Mittwoch, 8. Februar 2012

W288II: Eishockey in Tschechien – die Stahlwerker aus Mährisch-Schlesien besiegen die Chemiewerker aus Nordwest-Böhmen

HC Oceláři Třinec 6:4 HC „Verva“ Litvínov
Datum: Sonntag, 5. Februar 2012 – Anbully: 17.00
Wettbewerb: sogenannte „Tipsport“ Extraliga hokej (1. tschechische Profi-Eishockeyliga)
Ergebnis: 6:4 nach 60 Min. (3x20) – Drittel: 4:0, 1:1, 1:3
Tore: 1-0 2.22 David Ostřížek, 2-0 2.48 Václav Varaďja, 3-0 9.49 Jan Peterek (Powerplay), 4-0 11.56 Jiří Polanský (Powerplay); 4-1 23.40 Pavel Smolka, 5-1 36.18 David Květoň; 5-2 52.58 Richard Jareš, 5-3 54.55 František Gerhát, 5-4 59.02 Martin Ručinský (Powerplay, da Torwart vom Eis), 6-4 59.53 Martin Lojek (Empty Net)
Zeitstrafen: 2x Lukáš Zíb, Václav Varaďja, Radek Bonk, Andrej Novotný, Jiří Polanský, Bankstrafe da Wechselfehler (Třinec = 14 Minuten); Viktor Hübl, Pavel Smolka, Matěj Stříteský, Juraj Majdan, Martin Ručinský, Bankstrafe da Wechselfehler (Litvínov = 12 Minuten)
Spielort: Třinecký Zimní Stadion, sogenannte Werk „aréna“ (Kap. 5.200, davon 3.700 Sitzplätze)
Zuschauer: 3.049 (davon ca. 15 Gästefans)
Unterhaltungswert: 7,0/10 (Das Spiel schien nach 12 Minuten entschieden, doch Litvínov kämpfte sich in einem immer besser werdenden Spiel noch mal heran)
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Photos and English Version:

Der Uni-freie Montag lud zu einer zweitägigen Kurzreise nach Tschechien und Polen ein. Am Sonntag um fünf brachen wir zu dritt auf und durchquerten – da diese Route etwas kürzer ist als jene über Prag, die auch noch Maut kostet – erstmal fast ganz Schlesien. Nach knapp 400km Polen – von denen einige dutzend dank des völlig unfähigen polnischen Winterdienstes eher rutschend als fahrend zurück gelegt werden mussten – fuhren wir nach Tschechien rein. 10km hinter der Grenze befindet sich die drittgrößte Stadt des Landes und das Zentrum Mährisch-Schlesiens: Ostrava. Die Stadt ist ein Konglomerat von industrialisierten Dörfern, doch während die Struktur sehr ans Ruhrgebiet erinnert, fällt die Bebauung doch etwas positiver auf. Das ist schon wieder richtig sehenswert, wie kurios zusammengewürfelt die Gebäude und Straßenzüge Ostravas sind: in einer Straße stehen Neobarock, Jugendstil, 1920er-Jahre Betonbauten, 1960er Plattenbauten und 2000er Glasfassaden nebeneinander. Ein planerischer Grundriss ist übrigens nirgendwo zu erkennen: hier wurde ohne Sinn und Verstand drauflos gebaut! Zwei Sehenswürdigkeiten am Rande der Stadt sind historisch wertvoll: eine teilweise rekonstruierte Burgruine und eine für die Beskiden nicht untypische Holzkirche. Keine Stabkirche wie in Norwegen oder Rumänien, aber auch eine sehr interessante Bauweise!
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15km weiter östlich befindet sich eine richtig graue, gesichtslose Industriestadt: Třinec. Graue Kirchen, graue Plattenbauten, graue Einfamilienhäuser und weißer Rauch der über die grauen Straßenzüge am Stahlwerk zieht. Nette Atmosphäre, vor allem an so einem beschissenen Wintertag mit 12 Grad unter Null, wie heute...
Wir fuhren dort natürlich nur zum Eishockeygucken hin: HC Litvínov spielte da schließlich! Für die Nordwestböhmen ist das die weiteste Auswärtsfahrt, sodass es nicht verwunderte, dass nur 12 andere in schwarz-gelb (diesmal auch keine anderen deutschen Fans) den Weg ins tschechisch-polnisch-slowakische Grenzgebiet zu den Oceláři (Stahlwerker) nach Třinec fanden. Viel leiser als das Heimpublikum, dass nur ab und an mit einem Wechselgesang zwischen Hintertorsektor (Stehplatzbereich) und dem Rest der Halle glänzen konnte, waren die 12 allerdings auch nicht.

Die Halle, die sich „Werk aréna“ nennt und direkt neben dem modernisierten Fußballstadion in Sichtweite der Schlote des Stahlwerkes steht, ist ganz ansehnlich: eine Hintertorseite hat Betonstehstufen, die andere alte Kunststoffklappbänke in rot – die beiden Längsseiten sind mit diesen alten Klappbänken in braun-gelb bestückt. Gästefans sind in Block B untergebracht, neben dem sich eine nicht mehr funktionierende Anzeigetafel befindet. Sektor A ist die Hauptseite mit einer verglasten Loge dahinter. Die einzigen Sektoren, in denen man keine Sichteinschränkungen durchs Fangnetz (aber bis hoch in Reihe 6 oder 7 durchs Plexiglas) hat, sind A und E die auch immerhin 130 Kronen (5,60€) kosten. Für überzogene 120 Kronen gibt es hinterm Tor die Plätze – außer für Heimfans im Stehplatzbereich: da sind es nur 80 Kronen für einen Stehplatz.
Wegen zurückgegangener Zuschauerzahlen und enttäuschender Leistungen hauten die Stahlwerker aber heute die Eintrittskarten zu symbolischen Preisen von 10 Kronen (0,40€ für einen Stehplatz) und 20 Kronen (Sitzplatz) raus. Was ein Preisnachlass!

Die Leistung der Oceláři war heute auch alles andere als enttäuschend: einen Wahnsinnsstart legten die da hin: Doppelschlag in der dritten Spielminute, bis zur 12. stand es schon 4:0. Erst im zweiten Drittel kam der völlig überforderte Gast zu guten Gelegenheiten, von denen sie eine verwandelten. Ein starker Schlagschuss halbhoch ins lange Eck sorgte aber für den alten Vier-Tore-Vorsprung. Im letzten Drittel wurde es aber richtig spannend: Litvínov spielte endlich richtig gut Eishockey und setzte die kaum nachlassenden Třinecer nun richtig unter Druck: drei Tore in Folge bis zur Schlussminute und nun Powerplay ohne Torwart. Diese Empty-Net-Situation sollte allerdings – wie so oft – zum Verhängnis werden: die aufgerückte Verteidigung konnte den über die Bande aufs Tor gebrachten Weitschuss nicht mehr klären. 6:4 also am Ende dieser schließlich doch noch mal spannenden und wirklich guten Partie!
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Wir fuhren dann noch mal über die Grenze nach Polen, um in Cieszyn zu übernachten. Das war nämlich einige Euros billiger als in Tschechien. Ein Dreibettzimmer im Hotel „Gambit“ kostete uns nur 39€; Frühstück pro Person: 4,50€ - Parkplatz und Internet gratis. In Tschechien lagen die Angebote alle bei knapp 50€ ohne Frühstück. Auch Benzin war wieder deutlich günstiger als in Tschechien: 1,38€ gegen 1,46€ (Diesel 1,40€ gegen 1,44€). Auffällig war in Cieszyn übrigens noch, wie außer slawischen Dialekten und Sprachen keine anderen gesprochen wurden. Polnisch und Tschechisch sind da kaum auseinander zu halten, da man Schlesisch slawischer Ausprägung (sogenanntes „Schlonsakisch“) spricht, was so eine Mischung aus beidem ist: man schreibt „Schlesien“ z.B. statt wie in Polnisch „Śląsk“ im Schlesischen „Šlonsk“. Beides spricht sich „Schlonsk“. Tschechisch wäre es „Sleszka“. Auch in Třinec fiel dieser Dialekt auf: der Ortsname wurde weicher als normal in Tschechien ausgesprochen (also ziemlich polnisch) und ein Spieler trug den Namen „Bonk“ statt wie es in Polen wäre „Bąk“. Verständigungsprobleme gibt es für Slawischsprecher allerdings nicht: die meisten slawischen Sprachen (so auch Russisch, Polnisch und Tschechisch untereinander) sind so ähnlich, dass eine Verständigung nur unter sehr ungebildeten Menschen und Kindern nicht gut funktioniert.

Statistik:
Grounds: 698 (heute 1 neuer; diese Saison: 104 neue)
Sportveranstaltungen: 1.459 (heute 1, diese Saison: 145)
Tageskilometer: 720 (720 Auto)
Saisonkilometer: 28.510 (19.960 Auto/ 6.600 Flugzeug/ 1.940 Fahrrad/ 10 Bahn, Bus, Tram/ 0 Schiff, Fähre)
Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 30
Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 288

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