Am Männertag war ungewöhnlich wenig los. Viele beschränken sich auch freiwillig in ihrer panischen Angst vor Corona. Nur auf einigen Dörfern und in einem problematischen Viertel in Rostock sah ich im Vorbeifahren größere Gruppen auf Fußballplätzen kicken. Bollerwagenchaoten gab es nur ganz vereinzelt auf dem Land, Rad- und Motorradtouren für einen arbeitsfreien Tag in der Region in unterdurchschnittlicher Zahl.
Wir machten eine ausgedehnte Besichtigungstour: diese begann in Warbelow (wenig sehenswertes Gutshaus, ein paar ältere Bauernhäuser). Dann nach Alt Quitzenow (seltsamer Turm – angeblich Wasserturm, wohl 19. Jhdt. – und recht ansehnliches aber sehr verfallenes Gutshaus). Weiter nach Wasdow (schöne Kirche und wirklich schönes und topp saniertes Gutshaus mit ungepflegtem Park mit Kleinfeldplatz, einigen interessanten Nebengebäuden und einer Burgruine, von der v.a. noch der Turm steht). Dann Bobbin (neben dem Kleinfeldplatz mit genau baugleichen Toren wie in Wasdow gibt es einen Friedhof mit großer Grabkapelle, dahinter ein weniger sehenswertes Gut). Danach Klein Methling (eher unansehnliches Gutshaus in einem recht öden Ort) und über enge Wege über eine historische hölzerne Klappbrücke über die Trebel nach Nehringen. Das war das Besichtigungshighlight heute: Burgruine (hoher Bergfried bzw. Fangelturm), verfallenes Schloss/ Herrenhaus mit teilweise sehr gut sanierten Nebengebäuden, sehr schöne Wohnhäuser aus dem frühen 18. Jahrhundert an baumbestandenen Kopfsteinpflasterwegen, eine tolle Barockkirche, die sich wegen der Verzierungen auch v.a. Innen zu besichtigen lohnt und auch noch ein paar kleinere Baudenkmale wie einer schwedischen Schanze – denn der Ort war mal eine Grenzstadt des schwedisch-besetzten Gebiets auf Boden des heutigen Mecklenburg-Vorpommern. Wenn ich bedenke, dass in Schweden auch in Zeiten der Coronahysterie wenigstens Kinder und Jugendliche Fußballwettkämpfe austragen dürfen, kann ich das Land meiner Vorfahren nur fragen: Warum habt ihr Pfeifen Vorpommern abgegeben?! (Link zu relevanter Wikipedia-Karte)
Dann ging es weiter nach Langenfelde, wo eine kuriose Teilruine eines Schlosses steht. Ein Teil bewohnt und mit dümmlichen Verbotsschildern bestückt – der andere Teil verfallen und droht auf die Straße zu kippen. In Glewitz gibt es eine große Backsteinkirche mit interessantem Friedhof und schönem Pfarrhaus. In Turow dann eine Wasserburg, die sehr gut saniert als eine kirchliche Begegnungsstätte dient und von einem Park umgeben ist. Strelow hat ein seltsam zerstückeltes Tudor-Schloss zu bieten. Über holprige Schotter- und Plattenwege ging es zum als Wohnblock genutzten Gutshaus in Wendisch Baggendorf. In Kirch Baggendorf gibt es eine sehr schöne, auch innen meist zugängliche Kirche (eine der ältesten der Region mit tollen Wandmalereien) und ein großes, aber leerstehendes und langsam abblätterndes Gutshaus. In Zarrentin steht ein kleineres aber topp saniertes Gutshaus, das als Hotel genutzt wird.
Dann fuhren wir nach Bad Sülze, wo wir uns aber nicht im Ortszentrum umsahen, sondern nur das Salzmuseum besuchten. Außer Informationen zum „weißen Gold“ gibt es auch lokale Kunst und viele Infos zum Kurort. Ganz nett gemacht, schöne Freianlagen und gutes Café haben die auch dort – aber jetzt nicht so das interessanteste Thema für mich...
Auf dem Rückweg lagen dann noch Redderstorf mit einem sehr großen Herrenhaus und Kölzow mit einem richtigen Schloss mit schönem Park. Außerdem Dettmannsdorf mit einem seltsam modernisierten Herrenhaus, wo die Wessis vom Nachbargrundstück schon blöd glotzten, dass da einer das Herrenhaus fotografiert. Dummes Geglotze ist ja in Deutschland üblich, bin im ländlichen Sachsen-Anhalt/ Sachsen/ Thüringen damit aufgewachsen und auch gerade im Südwesten Deutschlands fällt es mir immer wieder auf, aber eben hier in MV sind die meisten erfreulich gleichgültig, weil denen völlig klar ist, dass ein Fremder, der historische Bauten aufnimmt, ein harmloser Tourist sein muss – aber anscheinend guckten da die Zugezogenen deshalb so provozierend, weil sie als Zugezogene meinen, besonders gut auf die noch bis einschließlich 24.5. geltende Touristensperre achten zu müssen...
Schließlich schauten wir uns noch das halbverfallene aber bewohnte gut in Reppelin und das topp sanierte und für Wohnungen genutzte Gutshaus Wendfeld an. Dann kehrten wir in Sanitz bei „Shirin Döner & Pizza ein“ ein – ein prima Laden; sehr preisgünstig, sehr entspannte Atmosphäre und richtig gutes Imbissessen! Am Freitag ging es nach dem Home-Office nur noch zum vierten persönlichen Sporttraining in dieser Woche. Aber natürlich gab es am Samstag wieder eine Tour. Noch einmal mit dem Auto.
Erster Halt und Hauptziel des Tages war das Agroneum in Alt Schwerin. Das ist ein sehr ausgedehntes Freilichtmuseum. In wiederaufgebauten und schon länger dort stehenden Scheunen, Traglufthallen und Schuppen, sogar in einer wiederhergestellten Windmühle, befinden sich Ausstellungsstücke zur regionalen und teilweise auch überregionalen Geschichte der Landwirtschaft. Vom jahrhundertealten Dreschflegel bis zum sowjetischen Traktor. Auch Mähdrescher, Pflüge, eine Torfbahn etc. befinden sich in diesem sehr sehenswerten Museum. Ein Silo kann als Aussichtspunkt genutzt werden. Da die paar Ausstellungsräume in den Außenstellen nicht zugänglich sind, wird derzeit ein ermäßigter Eintritt erhoben, der dennoch klar über dem Durchschnitt für solche Museen (auch für solche im Westen Deutschlands!) liegt. Den Besuch kann ich dennoch sehr empfehlen!
Dann klapperten wir wieder einmal viele Gutsanlagen ab, diesmal im Süden des Landkreises Rostock. Im sehr abgelegenen Glave befindet sich ein sehr gepflegtes aber unspektakuläres Gutshaus neben den Grundmauern eines von den Russen 1945 zerstörten Schlosses. Auch im benachbarten Dobbin wurde das Schloss von den Russen erst beschädigt und dann abgetragen, sodass so gut wie nichts mehr zu sehen ist, aber nebenan befindet sich ein villenartiges Gutshaus und in anderen Dorfteilen weitere historische Gebäude. In Zietlitz befindet sich ein sehr gepflegtes, aber baulich uninteressantes Gutshaus.
Weder baulich interessant noch gepflegt ist das Gut Groß Bäbelin. Da bin ich auch eher wegen eines Beitrages im Fernsehen vor Kurzem drauf gekommen. Mir gefiel v.a. die Lage des Nachbardorfes Klein Bäbelin, welches nur über unbefestigte Wege erreichbar ist und lediglich aus drei Höfen, von denen zwei leerstehen und einer von nur zwei Leuten bewohnt ist, besteht. Wir fuhren dann nicht den direkten Weg nach Liepen, sondern den längeren durch den Wald. Das ist ohne Allrad auf keinen Fall zu empfehlen, es führen zudem tiefe Landmaschinenspuren durch den Weg ohne Unterbau.
Wir kamen mit dem Dacia ohne Probleme nach Ließen durch und fuhren von dort nach Linstow weiter. Der Ort ist weniger wegen des (immerhin gut sanierten) Gutshauses oder der Kirche interessant, sondern eher wegen der Holzhäuser der Wolhyniendeutschen und dem dazugehörigen, aber nur selten geöffneten Museum. Mecklenburg-Vorpommern war nach dem Zweiten Weltkrieg eine der Regionen, die am stärksten vom Zuzug von deutschen Flüchtlingen, die aus den Ostgebieten von Russen, Polen usw. vertrieben wurden, betroffen waren. Als die Ukraine von Russland/ Sowjetunion besetzt wurde, wurden die Deutschen aus der Region Wolhynien (Nordwest-Ukraine) vertrieben, wobei Dutzende in diesem Kaff Linstow, dass damals noch weit entfernt von einem Resortstandort an der Autobahn nach Rostock war, landeten.
Einmal kurz auf die Autobahn und nächste Abfahrt runter und schon steht man wieder vor einem Gutshaus: Kuchelmiß. Der Backstein-Fachwerk-Bau ist schön aber unspektakulär. Spektakulärer ist da Bansow, denn das Tudor-Schloss sieht man sogar von der Autobahn aus mit den typischen Tudor-Türmchen über die Bäume ragen. Man kann dort ungestört das Gelände ansehen, obwohl alles in Privatbesitz von Zugezogenen ist, wird nichts abgesperrt, außer natürlich dem Schloss selber. Die Besitzer sollen allerdings sehr zweifelhaft sein (Belltower-Artikel „Die netten Ökofaschisten“).
In Lübsee ist ebenfalls ein privates Schloss, hier wieder im Fachwerk-Backstein-Stil und diesmal extrem gepflegt. Die Kirche gegenüber gewährt Einblicke durch eine Gittertür – richtig rein kann man aber wohl selten. Weiter ging es nach Lalendorf, wo ein jagdbegeistertes Ehepaar das hervorragend sanierte Jagdschloss betreibt. Deutlich größer und spektakulärer ist aber das Schloss in Vietgest. Der stattliche Barockbau wird derzeit von neuen Besitzern, die das zuvor von einem Dänen sanierte Gebäude übernahmen, als Eventlocation genutzt. Derzeit leider eine ganz schwierige Nutzung aufgrund der Corona-Hysterie (Artikel zum Schloss im Nordkurier).
Zum Abschluss fuhren wir nach Reinshagen, wo die schöne Kirche, die mehr Plätze bietet als der Ort Einwohner hat, das aber auch nur, weil sie Gemeindeort für umliegende Dörfer ist, offen war. Die Kirche ist zumindest an Samstagen für ein paar Stunden zur Besichtigung geöffnet. Im benachbarten Gremmelin fuhren wir nun zum mittlerweile zweiten Mal zum touristisch genutzten Gehöft mit sehr gepflegtem Gutshaus. Sonntag ging es dann wieder aufs Rad. Bad Doberan, Kröpelin, Retschow – und dann die Feldwege nach Lüningshagen, weiter nach Gerdshagen (der Plattenweg ist gesperrt, aber das ist Schwachsinn, man kann die Holzschranken aushebeln bzw. über den Acker umfahren). In Gerdshagen gibt es ein sehr schönes Gehöft mit schlossartigem Gutshaus. Über Miekenhagen (mit Rückenwind den Hang runter und mit über 50km/h ins Dorf geheizt) fuhren wir nach Radegast. Der gleichnamige Ort in Sachsen-Anhalt ist sehenswerter, hier in Radegast gibt es nur einen Sportplatz und einen Reitplatz, ansonsten langweilige Bebauung. Über teils sehr holprige Wege fuhren wir zum schön sanierten Gut Rosenhagen weiter – der Gutspark ist aber so groß, dass einige Stellen dort völlig zugewuchert und ungepflegt sind, während nah am Gutshaus die Beete top gepflegt und sogar beschriftet sind. Ein Klugscheißer wollte uns belehren, dass man den Gutspark nicht besichtigen dürfe, wenn der Gutsherr (wie heute der Fall) verreist ist – die Schilder verbieten das aber nicht, sondern nur das Durchfahren und Reiten. Da stiegen wir natürlich, nachdem ich dem Klugscheißer wenig freundlich erklärte, dass er Stuss labert, extra wieder auf die Räder auf und fuhren durch... Noch so ein Idiotennest ist das Nachbardorf Groß Nienhagen: wenn man durch den Wald kommt, steht man plötzlich auf dem Privatgrundstück mit dem Gutshaus – Betretungsverbot steht nur auf der anderen Seite vom Ort aus. Beschwert hat sich aber auch keiner... Sehr viel besser ist aber Klein Nienhagen, so ist es auch fast überall in Mecklenburg-Vorpommern aus, selbst wenn irgendwelche Wessis die Gehöfte aufgekauft haben: Hinweisschild, freier Zugang aufs Gelände – und in diesem Fall sogar gepflegte, schöne Gebäude und ein prima Turnierplatz fürs Springreiten. Über Altenhagen, Kröpelin, Bad Doberan ging es dann wieder zurück.
Fotos:
Pomerania: NEHRINGEN, Langenfelde, Glewitz, Turow, Strelow, Wendisch Baggendorf, Kirch Baggendorf, Zarrentin, Bad Sülze, Redderstorf, Kölzow, Dettmannsdorf
Mecklenburg Lakes District: Klein Methling, Trebel Bridge / AGRONEUM ALT SCHWERIN
Rostock Countryside: Warbelow, Alt Quitzenow, WASDOW, Bobbin, Reppelin, Wendfeld / Glave, Dobbin, Zietlitz, Groß Bäbelin, Klein Bäbelin, Linstow, Kuchelmiß, Bansow, Lübsee, Lalendorf, Vietgest, Reinshagen, Gremmelin // Gerdshagen, Miekenhagen, Radegast, Rosenhagen, Groß Nienhagen, Klein Nienhagen