Schwarzafrika heute noch ist, zugedacht. Bei einer konservativen Sportart wie dem Schwingen hielt sich eine Anti-Haltung gegen Frauen im Sport noch länger als z.B. im Fußball. Aber seit den 90ern gibt es auch Frauen-Schwingen und mittlerweile auch 6 Schwingfeste pro Jahr. Dass es nicht so viele Frauen sind, die an diesen Wettkämpfen teilnehmen, ist aber auch klar: eine körperlich zierliche Frau, die z.B. einen Kampfsport oder Kampfkunst zur Selbstverteidigung sucht ist beim Schwingen auch so falsch wie beim Ringen, denn in erster Linie braucht man Kraft und Körpermasse und das beim Schwingen noch mehr als beim Ringen oder Judo, denn es gibt keine Gewichtsklassen und besonders viele Techniken, die wie beim Judo und Jujitsu auch körperlich unterlegenen Gegnern eine heftige und mitunter kampfbeendende Attacke gegen einen körperlich Überlegenen lehren, gibt es nicht. So sind auch die Frauen beim Schwingen überdurchschnittlich groß und schwer. Die Männer sind im Allgemeinen enorm stark gebaut und über 1,80m groß und mehr als 100kg schwer. Manche schaffen es auf über 150kg und um die 2m.
Je nach Art des Wettkampfes (Schwingfestes) muss ein Kämpfer 6 bis 8 Mal ins Sägemehl steigen um das Turnier zu gewinnen. Bei diesem Kantonalen waren es wie üblich 6, wobei es am Ende zu Platzierungskämpfen kam, wo erst der dritte Platz ausgekämpft wurde und dann der Gesamtsieger. Das besondere am Kampf um Platz 3 war, dass ein 38jähriger Athlet vorher angekündigt hatte, nach diesem Schwingfest seine Ringerschuhe an den Nagel zu hängen. Er gewann nach einer knappen Minute mit Schultersieg. Das Finale dauerte dann nur sechs Sekunden: dann war der 153kg schwere und ca. 1,95m große Aarauer Patrick Räbmatter (normalerweise wird die Reihenfolge Räbmatter Patrick genommen) auf seinem kleineren und leichteren, aber bis zu diesem 6. Kampf („6. Gang“) auch gegen derlei Kolosse heute unbesiegte Gegner, der mit dem Rücken im Sägemehl lag. Viele Kämpfe endeten vorzeitig, teilweise schon nach wenigen Sekunden. Es gab aber auch 6minütige Unentschieden, sodass alles was man im Ringkampfsport braucht, zu sehen war. Zwei Knieverletzungen gab es leider auch und mindestens zwei weitere Kämpfer bluteten nach versehentlichen Schlägen im Bodenkampf aus Wunden oder der Nase, aber ansonsten nahm niemand Schaden. Wie es sich für Amateursport gehört, ist Sponsoring beim Schwingen nicht im Mittelpunkt des Geschehens: von Kommerz keine Spur, Namenssponsoring tabu! Sehr originell ist der Fakt, dass nach wie vor die Schwinger mit Lebendpreisen und Sachpreise belohnt werden. Die ersten drei bekamen lebende Tiere, die auch mehrfach mit Blumen geschmückt präsentiert wurden. Platz 3 eine junge Kuh, Platz 2 ein junges Pferd und Platz 1 ein Bulle. Die sind sicherlich nicht als Haustiere gedacht, aber geschlachtet wurden die natürlich auch nicht gleich. Wenn man bedenkt, dass viele Schwinger (sofern sie nicht Handwerker oder Bauarbeiter sind) in der Landwirtschaft arbeiten, können sie solche Viecher wahrscheinlich direkt auf den Anhänger packen und in ihren privaten Stall stellen. Der Präsident des nächsten großen Eidgenössischen Schwingfestes gab ja auch an, hauptberuflich in der Landwirtschaft zu arbeiten und hobbymäßig Viehzucht zu betreiben. Natürlich waren im Interview auch noch erwähnt, dass er am liebsten Eglifilet isst und kalte Ovomaltine trinkt sowie volkstümliche schweizer Musik hört...
Apropos Volksmusik: so ein Schwingerfest ist voller Folklore! Nicht nur, dass immer wieder von Schweizer Werten und Traditionen die Rede ist: diese werden auch gelebt und das finde ich trotz Anti-Haltung zur Schweiz auch gut, denn wichtig ist für jede Gesellschaft und jeden Staat, wenn die eigenen Tradition gepflegt und andere, auch komplett fremde, akzeptiert werden im jeweiligen Rahmen (z.B. in Zuwandererfamilien oder in Orten, in denen Minderheiten siedeln). Letzteres ist in der Schweiz eher unbekannt, aber die eigene Kultur wird dafür umso mehr gepflegt. Natürlich ist die Fairness im Ring und auf den Tribünen (hier waren temporäre Holz- und Stahlrohrtribünen auf dem Grasplatz errichtet, die rund 1.500 Zuschauer fassten – am Ende waren aber auch die Stehplätze knallvoll, sodass 2.200 Zuschauer nur gerade so Platz fanden) kein besonderer schweizer Wert: in allen Kampfsportarten, v.a. den asiatischen, hat man Gesten wie den Handschlag und das Sägemehl vom Rücken des Verlierers Abwischen (Handschläge sind z.B. in Japan unhöflich, sodass sich verbeugt wird) und Randale gibt es nur ab und an beim MMA (z.B. bei manchen Events, die auf diesen ansonsten ebenso fairen Sport ein schlechtes Licht werfen, gibt es Schlägereien außerhalb des Rings, da Hooligans, Neonazis und Co. mit MMA-Lizenz, Freunde ohne Lizenz einladen, die es nicht lassen können, sich am Kampfabend auch zu versuchen), Boxen (an sich auch stets faire Kämpfe, hab aber bei jedem Bundes- und Oberligawettkampf wüste Beschimpfungen gehört, was auch kein Wunder ist, wenn man beim Profibox solchen Abschaum wie Mayweather jr. mit seinem Geprolle und Manuel Charr, einen Kriminellen der zu gewaltverherrlichender Musik in den Ring kommt, usw. sich austoben lässt) und Ringen (Mattenrichter aufs Maul hauen, siehe Greiz-Molsdorf...) – aber auch nur wenn ein bestimmtes asoziales Klientel vor Ort ist.
Wirklich schweizerisch ist natürlich die musikalische Untermalung. Während der Kämpfe kommt Volksmusik aus den Boxen, immer wieder gibt es auch Liveauftritte, z.B. von Alphornbläsern und Jodlern. Ich finde die Musik der Alpenregion generell, mit Ausnahme mancher Blaskapellen und Ziehharmonika-Darbietungen, einfach grauenhaft – aber das muss man sich mal geben, genauso wie das alberne Fahnenschwenken, das auch beim Festakt des Schwingfestes eine Rolle spielt. So etwas gehört einfach dazu: ob man es nun außerhalb des Schwingfestes auch mag, oder wie jeder normale Nicht-Schweizer überhaupt nicht – solche Darbietungen muss man einfach auch beachten und würdigen beim Schwingen! Wenn mal wieder einer meiner früheren Mitschüler in meinen Blog geschaut hat: erinnert ihr euch noch an die Musiklehrerin, die immer wenig musikalisch rumgeschrien hat, wenn wir die Hände in den Taschen hatten beim Singen? Von wegen: „da kommt doch keine Körperspannung auf!“ Jodler haben die Hände immer in den Taschen (schweizerisch: „Hosensack“ mit hartem ck, nicht zu verwechseln mit dem danebenliegenden Sack), Frauen im Kleidersaum oder so – und der Schweizer Rundfunk erklärt warum (einfach den Pfeil beim Audiobeitrag anklicken)...
In jedem Falle kann ich den Besuch eines Schwingfestes empfehlen: wenigstens einmal sollte jeder mit Interesse an Kampfsport mal so etwas erlebt haben! Ich werde mir so etwas vielleicht auch noch ein zweites Mal reinziehen: wenn Zeit und Finanzen passen nämlich in genau einem Jahr in Estavayer-le-Lac, wenn das größte Schwingfest und das größte Sportevent der Schweiz überhaupt mit über 50.000 Zuschauern steigt! Statistik:
- Grounds: 1.440 (3 neue; diese Saison: 25 neue)
- Sportveranstaltungen: 2.458 (3; diese Saison: 24)
- Tageskilometer: 1.070 (Samstag 540km, Sonntag 530km Auto)
- Saisonkilometer: 4.210 (3.690 Auto/ 330 Fahrrad/ 190 Bus, Bahn, Straßenbahn/ 0 Flugzeug/ 0 Schiff, Fähre)
- Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 26 [letzte Serie: 93, Rekordserie: 178]
- Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 472.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen