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Dienstag, 11. Februar 2014

W393I: Ein bunter Sport-Tag in der Hauptstadt; Dorffußball im Umland, Handballpokal in der Stadtmitte und Eishockey im Einkaufszentrum

Association Sportive de Salé (السلاوية الرياضية الجمعية)
................................ 26:31 (17:15) ..............................
---- Renaissance Sportif Tanger (نادي النهدة طنجة) ----
Datum: Samstag, 8. Februar 2012 – Anwurf: 17.00
Wettbewerb: Coupe du Trône de Handball [كاس العرش لكرة اليد] (dritte Runde des Handball-Pokals des Thrones; 2. Liga West [دوري القسم الاول المجموعة الغربية], 1. Amateurliga gegen 1. Liga Nord [دوري الممتاز المجموعة الشمالية], Halbprofiliga)
Ergebnis: 26-31 nach 60 Min. (30/30) – Halbzeit: 17-15
Tore: k.A.
Siebenmeterquote: ASS 100% (6 von 6); RST 100% (2 von 2)
Gelbe Karten: Nr. 7, 14, 20 (ASS); Nr. 3, 13, 20 (RST)
Zwei-Minuten-Strafen: Nr. 6, 14, 34 (ASS = 6 Minuten); 2x Nr. 20, Nr. 3 (RST = 6 Minuten)
Platzverweise: keine
Spielort: Salle Olympique Ibn Yassine [القاعة المغطاة ابن ياسين] (Kap. 3.000 Sitzplätze)
Zuschauer: ca. 65 (davon ca. 2 Gästefans)
Unterhaltungswert: 7,0/10 (Gutes Spiel mit hervorragender erster Halbzeit)

Black Lions Rabat 4:7 White Lions Rabat
Datum: Samstag, 8. Februar 2014 – Anbully: 13.20
Wettbewerb: Freundschaftsspiel anlässlich der Eröffnung der Olympischen Winterspiele 2014
Ergebnis: 2-4 nach 60 Min. (3x20) – Drittelergebnisse: 3-1, 0-3, 1-3
Torfolge: 1-0, 2-0, 2-1, 3-1; 3-2, 3-3, 3-4; 4-4, 4-5, 4-6, 4-7
Strafminuten: keine
Spielort: Patinoire Mega Mall Rabat (Kap. 400 Stehplätze)
Zuschauer: ca. 30
Unterhaltungswert: 5,0/10 (Weitestgehend sehr niedriges Niveau, aber flott und ganz nett anzusehen)

Association Renaissance Sportive Ain Aouda
------ (نادي جمعية النهضة الرياضية عين عودة) ---------
............................. 2:1 (1:0) ...............................
----- Association Sportive Anwal de Salé ------
--------- (نادي جمعية انوال الرياضية السلاوية) ----------
- Datum: Samstag, 8. Februar 2014 – Anstoß: 10.30
- Wettbewerb: Championnat Régional 1ere Goupe A, Ligue du Gharb de Football [A البطولة الجهوية الأولى المجموعة] (Westmarokkanische Kreisoberliga = 6. Marokkanische Liga, 4. Amateurebene)
- Ergebnis: 2-1 nach 94 Min. (47/47) – Halbzeit: 1-0
- Tore: 1-0 31. (12), 1-1 87. (7), 2-1 88. (10)
- Verwarnungen: 2x Nr. 4, Nr. 1, 8, 9 (ARSA); 2x Nr. 12, 5, 13 (ASASF)
- Platzverweise: Nr. 4 von ARSA (86. wegen wiederholtem Handspiel), Nr. 12 von ASASF (69. wg. wiederholtem Foulspiel)
- Spielort: Stade Municipal de Ain Aouda [الملعب البلدي بعين عودة] (Kap. 1.500, davon 600 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 75 (davon mind. 5 Gästefans)
- Unterhaltungswert: 6,5/10 (Mittelmäßiges Spiel mit genialer Schlussphase)  
Photos with English and Arabic Commentary:
a) Amateur Football in Rabat Region: Nahda Ain Aouda v Anwal Sale
b) Ice Hockey Friendly Match at Rabat Mall: Black Lions v White Lions
c) Handball Cup at Ibn Yassine Sports Hall: AS Sale v Nahda Tanger
d) Rabat: The Capital City of Morocco

An diesem Samstag war das Sportprogramm so abwechslungsreich wie das Essen in der gesamten Woche. Meist ist es bei meiner Gastfamilie aus Kostengründen sehr gemüselastig und Fleisch gibt es nur vom Hammel oder Huhn, doch diesmal gab es unter anderem Schnecken, die man gekocht in einer Brühe direkt aus der Schale mit einer Nadel heraus stochert. Als Proviant auf die Fahrt nahm ich das neueste Angebot der Koutoubia-Fleischerei aus dem Carrefour mit: Mortadella aus Kamelfleisch, die sehr gut schmeckt aber nicht ganz so hervorragend ist wie Kamelhackfleisch. Und in Sachen Kulinarisches schoss meine Lehrerin Malika den Vogel ab: Einer ihrer Brüder ist Förster und hatte in letzter Zeit Stress wegen Wilddieben. Die haben Schiss vor ihrem Bruder und als ein Duo von diesen Gaunern beim Hasenschießen von einem Nachbarn Malikas erwischt wurde, drückten sie ihm ein gehäutetes hasengroßes Tier in die Hand. Die Bestechung nahm der Nachbar aber nur zum Schein an und lieferte das Tier samt Personenbeschreibung der Wilderer bei ihrem Bruder ab. Der guckte nur flüchtig drauf in seinem Ärger über den erneuten Gesetzesverstoß in seinem Waldstück und meinte beiläufig auf dem Weg zur Arbeit: „Frau, koch den Hasen fürs Abendessen!“ Weder dem Nachbarn noch Malikas Bruder fiel auf, dass es sich bei dem Vieh nicht um einen Hasen handelte. Dass der ewig nicht gar wurde, kam der Ehefrau aber komisch vor und bevor das Tier auf dem Tisch landete bekam es der Bruder aus den gefassten Wilderern heraus: sie hatten außer drei Hasen auch eine Katze abgeschossen – und diese dem einfältigen Nachbarn angedreht. Der Bruder jedenfalls rief hektisch zuhause an: „Habt ihr das Tier schon zubereitet? Ich glaube das ist nicht halal [nach islamischen Vorschriften zum Verzehr geeignet]!“ Frau: „Wieso ist doch ein Hase?“ Bruder: „Nein! Die Schweine haben uns eine Katze angedreht!“ Frau: „Oh Gott, kein Wunder, dass ich das Tier sechs Stunden lang kochen musste…“

Samstagfrüh ging es, diesmal komplett über Bundesstraßen, nach Rabat. Zwischen Meknes und Ain Orma gibt es eine Polizeikontrolle, die mir schon letzten Monat negativ aufgefallen war. Ein Fetter niedrigen Ranges hielt mich auch an, fragte erst nach den Wagenpapieren und dann nach Kippen, wobei ich ihm stets auf Arabisch antwortete, was ihn so wunderte, dass er anfing mich auszufragen. Als er noch fragte, wo genau in Fès ich wohne und ob ich alleine oder mit den Eltern lebe, meinte ich, dass ich mit einer marokkanischen Familie in der Altstadt wohne. Doof wie der ist, verstand er es so, dass ich in eine marokkanische Familie eingeheiratet habe, sodass ich bei der folgenden Ausfragerei angab, keine Kinder zu haben, da ich erst fünf Monate verheiratet bin – und wer die anderen Marokkoberichte gelesen hat, dem ist klar, wen ich als meine Frau ausgegeben habe…
Jedenfalls ließ mich der Spinner dann ohne Bestechung weiterfahren und über Khemisset, Tiflet und Sidi Allal Bahraoui fuhr ich nach Ain Aouda.  
Ain Aouda liegt 20km südlich der Hauptstadt in recht bergiger und grüner Landschaft. Der Ort ist in einigen Teilen sehr heruntergekommen und dreckig. Sehenswert ist die ehemalige französische Kirche links der Hauptstraße: der Dorfkirchenbau aus groben Quadersteinen mit Storchennest auf dem geziegelten Turmdach könnte auch überall in Deutschland so stehen und wird nun als Kulturverein und Frauenclub genutzt, weswegen er besser aussieht, als viele andere architektonische Hinterlassenschaften der Besatzer, die einfach vor sich hin verfallen.

Das in derselben Straße liegende Stadion ist eher neueren Datums: ein schöner, sandiger Lehmplatz, flankiert von zwei rotgestrichenen kleinen, steilen Betontribünen; eine bietet 400 Personen, die andere 200 Personen Platz. In der Sportanlage stehen viele Laubbäume, die für das Zaer-Gebirge (ein Mittelgebirge, das gleich hinter Rabat beginnt und sich zwischen Benslimane, Khemisset und Oulmes ausbreitet) typisch sind. Auffällig war, dass im Stadion einiges ausgebessert wurde, und zwar offensichtlich von einem schwarzafrikanischen Bauarbeiter, der sich neben der Tribüne häuslich eingerichtet hat: in einem Zelt aus Planen und Brettern. In Marokko ist es seit einigen Jahren zu einem Problem geworden, dass kriminelle Firmenbesitzer (und das sind leider sehr viele) die schwarzafrikanischen Flüchtlinge, die durch Marokko nach Europa wollen und hier hängen bleiben, als Schwarzarbeiter arbeiten lassen. Das ist kein Wortspiel mit Schwarz – das ist halt so. Ein Marokkaner würde z.B. 2.000 Dirham im Monat für dieselbe Arbeit verdienen, für die ein malischer Flüchtling 1.000 Dirham unter der Hand bekommt. Da das Problem Schwarzarbeit ebenso gewachsen ist, wie die Bettelei und Tagelöhnerei von schwarzen Flüchtlingen, wird die Stimmung gegen Schwarze in Marokko, insbesondere in berberischen Gebieten, zunehmend aggressiver.

Die Stimmung beim Spiel zwischen Nahda (Renaissance) Ain Aouda und Anwal (BSG Webereien) Sale, die einen sehr deutsch anmutenden Fanblock von fünf Meckerrentnern mit Vereinskappen mitbrachten, war teilweise auch etwas aggressiv. Unter anderen deshalb, da der Schiedsrichter recht unsicher war. In diesem ganz ansehnlichen Spiel ging jedenfalls Ain Aouda nach einer halben Stunde mit einem Konter in Führung. Der Gastgeber war etwas besser und aktiver, verpasste es aber v.a. in Hälfte zwei nachzulegen. Ab der 69. waren sie ja auch noch in Überzahl, da ein Anwal-Spieler wegen wiederholten Fouls vom Platz geschickt wurde, aber in einer tollen Schlussphase verursachten sie einen Handelfmeter – den Anwal allerdings über das Tor schoss – und vor dem Ausgleich in der 87. bekam der Trottel, der den Handelfmeter verursacht hatte, wegen eines weiteren Handspiels die Gelb-Rote Karte. In Unterzahl gelang es Nahda Ain Aouda aber gleich nach dem unglücklich kassierten Ausgleich mit einem 25m-Schuss ins Eck gegen den mittlerweile eingewechselten Ersatztorwart zum 2:1 Siegtreffer einzunetzen.  
Fährt man die Hauptstraße von Ain Aouda nach Rabat, kommt man nach Kreuzung der Rochade und 25km sturem Geradeausfahren an der Megamall vorbei. Die ist nicht so groß wie der Namen vermuten lässt, aber auf drei Stockwerken verteilte werden in einem modernen Einkaufszentrum in schicken Boutiquen teure Sachen vertickt. Hier trifft man neben Ausländern v.a. einheimische Oberschichtler an: die sind natürlich gebildet und überwiegend höflich im Auftreten, aber teilweise ist es wirklich lächerlich zu erleben, dass solche Leute bevorzugt (selbst untereinander) Französisch statt Arabisch reden. Die Oberschicht in Fès findet so etwas zum Kotzen…

Ach so, einige fragen sich jetzt sicher, was ich in der teuren Megamall mit den Gucci- und Rolex-Boutiquen will. Ganz einfach: Eishockey gucken! Im Erdgeschoss zur Hauptstraße hin gibt es eine Eisbahn (französisch „Patinoire“) die von den Rabat Lions für ihre beiden Eishockeymannschaften, ein Eiskunstlauf- und ein Eistanzteam genutzt werden. Die Stehränge bieten gut 400 Leuten Platz, werden bei Bedarf auch mit Tischen und Stühlen zugestellt und oftmals stehen Zuschauer auch direkt an der Bande zur etwas zu klein geratenen Eisfläche.

Die Liga mit den vier Mannschaften ist wohl erstmal auf Eis gelegt, sodass es nur ein Freundschaftsspiel (so etwas wird immer auf der Facebookseite der Rabat Lions angekündigt) zwischen der ersten und der zweiten Mannschaft der Lions – Black und White – gab. Als Anlass wurden diesmal speziell die an diesem Tag beginnenden olympischen Winterspiele genannt.

Wie auch immer: erwartungsgemäß war die Qualität sehr niedrig – was will man auch erwarten, wenn im ganzen Land nur ein Verein und eine Spielstätte vorhanden sind?! – doch obwohl nur ein Torwart gekommen war und deshalb das andere Tor mit einer Torwand verhängt wurde und die Mannschaften gemischt spielten – alle paar Minuten wurde komplett durchgewechselt: die Erwachsenen runter und die Jugend rauf aus Eis und dann wieder umgekehrt – es kam ein recht flottes Spiel mit vielen Toren zustande. Nach anfänglicher Dominanz der Black Lions, drehten die White Lions im zweiten Drittel das Spiel und bauten den Vorsprung im Schlussdrittel auf drei Tore zum 7:4 aus. Icehopping in Marokko mag verwundern, aber mich verwunderte eher, dass die Mehrheit der Spieler, unter denen sich übrigens auch zwei jugendliche Mädchen befanden, Einheimische waren – ich hatte mit mehr Expats gerechnet. Letztere waren übrigens neben Amis auch Deutsche und Italiener.

Eigentlich wollte ich dann noch das Fußballchampionsleaguespiel zwischen FAR Rabat und Real Bamako sehen, doch 15 Minuten vor Spielbeginn musste ich feststellen, dass nur zwei Kassen geöffnet waren: eigentlich müssten es mehr sein, doch FAR bezahlte nur zwei Kassenwarte. In dieser Situation ist dann natürlich die Polizei gefragt, doch die hatte keine Absperrgitter dabei, sodass es Tumulte am Kassenhäuschen gab. Nach 30 Minuten warten und drängeln reichte es dann und ich versuchte einen Trick, der in jedem arabischen Land funktioniert – außer halt in Marokko, da Ausländer nirgendwo in der Arabischen Welt so wenig respektiert werden, wie dort – und quatschte einen Polizisten an, ob er mit mal die Karte holen kann. Woanders hätte er – schon mehrfach von Groundhoppern die in Ägypten, Jordanien, Algerien etc. waren und dort ähnliche Probleme hatten (wobei ich solche fast schwarzafrikanisch wirkenden Zustände in Marokko zum ersten Mal gesehen habe: meist ist das besser organisiert) gelesen – mir ohne zu zögern mit kurzen Durchdrängeln zum Schalter in zwei Minuten das Ticket geholt und das Wechselgeld wahrscheinlich nicht mal behalten wollen, doch hier meinte er einfach, dass er das nicht machen könne, und ließ sich nicht mal darauf ein, die 30 Dirham Rückgeld, die er bekommen hätte, einzustecken.  
Dann leckt mich halt am Arsch, ihr scheiß Hauptstädter – FAR ist eh ein asozialer Scheißverein – dann geh ich halt zum Abschluss dieses sehr bunten und hauptstädtischen Sporttages zum Handball. Hinterm Bahnhof sind einige schöne Sportanlagen, u.a. das Stadion von Stade Marocain (3. Liga) und der Fußballschule von Maroc Telecom sowie die Sporthalle Ibn Yassine, in der v.a. Handball gespielt wird. Der Bau ist sehr wuchtig mit olympischen Stelen und Ringen vorm Eingang und innen zwar schlecht beleuchtet, aber eindrucksvoll symmetrisch in vier Tribünen geteilt. Die Kunststoffbänke sind weitestgehend in gutem Zustand, aber alles ist irgendwie angestaubt und viele Fenster sind eingeschlagen.

Wenn man weiß, dass es in Marokko beim Handball auch so zugehen kann, wie bei Ittihad Tanger mit Choreo vorm Anpfiff und Bengalos in der voll belegten Halle, ärgert man sich schon über so schwachen Besuch wie heute, aber AS Salé ist auch nur 2. Liga und kam in Runde 2 des Pokals nur dadurch weiter, da Jeunesse Tabriques Casablanca in der 44. Minute beim Spielstand von 20:17 das Feld verließ, da sie die Tumulte in der Halle am fehlenden Ordnungsdienst, den die Heimseite zu stellen hat, festmachten: der Ordnungsdienst war aber nach Ansicht das Spielleiters ausreichend, also 20:17-Wertung für AS Salé.

In der ersten Halbzeit bekamen die rund 65, teils ziemlich gut mitgehenden Zuschauer, ein hervorragendes Spiel geboten, in dem es stets unentschieden stand oder ASS mit bis zu vier Toren vorne lag. Dann brach der Zweitligist leider ein und Nahda Tanger konnte den 17:15-Halbzeitstand auf 17:18 (32.30) drehen und nach dem 18:18 lag nur noch Tanger vorne; das 18:23 innerhalb von 3 Minuten und der folgende Tempoanzug der Gäste führte zu bis zu 8 Toren Vorsprung (19-27, 22-30). Am Ende siegte Nahda Tanger mit 26:31 und ist eine Runde weiter.

Nach dem Spiel fuhr ich zügig und ohne Stress über die Autobahn zurück nach Fès.  
Statistik:
- Grounds: 1.071 (heute 3; diese Saison: 100 neue)
- Sportveranstaltungen: 1.982 (heute 3; diese Saison: 126)
- Tageskilometer: 540 (540km Auto)
- Saisonkilometer: 35.000 (33.870 Auto/ 1.080 Fahrrad/ 40 Schiff, Fähre/ 10 öffentliche Verkehrsmittel/ 0 Flugzeug)
- Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 1 [letzte Serie: 2, Rekordserie: 178]
- Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 393

Dienstag, 10. Dezember 2013

W384I-II: Von zwei völlig unterschiedlichen Fußballstadien, dem marokkanischen Stonehenge und kuriosen Verstößen gegen einheimische Sitten…

----- Ittihad Riadi Tanger (نادي الإتحاد الرياضي لطنجة) -----
...................................... 1:1 (0:1) .....................................
Jeunesse sportive de Kasbat Tadla (نادي شباب قصبة تادلة)
- Datum: Sonntag, 8. Dezember 2013 – Anstoß: 14.30
- Wettbewerb: Botola 2/ GNF 2 [2 البطولة الوطنية المغربية] (Zweite Marokkanische Fußballliga, Halbprofiliga)
- Ergebnis: 1-1 nach 99 Min. (49/50) – Halbzeit: 0-1
- Tore: 0-1 27. (6), 1-1 67. (8, Handelfmeter)
- Verwarnungen: Nr. 9, 15 (IRT); Nr. 1, 5, 11 (JSKT)
- Platzverweise: keine
- Spielort: Grand Stade de Tanger, Stade Ibn Battouta [ملعب ابن البطوطة] (Kap. 45.000 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 10.000 (darunter ca. 15 Gäste-Fans)
- Unterhaltungswert: 9,0/10 (Wirklich gutes Spiel und hervorragende Stimmung)

Hassania Athletique Sidi Slimane (حسنية سيدي سليمان)
................................... 2:0 (2:0) ....................................
-- Wafae Deroua Ouled Ziane (وفاء الدروة اوﻻد زيان) --
- Datum: Samstag, 7. Dezember 2013 – Anstoß: 14.30
- Wettbewerb: GNF Amateur 2, Groupe Nord-Ouest [بطولة القسم الوطني الثاني هواة] (d.h. 4. Marokkanische Liga; 2. Amateurliga, Gruppe Nord-West)
- Ergebnis: 2-0 nach 99 Min. (49/50) – Halbzeit: 2-0
- Tore: 1-0 34. (10), 2-0 44. (8)
- Verwarnungen: Nr. 5, 7, 9, 11, 14 (HASS); Nr. 9, 10 (AWFOZ)
- Platzverweise: keine
- Spielort: Stade Hassania/ Stade Municipal de Sidi Slimane [ملعب الحسنية / ملعب البلدي بسيدي سليمان] (Kap. 1.750, davon 750 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 800 (darunter keine Gäste-Fans?)
- Unterhaltungswert: 6,0/10 (Nach guter erster Hälfte folgte eine mäßige zweite; die Stimmung war über weite Strecken gut) اتحاد طنجة مع شباب قصبة تادلة : بطولة القسم الثاني في الملعب الطنجة الكبير Photos with English and Arabic Commentary:
a) ITIHAD RIADI TANGIER 1:1 JEUNESSE KASBA TADLA (GRAND STADE IBN BATOUTA) 
b) HASSANIA SIDI SLIMANE 2:0 WAFAE DEROUA OULED ZIANE (STADE MUNICIPALE) 
c) North-Western Morocco: Larache, Lixus, Asilah, Cromlech M’zouga 
d) Zemmouri Mountains/ Khemissét: Moulay Yacoub 

Videos on My Video.De:
a) Some Match Scenes of Hassania Sidi Slimane v Wafae Deroua Ouled Ziane 
b) Support and Match Scenes of Tihad Riadi Tanger v Chabab Kasbah Tadla (1) 
c) Support and Match Scenes of Tihad Riadi Tanger v Chabab Kasbah Tadla (2) 

Videos on YouTube:
a) Hassania Sidi Slimane Support in 2010
b) SUPPORT OF TIHAD TANGER ULTRAS IN MATCH AGAINST JSKT  دوري الهواة القسم الثاني: حسنية سيدي سليمان ووفاء دروة اوﻻد زيان Kaum ist der eine Gast aus den USA weg, kommen die nächsten. Die Familie ist sehr lustig und die Eltern sympathisch – aber hier wird es natürlich jetzt dauernd laut und über die Idee, mit einem hyperaktiven Sechsjährigen und einer dussligen Zweijährigen um die halbe Welt zu reisen (Island, Italien, Thailand, nun Marokko), kann man auch streiten… Aber egal: beide sind Ex-Banker, die ihr teures Reihenhaus in Kalifornien vermieten und mit diesem Geld um die Welt gurken, wobei sie schön ihrer Pflicht den bekloppten Jungen zu beschulen nachkommen. Wie alle Amerikaner die ich hier kennengelernt habe, sind Ryan und Emily sehr interessiert an den historischen und landschaftlichen Sehenswürdigkeiten und auch der Landeskultur. Die beiden haben aber von allen diesen Amis die meisten Schwierigkeiten in Marokko nicht aufzufallen: Kaum hatten sie die Story aus Tetouan gehört, wollte Ryan mich vor der ganzen Familie mit der am Freitag zum Coucous-Essen gekommenen Fayza verkuppeln (zum Glück ist sie keine durchschnittlich strenge Marokkanerin, sonst hätte sie es nicht lustig gefunden) und schon am Tag der Ankunft gab es fragende Blicke. Denn Khadija ist ja sehr herzlich und da sie so viele ausländische Gäste hat, ist sie an Unwissende gewöhnt, sodass sie gar nichts bemängelte als Ryan sie ebenso wie Emily umarmte und rechts und links auf die Wange küsste – aber als ich den Amis mal tags darauf erklärte, dass sie das selbst bei mir nicht macht und mich nur ab und zu umarmt, da es nur unter Verwandten und Verschwägerten üblich ist, dass sich Frauen und Männer so nahe kommen, waren sie doch etwas peinlich berührt und bedankten sich für den Hinweis.

Interessant ist, dass die ganze Familie Fußball den anderen Sportarten vorzieht. So schauten sie sich auch das Freitagsspiel im Fernsehen interessiert mit uns an. Maghreb Fes ging früh in Führung und sammelte dann fleißig gelbe Karten. Der Ausgleich fiel durch einen Elfmeter, MAS beendete die Partie in Safi zu zehnt. Immer noch nicht gewonnen seit Ende September, aber wenigstens wieder einen Punkt geholt!

Auf Groundhoppingtour ging ich aber trotzdem ohne sie, da Mohammed sie zum Spiel von Wydad Fès gegen Salé eingeladen hatte. Hamza dachte, ich sei nur Sonntag weg und fragte mich ob ich mitkommen will oder was anderes gucke – das hab ich beim Mittagessen dann so kommentiert:
„Ich guck nicht nochmal so ein scheiß Spiel bei scheiß Wydad Fes!“
Hamza hat sich übelst gefeiert und Fayza ist fast der Löffel in den Coucous gefallen: „Hhhhhhk, was kennst du denn für Worte?! [lachend] Schäm dich!“
Khadija: „Er redet schon wie ein richtiger Marokkaner: WAF ist halt Scheiße!“

Also scheiß auf WAF: ich hatte schon fest das ganze Wochenende für Tanger und Umgebung eingeplant. Das passte wiederum Fayza sehr gut in den Kram, denn sie hat jetzt endlich nach all den Praktika und (trotz weit überdurchschnittlichen Noten) dauernden erfolglosen Bewerbungen einen Job: als Lebensmittelprüferin bei einer Landwirtschaftsfirma im nahe Tanger am Atlantik liegenden Larache! ليكسوس : مدينة العرائش الأثرية Für die meisten marokkanischen Familien ist es ein Problem, wenn eine unverheiratete Tochter oder Schwester mit einem unverheirateten (auch noch etwa gleichalten) Mann auf Tour gehen will – aber da ich schon über zwei Monate hier bin, die Verwandtschaft mich kennt und ich bei ihnen vollstes Vertrauen genieße, kam die Diskussion nicht mal ansatzweise auf. So holte ich Fayza am Samstagvormittag ab – muss ich erwähnen, dass sie (wie alle marokkanischen Verabredungen bisher) pünktlich war? – und wir fuhren erst mal über Moulay Yacoub, wo wir nur die Berglandschaft fotografierten, und Sidi Qasem nach Sidi Slimane.

Sidi Slimane ist eine total gesichtslose 80.000 Einwohner Landstadt mit einem versifften Stadion. Der Fluss, der durch den Ort plätschert ist völlig verdreckt. Der Rastplatz am Ortsrand ist halbwegs sauber, sodass wir da erst mal ihre Sandwiches aßen. Dass die angehende Lebensmittelprüferin das Essen ordentlich in Folie verpackt mitgenommen hat, erst den Picknicktisch abwischt ehe sie sich setzt und v.a. den Abfall bis zum nächsten Müllcontainer am Ortseingang mitnimmt, sorgte bei den in der Nähe sitzenden Unterschichtlern für fragende Blicke. Ich glaube, die waren so ungebildet, dass sie nicht mal unserer Unterhaltung folgen konnten, da Hocharabisch zu komplex ist für das Pack, dass den Rastplatz immer so zumüllt damit die nächsten von ihrer Sorte dort unter den berühmt-berüchtigten unhygienischen „südländischen“ Bedingungen (die Fayza übrigens mehr abschrecken als mich) essen können…

Das städtische Stadion liegt direkt neben einem Schwimmbad und einem Reitplatz. Tritt man durch das Eingangstor, kann man sich entweder an den rund um das Spielfeld gezogenen, zwei Meter hohen Metallzaun stellen, oder auf eine der beiden Tribünen setzen. Die neunreihige wellblechüberdachte mit den in Vereinsfarben gestrichenen Stahlträgern macht echt was daher, aber hier stehen die Ultras drunter. Neutrale wie wir gehen besser auf die unüberdachte, graue, dreizehnreihige Tribüne. Hier sind mehr Erwachsene, denen es noch egaler ist als den Kindern und Jugendlichen wenn eine Frau und ein Ausländer hier aufkreuzen. Einige grüßten mich höflich, wobei es auffällig war, dass sie meine Begleiterin ignorierten. Auf dem Land sind die Sitten halt anders als in der Stadt und die zwei anderen Frauen, die zu dem Spiel kamen, trugen keine Städterinnenkleidung wie Fayza (hohe Stiefel, Jeans und europäische lange Blusen zum bunten Kopftuch), sondern lange, weitestgehend einfarbige Umhänge mit gleichfarbigem Kopftuch und einfachste Latschen…

Hassania Sidi Slimane – der Vereinsname bezieht sich auf die Beni Hassan, die im 14. Jahrhundert die berberischen Marokkaner arabisierten – hatte ich schon mal in einem schönen Kick in Casablanca gesehen. Nun spielten sie gegen Deroua Ouled Ziane, einem 10.000 Einwohner Nest zwischen Casa und Berrechid (direkt hinterm Flughafen Mohammed V!), dessen Club den Vereinsnamen Wafae trägt: politisch heißt das „Treue“ oder „Loyalität“, es gibt auch die religiöse Bedeutung „Aufrichtig im Glauben“ oder die allgemeine Bedeutung „Ehrlichkeit“ – dass die beiden letzteren Bedeutungen Wafae zu einem beliebten Mädchennamen machen, muss ich hier noch erwähnen; dass die einzige Marokkanerin mit diesem Namen, die ich kenne, gerade die Scheidung von ihrem Ollen, der sich nicht sehr „Wafae“ ihr gegenüber verhalten hat, eingereicht hat, führe ich mal besser nicht weiter aus...

Die Fans von Hassania haben nicht den besten Ruf, v.a. seitdem sie sich vorletzte Saison beim Abstiegsspiel in Zaio nach einem aussichtslosen Rückstand ab der 70. eine wahre Schlacht mit den dortigen Fans geliefert hatten, was zu einem Spielabbruch führte… Hinter uns gab es z.B. auch einen jungen Mann, der in seiner selbstgedrehten Zigarette nicht nur Tabak hatte – aber der Haufen Dorfjugendliche unter dem Wellblechdach ist eigentlich echt lustig: haben Flaggen und Doppelhalter dabei und supporten recht ausdauernd im Ultrastyle. Die melodiösen Gesänge (stark war, hier das für Kenitra typische „ma nesma7 fik“ und das eine stets von scheppernden Becken begleitete Lied von Raja abgeändert zu hören) sind oft des Reimes wegen arabische Texte die mit italienischem, spanischen, französischen und englischen Vokabular durchsetzt sind, das in der normalen Umgangssprache nicht genutzt wird. Verstanden habe ich wenig, doch ob ein Lied vulgär war oder nicht, konnte ich immer an Fayzas Kopfbewegungen ablesen, die mir nur leider Übersetzungen von Pöbeleien verweigerte…

Ohne Gästefans und ohne Mannschaftsbus (nur in drei Privatautos da der Busfahrer zeitlich nicht konnte) erschien Ouled Ziane und war von Beginn an trotz besserer Tabellensituation unterlegen. Der Platz war, sagen wir mal, nicht in bestem Zustand oder ich zitiere einfach Fayza: „Lustiger Platz – heute gibt es Beach-Soccer!“ Es wächst dort nicht ein Grashalm und der Lehmboden ist extrem sandig und entsprechend staubig. Allerdings ist die staubige Sandschicht nicht so tief wie am Strand, sodass der Platzwart die Eckfahnen mit einem Hammer in den Lehmboden prügeln musste…

So kam halt erwartungsgemäß ein nur mittelmäßiges Spiel mit vielen Problemen in der Ballbehandlung und etliche Ausrutschern und unabsichtlichen Fouls zustande. Chancen hatte fast nur die Heimelf und die wusste sie dann auch nach einer reichlichen halben Stunde zu nutzen: Freistehend vergab der eine und als der Torwart der Gäste nach der Parade den abgeprallten Ball sichern wollte, schob ein weiterer nicht ausreichend gedeckter Sidi Slimane-Kicker ein. Zehn Minuten später wurde die Abwehr mit einem geschickten Heber ausgehebelt und der Mittelstürmer konnte mit einem weiteren geschickten Heber den Torwart überwinden.

Nach der Pause war leider Ergebnisverwalten angesagt: das Spiel wurde auch etwas rauer, aber der Schiedsrichter hatte das Ganze gut im Griff. Der Endstand von 2:0 war verdient, aber ärgerlich torarm für diese sonst offensivere Liga. دوري الهواة القسم الثاني: حسنية سيدي سليمان ووفاء دروة اوﻻد زيان Weiter ging es mit einem Zwischenstopp in Sidi Yahya El-Gharb: mit den Gebetszeiten nervte sie überhaupt nicht, aber ein richtiges Gebet auf der Fahrt wollte sie dann doch verrichten, sodass sie mich bat die Moschee in dieser Landstadt anzusteuern. Sie sollte dort übrigens die einzige Frau sein, da in Marokko die Moscheen fast nur von Männern besucht werden und Frauen abgeschottet zuhause beten. Zu meinem Erstaunen, gab es noch einige andere außer mir, die auf dem Parkplatz des Gotteshauses auf betende Mitfahrer wartenden. Darauf hinterher angesprochen meinte Fayza nur was mit „ist doch kein Problem: freier Wille und muss jeder selbst für sich entscheiden ob er betet oder nicht oder sich an alle Regeln hält oder nur an einige“ – doch das ist in der Theologie des Islam im Allgemeinen und auch in seiner Anwendung Marokko eine sehr unüblich moderate Einstellung: mit der Begründung „freier Wille“ wird keiner der Leute im Auto sitzen geblieben sein…

In Rabat, der Hauptstadt und ihrem früheren Studienort, holten wir Hausrat von ihr ab und ich bekam von ihr in einem Imbiss ein ordentliches Abendessen mit Rinderhack-Tajine ausgegeben, da ich das Wohnheim nicht betreten durfte, weil dort nur Frauen wohnen. Die beiden Freundinnen machten sich dann hinterher im Imbiss mit mir bekannt: auch die beiden sind sehr gebildete Naturwissenschaftlerinnen bzw. Ingenieurinnen, die kein Problem damit haben z.B. geologische Forschungen durchzuführen die sie zu Gesteinsproben führen, die man auf X-Millionen Jahre datieren kann, und trotzdem fest an die religiösen Überlieferungen mit den viel zu gering gehaltenen Zahlen zum Zeitraum der Schöpfung zu glauben: dann hat Gott halt die Erde vor X-Millionen Jahren geschaffen…

Nachdem wir Larache im dichten Nebel gegen 23 Uhr erreichten, sollte eine neunzigminütige Hotelodyssee beginnen. Fayza hatte schon nach dem Bewerbungsgespräch letzte Woche Stress, da sie mit ihrem Bruder Abderrazzaq in einem Kaffeehaus voller Besoffener und Bekiffter, die sie als einzigen weiblichen Gast dauernd anstarrten, sechs Studenten auf den Nachtbus zurück nach Fès warten mussten. Jedenfalls kann sie die Wohnung erst Montag nach dem ersten Arbeitstag beziehen und ihr einziger Kontakt in ihrem neuen Wohnort ist bisher nur der Kollege Hisham und der hatte Gäste in seiner kleinen Bude, sodass er ihr nur den Hausrat abnehmen konnte. Der Biologe ist auch eher konservativ, von wegen warum sie nicht mit ihrem Bruder gekommen sie und was sie eigentlich mit einem Ausländer zu schaffen habe, was sie locker konterte: „Was soll das? Mein Bruder muss arbeiten und er hier ist Karim, der Ehemann meiner Schwester!“

Beim ersten Hotel in der Preislage max. 100 Dh. pro Einzelzimmer die nächsten dummen Fragen – denn es gab nur noch ein einziges (Doppel-)Zimmer was wir natürlich nicht nehmen konnten. „Ach ihr seid nicht verheiratet? Wieso verreist dann ihr zusammen?“ Sie [diesmal bis auf den Punkt mit der Uni eine ehrliche Antwort]: „Wir sind Freunde und kennen uns aus der Uni, er hilft mir beim Umzug von Fès nach Larache.“ Er: „Na gut, ich ruf mal den Kollegen vom Hotel Malabata an“. Nach mehreren Telefonaten war klar, dass wir nur noch in der Innenstadt oder im Motel am Stadtrand etwas kriegen könnten.

In der Innenstadt liefen wir dann jedes der Billighotels (50 bis 100 Dh. pro Person) ab, doch alle acht waren ausgebucht. Es gab nämlich einen Volkslauf und eine zweite Leichtathletikveranstaltung am Sonntag. So war nur noch im teuersten Hotel der Stadt etwas frei, wo der Hotelier nicht von den 240 Dh. runtergehen wollte.

Einer laberte uns dann an ob wir nicht sein Appartement mieten wollten und auf seiner Broschüre sah das auch gut aus und da es getrennte Betten und ein separates Bad gab, wollte Fayza sogar verhandeln: „Wir sind Studenten, 250 Dh. ist zu viel für uns.“ Er: „Na gut dann sagen wir mal 200. Habt ihr den Ehevertrag dabei?“ Sie: „Wieso? Das ist doch eine Privatunterkunft und kein Hotel und wir haben getrennte Betten?!“ Er: „Ach, nicht verheiratet, was? OK: 220 und ich sorge dafür, dass die Bullen nicht kommen.“ Sie: „Genug, wir suchen was anderes – ich weiß nicht, warum du schlecht von uns denkst, aber ich lass mich nicht provozieren!“

Das Motel am Stadtrand hätte zwei Einzelzimmer gehabt und der Besitzer wagte es nicht mal eine einzige Nachfrage zu stellen, doch seine primitive Bude war mit 200 Dh. pro Zimmer und Nacht überteuert und Fayza ekelte sich vor den heruntergekommenen Gemeinschaftsklos, sodass wir noch mal zu ihrem Kollegen Hisham fuhren. In seinem Viertel sind viele Häuser nicht bezugsfertig und die wenigen Nachbarn, die er fragen konnte, hatten entweder dasselbe Problem - „Sorry, ich hab Gäste und die beiden können doch nicht auf dem Boden im Flur schlafen“ - oder waren auf Hisham sauer und völlig unkooperativ: „Es ist nach Mitternacht, Junge! Sag mal hackt’s uns jetzt noch wach zu klingeln?!“

Fayza reichte es dann und sie schlug vor im Auto zu schlafen, sodass Hisham uns zu einem Stellplatz führte. Der Wächter war sehr freundlich und stellte nicht mal Fragen, warum ein Deutscher und eine Marokkanerin im Auto übernachten. Aber ich fragte sie beiläufig, ob es nicht eigentlich auch ein Problem ist, dass wir hier im Auto schlafen – auf engem Raum, dicht nebeneinander und unter ein und derselben Wolldecke – wenn es uns doch verboten ist, ein und dasselbe Hotelzimmer zu teilen. Ihre Antwort war interessanterweise: „Selbst wenn da Knast drauf stehen würde – ich hab kein Problem neben dir zu schlafen, da ich dir vertrauen kann. Ich hab eher damit eines, dass sich normale Marokkaner und selbst die gebildeten Staatsmänner derartig in die Angelegenheiten von Leuten einmischen und ihnen keine Möglichkeit zur Selbstbestimmung lassen wollen.“ دوري الهواة القسم الثاني: حسنية سيدي سليمان ووفاء دروة اوﻻد زيان * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * العرائش Knapp 7 Stunden später machten wir uns auf, zahlten dem Wächter 20 Dirham und fingen schon am frühen Morgen an, die nächsten ungeschriebenen aber fest in der Gesellschaft verankerten Regeln zu brechen. Kein Laden hatte offen, aber schon die ersten Kaffeehäuser und die bieten gutes Frühstück an: z.B. Omelette mit Käse, Oliven, Brot und Minztee für nur etwa 1,50€. Allerdings gehen dort fast nur Männer hin und in wenigen Cafés gibt es abgetrennte Familienecken wo Frauen willkommen sind – selbst in diesem Kaffeehaus mit gehobenem Ambiente wurden wir also schön blöd angeglotzt von den fünf, sechs gutgekleideten und offensichtlich besser situierten Männern. Obwohl man seinem Gesichtsausdruck ablesen konnte „was machen eigentlich ein Ausländer und eine Marokkanerin hier?!“ war der Kellner freundlich, da Fayza sehr selbstbewusst auftrat. Das Glotzen der Gäste hörte auch sofort auf, als sie mich hörbar fragte, ob ich das Schild über dem Eingang gesehen hätte auf dem „Café nur für Männer“ stand und ich „nein, und du?“ meinte…

Ihr neuer Wohnort ist eine schön auf (leider heute im Nebel hängenden) Klippen am Atlantik errichtete Kleinstadt. Es gibt viel spanische Architektur, wobei besonders die Kirche „Nuestra Señora Pilar“ und das Hotel España hervorstechen. Es gibt auch mehrere Festungsanlagen, darunter eine völlig zugemüllte oberhalb des Hafens. Am Stadtrand befinden sich auf einem spärlich bewachsenen Hügel die Ruinen der römischen Stadt Lixus, die auf phönizischen Siedlungsresten (Liks) steht und Arabisch „Lukkous“ genannt wird. Wir liefen eine Stunde lang mit einem Archäologen, dem Fayza auf seine dämliche Frage „Bist du Marokkanerin?“ antwortete „Ja natürlich und das ist mein deutscher Ehemann!“, durch die auf dem ganzen Hügel verteilten Mauerreste: es gibt Thermen, Fischlagerstätten, Wasserversorgungssysteme, ein Theater (das ist der landschaftlich wie bautechnisch spektakulärste Teil der Ruinenstadt), Latrinen, eine Basilika, einen Tempel und ein Forum zu sehen.

Weiter in Richtung Asilah, dann gen Tetouan, aber schon schnell zweigten wir nach Mzoura auf eine unebene, enge Asphaltstraße ab. In diesem kleinen, ärmlichen Dorf gibt es einen als „Stonehenge Marokkos“ bezeichneten Steinkreis zur Himmelsbeobachtung. Die Anlage ist eine Gruppe von 167 Dolmen (aufrechte Steine von meist nur 50cm, teilweise aber 5m Höhe) die vor 7.000 Jahren um einen (Grab?)Hügel herum errichtet wurde. Sie diente astronomischen Beobachtungen und Berechnungen.

Asilah hat eine schöne, kleine Altstadt zu bieten: arabische Stadtbefestigung, spanische Gebäude und Wohntürme, mittelalterliche arabische Häuser die weiß gestrichen und mit knallig bunten Türen versehen in engen Gassen zusammenstehen. Auch die moderne Bebauung ist ansprechend und schön mit Parks und unglaublich sauberen öffentlichen Plätzen durchzogen. Selbst in der Altstadt gab es keinerlei Müll. Die Lage am Meer wusste auch zu gefallen.

Die Zeit wurde knapp und wir sahen zu nach Tanger zu kommen. Eigentlich wollten wir noch was besichtigen, aber zur Herkuleshöhle und den daneben befindlichen römischen Ruinen von Cotta gibt es keinen Hinweis und die Altstadt liegt am Nordende der Stadt, während wir gerade am Südende im dichten Verkehr hingen. Während sie in die Moschee in Bab Al-Andalous I fürs Mittagsgebet ging, holte ich was zu essen in einem sehr schlecht sortierten Atacadao im selben Viertel. Wir picknickten dann im Andalous-Park wie viele Einheimische auch, wobei sie eine der wenigen war, die ihre Verpackungen einsammelte und zum 300m entfernten Müllcontainer brachte und die einzige, die einer völlig zerlumpt im Park herumlaufenden Fünfjährigen einen unserer Joghurts und den bei kleinen Kindern üblichen Wangenkuss gab, was sie mir gegenüber kommentierte „Merkst du, wie sich Marokkaner für ihre Mitmenschen interessieren? Alle lassen Müll rumliegen und keiner gibt so einem armen Kind etwas zu Essen ab!“ Da konnte ich ihr natürlich nur Recht geben, zumal auch in einigen arabischen Staaten der Umgang dahingehend besser ist (u.a. Golfregion) – aber es gibt einige Länder (ganz besonders Indien) wo das alles viel schlimmer in dieser Hinsicht ist als hier in Marokko… اتحاد طنجة مع شباب قصبة تادلة : بطولة القسم الثاني في الملعب الطنجة الكبير Das alte Stade Marchane benutzen nur noch die Jugend- und Frauenteams von Ittihad Riadi, dazu natürlich noch diverse Amateurteams, denn in Tanger gibt es einen Mangel an Sportanlagen. Andererseits gibt es eine sehr rege und vielseitige Sportszene: im Fußball sind sie zwar abgestürzt, aber im Basketball und Handball gut, im Cricket die Hochburg Marokkos und man kann von Golf über Pétanque bis Kung Fu fast alles (auch auf Wettkampfniveau) ausüben.

Die Zweitligafußballer sind seit dieser Saison ins 45.000 Zuschauer fassende Grand Stade, das nach Ibn Batouta benannt ist, umgezogen. Das ist für die Afrikameisterschaft 2015 errichtet worden und ist eines der größten und modernsten marokkanischen Stadien. Das Stadion könnte sich kaum mehr von jenem in Sidi Slimane am Samstag unterscheiden: saubere, bequeme Schalensitze in blau, gelb und grau die sich auf zwei niedrige Kurven, eine hohe unüberdachte und zweirängige Gegentribüne und eine ebenfalls zweirängige, enorme und mit einem Dach versehen Haupttribüne verteilen. Die Klos sind auf europäischem Standard, erstaunlich sauber und ordentlich nach Männern und Frauen getrennt (oft gibt es keine Frauenklos obwohl immer wenigstens eine Handvoll Frauen im Stadion ist). Selbst einen Gebetsraum gibt es und topp-moderne Presseplätze und Imbissstände (niemand ging mit einem Tablett durch die Reihen, sodass man sich an der Fressbude anstellen musste wie in Deutschland).

Der Namensgeber Ibn Batouta ist eine interessante Persönlichkeit des 14. Jahrhunderts und in der Stadt Tanger geboren. Manche bezeichnen ihn als Karl May der arabischen Welt, aber er war ganz sicher kein halbseidener Scharlatan wie dieser Western-Sachse. Bei seinen Reiseberichte mag er kräftig übertrieben haben, OK – aber ein größerer Teil seiner Beschreibungen sind nicht als erfunden abzutun und die Mode in den Geisteswissenschaften, alles und jedes über das gesunde wissenschaftlich-kritische Maß anzuzweifeln, muss man auch nicht gut finden. Einige seiner Beschreibungen sind aber definitiv übertrieben bis erfunden, mit großer Sicherheit war er jedoch auf der arabischen Halbinsel, Groß-Syrien, Süd-Asien (Indien, Malediven etc.) und den westafrikanischen Ländern (Mali etc.) unterwegs. In Marokko wird steif und fest behauptet er sei der größte Reisende des Mittelalters gewesen – Fakt ist zumindest, dass selbst wenn man die zweifelhaften Routen (u.a. die China-Tour ist wohl erlogen – von wem auch immer er die Reisebeschreibungen abgeschrieben hat) abzieht, er immer noch mehr Kilometer zurücklegte als der leistungsstärkste nicht-arabische Reisende Marco Polo, dem man mittlerweile auch in Historikerkreisen abspricht, alle Touren so erlebt zu haben. Aber eigentlich wiederfährt das so 99% aller frühen Forschungsreisenden – schlappe 300 bis 2.000 Jahre nach ihren Expeditionen und Reisen: außer Ibn Djubayr, weil der es irgendwie richtig drauf hatte…

Der Reisebericht von diesem Sohn der Stadt nach dem die Spielstätte heißt, liest sich übrigens teilweise ziemlich lustig aufgrund der augenfälligen Divise „Übertreiben heißt Veranschaulichen“:
Zum Beispiel über die Malediven, auf denen er mit 99% Sicherheit wirklich war, schreibt er u.a. Folgendes:
„Während meines Aufenthalts auf den Inseln besaß ich etliche Sklavinnen und vier Frauen, zwischen denen ich in jeder Nacht hin- und herwechselte, solange ich dort blieb. Die Bewohner der Inseln sind fromm, rechtschaffen und friedliebend. Sie essen nur erlaubte Dinge, und ihre Gebete werden erhört. Ihre Körper sind schwach. Sie haben keinen Sinn für den Krieg, ihre Waffe ist vielmehr das Gebet. Als ich dort Kadi [= Richter] war, befahl ich einmal, einem Dieb die Hand abzuschneiden. Da fielen manche von den Anwesenden im Gericht in Ohnmacht.“ (Siehe: Ibn Battuta, C.H. Beck). اتحاد طنجة مع شباب قصبة تادلة : بطولة القسم الثاني في الملعب الطنجة الكبير Wieder zurück zum Spielbesuch: Die Fans sind nicht so schwächlich wie Malediver und unheimlich zahlreich. 10.000 für eine Zweitligapartei ist weit überm Durchschnitt und ein Drittel davon supportete durchgängig in der Kurve unter der funktionsfähigen (!) Anzeigetafel. Die Gesänge waren vom allerfeinsten: melodiös, ausdauernd, kompliziert im Test und trotzdem laut. Schon nach wenigen Minuten wusste ich, warum ich die viel zu teuren 50 Dh.-Karten für die Haupttribüne holte: alle Frauen saßen auf der Haupttribüne (wo selbst die Sicherheitskräfte freundlich waren und niemand irgendwie blöd glotzte), da sie alle so ängstlich wie Fayza im Bezug auf Feuerwerk sind. Und auf den billigen Plätzen (mit 30 Dh. immer noch zu teuer für Liga 2) gab es zum Intro gleich mal Rauchkerzen in Vereinsfarben, Stoffbänder und ein arabisches Spruchband „30 Rauchkerzen, 1.000 Tränen“ (reimt sich im Arabischen in etwa auf dem Niveau wie „Pyromanie – jetzt oder nie“). Kassenrollen kamen geflogen, mehrere Leuchtraketen wurden abgefeuert und noch vor der Pause gab es einige Bengalos in mehreren Farben zu bestaunen.

Das Spiel fand auf erfreulich hohem Niveau statt. Von der ersten Minute an spielte Tihad Tanger, die sich nur im hinteren Mittelfeld befinden und ein paar Punkte weniger als der Gegner aus Kasbah Tadla auf dem Konto haben, nach vorne und versuchte ein Tor zu erzielen. Die erfreulich offensive Spielweise wurde aber nicht belohnt, sondern führte zu Fehlern die Konter provozierten. Kasbah Tadla bekam dann einen Freistoß kurz vor der rechten Strafraumecke, den Fayza völlig richtig kommentierte: „Wenn der JSKT-Spieler direkt aufs Tor schießt, fängt der Torwart wieder den Ball wie vorhin – aber wenn er einen der drei Mitspieler vorm Fünfmeterraum anspielt, trifft einer zum 1:0“. Genauso machte es der JSKT-Kicker auch und es stand 1:0 durch einen Kopfball aus sechs Metern am Torwart vorbei! Also dass jemand erst zum zweiten Mal bei einem Spiel im Stadion dabei ist und trotzdem Taktikverständnis zeigt und nicht eine sinnlose Frage stellt, habe ich echt noch nicht erlebt!

Nach dem 0:1 wurden die Zuschauer kurz etwas ruhiger, aber drängten dann die Mannschaf umso heftiger nach vorne: Chancen gab es nun trotzdem weniger für die Heimelf, sodass es beim Pausenrückstand blieb. In der zweiten Hälfte war es dann anfangs etwas ausgeglichener, doch die gefährlicheren Chancen hatte Tihad Tanger. Ab der 60. brannten sie dann ein echtes Offensivfeuerwerk mit Pfostentreffer und Torwartparaden ab. Gut 25 Minuten vor Abpfiff gab es ein Handspiel im Strafraum von Kasbah Tadla und der völlig zurecht verhängte Elfer wurde sicher ins Eck geschossen. Zu mehr sollte es allerdings nicht reichen, was außer uns beiden Neutralen so gut wie niemanden zufrieden gestellt haben dürfte… اتحاد طنجة مع شباب قصبة تادلة : بطولة القسم الثاني في الملعب الطنجة الكبير Ich brachte Fayza nach Larache zurück, wo sie in einem der Hotels, wo wir gestern erfolglos fragten, sofort ein Zimmer bekam, da alle Läufer abgereist waren – und aufgrund der Probleme gestern sogar zum reduzierten Preis von 50 statt 70 Dirham (also nur 4,50€!).
Nachdem wir uns verabschiedet hatten und ich ihr versprach Anfang Januar zu Besuch zu kommen, machte ich mich auf den 350km langen Weg zurück nach Fès. Kaum war ich zurück, konnte ich mir die frechen Sprüche von Ryan anhören – der hatte nämlich spitzgekriegt, dass ich normalerweise mit ihr verheiratet sein müsste um so eine Tour zu machen – die nach Übersetzung von Khadija bei den Kindern für lautes Gelächter sorgten.

Während unsere Tour für die Familie unglaublich selbstverständlich war und nur wegen unserer Notlügen und der Übernachtung im Auto gewitzelt wurde, musste ich mich am Montag sehr zurückhalten. Denn selbst den nettesten Lehrern am Institut sollte man nicht zu viele Details erzählen. Malika ist nicht unbedingt konservativ, aber ihre erste Frage, nachdem ich bloß gesagt habe, mit wem ich nach Tanger gefahren bin und warum, war: „Haben das ihre Eltern erlaubt oder nur Khadija?“ Und ja, natürlich wussten alle – Eltern und Geschwister – davon und es hatte keiner etwas dagegen. Malika natürlich auch nicht, aber sie warnte mich (unnötig aber umso eindringlicher) davor, so etwas als normal anzusehen in Marokko oder anderen Marokkanern zu erzählen, dass ich das Wochenende mit einer Freundin, die ich erst zwei Monate kenne und die genauso unverheiratet ist wie ich, verbracht habe und wir solche Sachen wie eine Übernachtung im Auto und Frühstück im Kaffeehaus gemacht und uns je nach Situation auch mal als verheiratet oder verschwägert ausgegeben haben. Die meisten Marokkaner würden sie wirklich, ohne sie persönlich zu kennen, als ungläubige Schlampe abstempeln.

Als Fazit bleibt jedenfalls, dass dieses Wochenende so ziemlich das lustigste des ganzen Aufenthaltes war: zwei sehr lohnende Spiele in zwei tollen Grounds, einige gute historische Sehenswürdigkeiten und mit einer wirklich sehr angenehmen und stressresistenten Mitfahrerin von einer kuriosen Situation in die nächste… 
اتحاد طنجة مع شباب قصبة تادلة : بطولة القسم الثاني في الملعب الطنجة الكبير
Statistik:
- Grounds: 1.044 (2 neue; diese Saison: 73 neue)
- Sportveranstaltungen: 1.951 (heute 2, diese Saison: 95)
- Tageskilometer: 1.060 (Sa: 480km Auto, So: 580)
- Saisonkilometer: 26.070 (25.030 Auto/ 990 Fahrrad/ 40 Schiff, Fähre/ 10 öffentliche Verkehrsmittel/ 0 Flugzeug)
- Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 9 [letzte Serie: 2, Rekordserie: 178]
- Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 384

Dienstag, 3. Dezember 2013

W383II: Fußball in der Hauptstadt – mal auf Asche, mal auf Kunstrasen; aber stets viele Karten und immer taucht dieser Yacoub El Mansour auf

--- Union Sportive Témara - (الاتحاد لتمارة) --
............................ 1:0 (0:0) ............................
Club Rachad Bernoussi (نادي الرشاد البرنوصي)
- Datum: Samstag, 30. November 2013 – Anstoß: 14.30
- Wettbewerb: GNF Botola 2 [االبطولة الوطنية القسم الثاني] (Nationale Meisterschaft, 2. Abteilung = 2. Marokkanische Liga; Halbprofiliga)
- Ergebnis: 1-0 nach 100 Min. (46/54) – Halbzeit: 0-0
- Tor: 1-0 60. (32)
- Verwarnungen: Nr. 14, 15, 19, 25-TW (UST); Nr. 2, 7, 12-TW, 15, 19 (RB)
- Platzverweise: Torwart von Rachad Bernoussi (Nr. 12) wg. Notbremse in 97. Minute
- Spielort: Stade Municipal >>Yacoub El Mansour<< de Témara [الملعب البلدي "يعقوب المنصور" بتمارة] (Kap. 2.000 Sitzplätze)
- Zuschauer: 500 (davon ca. 10 Gästefans)
- Unterhaltungswert: 6,0/10 (Nach mäßiger erster Hälfte kam das Spiel ziemlich in Fahrt)

Association Elite Sportive Yacoub El Mansour
(النخبة يعقوب المنصور)
................................ 7:0 (5:0) ..............................
Club Sportif Najm El-Sahel Bouznika 
(نجم الساحل بوزنيقة)
- Datum: Samstag, 30. November 2013 – Anstoß: 11.00
- Wettbewerb: Senior 4 Division, Ligue 1 du Gharb de Football/ Groupe A [عصبة الغرب - بطولة الهواة القسم الرابع, مجموعة ا] (1. Westmarokkanische Regionalklasse/ Gruppe A = 6. Marokkanische Liga, 4. Amateurebene)
- Ergebnis: 7-0 nach 85 Min. (44/41) – Halbzeit: 5-0
- Tore: 1-0 5. (8), 2-0 24. Hoceine (6), 3-0 29. Hoceine (6, Elfmeter), 4-0 36. (7), 5-0 40. (5), 6-0 55. (7), 7-0 58. (16)
- Verwarnungen: 7, 14, 16 (AES); 4, 9, NN (CSNSB)
- Platzverweise: Nr. 5 von Bouznika (62. Min. wg. Beleidigung von Gegenspieler und Linienrichter)
- Spielort: Stade Pex/ Mamoune [ملعب المامون] (Kap. 1.500 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 70 (davon ca. 10 Gästefans)
- Unterhaltungswert: 7,0/10 (Sehr einseitig, aber Nokhba spielte richtig guten Amateurfußball) ملعب مامون - رباط Photos with English and Arabic Commentary:
a) Moroccan Second Division: Union Témara defeat Rachad Bernoussi (Yacoub El Mansour Stadium at Témara near Rabat)
b) MOROCCAN AMATEUR FOOTBALL IN RABAT: NOKHBA YACOUB MANSOUR – NAJM SAHEL BOUZNIKA
c) Rabat and Salé: New pictures; Hassan Tower of the unfinished Grand Mosque, Russian Orthodox Church

Bevor ich zwecks Visumsverlängerung in besetztes Gebiet rüberfuhr, ging es erstmal zügig gen Hauptstadt. Da in der Nähe des Zielgebiets keine Verwandtschaft meiner Gastfamilie wohnt und somit eine Hotelübernachtung anstand, unternahm ich die Tour alleine. Ich fand mich auch ohne die tollen Hilfsmittel die mir jetzt bei manchen Beifahrern zur Verfügung stehen (z.B. Fayzas Google-Maps-App auf ihrem Smartphone) in der Hauptstadt zurecht und steuerte dort erstmal die unvollendet gebliebene, mittelalterliche Große Moschee mit dem Hassan-Turm an. Schon ein schickes Teil, typisch maghrebinische Ausarbeitung, aber künstliches Säulenlabyrinth und der angrenzende Garten ist eine Baustelle.

Die Moschee wurde übrigens von Yacoub El Mansour (Yakub al-Mansur, der Siegreiche Jakob) in Auftrag gegeben und der war Ende des 12. Jh.s Kalif der Almohaden-Dynastie. Ein Stadtteil von Rabat heißt so und auch diverse öffentliche Einrichtungen (v.a. in der Hauptstadt). Heute kam mir der Kerl beim Fußball dauernd unter und politisch gesehen ist die Benennung des Stadions in Témara oder des Stadtviertels in Rabat halbwegs nachvollziehbar, da er ein von Marokko ausgehendes Großreich regierte und weitestgehend erfolgreich gegen spanische und afrikanische Gegner verteidigte. Er wird auch gerne als Förderer der Baukunst und anderer kultureller Tätigkeiten gefeiert. Andererseits ist er angesichts seiner radikalen Religionsauslegung (Anhänger der Zahiriya, die in die Wahabiyya, die heute v.a. in Saudi-Arabien nur Scheiße baut, aufging) und Gewalttätigkeit gegen Minderheiten im marokkanischen Reich eine sehr zweifelhafte Person und steht eigentlich auch den Idealen des heutigen Königreiches Marokkos entgegen. النخبة يعقوب المنصور و نجم الساحل بوزنيقة Die erste Begegnung mit dem Namen Yacoub El Mansour gab es passenderweise am Russland-Platz. Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich richtig abgebogen war, doch als eine Horde von 15 Jungen Leuten mit Sporttaschen auf dem Rücken um die Ecke kam, waren gleich zwei Sachen klar: 1. bin ich hier richtig am Stade Pex/ Mamoune und 2. fängt das anvisierte Spiel garantiert nicht in 10 Minuten an…

Das Stade Pex (auch bekannt als Malaab Mamoune) hatte ich dem Groundhopper von hyperfantastisch.de per Mail ungesehen empfohlen, als er ein Spiel am Aid-Wochenende gesucht hatte und mein Frauenmatch in Khenifra für ihn zu weit war. Er hat es dann wiederum sehr gelobt und schon von außen bestätigte sich der Eindruck: es ist ein zwischen primitive Mehrfamilienhäuser geklatschter Ascheplatz der hinter dem einen Tor von einer Sporthalle begrenzt wird und auf der einen Längsseite nur die Wechselbänke und ein paar schmale Bäume, auf der anderen aber eine tolle Tribüne für gut 1.500 Leute mit geometrischen Mustern aus Beton hinter der letzten Reihe, zu bieten hat.

Das Spiel zwischen Nokhba (Elite) aus dem Stadtteil Yacoub El Mansour und Najm Es-Sahel (Stern der Küste) aus dem zwischen Rabat und Casablanca liegenden Bouznika fing 15 Minuten später an, aber wusste von der ersten Minute an (trotz vom Start weg einseitiger Spielführung) zu gefallen. Bevor überhaupt angepfiffen wurde gab es die erste gelbe Karte, da ein Spieler der Gäste den Anstoß verzögerte nachdem der Schiedsrichter ihn darauf aufmerksam machen musste, dass er seinen Schmuck ablegen muss…

Nokhba legte dann sowas von los, dass Najm Saheli gar nichts zu melden hatte. Die kamen ja kaum über die Mittellinie, während der Gästekeeper dauerbeschäftigt war: ein Weitschuss, ein Kopfball, ein Elfmeter links unten ins Eck und schon stand es 3:0. Vor der Pause noch das 4:0 und 5:0 und dabei wurden noch zwei Tore vom schlechten Schiedsrichtergespann wegen angeblichen Abseits aberkannt!

Nach dem Seitenwechsel kam Bouznika ein wenig ins Spiel, doch ein Doppelschlag führte zum 7:0 Endstand. Ein Gästespieler pöbelte noch etwas rum und musste dann früher gehen, wobei sein Gehabe bei den dauernden Fehlentscheidungen der Unparteiischen (besonders der Linienrichter) in beide Richtungen halbwegs nachvollziehbar war. Mit 10 Mann und noch 25 Minuten bis zum Ende – zweistellig? Nichts war’s! Denn Bouznika spielte jetzt etwas besser und konnte hinten dicht halten, sodass es beim 7:0 blieb.

Noch schnell Essen fürs Wochenende im Acima am Russenplatz eingekauft, die russisch-orthodoxe Kirche besichtigt (leider nur von außen möglich) und dann zum nächsten Spiel. الاتحاد تمارة و الرشاد برنوصي - بطولة القسم الثاني Am großen Stadion Moulay Abdellah und dem Zoo vorbei geht es in die gesichtslose Nachbarstadt Témara. Nur primitive Platte, am Rande schicke Einfamilienhäuser. Zwischen diesen teuren Häusern und der Autobahn befindet sich dann das kleine Stadion des Zweitligisten Tihad (Union) Témara, das nach Yacoub El Mansour heißt. Nicht mal Eintritt wurde erhoben, wenn man auf die neunreihige überdachte Betontribüne oder die etwas niedrigere aber breitere unüberdachte Betontribüne gegenüber wollte. Bis auf den neuen Kunstrasen deuteten noch alle Zeichen auf Amateurliga aus der der Club emporgekommen ist. Nicht mal Zuschauertoiletten gibt es: fragt man einen Ordner, wird man zu den Spielern in die Kabine geschickt und geht mit denen aufs Gemeinschafts-Scheißhaus…

Auch die Zuschauerzahl von nur 500 ist sehr amateurhaft, doch auf dem Feld zeigte sich der Unterschied: hier wurde schneller, technisch versierter, aber vorsichtiger gespielt, wodurch es viel weniger Torszenen als bei den Amateurligen gab. Würde ich noch länger in Marokko bleiben, würde ich aus diesem Grund auch meine Hoppingaktivitäten schnell auf den Amateurbereich konzentrieren… Erst nach einer Stunde netzte Témara mit einem Sprungtritt aus sechs, sieben Metern ein. Kurz darauf allerdings noch ein Tor, was nur leider vom erneut schlechten Schiedsrichtergespann aberkannt wurde. Die Hälfte der gelben Karten war lächerlich, doch bei der roten Karte gegen den Schlussmann von Rachad Bernoussi lagen sie völlig richtig: eindeutiger kann man eine Notbremse nicht ausführen!

Die Spieler wurden noch v.a. von den sehr jungen Ultras etwas abgefeiert, wobei es hier insgesamt ungewohnt vernünftig und ruhig zuging in Témara. Kein Wunder, dass keiner deren Szene ernstnimmt…

Nach dem Spiel ging es gleich auf die Autobahn und in vier Stunden war Fnideq erreicht. Da im Bereich Sebta/ Ceuta, Fnideq, Tanger die Hotelsituation katastrophal ist, d.h. die Hotels fast ausnahmslos überteuert sind (wirklich billig sind nur die ganz schlechten Absteigen), buchte ich zwei Tage vorher mit der Visakarte die günstigste verfügbare Rate im grenznahen Ibis Fnideq. Immer noch 32€, aber besser als der Dreck den man sonst für 32€ oder 20€ angeboten bekommt in Fnideq und nahegelegenen Orten. Was an Ceuta bzw. Sebta so interessant ist, siehe Sonntagsbericht! الاتحاد تمارة و الرشاد برنوصي - بطولة القسم الثاني Statistik:
- Grounds: 1.039 (2 neue; diese Saison: 68 neue)
- Sportveranstaltungen: 1.946 (heute 2, diese Saison: 90)
- Tageskilometer: 570 (570km Auto)
- Saisonkilometer: 24.620 (23.580 Auto/ 990 Fahrrad/ 40 Schiff, Fähre/ 10 öffentliche Verkehrsmittel/ 0 Flugzeug)
- Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 4 [letzte Serie: 2, Rekordserie: 178]
- Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 383

Montag, 11. November 2013

W380III: Ein würdiges Spitzenspiel – hohes Niveau und schöne Tore auf dem Feld sowie Gesänge, Pyro und Tumulte auf den Rängen

Union de Mohammédia - (نادي اتحاد المحمدية الرياضي)
.................................. 0:2 (0:1) ..................................
Club Omnisport De Meknès (النادي الرياضي المكناسي)
- Datum: Sonntag, 10. November 2013 – Anstoß: 14.30
- Wettbewerb: Botola 2/ GNF 2 [2 البطولة الوطنية المغربية] (Zweite Marokkanische Fußballliga, Halbprofiliga)
- Ergebnis: 0-2 nach 96 Min. (46/50) – Halbzeit: 0-1
- Tore: 0-1 32. (NN), 0-2 87. (NN)
- Verwarnungen: NN (USM); NN, 13 (CODM)
- Platzverweise: keine
- Spielort: Stade El Bachir [ملعب البشير] (Kap. 15.000, davon 150 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 2.000 (darunter ca. 500 Gäste-Fans)
- Unterhaltungswert: 7,5/10 (Siehe Überschrift…) بطولة القسم الثاني : اتحاد المحمدية و نادي المكناسي في ملعب البشير Photos with English and Arabic Commentary:
Moroccan 2nd Level: Union de Mohammédia v Club Omisport de Meknes (Stade El Bachir)

Video on Myvideo.De:
Union de Mohammédia v Club Omisport de Meknes: Visiting Support

Am Vorabend rief mich einer der Lehrer vom Institut an: es ging natürlich nicht um die Kursgebühren die ich noch nicht gezahlt habe, sondern um eine Mitfahrgelegenheit. Abdelhadis Schwiegermutter wohnt nämlich in Mohammédia und so fragte er höflich an, ob ich den Familienausflug unterstützen könnte. Da ich vorher die Karre waschen ließ, tanken musste und das mit dem Kreisverkehr falsch verstanden hatte und zu weit gefahren war (eigentlich ist es mittlerweile weder ein Problem für mich, auf Arabisch zu telefonieren, noch mich in Fès zurechtzufinden – aber die Beschreibung mit dem Weg zur Autobahn war nicht so nachvollziehbar) kamen wir erst um 9.30 los.

Kurz vor Tiflet bemerkte ich zu spät den Poliziten mit Kamera im Gebüsch im Mittelstreifen der Autobahn: 5km weiter an der Abfahrt Tiflet wurden wir also (mitsamt drei weiteren, denen ich mit fast 140 hinterher gefahren war) von seinen Kollegen rausgewunken, doch die Uniformierten von der Direktion Tiflet haben anscheinend mehr Stil als ihre Nachbarn aus Meknès. Die Meknessi hätten auf die vollen 300 Dirham bestanden, doch der Polizist aus Tiflet fragte nach der üblichen Aufforderung „Führerschein und Fahrzeugpapiere bitte“, wo ich Arabisch gelernt habe. Worauf das hinauslief war schnell klar, nach einem Gespräch über mein Studium, warnte er mich vor drei Radarfallen auf den nächsten 45km und meinte, dass die Kollegen dort vielleicht nicht die Strafe reduzieren wie er. Aus 300 Dirham wurden jedenfalls 100 (9,50€) – ohne Quittung natürlich aber mit vielen guten Wünschen für mein Studium und einer eventuellen Arbeit in einem arabischen Land…

In Mohammédia angekommen stellte man schnell fest, dass dieser Ort ein tolles Beispiel für die unterschiedliche Wohnqualität der Marokkaner ist: tolle Villen mit Meerblick im französischen Stil, gut sanierte Klein-Plattenbauten, angegraute Betonklötze von Mehrfamilienhäusern und übelste Wellblechhütten auf staubigen Brachflächen. Wir waren bei den Schwiegereltern eingeladen: die wohnen in einem Arbeiterviertel mit staubigen Straßen, lärmenden Kindern, versifften Gassen und grauen Plattenbauten, aber innen sieht ihr Haus ganz hervorragend aus. Sogar ein europäisches Bad und kein Abtritt! Auffällig war nur die konservative Einstellung: die Kinder und Abdelhadis Frau Amina aßen mit der Schwiegermutter (die mich aber handschläglich begrüßte) und deren Schwester in einem anderen Zimmer als Abdelhadi und ich. Da das Essen länger dauerte, nahmen wir den Hauptgang einfach in einer Tüte mit ins Stadion: fettiges Hammelfleisch mit Pfeffersoße im Fladenbrot… بطولة القسم الثاني : اتحاد المحمدية و نادي المكناسي في ملعب البشير Das besagte Stadion heißt Stade El Bachir und fasst 15.000 Zuschauer. Es ist auf allen vier Seiten ausgebaut aber recht heruntergekommen. Die Anlage ist sehr symmetrisch angelegt, alle Tribünen haben 15 Reihen, aber nur die Haupttribüne ist überdacht. Unter der Mitte der Überdachung befinden sich auch die einzigen Sitzplätze. Auffällig sind die hohen aber nicht funktionsfähigen Flutlichtmasten und der Wildwuchs hinter den Kurven.

Der Wildwuchs kam einigen einheimischen Jugendlichen sehr zugute, denn sie kletterten so ohne die 20 Dirham (die Abdelhadi wie abgemacht für mich zahlte) blechen zu müssen rein. Und während wir nur Hammelfleischbrote reinschmuggelten, brachten die Chaoten Böller und Flaschen mit. Als eine Gruppe von Meknes-Anhängern 10 Minuten nach Anstoß reinging, flog auch prompt eine der Flaschen nach ihnen – unter heftigen Beschimpfungen flog diese dann zurück in die Gruppe Jugendlicher und es kam zu einer ersten Schlägerei zwischen 10 bis 15 Leuten. Abdelhadi wunderte es schon sehr, dass ich trotz der Rennerei in unserem Sektor noch ruhig sitzen blieb: das Brot in der linken und die Kamera in der rechten Hand…
Kurz darauf versuchten 30, 40 Jugendliche von Ittihad Mohammedia den Gästesektor zu stürmen, doch sofort kamen mindestens 50 Meknessi in die Pufferzone geranntt und warfen mit ein paar Flaschen und Feuerwerkskörpern nach den bescheuerten Mohammedia-Fans und bälzten auch ein paar die sich zu weit vorgewagt hatten. Als die Polizei dazwischen prügelte, ging jeder wieder in den jeweiligen Block zurück und supportete weiter als sei nichts gewesen.

Der Support von Mohammedia war recht dürftig, da nur sporadisch. Abdelhadi meinte auch, dass die Fans des Drittligistens Chabab (Jeunesse) Mohammédia zahlreicher und besser seien. Doch der Anhang aus Meknes ging genial ab: Dauergesang der besseren Sorte, viele Hüpf- und Klatscheinlagen und Pyro mit Bengalos, Böllern und Rauchfackeln.
Ein Fünftel des Anhangs hatten wir ja bereits auf der Autobahn überholt: Bei Salé fiel uns ein Konvoi von acht Kleintransportern, die insgesamt rund 100 schals- und fahnenschwenkende Fans von CODM auf den Sitzen der Fahrerkabinen und v.a. den Ladeflächen (teilweise auf Kisten sitzend) transportierten. Abdelhadi erzählte daraufhin von den finanzschwachen aber umso einfallsreicheren Fans, die viele Vereine haben: zum Auswärtsspiel per Anhalter und auf LKW-Ladeflächen… 24-Stunden-Touren: zu siebt in einem 40 Jahre alten Kleinwagen 10 Stunden auf der Landstraße unterwegs, dann in der Stadt und beim Spiel (4 Stunden) und danach 10 Stunden Heimfahrt… und wer auf der Fahrt sein Geld verpulvert hat oder gar keins dabei hat, der bettelt sich dann die Karten zusammen oder verdient sich das Geld bis zum Anstoß mit Schuhe putzen, Kram verkaufen oder Autowaschen…

Zurück nach Mohammédia: schnell wurde klar, dass das Spiel eines Spitzenspieles würdig sein würde: Tabellenführer Mohammedia wollte die erste Niederlage, die sie in der Vorwoche erlitten, wieder gut machen und der Fünfte CODM wollte den Anschluss an den Aufstiegsbereich (2 Punkte vor dem Spiel auf Rang 2) verkürzen. Der Gastgeber zeigte sich aber erstaunlich unfähig an der Gästeabwehr vorbeizukommen, sodass CODM die meisten Szenen der ersten Hälfte gehörte. Innerhalb von fünf Sekunden je einmal Latte und Pfosten, mehrfach ganz knapp vorbei und nach einer reichlichen halben Stunde dann die Führung.
Nach der Pause hatte der Gastgeber etwas mehr vom Spiel, doch mit zunehmender Zeit konterte CODM immer gefährlicher und die jugendlichen Zuschauer der Heimseite (der Opa neben uns meinte noch recht treffend: „dima mashakil maâ sh-shabâb“ = „immer Ärger mit den jungen Leuten“) wurden unruhig, warfen Gegenstände und rüttelten am Zaun. Als in der 87. dann das herrlich herausgespielte 0:2 in den langen Winkel gesetzt wurde, war das Spiel gelaufen, ging noch flott zu Ende und wurde nach Abpfiff von einem Platzsturm mehrerer jugendlicher Union-Fans gekrönt, die die eine Eckfahne klauten. Schon toll, was in Mohammédia für Leute im Stadion rumkaspern… بطولة القسم الثاني : اتحاد المحمدية و نادي المكناسي في ملعب البشير Nach dem Spiel traf ich mich mit Nathalie, die die letzten zwei Wochen mal wieder in Marokko war, in Mohammedia und wir fuhren noch ins benachbarte Casablanca.
Rücksichtslos durch den dichten Verkehr gedrängelt und wieder bei Abdelhadis Schwiegereltern: dort ging es weiter mit Essen und gut gestärkt auf die Autobahn nach Rabat, die voll war und hektisch zu fahren war. Ebenso chaotisch verlief es auf der Umfahrung der Hauptstadt, wo sich alle gegenseitig mehr rechts als links überholten und die Hupe mehr als die Bremse genutzt wurde. Dem stand die gähnende Leere auf der Autobahn nach Fès entgegen.

In Fès kamen wir noch vor 23 Uhr an, wobei ich noch kurz bei Abdelhadis Familie eingeladen war. Auch hier war es wieder so: staubige Straßen, hässliche Hausfassaden, aber innen prima eingerichtet. Schließlich zurück bei Khadija wurde ich schon erwartet: auch hier um 23 Uhr noch Essen auf dem Tisch und sogar das Internet funktionierte wieder einwandfrei, da ein befreundeter Techniker laut Zaki „mal kräftig auf das Modem gekloppt hat“… بطولة القسم الثاني : اتحاد المحمدية و نادي المكناسي في ملعب البشير Statistik:
- Grounds: 1.033 (1 neuer; diese Saison: 62 neue)
- Sportveranstaltungen: 1.937 (heute 1, diese Saison: 81)
- Tageskilometer: 660 (660km Auto)
- Saisonkilometer: 22.370 (21.370 Auto/ 950 Fahrrad/ 40 Schiff, Fähre/ 10 öffentliche Verkehrsmittel/ 0 Flugzeug)
- Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 8 [letzte Serie: 13, Rekordserie: 178]
- Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 380