Montag, 21. Oktober 2019

W688II-W689VII: Den Indus entlang von Karachi bis Lahore und wieder zurück; von Festungen, Schreinen, Polizeieskorten und dem Umstand, beim Fußball stets Ehrengäste zu sein – eine Tour durch die pakistanischen Provinzen Sindh und Punjab

I. Vorwort und Anreise
II. Ein Stadion mit bestem Kitsch zum 70. Geburtstag
III. Cricket in Karachi und die erste Etappe entlang des Indus
IV. Abstecher zur größten Festungsanlage der Welt und weiter bis Mohenjo-daro
V. Mohenjo-daro und weiter durchs Industal nach Punjab
VI. Reise mit der Polizei nach Sheikhupura
VII. Die wohl schönste Stadt Pakistans: Lahore
VIII. Flutlichtturnier mit Flutlichtausfall in Multan
IX. Der Urlaub mit der Polizei geht weiter – zu einer Wüstenfestung und Schreinen
X. Festungen und Schreine in Sindh
XI. Ein Kreisligakick in Karachi vor 3.500 Zuschauern
XII. Abreise
XIII. Reisehinweise

Photos with English commentary:
a) Amateur Football in Rural Karachi: Barma Afridi vs. Lasbella Students & Baloch Utd. vs. Jilani FC, MOHAMMADI GROUND MEMON GOTH
b) Cricket Inter Province Cup: Quaid-e-Azam Trophy Sindh vs. Southern Punjab, at UBL Stadium Karachi
c) Amateur Football in Multan City: DFA Pakpattan vs. DFA Khanewal, Qilla Kohna Qasim Bagh Stadium
d) Amateur Football in the Korangi neighbourhood of Karachi: BARMA MOHAMMEDAN VS. ALL BROTHERS MALIR (ABDALLAH NOOR TOURNAMENT)

e) SINDH PROVINCE: Karachi, Bhambore, Malir, Hyderabad, RANIKOT, SEHWAN, MOHENJO-DARO, Bohi Jacoubi (Abid Markhiani), Khairpur, KOT DIJI, SACHAL SARMAST, Bhit Shah, ODERO LAL, THATTA, MAKLI, Chaukhandi Tombs
f) PUNJAB PROVINCE: Sheikhupura, LAHORE, Harappa, Multan, DERAWAR, UCH SHARIFDFA Malir Tournament at Mohammedi Football Ground Memon GothI. Vorwort und Anreise

Pakistan: mal wieder so ein Länderpunkt, wo außer weltoffenen Weltreisenden und natürlich Groundhoppern mit um die 100 Länderpunkten wieder jeder komisch guckt, dass man da hinfährt. Oder wie das meine Kollegin meinte: „Erzähl mir dann mal, wer auf eurem Flug mitgereist ist – würde gern mal wissen, wer noch so verrückt ist...“

Pakistan hat allerdings für meinen Vater noch eine andere Bedeutung als für mich – ich wollte nur ein weiteres, zumal im islamischen Raum gelegenes Land besuchen, während er bereits Ende der 80er Jahre dort war. Bei dieser Dienstreise ging es v.a. darum, Artefakte aus Mohenjo-daro – der bedeutendsten Ruinenstadt der Induszivilisation, die vor fast 5000 Jahren erste städtische Kultur und auch Baukultur hervorbrachte und somit knapp hinter Ägypten und Mesopotamien (Irak, Syrien) und weit vor Europa zu den frühesten Zivilisationen bzw. Hochkulturen  gehört – für Ausstellungen in Deutschland, Frankreich und den USA organisiert zu bekommen. Dass er solche Vertragsverhandlungen führen durfte, hatte er seinen Bekannten bzw. der Situation an der Uni Aachen zu verdanken. In jedem Fall hinterließ die Dienstreise bleibende Eindrücke, aber hatte zwei massive Makel: kein Sightseeing (es fiel sogar die anberaumte Besichtigung von Mohenjo-daro aus, da ein Inlandsflug 10 Stunden Verspätung hatte) und kein Fußball...

So kamen wir auf die Idee, dass ich zum 70. Geburtstag meines Vaters so eine Tour nach Pakistan als Geburtstagsgeschenk organisieren könnte. Das war natürlich keine Tour für meine Mutter, da zu stressig – aber zweifelsohne der beste runde Geburtstag für meinen Vater! Und da die Idee bereits mehr als ein Jahr vorher aufkam, hatte ich auch genug Zeit, das mal meiner guten Freundin Conny nebenbei zu erzählen. Die fand diesen Plan so spannend, dass sie sich unserer Gruppe anschloss und gleich noch ihre Freundin Liane ins Boot holte, die nicht nur wie Conny, mein Vater und ich dutzende Länder außerhalb Europas bereist hat, sondern eben auch etliche Zeit in Indien und Pakistan (aber eben in anderen Orten, als wir nun auf dieser Reise) verbracht hat.

Dass so eine Tour einigen Vorlauf benötigt, dürfte klar sein – ich habe die Hinweise zu Flügen, Visa, Hotels und Transportmitteln im letzten Kapitel (XIII. Reisehinweise) zusammengetragen.
Zum Anreisetag kann ich nur noch sagen: morgens von Bonn aus nach Düsseldorf über die Landstraßen, wieder beim Parkvogel recht günstig geparkt und mit dem Shuttle zum Terminal und weiter nach Istanbul, wo der neue Flughafen schon einen richtig guten Eindruck machte. Der Standort ist mit Recht umstritten und das wurde auch in der türkischen Gesellschaft massiv diskutiert (Stichworte: Waldrodung, Vogelfluggebiet, 40km von Istanbuler Innenstadt entfernt) – baulich und technisch ist der Flughafen aber topp gelungen, was v.a. Conny auffiel, da sie aus Berlin kommend von einer absoluten Peinlichkeit namens Tegel gestartet war. Sie trafen wir dann schon kurz nach der Landung in Istanbul, ehe wir nach ein paar Stunden Aufenthalt nach Karachi weiterflogen, wo wir zur beknackten Zeit von 4.30 Uhr mit einem wieder einmal hervorragenden Flug mit Turkish Airlines landeten. Memon Goth Ground: VIP hospitalityII. Ein Stadion mit bestem Kitsch zum 70. Geburtstag

Im Flieger bekam Conny erstmal nur das Einreiseformular für Oversea-Pakistani, da die Stewardess meinte, dass eine Schwarzhaarige mit Shelwar Kamis (zweiteilige pakistanische Frauenbekleidung mit gewissen Ähnlichkeiten zum indischen Sari, bei ihr natürlich ohne Kopftuch getragen) sicher Pakistanerin sein muss... OK, verständlich, da es 1. auch sehr hellhäutige Pakistaner gibt und 2. außer uns scheinbar keine Touristen im Flieger saßen: alles Oversea-Pakistani, ganz wenige türkische Businessmänner und dann noch zwei deutsche Frauen mit pakistanischen Männern und Familienmitgliedern.

Am Boden dauerte es eine Weile, bis wir durch die schlecht organisierten Passkontrollen waren, das Gepäck hatten und Geld getauscht hatten. Am Flughafen Jinnah International in Karachi sollte man Euro bei der Wechselstube hinter der Passkontrolle eintauschen – die Geldautomaten funktionieren selten bis nie!
Vor dem Terminal trafen wir unseren Autovermieter. Anis, der Chef von Janan Motors & Rent a Car, hat viele Jahre in Hessen gelebt und kann hervorragend Deutsch. Er ist mit seiner Firma ein echter Lichtblick im unglaublich unprofessionellen und unseriösen Mietwagenbusiness von Karachi bzw. Pakistan insgesamt! Leider konnte auch er mir nur einen Toyota Belta mit extrem schlecht übersetztem Automatikgetriebe besorgen, aber der war bis auf das ständige Aufsetzen auf Schwellen (speed bumps) und auf der Piste nach Meerikot völlig ausreichend. Und v.a. muss man 1. ersteinmal überhaupt einen Mietwagen in Pakistan organisiert bekommen und 2. diesen überhaupt selber fahren dürfen und nicht zuletzt 3. einen Vermieter finden, der mit einem zum Hotel fährt und uns gleich am folgenden Abend ein Geburtstagsessen im Restaurant eines Verwandten ausgibt...

Im Hotel „Seasons Inn 2“ unweit des Flughafens hatte der Handlanger vom Besitzer mit seinem schlechten Englisch irgendwie nicht kapiert, dass wir für die 1. Nacht zu dritt zwei Doppelzimmer bestellt hatten und für die 2. Nacht die vierte Person hinzustößt. So landeten wir in einem Dreibettzimmer, was aber bei unserer langjährigen Freundschaft und eingeübten Flexibilität auch kein Problem ist – dass wir entgegen der pakistanischen Standards nicht aus derselben Familie sind, schien den Handlanger auch nicht zu interessieren...

Frühstück um 10 und Liane, die ein paar Tage vorher nach Karachi gereist war und zu Bekannten auf Besuch war, stieß zu unserer Gruppe hinzu. Wir fuhren dann nach Bambhore raus. Dieses Dorf liegt an einem Meeresarm des Indischen Ozeans (bzw. Arabischen Meeres), einige Kilometer östlich von Karachi. Karachi mit Umland hat übrigens die Größe des Saarlandes aber ca. 17 Millionen Einwohner. Der angrenzende Kreis (District) Thatta ist fast noch größer, aber viel einwohnerärmer. In diesem Kreis liegt jedenfalls Bambhore und dort gibt es die Ruinen einer historischen Stadt zu sehen, die Schauplatz der Anlandung des ersten islamischen Herrschers des Subkontinents war: Muhammad bin Qasim, umayyadischer General aus Taif (heute im Westen von Saudi-Arabien), führte schon als 17jähriger seine Truppen, die hier 710 alles auseinandernahmen, um die Provinz Sindh zu erobern. Seine zahlenmäßig nicht große, aber technisch weit überlegene syrisch-irakische Kavallerie besetzte Bambhore, das noch bis ins 13. Jahrhundert von muslimischen Herrschern geführt wurde, aber danach wüst fiel. Erst seit den 1950ern wird die Stätte archäologisch erforscht. Die Mauerreste sind ganz ansehnlich, aber nicht spektakulär. Dass da die Reste der ältesten Moschee auf dem Subkontinent (von 727) stehen, ist auch eher für geschichtsinteressierte Muslime interessant und nicht für uns. Das Museum bietet ein paar nette Fundstücke, wie fast überall in pakistanischen Museen darf aber nicht fotografiert werden. Interessant ist schließlich noch der Blick über die Ruinen der Rundtürme und Grundmauern der Gebäude hinweg übers Schwemmland: dort steht ein Offshore-Windpark. Wenn man so einen Rotz sieht, fühlt man sich gleich wie zu Hause... OK, es wurde noch heimeliger, als wir den einige Kilometer Luftlinie entfernt liegenden Chemiepark Port Qasim bemerkten: Kühltürme und Co.; u.a. betrieben von Lotte Chemical und Linde – das ist ja wie in Leuna hier!

Etwas anders als in Leuna sind allerdings die Verkehrs- und Lebensverhältnisse im östlichen Umland von Karachi bzw. auch sonst meist in Pakistan: die Straßen sind innerorts von Autos, Mopeds, Rikshas, Pferde- und Eselskarren – teils alles völlig überladen – verstopft, von Verkaufsständen halb zugestellt und meist völlig vermüllt. Man sieht fast nur primitivste Betonhäuser, Lehmhütten und schlimmstenfalls einfach nur Wellblech- oder Holzbuden. Schon am ersten Tag fiel mir auf, dass hier das Elend mindestens so schlimm wie im Süden Indiens – eher noch schlimmer – ist.

Auf dem Weg zum Fußball in Malir/ Ortsteil Memon Goth fanden wir durch Zufall auch noch eine historische Sehenswürdigkeit in einem anderen Ortsteil von Malir: die Diffusion Wells, ein von den Briten errichtetes, teils noch nutzbares Bewässerungssystem. Die Brunnenhäuser stechen aufgrund ihrer europäischen Bauweise mit Ziegeldächern hervor.

Baloch United FC Malir ....................................... 5
Jilani FC Malir ...................................................... 0
- Datum: Freitag, 4. Oktober 2019 – Beginn: 15.50
- Wettbewerb: District Football Association Malir, Memon Goth Tournament (Turnier für Teams auf Kreisebene Karachi-Malir, 1. Runde)
- Ergebnis: 5-0 nach 40 (20/20) Minuten – Halbzeit: 3-0
- Tore: 1-0 1. (17), 2-0 10. (5), 3-0 18. (16), 4-0 30. (6), 5-0 40. (10)
- Gelbe Karten: Nr. 7 (Baloch Utd.); Nr. 5 (Jilani)
- Rote Karten: keine
- Austragungsort: Muhammadi Sports Ground, Memon Goth, Gadap Town (Kapazität: 3.000 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 200 (überwiegend Neutrale)
- Unterhaltungswert: 4,0/10

Barma Afridi FC ................................................... 4
Lasbella Students FC ............................................ 0
- Datum: Freitag, 4. Oktober 2019 – Beginn: 17.00
- Wettbewerb: District Football Association Malir, Memon Goth Tournament (Turnier für Teams auf Kreisebene Karachi-Malir, 1. Runde)
- Ergebnis: 4-0 nach 63 (31/32) Minuten – Halbzeit: 0-0
- Tore: 1-0 44. (17), 2-0 52. (14), 3-0 59. (15), 4-0 60.+2 (7)
- Gelbe Karten: Nr. 3, 4, 8 (alle Lasbella)
- Rote Karten: keine
- Austragungsort: Muhammadi Sports Ground, Memon Goth, Gadap Town (Kapazität: 3.000 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 350 (überwiegend Neutrale)
- Unterhaltungswert: 4,5/10

Der Länderpunkt sollte gleich heute gemacht werden – für die beiden Damen natürlich weniger interessant, aber das Stadion gefiel uns wirklich allen. Bester Kitsch: ein überdimensionierter Blechfußball auf einer Säule vor der Mauer hinter dem einen Tor, mehrere weitere Bälle und Adlerstatuen auf den Eingangstoren, ein Reiterstandbild im Cowboystil mit Pakistanflagge, bunte Fließen als Zierde an den Tribünenmauern...
Durch ein angrenzendes Gebäude und einen Palmenhain ist das Feld nicht ganz gerade und auch die Gegentribüne hat einen Knick. Die Tore sind gefährlich dicht an die Hintertorränge herangerückt. Die Haupttribüne ist überdacht und erhöht. Auf letztere wurden wir gebeten, da ausländischen Besuchern hier eine unglaubliche Freundlichkeit zuteil wird. Neben u.a. einem pausierenden Schiedsrichter bekamen wir die besten Plätze auf gepolsterten Stühlen zugewiesen und Getränke und ein etwas seltsames Gebäck kostenlos zugeteilt.
Die sehr freundliche Atmosphäre entschädigte voll auf für die beiden Kicks auf einem Niveau, das noch unter dem der Freizeitturniere im Burgenlandkreis (ich sach nur: Hassenhausen, Benndorf, Punschrau...) liegt. Immerhin schauten beim ersten Spiel rund 200 und beim zweiten gut 350 Zuschauer zu – offenbar fast alle aus dem Dorf, bis auf ein, zwei Frauen und zwei Mädchen waren es alles Männer aller Altersgruppen und Jungs, die allerdings alle sehr vernünftig und sachlich den Partien folgten.
Wie auch in Indien wird in Pakistan wenig im Ligensystem ausgetragen. Die Ligensaisons dauern oft nur 3-5 Monate (die höchste, professionelle, landesweite ist die Premier League, doch aufgrund von Zerwürfnissen des Verbandes wird sie wohl frühestens im Januar 2020 beginnen, statt wie üblich von Oktober 2019 bis Februar 2020 gespielt zu werden). Ansonsten richten lokale und regionale Verbände sowie Vereine, Firmen oder Stiftungen mehrwöchige Turniere aus. Diese werden über Zeitungen und Internet angekündigt, es wird mit Einladungen und Bewerbungen das Teilnehmerfeld bestimmt. Meist dauern – wenn überhaupt – nur die Finalspiele solcher Turniere 2x45 Minuten. In den Vorrunden, wie hier in Memon Goth, liegt die Spielzeit zwischen 2x20 und 2x35 Minuten – je nachdem wie gerade Lust und Zeit ist (der Mohammadi Ground hat kein Flutlicht und 18.30 wurde es hier dunkel).

Alle heute agierenden Teams spielen nur auf Kreisebene (District FA Malir). Spiel 1 war die über 2x20 Minuten gespielte Partie zwischen Baloch United und Jilani FC, jeweils aus dem Hauptort Malir. Baloch United ist vom Namen her ein ethnisches Team für die in Malir lebenden Belutschen. Belutschistan ist eine Provinz im Südwesten Pakistans, außerdem gibt es eine entsprechende Provinz im angrenzenden südöstlichen Iran – beide Regionen sind aufgrund politischer Unruhen mit Reisewarnungen belegt und schon seit Jahrhunderten gelten Belutschen im arabischen Raum als Unruhestifter, Wegelagerer und Rowdys – die Mannschaft verhielt sich aber sehr fair. Jilani ist meines Wissens ein häufiger Familienname, könnte sich aber auch direkt auf dessen berühmtesten Träger, den islamischen Mystiker und Gelehrten Abdelkader Al-Jilani beziehen – der gründete den Sufi-Orden Al-Qadiriyya, der auch heute noch sehr in Pakistan aktiv ist. Die Partie war ein Spiel auf ein Tor – Baloch United ging nach 30 Sekunden in Führung und baute diese nach knapp 10 Minuten aus. Vor der Pause hieß es 3:0 und am Ende 5:0. Jilani bekam immer wieder die Bälle nicht aus dem Strafraum, sodass ein großes Gedränge und Geschiebe um den Ball im Sechszehner entstand. Wie auch damals in Indien fiel mir auf, dass hier völlig ungeordnet und ohne Sinn und Verstand gespielt wird – ein Zusammenspiel findet nur sehr begrenzt oder bei so schlechten Teams wie Jilani FC gar nicht statt. Erschreckend ist auch die körperliche Verfassung der Teams: Unterernährung ist leider ein großes Problem in Pakistan und selbst die Mittelschicht, die hier die Mehrheit der Fußballer stellt, ist finanziell oft nicht in der Lage, sich regelmäßig Fleisch oder andere eiweißhaltige Lebensmittel zu leisten. Die meist sehr dünnen Spieler hatten Probleme bei Zweikämpfen und schossen überwiegend auffällig schwach – in Deutschland sieht man schon in der Frauen-Regionalliga (und in der Frauen-Bundesliga sowieso) härtere Schüsse.

Spiel 2 wurde über 2x30 Minuten zzgl. etwas Nachspielzeit von Barma Afridi und den Lasbella Students bestritten. Barma (auch Burma geschrieben) ist eine Siedlung im angrenzenden East Karachi (Stadtteil Korangi), Afridi ein paschtunischer Stamm – Karachi ist als größte Stadt der Provinz Sindh eine extrem multi-ethnische und auch multi-religiöse Stadt, wobei die Sindhis nur noch ca. 12% der Bevölkerung ausmachen. Auf dem Feld standen hier vielleicht auch gar keine Sindhi, denn die Afridi schienen alle Paschtunen zu sein und die Gegner von Lasbella wieder Belutschen – Lasbella ist nämlich kein fehlerhaftes Spanisch, sondern der belutschische Name eines Landkreises in Belutschistan (auch Lasbela geschrieben). Hier versagten diesmal die Belutschen auf ganzer Linie. Nach ausgeglichener erste Hälfte, die leider torlos blieb, zog Barma Afridi mit einigen guten Spielzügen – sie überliefen die zu langsame und körperlich schwache Lasbela-Abwehr – bis auf 4:0 davon.

Nach dem Spiel verfuhren wir uns etwas und quälten den Wagen durch ein paar sehr schlechte Viertel mit teils überschwemmten Straßen und fuhren dann zum Hotel. Dort traf uns später am Abend unser Autovermieter Anis, um uns in das Restaurant seines Cousins (Shaheen Shinwari, an der M9 Karachi – Hyderabad in Sector 8 B Gulzar E Hijri Scheme 33) auszuführen. Dort sitzt man draußen auf leicht erhöhten, gepolsterten Plattformen. Das Restaurant ist sehr geräumig, qualitativ hervorragend und an einem Freitagabend bis weit nach Mitternacht sehr gut besucht. Auch hier wieder eine tolle Gastfreundschaft – vom Autovermieter bin ich auch noch nie zuvor zum Essen eingeladen worden... 

Statistik 3.-4.10.
- Grounds: 2.511 (1; diese Saison: 68 neue)
- Sportveranstaltungen: 3.745 (2; diese Saison: 96)
- Tourkilometer: 6.100km Flug, 180km Auto/ davon 110km Mietwagen
- Saisonkilometer: 60.570 (50.240 Flugzeug/ 9.440 Auto, davon 1.680 Mietwagen/ 850 Fahrrad/ 40 Schiff, Fähre / 0 Bus, Bahn, Straßenbahn)
- Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 24 [letzte Serie: 72, Rekordserie: 178]
- Jede Woche mindestens eine Sportveranstaltung seit: Kalenderwoche 31 des Jahres 2006 (31.7.-6.8.), d.h. seit 688 Sindh 284&133:546 Southern PunjabIII. Cricket in Karachi und die erste Etappe entlang des Indus

Am Samstag wollten wir wenigstens ein paar Besichtigungen in Karachi machen. Mehr als das Mausoleum von Staatsgründer Muhammad Ali Jinnah (genannt Quaid-e-Azam, Großer Führer) von außen, da der Bau erst 10 Uhr öffnete, und ein paar in der City gelegenen Kolonialbauten (v.a. die Frere-Hall im typisch britischen Baustil, die nun eine Bibliothek ist) waren aber nicht drin. Der Verkehr in der Innenstadt war aber morgens bei weitem nicht so wild wie von vielen gedacht. Schlimm ist aber die Verkehrsüberwachung: ich handelte mir tatsächlich 4€ Strafe für falsches Einfahren in eine Einbahnstraße ein – in anderen Gegenden von Karachi oder generell in Pakistan gehört so etwas zu den völlig normalen Fahrmanövern gegen die Fahrtrichtung zu fahren...

Sindh ..................................... 284&133 (34ov) (f/o)
Southern Punjab .............................................. 546
- Datum: Samstag, 5. Oktober 2019 – Beginn: 10.00
- Wettbewerb: Quaid-e-Azam Trophy (First Class Cricket, 1. von 4 Tagen; Vergleichswettkampf der Provinzauswahlmannschaften)
- Ergebnis: Southern Punjab gewann nach 4 Tagen mit 1 innings und 129 runs
- Komplette Statistik: https://www.espncricinfo.com/series/8840/game/1199405/sindh-vs-southern-punjab-pakistan-11th-match-quaid-e-azam-trophy-2019-20
- Austragungsort: United Banks Limited Sports Complex, Cricket Oval 1 (Kapazität: 4.000, davon 2.500 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 25 (überwiegend aus Karachi)
- Unterhaltungswert: 2,5/10

Wir fuhren dann zum United Banks Limited Sports Complex. Dort gibt es zwei Cricket Ovals und ein Hockeystadion mit kleinen Tribünen aber versifftem Kunstrasen. Das Oval 2 hat nur eine ganz kleine Tribüne, das Oval 1 einen Graswall und eine dreiteilige Tribüne, davon der Mittelteil mit Schalensitzen, Logen und Dach. Insgesamt finden 4.000 Zuschauer auf der schönen Anlage Platz – gekommen sind nur 25. Die Quaid-e-Azam Trophy ist nach dem Großen Führer Muhammad Ali Jinnah benannt und hat diese Saison auf Geheiß von Premierminister Imran Khan – einem der besten Cricketspieler aller Zeiten, Weltmeister mit Pakistan in den 90ern und nun ein respektierter Politiker; ob er irgendwelche Probleme in Pakistan mit seinen Leuten lösen kann ist aber sehr fraglich, auch wenn er im Fernsehen kürzlich ankündigte, das Armutsproblem mit dem „chinesischen Modell“ lösen zu wollen – einen neuen Spielmodus. 6 Provinzauswahlen spielen gegeneinander im First Class Modus (4 Tage, jeweils von 10-12, 12.40-14.40 und 15-17 Uhr). Die 6 Provinzauswahlen sind Belutschistan, Central Punjab (Lahore usw.), Northern Punjab (Islamabad, Rawalpindi etc.), Southern Punjab (Multan etc.) und Sindh. Hier in Karachi trafen die beiden letztgenannten aufeinander. Wer sich in Pakistan gut auskennt, wird sich vielleicht wundern: wo sind Gilgit und Kashmir? Dort wird wegen des Bergklimas kaum Cricket gespielt, sodass deren Teams nicht konkurrenzfähig sind. Fußball ist dort Sport Nr. 1 und teilweise noch Polo!

Vereinzelt spielten bei diesem Vergleich heute sogar Profis der Multan Sultans oder Karachi Kings, teilweise sogar Nationalspieler der pakistanischen Auswahl mit. Der Rest waren Nachwuchsspieler oder Halbprofis. Dennoch war das Niveau phasenweise grauenhaft und die Partie zog sich. Süd-Punjab war zuerst am Schlag. Bis auf einige Vierer und einen Sechser kam da aber kaum etwas Gescheites zustande. In der Lunch-Break gingen wir in die benachbarte Mall etwas Essen und Rumgucken. Unsere Lunchbreak war deutlich länger als die der Spieler... Der folgende Spielabschnitt war aber auch nicht besser. Da Sindh nur drei Wickets schaffte, waren auch ständig dieselben Knaller am Schlag...

Größter Knaller war aber Sportfreund Qureishi, ein ehemaliger Sportreporter, der das ganze nun hobbymäßig weiterbetreibt und unbedingt mit uns ein Interview haben wollte. Er wunderte sich natürlich mit Recht darüber, dass Deutsche Cricket kennen – ich weiß relativ gut Bescheid, habe selber auch etwas gespielt und sicher schon 20-30 Spiele im Stadion geschaut, mein Vater hat auch einige Spiele gesehen und weiß etwas Bescheid, Conny und Liane hatten den Sport natürlich noch nie gesehen. Der Reporter konnte es aber natürlich nicht lassen, deutsche Cricketzuschauer auf eine Story um Cricket im Dritten Reich anzusprechen: Hitler ließ angeblich Cricketspieler in Deutschland töten – je nach Auslegung des Gerüchtes war das entweder die ganze Cricketauswahl oder er verbat Cricket bei Todesstrafe. Fakt ist, dass es diverse Beschränkungen bei der Sportausübung gab und Vereine von den Nazis aufgelöst wurden. Britische Quellen versuchen immer mit Verweis auf bis 1939 durchgeführte Spiele, die ganze Story zu entkräften (u.a. BBC https://www.bbc.com/news/magazine-27139241 oder Guardian Queries https://www.theguardian.com/notesandqueries/query/0,,-85106,00.html ). Der Deutsche Cricket Verband hat keine Infos zur Zeit nach 1939 (https://www.cricket.de/der-dcb/geschichte/1858-1988/ ). Auf Quora gibt es von Cricketfans ein paar interessante Theorien dazu (https://www.quora.com/Did-Adolf-Hitler-have-the-German-cricket-team-killed ).
Ich hätte noch eine andere Theorie, die aber ähnlich wie jene, dass Hitler das Spiel als sinnlos erachtete, ist, zu bieten: Cricket wurde offenbar nicht gefördert und nach 1939 scheint es offensichtlich, dass der Spielbetrieb eingestellt oder verboten wurde, da es im Gegensatz zu Fußball, Feldhandball etc. keinerlei Daten gibt. Ein Cricketverbot ab 1939 würde auch in die Verschärfung der Lage 1938/39 passen, da in dieser Zeit den Juden jegliche Vereinstätigkeit untersagt wurde (siehe: http://www.schlossbergmuseum.de/templates/archiv/sportstadt/c5-IIIreich.htm ). Ich gehe außerdem davon aus, dass Cricket den Anforderungen der NS-Leibeserziehung aufgrund mangelhafter Bewegung und geringer Kraftanstrengung nicht gerecht wird (zur Leibeserziehung siehe: http://www.rothenburg-unterm-hakenkreuz.de/der-sport-im-nationalsozialismus-ziel-war-das-heranzuechten-gesunder-koerper-die-leibeserziehung-galt-als-das-hoechste-erziehungsgut/ ). Eine der Seltsamkeiten des Crickets ist ja, dass dieser körper- bzw. kontaktlose Sport mit wenig Kraftaufwand gespielt werden kann, aber es kaum Frauencricket gibt. Klar, selbst Pakistan und Indien haben Frauencricketvereine – aber in jeder Cricketnation ist es traditionell immer noch ein Männersport: oftmals sind 90% oder mehr der aktiven beim Verband gemeldeten Spieler Männer. Und bei der NS-Leibeserziehung sieht man kontaktlose Sportarten wie Badminton (Federball) nur von Frauen ausgeübt, während Fußball, Ringen, Boxen etc. nur von Männern ausgeübt wurde. Feldhandball, von beiden Geschlechtern gespielt, schien damals weit weniger intensiv als das heutige Hallenhandball geführt worden zu sein...

Wie auch immer... Wir machten ebenfalls eine Teabreak, als die Spieler in selbige gingen, da der Imbiss hinterm Hockeystadion wirklich gut sortiert und freundlich war. Southern Punjab, das war drei Tage später im Internet zu lesen, gewann mit einem enormen Vorsprung von 129 Runs trotz einem Innings weniger – spricht auch nicht gerade für die Qualität dieses Wettbewerbs.

Wir fuhren nach der Teabreak nach Hyderabad. Die Autobahn entlang des Indus ist vielfach dreispurig, den Fluss sieht man aber erst, wenn man die Brücke nach Hyderabad nimmt. Auf der Autobahn darf 100 bis 120 gefahren werden – zwischen 20 und 130 wird alles gefahren und zwar auf allen Spuren, was bei meinem Tempo von üblicherweise 90-110 (mehr wäre gar nicht drin gewesen bei dem Wagen) zu einem Slalomparcours führt...
In Hyderabad fanden wir ein unweit der Bahn gelegenes Hotel. Dort gibt es viele kleine Klitschen wie das Al Rahman, dessen freundlicher Besitzer zwar Hilfe beim Eintragen in den Meldeschein brauchte und sein Hotel nicht sonderlich aufgeräumt hatte, da er erweitern will und daher die Möbel von zwei weiteren Räumen einfach im Flur gelagert hat, aber dafür auch weniger als 30€ für zwei Zimmer und vier Personen inkl. kleinem Frühstück nahm...

Statistik 5.10.
- Grounds: 2.512 (1; diese Saison: 69 neue)
- Sportveranstaltungen: 3.746 (1; diese Saison: 97)
- Tourkilometer: 200km Mietwagen
- Saisonkilometer: 60.770 (50.240 Flugzeug/ 9.640 Auto, davon 1.680 Mietwagen/ 850 Fahrrad/ 40 Schiff, Fähre / 0 Bus, Bahn, Straßenbahn)
- Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 24 [letzte Serie: 72, Rekordserie: 178]
- Jede Woche mindestens eine Sportveranstaltung seit: Kalenderwoche 31 des Jahres 2006 (31.7.-6.8.), d.h. seit 688 Ranikot Fort IV. Abstecher zur größten Festungsanlage der Welt und weiter bis Mohenjo-daro

Wir brachen so früh zur Stadtbesichtigung von Hyderabad auf, dass noch viele Läden geschlossen waren. Dennoch waren die Straßen voller Leute. So viel, wie hier geglotzt wurde, war selbst für Südasien heftig. In untouristischen Ecken Indiens sind die Leute auch so unhöflich wie hier in Hyderabad, wobei ich in Pakistan generell den Eindruck hatte, dass Glotzen nicht so unhöflich gemeint ist wie in Indien oder v. a. Deutschland – aber wie gesagt war das schon sehr auffällig und unangenehm, selbst mit meinen jahrelangen Erfahrungen von Besichtigungen und Spielbesuchen auf Dörfern in Hessen oder bei uns im Osten...
Das Schlimme bei Hyderabad ist zudem: diese zugemüllte, völlig heruntergekommene und extrem arme Stadt – so viele Slums haben wir nirgendwo anders mehr gesehen – hat zwar eine bekannte Festung, doch die ist sehr verfallen und teils zugebaut. Das Stadion in der Festung ist auch sehr heruntergekommen. Schade, dass es hier eigentlich nichts Gescheites zu sehen gibt.

Ganz anders war da das Dorf Ranikot, das an einer schlechten Asphaltstraße, die vom Hauptweg nach Sehwan in die Berge Richtung Belutschistan abzweigt, liegt. Dort steht die größte Festung der Welt, denn auch benachbarte Dörfer sind – zum Teil noch sehr gut erhalten bzw. restauriert – von einer 27 Kilometer langen Mauer umgeben. Der sehenswerteste Teil des Festungsbauwerks steht am Rand von dieser Streusiedlung Ranikot und heißt „Sann Gate“ (nach dem nächstgelegenen Ort Sann). Die steilen Stufen auf der Innenseite der Wehrmauer laden zu längeren Kletterpartien ein... Im Inneren der Festung gibt es in den Nachbardörfern Meerikot und Shergah zudem noch je eine Burganlage. Diese sind aber nur über Pisten erreichbar. Vor einer Furt wendeten wir lieber, da das Auto einfach zu schlecht und niedrig für solche Touren ist. Im Gebiet um Ranikot könnte man aber locker einen vollen Tag oder sogar länger zubringen: Festungsmauern, zwei Burgen, schöne Bachtäler, Berge...

Wir fuhren dann weiter nach Sehwan. In der ganzen Gemeinde befinden sich dutzende Schreine und heilige Stätten, doch der Hauptschrein (Lal Shahbaz Qalandar mit dem Grab eines Sufidichters aus dem 13. Jahrhundert) in der Ortsmitte war unser Ziel. Hier trafen wir auch lustigerweise die Gruppe von Krankenhausmitarbeitern und Ärzten aus Larkana wieder, die wir bereits in Ranikot getroffen hatten. Um den Schrein herum ist ein enormes Verkehrschaos, da viel zu viele Verkaufsstände auf der Straße stehen und man dann von Guides zum Parkplatz gelotst werden muss. Sowohl die Guides als auch die Sicherheitskräfte am Schrein waren wieder ausgesprochen freundlich. Wir wurden aber etwas länger erkennungsdienstlich erfasst und wie alle anderen auch am Einlass kontrolliert. Hintergrund der strengen Sicherheitsvorkehrungen ist folgender: Sufis (islamische Mystiker) sind radikalen Islamisten ein Dorn im Auge, da sie einige Elemente anderer religiöser oder kultureller Traditionen als den spezifisch islamischen Glaubensgrundlagen praktizieren. Das sind z.B. bestimmte Tänze, Gesänge, die Verehrung von Gräbern die ähnlich der katholischen oder orthodoxen Heiligenverehrung (inklusive Reliquien-Schnulli) sind, aber auch bei den Sufis mitunter Showdarbietungen die ähnlich den Aktionen von Fakiren sind. Was von normalen, selbst konservativen Muslime akzeptiert wird, wird von Extremisten so verhasst, dass solche Pilgerstätten der Sufis immer wieder angegriffen werden. Gerade der Schrein von Sehwan war erst 2017 ein Anschlagsziel: 90 Tote und 300 Verletzte durch ein Attentat des pakistanischen IS-Ablegers

Wir fuhren dann noch zur Festung (eher eine Burgstelle, denn bis auf geringe Mauerreste stand dort nichts mehr) hoch. Von dort hat man einen guten Blick über die Stadt. Dann fuhren wir weiter parallel zum Indus nach Norden. Auffällig war nun, dass im Gegensatz zur Region zwischen Karachi und Hyderabad keine Kraft- oder Umspannwerke mehr zu sehen waren, sondern nur noch primitivste Dörfer aus Lehmhütten und uralte Ziegeleien, die offenbar noch mit vorindustriellen Methoden betrieben wurden. Man muss dazu allerdings auch sagen, dass die deutschen Ziegeleien sicher seit 1850 oder so moderner geworden sind – aber die pakistanische Ziegelherstellung definitiv viel früher als im heutigen Deutschland einsetzte. Mich würde daher aber auch nicht wundern, wenn seit gut 5.000 Jahren sich in dieser Region Pakistans die Ziegelherstellung nicht groß geändert hätte. Zu dieser Zeit wurde nämlich mit solchen Ziegeln die Großstadt Mohenjo-daro erbaut, deren Reste wir am Folgetag besuchten.

Wir schafften es sogar schon an diesem Abend bis Mohenjo-daro, denn wer diesen Ort besuchen will, kann auch in einem Gästehaus neben den Ruinen, direkt am Museum für ca. 12€ p. P. übernachten und dort auch sehr reichlich Abendessen und Frühstück kriegen. Gegenüber ist auch eine Polizeistation, in der man die Formalitäten für die Registrierung erfüllen kann. Wir kamen aufgrund der schlechten Strecke aber erst weit nach Einbruch der Dunkelheit und nach Durchquerung mehrerer Märkte – alles Millimeterarbeit, durch einen Straßenmarkt in einem Dorf mit dem Auto durchzukommen; die beiden Damen wunderten sich, wie ich bei den Verkehrsverhältnissen Autofahren kann und das maximal mit Kommentaren wie „Mist, das wird jetzt eng“ oder „Scheiße, schon wieder auf der Schwelle aufgesetzt“ versehe – dort an.

Statistik 6.10.
- Tourkilometer: 350km Mietwagen
- Saisonkilometer: 61.120 (50.240 Flugzeug/ 9.990 Auto, davon 2.030 Mietwagen/ 850 Fahrrad/ 40 Schiff, Fähre / 0 Bus, Bahn, Straßenbahn)
Mohenjo-daroV. Mohenjo-daro und weiter durchs Industal nach Punjab

Nach reichlichem Frühstück bekamen wir eine sehr nette Führung durch Mohenjo-daro. Von den vorislamischen Stätten ist es sicher die eindrucksvollste in Pakistan. Durch das Klima ist der Erhaltungszustand aber nicht so spektakulär wie z.B. bei römischen oder sogar gleichalten Stätten im Nahen Osten. Zudem ist nur ein kleiner Teil ausgegraben, wobei man durch diesen plus das Museum, welches Replikate der herausragenden Fundstücke aus diesem Ort präsentiert (die Originale, an deren Verleih mein Vater ja beteiligt war, befinden sich in Museen in Karachi, Islamabad oder Europa und Nordamerika), schon insgesamt 3 Stunden Besichtigungszeit benötigt. Viele Gebäudestrukturen befinden sich aber noch unter der Erde. Der Ort hatte wohl um 2.500 vor Christus 40.000 Einwohner. Bereits 1.900 v. Chr. wurde er aufgegeben (unklar warum: Seuchen, Überschwemmungen, Aufstände, Angriffe von außen?) Aber in jedem Fall standen die Ruinen gut 3.700 Jahre einfach herum, ehe 1919 ein indischer Archäologe aufgrund der bekannten buddhistischen Stupa aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. auf diesen Ort stieß...

Wir fuhren dann mit einem Zwischenhalt an einer uns unbekannten aber eben direkt an der Straße liegenden Gruppe von überkuppelten Grabmalen (Bohi Jacouba beim Weiler Abid Markhiani) via Larkana und teils unmöglich überfüllte und mit Baustellen übersäte Straßen bis Rajanpur. Wir hatten die Bundesstaatengrenze nach Punjab ungestört überquert, doch in Rajanpur wurde ich erstmal vom Hotelchef mit einem seiner Handlanger zur Polizeistation geschickt. Dort brauchten die Deppen 2 Stunden, ehe alle Formalien erledigt waren, da der Dienststellenleiter überhaupt keine Ahnung von neuen Regularien hatte (Certificates of No-Objection sind seit 2018 bei Überlandreisen nicht mehr nötig, wusste der Trottel natürlich nicht) und erst einmal der Bezirkspolizeichef von zuhause kommen musste, um das alles mit mir zu klären. Dafür kamen ein paar besonders freundliche Beamte mit ihren Fahrzeugen mit mir mit, im Hotel bekamen wir das Abendessen aufs Zimmer, damit wir unten nicht auffallen und die Empfehlungen fürs Essen kamen von einem der Beamten. Schließlich blieben noch 6 Mann mit Maschinengewehren um für unsere Sicherheit zu sorgen, da das Hotel am Highway eben keine Sicherheitsleute hatte. Hintergrund für das Theater ist übrigens, dass im südlichen Punjab die organisierte Kriminalität sehr aktiv ist. Es wurde zwar kräftig zurückgeschlagen von staatlicher Seite, aber es sind immer noch diverse Banden aktiv. Die Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes sind daher unvollständig und sollten nicht nur Belutschistan und Khyber Pakhtunhwa umfassen, sondern auch Southern Punjab. Rajanpur war lange sogar ein Hotspot von Bandenkriminalität, ehe die wichtigste Bande bei einer Militäroperation mit über 60 Toten zerschlagen wurde: https://en.wikipedia.org/wiki/Chotu_gang - Zustände wie in Lateinamerika also... Zudem ist Clan-Kriminalität wohl nach wie vor ein Thema: https://dunyanews.tv/en/Crime/489042-Rajanpur-Six-shot-dead-in-tribal-clash

Statistik 7.10.
- Tourkilometer: 310km Mietwagen
- Saisonkilometer: 61.430 (50.240 Flugzeug/ 10.300 Auto, davon 2.340 Mietwagen/ 850 Fahrrad/ 40 Schiff, Fähre / 0 Bus, Bahn, Straßenbahn)
SheikhupuraVI. Reise mit der Polizei nach Sheikhupura

Wegen der etwas kritischen Sicherheitslage begleitete uns die Polizei noch mehrere hundert Kilometer durch die unattraktive Ebene über Dera Ghazi Khan, Muzaffargah, nach einer dreißigminütigen Pause wegen Abstimmungsfehlern bei der Übergabe an eine andere Eskote vorbei an Multan (dort hatten wir eine geniale Eskorte: wegen der schlechten Straße fuhr die einfach auf der Gegenfahrbahn und wir hinterher) und bis zur neuen, mit chinesischer Hilfe gebauten dreispurigen Autobahn M3.

Ab da ging es ohne Eskorte weiter, da dieser Landesteil sehr sicher ist. Lustig war natürlich, dass wir durch die Eskorte der Polizei jegliche Maut bis zur M3 sparten. Allerdings hatten wir dadurch auch keinen Mautzettel für die M3 gelöst, doch als wir in Sheikhupura abfuhren, stellte der junge Mann uns nicht etwa den Maximaltarif von gut 4€ in Rechnung, sondern den günstigsten für die zunächst gelegene Auffahrt von 0,30€ - so freundlich wird man wohl in keinem anderen Land behandelt...

In Sheikhupura reichte die Zeit dann nur noch für die Besichtigung des Hiran Minar, einem Park um ein ehemaliges Jagdschloss aus dem 17. Jahrhundert, das einer der islamischen Herrscher dort hingestellt hatte. Seiner Lieblingsgazelle hat der Exzentriker dort ein Grabmal in einen Teich gebaut. Eine sehr interessante Anlage, die in ihrem Baustil für den islamischen Bereich von Iran bis Indien typisch ist.

Wir checkten dann ins „Citi-Hotel“ ein, das auch ein hervorragendes Restaurant hat. Den Chef fand ich aber nicht unbedingt seriös, weil er mich mit ein paar seiner Kumpels zu einer privaten Feier auf der er angeblich auch Whisky angeboten hat, einladen wollte... Solche Angebote sollte man lieber höflich ablehnen – es klang nicht nach einem Scherz, zumal im pakistanischen Hotelbusiness so einiges Illegales läuft. Alkohol- und Drogenkonsum sowie Prostitution mögen ab und an angeboten werden – sehr kurios sind dabei Transen, die ihre Dienste anbieten – sind aber strafrechtlich verboten. 

Statistik 8.10.
- Tourkilometer: 530km Mietwagen
- Saisonkilometer: 61.960 (50.240 Flugzeug/ 10.830 Auto, davon 3.070 Mietwagen/ 850 Fahrrad/ 40 Schiff, Fähre / 0 Bus, Bahn, Straßenbahn)
LahoreVII. Die wohl schönste Stadt Pakistans: Lahore

Frühstück gab es diesmal keins im Hotel, also liefen wir erstmal zur Festung. Die ist ein ansehnlicher quadratischer Bau mit schönen Portalen, doch seit Jahren wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Aber so was kennen wir ja auch aus Deutschland zur Genüge...

Nach wenigen Kilometern durchs Verkehrschaos erreichten wir Lahore. Unweit der ganz am westlichen Stadtrand gelegenen Jahangir Gärten und Gräber aßen wir in einem sehr einfachen Imbiss Dhal (Bohnen in Öl) zum Frühstück – ist uns aber gut bekommen. Die Gärten selber, in denen tolle Schreine stehen, sind recht gepflegt und von hohen Mauern umgeben. Die Symmetrie der islamischen Gärten ist genauso stark ausgeprägt wie jene der europäischen Barockgärten.
Wir parkten dann auf dem kostenlosen Großparkplatz am Menar-e-Pakistan, einem modernen, nationalen Monument mit Garten drumherum. Ein Passant erklärte uns mal eben beiläufig, dass die ganzen Springbrunnen wegen des aktuell ausgebrochenen Dengue-Fiebers abgestellt wurden. Wir kamen auch hier häufiger mit Passanten ins Gespräch: Lahore ist zwar sicher die am häufigsten von ausländischen Touristen besuchte Stadt – man kann auch von Indien auf dem Landweg einreisen, das viel von westlichen Touris besuchte Amritsar ist nicht weit – da sie bekanntermaßen die attraktivste Altstadt aller pakistanischen Städte hat, aber auch hier gibt es kaum westliche Touris, sodass auch in der gewaltigen Festung immer wieder junge Leute an uns herantraten und baten ein Selfie zu machen...
Die besagte Festung hat mit einem Lustschloss mit verspiegelten Wänden auch ein besonderes architektonisches Highlight zu bieten. Gegenüber befinden sich auch ein Sikh-Tempel (diese Religion ist in der Tat in Lahore entstanden) und eine der bedeutendsten Moscheen Pakistans. Die Altstadt ist ansonsten natürlich ziemlich heruntergekommen, in einzelnen Straßen gibt es noch Häuser mit historischen Holzbalkonen oder weitere sehenswerte Moscheen oder Hindutempel.
Wir besichtigten aus Zeitgründen nur noch die Shalamar Gärten am anderen Ende des Stadtzentrums, die ebenfalls durch eine tolle Symmetrie, interessante historische Bauten, gewaltige Mauern und interessante Pflanzen (sehr viel Christusdorn und auch eine komische Blume mit herzförmigen Blüten) zu überzeugen wussten.

Dann dauerte es aufgrund von Staus und Baustellen gut 90 Minuten ehe wir aus Lahore rauskamen und auf die Schnellstraße nach Sahiwal kamen. Dort übernachteten wir in einem recht teuer aussehenden und insgesamt auch sehr guten Hotel namens „Iris“ – aber p. P. waren es doch nur 20,50€. Es sollte aber nach dem Hotel in Multan am Folgetag das zweitteuerste der Reise sein. In Multan kostete es 22€ pro Person. Nebenbei muss ich da noch erwähnen, dass die sehr reichlichen Abendessen mit den landestypischen Speisen und diversen Getränken pro Person auch nur 4-5€ kosteten. Man reist also sehr günstig in Pakistan bei Hotel- und Essenspreisen, die in Europa höchstens in der Ukraine zu finden sind – bei weitaus weniger Service und viel weniger höflichen und gastfreundlichen Menschen als in Pakistan... 

Statistik 9.10.
- Tourkilometer: 220km Mietwagen
- Saisonkilometer: 62.180 (50.240 Flugzeug/ 11.050 Auto, davon 3.290 Mietwagen/ 850 Fahrrad/ 40 Schiff, Fähre / 0 Bus, Bahn, Straßenbahn)
DFA Khanewal 0:1 DFA PakpattanVIII. Flutlichtturnier mit Flutlichtausfall in Multan

Am nächsten Morgen fuhren wir zuerst nach Harappa, wo eine weitere Ruinenstätte der Induszivilisation mit ein Museum mit sehenswerten Fundstücken liegt. Allerdings ist die Stätte in Harappa sehr viel schlechter erhalten als Mohenjo-daro und weit weniger sehenswert.

Dann konnten wir noch unbehelligt Multan besichtigen: die ehemalige Festung wurde von den Briten weitestgehend geschliffen, doch im Inneren stehen zwei spektakuläre Schreine (Rukn-e-Alam und Baha-ud-din Zakariya) die wir auch wieder Innen besichtigen konnten, eine Moschee, ein interessanter Park (u.a. steht dort zwischen Sukkulenten ein ausrangiertes Kampflugzeug), ein zu einer Galerie umfunktioniertes Schlossgebäude und ein Cricket- und Fußballstadion. Zu letzterem gelangten wir dann nur in Polizeibegleitung, da uns zwei Affen von der Geheimpolizei (Intelligence) aufgegriffen hatten. Denn eigentlich hätten wir schon ab Sehiwal Begleitschutz bekommen sollen, was dort aber verpennt wurde... Aber sowie die aufgeblasenen Typen von der Intelligence an die lokalen Special Forces übergeben hatten, wurde es wieder ein lustiger Urlaub mit der Polizei. Gruppenleiter war ein gewisser Shahid Ali – ein klasse Typ, sehr freundlich und gut gelaunt. „Sie wollen Fußball gucken? Kein Problem!“ Ab ins Stadion, gefragt wann es los geht – statt wie im Internet angekündigt 18 Uhr erst 19.30 Uhr... Na OK, dann erstmal ab zum Hotel. Er mit seinen Jungs vorausgefahren, wir zügig hinterher. Das von Conny aus maps.me herausgesuchte Hotel wollte keine Ausländer beherbergen – wusste Shahid Ali auch nicht, obwohl es bei zwei Dritteln der Hotels in Multan wohl so ist, dass sie aus Sicherheitsgründen und weil sie kein eigenes Wachpersonal haben, keine ausländischen Gäste akzeptieren. Also fuhren wir auf seinen Hinweis hin das benachbarte Hotel (First Hotel) an. Das ist mit hohen Mauern gesichert, auch Panzersperren standen bereit und die Wachmannschaft war mit Maschinengewehren ausgestattet. Für 22€ pro Person gab es hier einen sehr hohen Standard und wieder ausgesprochen freundliches Personal.

District Football Association Khanewal ............. 0
District Football Association Pakpattan ............. 1
- Datum: Donnerstag, 10. Oktober 2019 – Beginn: 20.00
- Wettbewerb: All Pakistan Late Senator Malik Salahuddin Dogar Memorial Floodlight Tournament (landesweites Turnier für Amateur-, Halbprofi- und Profiteams, 1. Runde)
- Ergebnis: 0-1 nach 73 (36/37) Minuten – Halbzeit: 0-0
- Tor: 0-1 54. NN
- Gelbe Karten: Nr. 5 (DFA Khanewal)
- Rote Karten: keine
- Austragungsort: Qilla Kohna Qasim Bagh Stadium (Kapazität: 18.200, davon 200 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 400 (überwiegend Neutrale)
- Unterhaltungswert: 3,0/10

Nach dem Check-in und dem Einräumen der Zimmer hatten auch unsere sechs bewaffneten Mitreisenden ihren Tee getrunken und fuhren nun wieder voraus zum Stadion. Wir wurden direkt zur Ehrentribüne vorgelassen, erste Reihe neben u.a. einem Mitglied des Pakistanischen Parlaments, der zugleich Kreisfußballverbandsvorsitzender von Multan ist, platziert und die Polizisten saßen in Reihe 2 – bis auf die beiden, die an den Eingang abkommandiert wurden.

Das Stadion heißt nach der Festung Qilla Kohna Qasim Bagh oder Red Fort Stadium. Es ist ein typisches Cricketstadion mit rund um den ovalen Platz laufenden Betonstufen ohne architektonische Besonderheiten und vier massiven Flutlichtmasten. Klar: es stand ja das landesweite Salahuddin Dogar Memorial Floodlight Tournament an. Salahuddin Dogar ist der Vater des vorhin erwähnten Parlamentariers und Sportfunktionärs gewesen. Dass kurz vor dem geplanten Anstoß des Eröffnungsspiels die Flutlichtmasten plötzlich ausgingen, passte da mal wieder...

Aufgrund unserer Erfahrung mit der Infrastruktur in Ländern wie Pakistan blieben wir aber so entspannt wie die Einheimischen. Die Spieler machten sich etwas warm, indem sie im Funselschein von einer Handylampe mehr oder weniger koordinierte Dehnungsübungen machten – die Zuschauer bekamen nach wenigen Minuten Licht durch einen externen Scheinwerfer. Nach 10, 12 Minuten ging das große Flutlicht auch wieder langsam an – es war sogar erstaunlich schnell hochgefahren.

OK, dann kann der Gurkenkick auf dem mehr oder weniger grünen Rasen ja beginnen! Leider kamen alle Profiteams erst zur 2. Runde in der Folgewoche, sodass hier keine der (angeblich?) professionellen Mannschaften der Pakistani Premier League antrat, sondern zwei Kreisauswahlmannschaften aus der Region Süd-Punjab um den Einzug in die 2. Runde spielten, in der dann eben jene landesweit aktiven Teams wie Pakistan International Airlines FC (PIA), Water & Power Development Authority FC (WAPDA) oder zweitklassige Clubs aus Quetta oder Gilgit, die quer durchs Land für dieses Turnier fuhren, warten.
Ob diese Erstligisten wirklich so viel besser sind, als diese Rumpelfüßer aus der punjabischen Provinz weiß ich nicht. Allerdings war dieses Spiel von den vier Fußballspielen auch das schlechteste: die Kreisauswahl Pakpattan besiegte die Kreisauswahl Khanewal mit einem ganz nett gemachten Innenpfostenabpraller mit 1:0 nach 2x35 Minuten und sehr sicherer Schiedsrichterleistung. In der ersten Hälfte war Khanewal noch aktiver und gefährlicher vorm Tor, in Hälfte zwei änderte sich das. Bei beiden Teams fiel wieder schlimm auf, dass es nicht am unebenen Rasen lag, dass die Bälle oft nicht ankamen oder über die eigenen Beine gefallen wurde. Auch hier kein richtiges Zweikampfverhalten, da bis auf einen Spieler von Pakpattan alle Akteure dünn bis fast untergewichtig wirkten. Nachdem ich einige Kommentare in die Richtung abgelassen hatte, machten Conny und ich aus, dass ich mal mit ihr zu einem rein von der nominellen Klasse her vergleichbaren Spiel in Deutschland gehe: Kreisliga A oder B im Rheinland. Da kann sie ja mal sehen wie unterschiedlich Fußball auf Kreisebene seien kann: in Pakistan Rumhampeln und unsortiertes durcheinander Bolzen als Aufwärmen – in Deutschland alles bis in die Kreisliga runter orchestriert nach Traineranweisung mit alle paar Minuten einer anderen Übung. In Pakistan ohne Sinn und Verstand über den holprigen Rasen in Richtung Ball rennen – in Deutschland halbwegs geordnetes und organisiertes Spiel auf einem mehr oder weniger besseren Belag. In Pakistan 11 schmächtige Jungs vom Dorf und in Deutschland von 11 Dorfkickern mindestens 5 Brecher mit 100kg bei 1,80m...
Warum wir dann (auch) in Pakistan Fußball gucken? Schon allein wegen der Atmosphäre und natürlich den Erlebnissen drumherum! Nicht nur, dass bei diesem Gurkenkick immerhin 400 Zuschauer anwesend waren – wann ist das in Deutschland bei Kreisligaspielen schon mal der Fall? Und für pakistanische Verhältnisse war das noch gar nichts! Am Sonntag, soviel nehme ich vorweg, haben wir ein ebenso unterklassiges Match in Karachi vor 3.500 Fans gesehen! Aber vor allem: wo wird man denn in Deutschland schon als Ortsfremder auf die besten Plätze gebeten, wo gibt es einfach mal gratis Getränke, begrüßen einen die Stadtoberen handschläglich und meinen „schön, dass Sie sich mit uns das Spiel angucken“ – oder wo geht man schon mit sechs bewaffneten Polizisten zusammen zu einem Spiel...?

Nach Abpfiff der Partie gab es noch eine weitere zwischen zwei Kreisauswahlen, doch wir fuhren nun lieber zum Hotel. Noch Geld abheben – das dauert immer etwas, weil es nie auf Anhieb klappt; am besten sind UBL und Falah Bank und VISA ist weiter akzeptiert als Mastercard – und dann zum Hotel eskortiert. Dort verabschiedete sich Shahid Ali sehr freundlich von uns – die nächste Truppe erwartete uns morgen früh nach dem Frühstück und wir aßen erstmal zu Abend. 

Statistik 10.10.
- Grounds: 2.513 (1; diese Saison: 70 neue)
- Sportveranstaltungen: 3.747 (1; diese Saison: 98)
- Tourkilometer: 190km Mietwagen
- Saisonkilometer: 62.370 (50.240 Flugzeug/ 11.240 Auto, davon 3.480 Mietwagen/ 850 Fahrrad/ 40 Schiff, Fähre / 0 Bus, Bahn, Straßenbahn)
- Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 25 [letzte Serie: 72, Rekordserie: 178]
- Jede Woche mindestens eine Sportveranstaltung seit: Kalenderwoche 31 des Jahres 2006 (31.7.-6.8.), d.h. seit 689 DerawarIX. Der Urlaub mit der Polizei geht weiter – zu einer Wüstenfestung und Schreinen

Die Eskorte holte uns pünktlich nach dem Frühstück ab und heizte heftig aus Multan raus in Richtung Bahawalpur. Aus Zeitgründen besichtigten wir diesen Ort nicht auch noch. Aber es gibt dort zwei Schlösser. Bekannt ist die Stadt auch, da sich dort die Luftwaffenbasis befindet, auf der der wohl unfähigste aber brutalste pakistanische Staatschef bei einem Absturz ums Leben kam oder von seinen zahlreichen pakistanischen Gegnern (oft wird sogar der KGB dahinter vermutet) ums Leben gebracht wurde. Die Islamisierung Pakistans geht auf Zia ul Haq zurück, der die ohnehin rückständige Scharia-Rechtsprechung, die es vor ihm in Pakistan seit der Staatsgründung nicht gab (!), völlig pervertierte (4 Entlastungszeugen gibt es z.B. in keinem anderen islamischen Land) und natürlich die Taliban ohne Ende hofierte. Dass er den russischen Terror in Afghanistan nach dem dreckigen Regime-Change der Russen stoppen wollte, ist gut und richtig – dass er seine Islamistenfreunde dafür hochrüstete, fiel aber seinen Nachfolgern böse auf die Füße. Zweifelsohne ist Zia ul Haq zwar bei einigen seiner westlichen Zeitgenossen hoch geachtet gewesen – er hatte eine oberflächliche Friedhofsruhe im Land installiert und zudem einen faschistischen Führungsstil: das wird ja im Westen bis heute sehr bejubelt, solange solches Gelumpe nur in islamischen oder wenigstens außer-europäischen Ländern an der Macht ist (aktuell Assad und As-Sisi, nachtrauernd Gaddafi, bei Linken auch noch gegenwärtig lateinamerikanische Diktatoren wie Maduro) – aber in Pakistan ist er der verhassteste Politiker der Geschichte des Landes, weswegen mein Vater seinen ersten Aufenthalt in Pakistan mit „in den 80er Jahren“ angab und nicht mit „in der Zeit von Zia ul Haq“, wie er das beim Cricket in Dresden mal gegenüber eines pakistanischen Spielers gemacht, der das mehr belustigt zur Kenntnis genommen hat.

Bei Bahawalpur übernahm eine neue Eskorte und führte uns in die Cholistan-Wüste. In einem Weiler mit Lehmhütten, die irgendwie doch recht malerisch in der Sandwüste, die von einigen grünen Büschen und Bäumen durchzogen ist, stehen, befindet sich eine gewaltige Festung. Das Fort Derawar war im 17. Jahrhundert ein wichtiger Stützpunkt an einer Karawanenroute. Es zeichnet sich durch seine spektakulären Rundtürme aus. Es wirkt, als würde ein Rundturm an den nächsten gebaut sein. Innen ist das Fort sehr verfallen. In vielen der teils mit schönen bemalten Holzdecken versehenen Räume hausen Fledermäuse. Die Ausmaße der Anlage sind enorm.
Im selben Dorf befindet sich auch eine große Moschee und ein Grabmal, letzteres war aber leider gerade wegen Mittagsgebet geschlossen. Während der Besichtigung trafen wir auch noch zwei Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Islamabad, die hier natürlich mit persönlicher Eskorte – frei bewegen geht leider generell nicht für Botschaftsmitarbeiter; wie Liane das aus ihrem Bekanntenkreis so schön beschrieben hat: da wird zum Einkaufen mit dem Panzerspähwagen gefahren – unterwegs waren.

Wir wurden dann von einer anderen Eskorte nach Uch Sharif gebracht. Dort befindet sich ein besonders sehenswerter Schrein mit Holzdecke, wo wir von einigen Pilgern und Geistlichen auch wieder sehr freundlich begrüßt wurden. Auch unsere Polizeieskorte war wieder sehr freundlich und zeigte uns die besten Wege zu den beiden verfallenen Grabstätten, die mit wirklich spektakulären weißen und blauen Kacheln verkleidet sind. Vor allem die historischen Grabmale gelten als ein Meisterwerk der islamischen Architektur.

Auf dem Weg nach Sindh löste eine Eskorte die andere ab. Eine hatte mal Probleme mit dem Öl und musste uns deswegen 30 Minuten aufhalten, aber fuhr dafür umso zackiger, als das Öl nachgefüllt war. Einige Kollegen wiederum fuhren nervtötend langsam. Als uns aus irgendeinem Grund entgegen der Absprache auch nach der Grenze von Sindh noch weitere Eskorten begleiteten, nutzte ich eine besonders langsame Eskorte beim Wechsel aus und schlängelte mich mit bis zu 90 durch den dichten Verkehr. Trotz Mautstation holten die uns weder ein, noch löste sie eine weitere Eskorte ab. Ich wurde auch weder angerufen (bei den ersten Eskorten muss man immer seine Nummer angeben) noch von einer der Polizeikontrollen angehalten. Jedenfalls kamen wir ohne weitere Eskorten in Sukkur an.
Das Motel „Palms Valley“ war jetzt auch nicht unbedingt durch seriöse Besitzer gekennzeichnet, aber preisgünstig, ganz gut ausgestattet und hatte sehr gutes und günstiges Essen.

Statistik 11.10.
- Tourkilometer: 550km Mietwagen
- Saisonkilometer: 62.920 (50.240 Flugzeug/ 11.790 Auto, davon 4.030 Mietwagen/ 850 Fahrrad/ 40 Schiff, Fähre / 0 Bus, Bahn, Straßenbahn)
Kot DijiX. Festungen und Schreine in Sindh

Von Sukkur aus ging es auf der Schnellstraße an Palmenhainen, Bananenzuchten und Baumwollfeldern vorbei nach Khairpur. Dort befindet sich ein interessantes Schloss aus dem 19. Jahrhundert. Es ist allerdings nur unregelmäßig und zu Veranstaltungen geöffnet. Heute Vormittag hatte es zu.

Wichtiger war aber auch die Besichtigung von Kot Diji. Dort gibt es eine weitere, aber wenig sehenswerte Ruinenstätte der Induskultur – aber vor allem eine tolle Festung. Deren Ausmaße sind gewaltig, da sie sich auf einem kompletten Bergzug erstreckt. Da dieser Berg sehr unregelmäßig ist, ist die Form der Festung auch ungewöhnlich und wurde vom Guide als „kamelartig“ bezeichnet. Im Ort unterhalb der Festung befinden sich auch noch Villen der lokalen Herrscherfamilie aus dem 19./ 20. Jahrhundert – zum Teil aber verfallen. Reste der 7km Stadtmauer gibt es auch noch. Zudem ist die Landschaft mit den Tafelbergen, teilweise Sandwüste und eben auch großen Palmenhainen sehr interessant.

Conny und Liane hatten noch aus dem Reiseführer einen interessanten Schrein aufgetrieben: Sachal Sarmast. Der ist besonders bunt und mit verspielten Turmaufsätzen versehen. Eine Truppe Musikanten spielte da auch live die übliche religiöse Musik. Im Gegensatz zu den Fundamentalisten, die religiöse Musik nur a capella erlauben, spielen die Sufis auch mit Trommeln, Flöten und einem seltsamen Akkordeon. Zum Vergleich: a) die hier im Schrein dargebotene Qawwali-Musik und b) ein typischer Nashid (religiöse Hymne).

Wir fuhren eine Weile über die Schnellstraße, ehe wir Bhit Shah erreichten. Dort war es schwierig einen Parkplatz zu finden. 1km vom berühmten Schrein entfernt konnten wir das Auto abstellen. Dann ging es mit einer Motoradrikscha bis vor den Eingang. Die Sicherheitskräfte hatten nicht wirklich Ahnung und taten sich etwas wichtig. Wir einigten uns darauf, nur mit Handy bzw. der kleinen Kamera von Liane zu fotografieren. Dafür bekamen wir wieder eine Führung durch den Schrein und die Moschee. Wir wurden dann auch noch durch die belebten Straßen zum Auto begleitet.

In Odero Lal war wiederum so gut wie gar nichts los. Ein sehr ruhiges Dorf mit einem besonders eindrucksvollen Schrein: ummauert wie ein Wehrkloster, beherbergt dieser Bau aus dem 17. Jahrhundert Andachtsstätten für Muslime und Hindus. In einem Gebäude ist das selbst für die pakistanische Kultur ungewöhnlich, obgleich es v.a in Sindh einige Grabmale und auch Tempel gibt, die von Anhängern beider Religionen besucht und verehrt werden. Es gibt ja z.B. auch in Syrien in der Umayyaden-Moschee von Damaskus einen Schrein für den im Merseburger Stadtwappen abgebildeten Johannes den Täufer, der von Christen wie Muslimen besucht wird. Aber wie gesagt ist die Doppelnutzung eines Gebäudes mehr als ungewöhnlich und mir auch nur im islamischen Raum (Pakistan, Syrien) bekannt – und nicht aus Europa.

Wir fuhren dann nach Hyderabad, wo wir wieder im selben Hotel wie beim ersten Besuch in Hyderabad unterkamen. 

Statistik 12.10.
- Tourkilometer: 380km Mietwagen
- Saisonkilometer: 63.300 (50.240 Flugzeug/ 12.170 Auto, davon 4.410 Mietwagen/ 850 Fahrrad/ 40 Schiff, Fähre / 0 Bus, Bahn, Straßenbahn)
ThattaXI. Ein Kreisligakick in Karachi vor 3.500 Zuschauern

Am letzten Tag der Reise ließ vorne links der Reifendruck irgendwie nach. Ich heizte trotzdem durch die Halbwüste nach Thatta. Dort gibt es eine herausragende Moschee. Die Shah Jahan Moschee zeichnet sich durch ausgesprochen schöne Mosaiken, eine Vielzahl von Kuppeln und sehr symmetrisches Backsteinmauerwerk aus.

Im benachbarten Ort Makli gibt es eine der weltweit größten Grabanlagen zu sehen: der Friedhof ist 10 Quadratkilometer groß und beherbergt rund 1 Million Gräber, davon mehrere Dutzend aufwändige und 200-600 Jahre alte Mausoleen. Außerdem gibt es hier mehrere Schreine. Interessant war hier, dass ein bestimmter Schrein nur von Männern und ein anderer nur von Frauen besucht werden durfte.

Wir fuhren nach Karachi zurück und steuerten noch eine weitere Grabstätte an: am östlichen Stadtrand befinden sich die Chaukhandi Tombs – deutlich kleiner, aber baulich genauso herausragend, da sehr schön verziert und aus Muschelkalk gebaut. Auch hier wieder einige überkuppelte Mausoleen.

Der Reifen vorne links hatte nun so wenig Luft, dass ich ihn erst erfolglos bei einer Lkw-Werkstatt in der zu den Gräbern führenden Straße und dann mit bis zur Abgabe währenden Erfolg bei einer Total-Tankstelle gegenüber aufpumpen ließ. Dort wurde auch bei den drei anderen etwas nachgepumpt. Die Straßen sind so schlecht, dass viel mehr Druckverlust passiert als z.B. in Deutschland. Besonders anfällig ist hierbei der Reifen vorne links wegen des Drucks vom Motor von oben und den Schlaglöchern am linken Straßenrand von unten, während in einem Land mit so schlechter Infrastruktur und Rechtsverkehr der rechte vordere Reifen besonders belastet wird (hatte ich in Georgien mit dem eigenen Auto auch...)

Barma Mohammedan FC .................................... 1
All Brothers FC Malir .......................................... 0
- Datum: Sonntag, 13. Oktober 2019 – Beginn: 16.30
- Wettbewerb: All Karachi Abdallah Noor Football Tournament (Turnier für Amateurteams aus dem Raum Karachi, Viertelfinale)
- Ergebnis: 1-0 nach 73 (36/37) Minuten – Halbzeit: 1-0
- Tor: 1-0 34. (17)
- Gelbe Karten: Nr. 4 (All Brothers)
- Rote Karten: keine
- Austragungsort: Dr. Mohammad Ali Shah Ground (Kapazität: 3.500, davon 100 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 3.500 (überwiegend Barma Mohammedan Fans und Neutrale)
- Unterhaltungswert: 7,0/10

Nachdem also der Reifen wieder ordentlich aufgepumpt war, bewegte ich den Wagen zielsicher aber aufgrund teils unpassierbarer Straßen in den schlechten Siedlungen von Karachi-Korangi (Überflutungsschäden) nicht ganz auf dem direkten Weg zum Dr. Mohamed Ali Shah Ground. Dieses ganz ansehnliche Stadion liegt nicht im besten Viertel: neben dem Seiteneingang, durch den wir mit den anderen Fans gingen, türmte sich der Müll in dem einige Tiere nach Fressbarem wühlten. Aber kaum hatten wir das Stadion betreten und die schicken fünfreihigen, mit Kacheln verzierten Stufen und die auf dem Dach des Vereinsheim des ersten Heimclubs Korangi Mohammedan aufgestellten VIP-Sitze begutachtet, wurden wir auch schon von einem freundlichen jungen Mann auf ebendiese Ehrentribüne gebeten. Dort begrüßten uns nach und nach unter anderem der Vereinspräsident des Ausrichters, ein Lokalpolitiker und ein landesweit und auch international für den Pakistanischen Verband pfeifender Schiedsrichter – der Sportfreund hatte dieses Jahr auch schon mehrere Länderpunkte als Schiri, u.a. USA und Oman. Auffällig war an der Sitzordnung, dass der Vereinspräsident mich höflich bat, dass ich mich links von Liane statt von meinem Vater setze – ein konservativer Muslim setzt sich nämlich nicht einfach neben eine fremde Frau und hier waren auch zum ersten Mal in Pakistan außer unseren Mitreisenden nur Männer im Stadion. Es kommt halt auf den Ort bzw. bei Karachi auf das Stadtviertel an. Korangi ist schon eine eher üble und v.a. sehr rückständige Gegend. Interessant fand ich in diesem Zusammenhang diesen Bericht von einer offeneren und gepflegteren Ecke Karachis mit einem spektakuläreren Ground: Kakri 

Gegen 16.30 Uhr fingen die beiden Amateurteams vor knapp 1.000 Zuschauern zu spielen an. Nach und nach wurden es immer mehr Fans, bis zur Halbzeit etwa 3.500 im Stadion waren. Hier spielten ein Team aus der Siedlung (Barma Mohammedan) und ein Clubs aus dem nahegelegenen Malir (All Brothers FC) – alles auf Kreisebene Karachi, Viertelfinale über 2x35 Minuten und natürlich auch wieder ziemlich niedriges Niveau... Und dann kommen da 3.500 Zuschauer! Als ich den Schiri vom Verband, der neben mir saß, darauf ansprach, meinte er, dass es zum einen die Liebe zum Sport sei und zum anderen der Mangel an anderen Freizeitbeschäftigungen – er hätte persönlich ohnehin keine anderen Beschäftigungen als Fußball...
Den Unparteiischen fragte ich auch, wie lange gespielt werden würde: 
Er: "35 Minuten pro Halbzeit, wegen dem Licht"
Ich: "Ah, OK. Also geht das Flutlicht nicht?"
Er: "Doch, es geht schon. Aber es ist so teuer..."

Das Spiel war von den vier Partien in Pakistan auch das klar beste, da es recht schnell geführt wurde und viele Torszenen erlebte. Klar traten auch hier wieder die technischen und v.a. athletischen Mängel zu Tage und auch hier fiel wieder nur ein Tor: nach einem Abpraller im Strafraum reagierte ein Spieler von Barma Mohammedan rechtzeitig und schoss ein.

In der Halbzeit erst erfolgte – statt wie sonst oft vor dem Spiel – die Vorstellung der Spieler mit Mannschaftsaufstellung. Wie ich das auch schon mal in Indien machen durfte, wurde ich dann zusammen mit meinem Vater nach unten gebeten und wir begrüßten zusammen mit dem Vereinspräsidenten (übrigens ein Doktor der Chemie, der uns von seiner Führungsposition in einem Werk in Karachi erzählte) und drei weiteren VIPs die beiden Mannschaften und das Schiedsrichtergespann und wurden mit auf die Mannschaftsfotos genommen. Im Gegensatz zu uns waren diese eben genannten VIPs vorab angemeldet – ich muss noch mal darauf hinweisen, dass uns nur deshalb spontan der VIP-Status verliehen wurde, weil sich die pakistanischen Sportler und Funktionäre immer freuen, wenn Ausländer irgendwie Interesse an ihrem Sport (und das auch noch auf der lokalen Amateur-Ebene) haben und das dann zur berühmten pakistanischen Gastfreundschaft dazugehört!

Bei diesem Spiel hier war neben dem etwas besseren Spielniveau vor allem die tolle Atmosphäre hervorzuheben. Allerdings gab es hier außer vereinzelten Anfeuerungen und Reaktionen auf Spielszenen keinen Support. Gesänge oder Ähnliches scheinen in Pakistan ungebräuchlich. Auffällig ist aber auch die Fairness: in den vier Spielen gab es keinen Platzverweis, nur wenige gelbe Karten, kein heftiges Reinholzen und keinerlei Stress durch die Zuschauer (kein Flaschenwerfen, ja nicht mal deutliches Pöbeln). Hier in Korangi wurde dann sofort nach Abpfiff von mehreren Hundert Fans das Feld gestürmt – aber alles völlig friedlich und nur um die Mannschaft aus dem Viertel nach ihrem Sieg und Einzug ins Halbfinale zu feiern. [Übrigens gewannen sie auch das Halbfinale, nur das Finale am 19.10. verloren sie dann mit 4:5 (1:1/3:4) im Elfmeterschießen gegen Keamari Mohammedan, einem Team ganz aus dem Westen der Stadt]

Statistik 13.10.
- Grounds: 2.514 (1; diese Saison: 71 neue)
- Sportveranstaltungen: 3.748 (1; diese Saison: 99)
- Tourkilometer: 230km Mietwagen
- Saisonkilometer: 63.530 (50.240 Flugzeug/ 12.400 Auto, davon 4.670 Mietwagen/ 850 Fahrrad/ 40 Schiff, Fähre / 0 Bus, Bahn, Straßenbahn)
- Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 26 [letzte Serie: 72, Rekordserie: 178]
- Jede Woche mindestens eine Sportveranstaltung seit: Kalenderwoche 31 des Jahres 2006 (31.7.-6.8.), d.h. seit 689 Barma Mohammedan 1:0 All Brothers MalirXII. Abreise

Wir fanden mit zweimal verfahren zum Büro von Anis zurück, wo wir den Mietwagen abgaben und mit Tee und Gebäck versorgt wurden. Er lud uns auch wieder in eine lokale Gaststätte ein, wir ihn dann dafür auf einen frischen Fruchtsaft in der Mall gegenüber vom UBL Sports Complex. Bis zum Abflug zeigte er uns auch noch ein lustiges Kaufhaus mit angeschlossenem Vergnügungspark. Am Flughafen verabschiedeten wir uns – definitiv der beste Autovermieter den wir je hatten! Ein Bekannter von ihm, der bei den Sicherheitskräften dort arbeitet, lotste uns auch noch beschleunigt durch den Check-in. An der Passkontrolle standen dann alle länger.
An der Sicherheitskontrolle vorm Gate stand dann nur Conny länger an. Als sie endlich zu uns aufgeschlossen hatte, wollte ich sie eigentlich nur etwas provozieren: „Na, haste wieder dein Klappmesser mit ins Flugzeug schmuggeln wollen, du gefährliche Frau?“ – sie: „boah, ja, ich hab’s vergessen ins Aufgabegepäck zu packen...“ – ich: „hä? was vergessen?“ – sie: „na mein Schweizer Taschenmesser!“
Nun ja, das gute Stück wurde leider konfisziert und durfte nicht mit nach Istanbul, wo sich unsere Wege trennten, denn nur mein Vater und ich reisten nach Düsseldorf weiter und von dort mit dem geparkten Auto nach Bonn – aber ich habe gleich nach der Rückkunft ein ähnliches Ding gebracht: USB-Stick mit Mucke ausm Auto in die Hemdtasche gesteckt, weil ich da was Neues draufladen wollte, dann alles mögliche andere gemacht und den Stick dann im Hemd vergessen, Hemd mit den ganzen anderen Reisesachen in die Waschmaschine gehauen und dann den Stick nicht einmal dort drin wiedergefunden nach dem Waschgang. Das Gute aber: durch Hinweis meiner Kollegin, dass die Kopfhörer von ihrem Sohn mehrfach mitgewaschen wurden und immer im Filter gelandet waren, habe ich selbigen mal geöffnet und dann den Stick wiedergefunden – nur außen nass und nach kurzer Trocknung voll funktionsfähig!

Statistik 14.10.
- Tourkilometer: 6.100km Flugzeug, 80km Mietwagen
- Saisonkilometer: 63.530 (50.240 Flugzeug/ 12.400 Auto, davon 4.670 Mietwagen/ 850 Fahrrad/ 40 Schiff, Fähre / 0 Bus, Bahn, Straßenbahn) Me and my father with Barma Mohammedan team and VIPs (Barma Mohammedan 1:0 All Brothers Malir) XIII. Reisehinweise

Visum: Die Visumsbeschaffung für Pakistan wurde erheblich vereinfacht dieses Jahr, doch sie ist immer noch ein Ärgernis. Im Gegensatz zu anderen Ländern mit E-Visa-Verfahren (Bahrain, Australien) braucht man eine gute Stunde, ehe man die ganzen Fragen ausgefüllt hat und muss z.B. ein Passfoto in seltsamem Format und ohne Brille hochladen (statt dem Scan des Reisepasses wie z. B. bei Bahrain). Ich muss nur positiv hervorheben, dass im Gegensatz zum asozialen Nachbarn Indien keine diskriminierenden Fragen gestellt werden (das Indienvisum ist noch teurer und man muss angeben ob man Verwandte in Pakistan hat und welcher Religion (konfessionslos gibt es nicht) man angehört). Dennoch hat der Visabeantragungsprozess bei uns vier völlig willkürlich zwischen 4 und 20 Tagen gedauert. Ich hatte mein Visum am spätesten und musste als einziger eine für den kompletten Aufenthalt dauernde Hotelbuchung vorweisen: ich buchte natürlich ein Hotel, dass keine Kreditkartendaten forderte und lies die Buchung verfallen. Außer bei meinem Vater wurde zudem bei jedem von uns (bei mir eben 3 Mal, bei den anderen 1-2 Mal) ein an sich korrekt ausgefüllter Antrag zurückgestellt: wir mussten dann Flugtickets oder Hotelbuchungen – alles Dinge, die im Antrag so nicht gefordert waren – nachreichen. Immerhin funktionierte der Kontakt gut über E-Mail, anscheinend werden Visaanträge aber nur an Donnerstagen bearbeitet. Diese ganzen Dummheiten der zuständigen Behörde (NADRA) erinnerten mich an die Aussage eines syrischen Freundes zu den Vorteilen eines deutschen Reisepasses, den er nach Erhalt der Staatsbürgerschaft natürlich haben will, um u.a. nach Mexiko als Kulturtourist zu reisen: „Nur Scheiße-Länder verlangen von Deutschen ein Visum“... OK – so schlecht würde ich Pakistan nicht reden wollen, aber es gilt dasselbe wie auch für z.B. Algerien, was ein noch sehenswerteres und noch sympathischeres Land ist: die Behörden sind einfach zum kotzen! Wer dennoch ein Visum für Pakistan haben will: hier geht es zum Antrag (es ist zuerst ein Account zu erstellen)! https://visa.nadra.gov.pk/e-visa/

Flug: man sollte unbedingt mit Turkish Airlines fliegen. Diverse deutsche Flughäfen haben Verbindungen nach Istanbul, von dort geht es nach Karachi, Lahore oder Islamabad. Welches der drei Ziele ich am meisten empfehlen würde, kann ich nicht sagen, da es von den Interessen abhängig ist. Definitiv hat Karachi die beste Sportszene, Lahore wiederum die besten Sehenswürdigkeiten und Islamabad ist das Sprungbrett in die spektakulären Berglandschaften des Nordens. Aber man sollte mit 700€ für Hin- und Rückflug rechnen. Billiger ist kaum drin, z.B. sind Flüge von Berlin aus oft noch teurer, während Düsseldorf besonders „günstig“ ist. Turkish Airlines ist aber auch eine Weltklasse-Airline mit Topp-Service (nur von Emirates übertroffen von den Fluggesellschaften, die ich bisher genutzt habe) und keine Billigtruppe. Allerdings ist bei Pakistan eben der Kilometerpreis mit rund 0,06€ sehr hoch im Vergleich zu einer weiter entfernt liegenden und sehr touristischen Destination wie Australien (Emirates fliegt da für 0,03€/km hin) und mit der Billigtochter Pegasus sind wir für nur wenig mehr als die Hälfte des Preises ins noch etwas weitere Kirgistan geflogen.

Je nachdem was man sehen will und wie viel Zeit man hat, wird man die sehr preisgünstigen aber technisch nicht unbedingt sicheren öffentlichen Verkehrsmittel eher bevorzugen, als den Stress mit Mietwagen zu haben. Ich bin mir nur nicht sicher, wie in Gebieten, in denen Ausländer Polizeischutz bekommen (Süd-Punjab, Belutschistan, Khyber-Pakhtunhwa) die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel durch Touristen/ Ausländer möglich ist. In wie fern Inlandsflüge zu empfehlen sind, kann ich auch nicht sagen: der eine Inlandsflug von meinem Vater in den 80ern war ja um schlappe 10 Stunden verspätet und angeblich ist das auch heute noch normal...
Daher hier nur ein paar Worte zu Mietwagen: kontaktiert einfach nur Herrn Anis Janan. Ihr könnt ihm auf Deutsch schreiben. (Link zur Firmenseite: https://www.facebook.com/jananmotors/ ). Er kann auch an anderen Standorten als Karachi sicher etwas organisieren – egal ob ihr selbst fahren wollt wie ich oder doch lieber mit Chauffeur mieten wollt. Andere Vermieter sind nicht günstiger und das Schlimme ist: die meisten Firmen reagieren auf Buchungsanfragen überhaupt nicht! Und die wenigen Firmen, die reagieren, wollen an Ausländer nur mit Fahrer vermieten. Von 8 angeschriebenen Firmen in Karachi haben sich nur 2 gemeldet!!! Angeblich vermieten Europcar und Hertz auch ohne Fahrer, doch die nehmen Mondpreise wie in Skandinavien und werden im Netz sehr schlecht bewertet. Avis als dritter international renommierter Anbieter hat sein Büro in Karachi geschlossen und sich wahrscheinlich ganz aus Pakistan verabschiedet. In jedem Fall bei Mietwagen: ich kann nur Janan Motors & Rent a Car empfehlen.

Groundhopping: das ist natürlich das wichtigste Thema... Also soccerway, Verbandsseiten und Co. kann man in die Tonne treten. Ausschließlich auf Facebook bekommt man gescheite Infos: https://www.facebook.com/footballpakistan/ und dann auch auf die verlinkten Seiten (dieser Seite gefallen folgende Seiten) gehen. Für Amateurspiele in Karachi war dann z.B. https://www.facebook.com/burma.mahmaddanfc hilfreich, in Multan ist es der Kreisverband: https://www.facebook.com/DFA-Multan-1246964328785431/ - wenn man sich von Seite zu Seite klickt und diese Seiten abonniert, bleibt man up to date was Ansetzungen angeht. Man sollte aber immer bedenken: Zeitangaben sind dehnbar – größere Verspätungen sind normal, manchmal geht es aber auch 30 Minuten früher los...
Für bedeutendere Cricketspiele kann man https://www.espncricinfo.com/ aufsuchen.

Zum Abschluss noch ein allgemeiner Reisetipp für Pakistan: ich gehe davon aus, dass jeder, der den Länderpunkt Pakistan machen will oder aus einem anderen Grund als Groundhopping dorthin reist und meinen Blog eher wegen der Beschreibung von Sehenswürdigkeiten gelesen hat, in etwa weiß, was ihn erwartet und was er tut. Ich kann eine Pakistanreise natürlich NICHT uneingeschränkt empfehlen! Aber die Unzulänglichkeiten des Landes werden durch die unglaubliche Freundlichkeit der Leute ausgeglichen – also nicht stressen lassen und von Deutschland aus nicht mit irgendwelchen oberschlauen Nörglern fahren, sondern mit solchen klasse Leuten mit Reiseerfahrung, Offenheit und Flexibilität wie Conny und Liane: mit den beiden würde ich jedes Land bereisen ;-)

Statistik (GESAMT):
- Grounds: 2.514 (4; diese Saison: 71 neue)
- Sportveranstaltungen: 3.748 (5; diese Saison: 99)
- Tourkilometer: 15.420 (12.200km Flug, 3.220km Auto/ davon 3.070km Mietwagen)
- Saisonkilometer: 69.710 (56.340 Flugzeug/ 12.480 Auto, davon 4.670 Mietwagen/ 850 Fahrrad/ 40 Schiff, Fähre / 0 Bus, Bahn, Straßenbahn)
- Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 25 [letzte Serie: 72, Rekordserie: 178]
- Jede Woche mindestens eine Sportveranstaltung seit: Kalenderwoche 31 des Jahres 2006 (31.7.-6.8.), d.h. seit 689 Karachi: in the mall opposite UBL sports complex

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