Dienstag, 21. Januar 2014

W390I-II: Fußball-Winter in Marokko; 2:0 bei Minus 2 Grad in Boulemane und Torlose Rutschpartie in Chefchaouen

Football Club Bab Taza (نادي إف سي باب تازة)
............................ 0:0 (0:0) ............................
----- Club Wifaq Amsa (نادي وفاق أمسا) ------
- Datum: Sonntag, 19. Januar 2014 – Anstoß: 14.50
- Wettbewerb: Ligue du Nord, 4ème Division d'honneur; Groupe A [A القسم الشرفي الرابع المجموعة] (Kreisunionsliga Chefchaouen/ Tetouan/ Larache; d.h. 6. Marokkanische Fußballliga, 4. Amateurliga)
- Ergebnis: 0-0 nach 93 Min. (46/47) – Halbzeit: 0-0
- Tore: keine
- Verwarnungen: Nr. 6, 14 (beide Amsa)
- Platzverweise: keine
- Spielort: Stade Municipal de Chefchaouen [الملعب البلدي بالشاون] (Kap. 1.500 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 75 (darunter ca. 35 für Bab Taza und 10 für Amsa)
- Unterhaltungswert: 5,0/10 (Also die gaben ja wirklich ihr Bestes, sodass es nicht langweilig wurde – aber sowas von unfähig vorm Kasten, alle 22 Flaschen…)

Association Union Guigou (جمعية اتحاد كيكو)
.......................... 2:0 (1:0) ............................
-- Club Ittihad Tandite (نادي اتحاد تانديت) --
- Datum: Samstag, 18. Januar 2014 – Anstoß: 14.15
- Wettbewerb: Ligue du Centre Nord, Quatrième Division Groupe A [A القسم الرابع المجموعة - عصبة وسط الشمال] (Kreisunionsklasse Boulemane/ Sefrou; d.h. 7. Marokkanische Fußballliga, 5. und unterste Amateurliga)
- Ergebnis: 2-0 nach 95 Min. (45/50) – Halbzeit: 1-0
- Tore: 1-0 12. (7), 2-0 91. (11)
- Verwarnungen: Nr. 1, 2, 5, 6, NN (alle Tandite)
- Platzverweise: Ersatztorwart auf der Wechselbank von Tandite (85. Min., Schiedsrichterbeleidigung)
- Spielort: Stade Municipal de Boulemane [الملعب البلدي ببولمان] (Kap. 1.500, davon 750 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 50 (darunter ca. 25 aus Guigou und 3 aus Tandite)
- Unterhaltungswert: 5,0/10 (Erwartet niedriges Niveau – war ja auch unterste Liga und schwierige Bedingungen – aber wirklich unterhaltsam)  
Photos with English and Arabic Commentary:
a) Amateur Football, 7th Level at Boulemane Stadium: Ittihad Guigou v Ittihad Tanadite
b) Amateur Football, 6th Level at Chefchaouen Stadium: FC Bab Taza v Wifak Amsa
c) Middle Atlas: Sefrou, Boulemane, Tichoukt Valley (Taferdoust, Skoura)
d) Rif-Mountain Range: Chefchaouen, Oued El Makhazin, Bouhachem Natural Reserve

Wintereinbruch mit Sturmfluten, sintflutartigen Regenfällen in weiten Teilen Marokkos und Schneefall in den Höhenlagen. Klingt nach deutschem Wetter und in Sachen Fußball nach einer Flut von Absagen und Ausfällen – doch natürlich nicht in Marokko! Das Wetter war zwar wirklich so scheiße wie bei uns, doch beide anvisierten Fußballspiele fanden statt!

Kurz vor diesem Winterwochenende und nach 18.000km in 11 Wochen ist Driss, der Vater meiner Gastfamilie, wieder aus Algerien zurückgekehrt, wo er als Kunsthandwerker Aufträge für algerische Häuslebauer und Ämter, die z.B. ihre Türstürze mit Steinmetzarbeiten oder ihre Innenhöfe mit bunten, historischen Fliesenmustern haben wollen, ausgeführt hatte. Außer den üblichen Problemen bei der Ein- und Ausreise mit den verkommenen algerischen Behörden (erst langwierige Visabeschaffung und dann musste er seine Bezahlung in bar außer Landes schaffen, da Geldtransfers verboten sind) konnte er nur Gutes berichten. Da er erstmal Ruhe brauchte, war die Motivation der gesamten Gastfamilie bei den Wochenendtouren mitzumachen sehr gering. Als dann auch noch ein heftiges Regengebiet hereinzog, ging sie gegen Null, da viele Marokkaner bei Regen lieber zuhause bleiben. Bei Schnee rennen alle begeistert raus, aber bei Regen – der auch nicht viel häufiger ist als Schnee – wird nur Verpflichtungen nachgegangen und wenig dem Vergnügen. Allerdings jammern Marokkaner nie über Niederschlag, da er (selbst im Norden) doch sehr viel seltener als bei uns in Deutschland vorkommt…

Also alleine zu einer Partie der siebten und untersten Fußballspielklasse! Bei Adrare.Net findet man unter der Rubrik „Sport“ selbst die Ansetzungen der meisten unteren Spielklassen und da ich noch nie am Südende des Bundeslandes (Region, Djiha) Fès-Boulemane, nämlich dem Landkreis (Province, Iqlim) Boulemane war, entschied ich mich, dort ein Spiel zu gucken.

Bis Sefrou geht es über eine sehr gut ausgebaute Bundesstraße zügig voran, dann wird die N13 eng und schlecht. Durch kahle Hochebenen und kleine Waldstücke geht es recht abwechslungsreich voran. Die Idee über Mischliffen, Timahdite und Guigou nach Boulemane zu fahren musste ich am Tizi-n-Tretten aufgeben: ich hatte es befürchtet, da kurz hinter Sefrou Schneeregen einsetzte, was ordentlichen Schneefall in Ifrane bedeutet. Der Räumdienst war zwar fleißig mit französischen Material unterwegs, aber die Schneeverwehungen am Pass Tizi-n-Tretten bekamen sie nicht weg. Also wieder zurück und im wenig sehenswerten Boulemane, das aber auf 1.700m von umso sehenswerteren Bergformationen umgeben liegt, am Stadion vorbei in eine extrem enge und schlechte Nebenstraße rein. Bis Skoura sind es hin und wieder zurück 54km. Das Tichoukt-Massiv weiß durch tolle Felsformationen und tief eingeschnittene Wadis zu gefallen. Vereinzelt tauchen berberische Bergdörfer auf: Lehmhäuser in braun und Betonbauten in grau, die spektakulär in den Berg – oft knapp oberhalb stattlicher Schluchten – geknallt wurden. Besonders schön ist das auf halben Weg zwischen Boulemane und Skoura auf einem Mäander gelegene Taferdoust. Auch besagtes Skoura (Skoura M’daz, nicht Skoura bei Ouarzazate) liegt toll auf einer Hangkante oberhalb der Flussschlucht.  
In Boulemane zurückgekommen ging es gleich zum Stadion. Ein bisschen mit den Betreuern der Gastgeber gequatscht und dann auf die blau-rot gestrichene und sehr steile Betontribüne. Die Mannschaft aus Boulemane spielte erst Sonntag, doch der Siebtligist aus dem 25km entfernten Alm-Dorf Guigou hat nur einen Kleinfeldplatz auf der Kuhweide – Boulemane hingegen einen Lehmplatz mit ordentlichen Großfeldmaßen, der mittlerweile auch von einer ordentlichen Tribüne flankiert ist. Heute war leider nicht das Wetter für eine Aufnahme vom gegenüberliegenden Berg wie diese

Im Stadtstadion von Boulemane (Buhlmahn oder auch Pullman gesprochen) fanden sich erwartungsgemäß nur 50 Zuschauer ein, die bei 2 Grad unter null unterklassigen Fußball sehen wollten. In Deutschland hätte bei den Temperaturen, dem scharfen Wind und dem Schneeregen wahrscheinlich niemand gekickt – aber die 22 Amateure, die in Ermangelung eines zweiten Trikotsatzes bis auf die Torhüter durchweg kurzärmlig und ohne lange Hosen unter den Shorts spielten, schlugen sich wacker auf dem knochentrockenen und von kleinen Steinen übersäten Lehmplatz. Viele Lehmplätze in Marokko sind ja angenehm sandig, sodass die Verletzungsgefahr geringer als auf Kunstrasen ist – aber der Acker ist einfach mal das Letzte!

Das Almdorf Guigou trat jedenfalls gegen die Elf aus dem Oasendorf Tandite (auch Tanadite, Tanedite oder Tandit geschrieben: neben der Bundesstraße N15 von Midelt nach Oujda zwischen Missour und Guercif gelegen) an, die eine komplizierte 120km lange Anfahrt über Outat El-Haj und abenteuerliche Bergstraße nach Boulemane hinter sich gebracht hatte. Ittihad Tandite ist eigentlich die zweite Mannschaft von Wifaq Tandite, die eine Liga höher erfolgreicher kickt und aufgrund eines Heimspiels den Mannschaftsbus (klappriger 20-Sitzer) zur Verfügung stellte.

Ittihad war vor dem Spiel Vorletzter und Guigou Letzter mit 0 Punkten – doch Veränderungen deuteten sich von Beginn an an. Guigou war offensiver und konnte schnell in Führung gehen, die Mehrzahl der Chancen gehörte ihnen, die Fehlpassquote und die Querschläger waren nicht ganz so schlimm wie bei Tandite. Nach dem Seitenwechsel das gleiche Bild. In der Schlussphase, als das Spiel drohte langweilig zu werden, fing der Gast dann an, den Scheiß-Verlierer rauszuhängen: Pöbeleien zwischen der Dorfjugend und Gästespielern auf dem üblichen Niveau der strohdummen Landjugend, bei denen es immer um das Ficken von nahen Verwandten gehen muss… Der Ersatztorwart der Gäste bekam jedenfalls auf der Ersatzbank hockend die rote Karte gezeigt und nachdem in der Nachspielzeit das 2:0 ins lange Eck gelegt wurde, gab es noch vier gelbe Karten gegen die meckernden und pöbelnden Gäste…

Eigentlich wäre ich nach dem Spiel noch gerne beim Handball in Sefrou aufgekreuzt, aber aufgrund der Afrikameisterschaft – an der auch die marokkanische Nationalmannschaft teilnimmt – wurden alle Pokalspiele des Wochenendes auf das nächste oder übernächste verlegt. Na ja: ich wollte eh lieber mal in Fès oder Tanger wegen der guten Stimmung gucken und man muss dem Verband immerhin lassen, dass er es trotz seines katastrophalen Zustandes (Präsidiumsrücktritt, Korruptionsfälle und dadurch extrem später Saisonstart etc.) geschafft hat, diesen Pokalspieltag zwei Tage im Voraus zu verlegen, sodass ich an der an der Hauptstraße gelegenen Sporthalle von Sefrou locker vorbei fahren konnte und ohne Stress gegen 18 Uhr in Fès war. Bei den Eltern von Khadija zum Essen eingeladen, lernte ich dann auch mal ihren ältesten Bruder Abdallah und dessen Frau kennen.  
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Am Sonntag regnete es immer noch und am Abend hatte sich Besuch aus den USA angekündigt, sodass mich auch nach Larache/ El-Aouamra niemand aus der Familie begleitete, obwohl es für Fayza erst der zweite freie Tag in sieben Wochen war (was selbst in Marokko, obschon üblich in vielen Firmen, nicht wirklich gesetzeskonform ist) und sie deshalb mit mehr Besuchern rechnete. Die 210km lange Strecke benötigte aufgrund der gefährlichen regennassen bzw. teilweise gefluteten Fahrbahn und des Dauerregens etwas mehr Zeit als letztes Mal, obwohl ich die Route schon auswendig kenne, sodass ich keine fünf Minuten nach 9 Uhr eine dieser typischen besorgt-drängelnden SMS einer pünktlichen Marokkanerin (und es sind gar nicht so wenige Marokkaner strikt pünktlich wenn sie sich mit Europäern treffen!) auf dem Handy hatte…

Wir fuhren über Ksar El-Kebir am Stausee Oued El Makhazine, der spektakulär zwischen steil aber nicht senkrecht abfallenden Bergen liegt, vorbei nach Chefchaouen. Die blaue Stadt ist nicht nur ziemlich von Touristen frequentiert, sondern auch bei Marokkanern sehr beliebt, wobei sie dort zum ersten Mal war. Ich nutzte den zweiten Besuch v.a. um neue Ecken der Kleinstadt in spektakulärer Berglage (der Ortsname bedeutet: „Schau dir die Berggipfel an“) zu besuchen: einen Teil der Altstadt mit ihren charakteristischen blau-weißen Häusern, die Oberstadt mit der zur Abwechslung mal braunen Stadtmauer, und die Festung (Kasbah) von innen; dort kann man sich für 10 Dirham ein kleines ethnologisches Museum angucken, in einem sehr gepflegten Garten im inneren der Festungsmauern herumlaufen und auf den Wehrturm steigen, der die ganze Altstadt überblickt.  
Es gibt auch so etwas wie eine Neustadt, die wir von unserem Picknickplatz in der Nähe des Hotels „Atlas“ gut sehen konnten: auch dort sind die meisten Häuser in blau gehalten und auch das Stadion (der Kleinfeldplatz am Rande der Altstadt bei der Quelle Ras El Ma wird nicht für den Spielbetrieb genutzt!) befindet sich dort. Im Malaab al-Balady (Stadtstadion) sind natürlich auch die Tribünen, Mauern und Eckfahnen blau und weiß. Allerdings nicht in so kräftigem blau wie die Altstadthäuser, denn von allen Tribünen blättert die Farbe ab. Alle Tribünen – der überdachte Mittelbereich der Hauptseite, die rechts und links davon abgetrennten unüberdachten Sektoren und die zwei Tribünen der Gegenseite – haben sechs Reihen massive Betonstufen die im Wechsel blau und weiß gestrichen sind. Auf dem teilweise etwas überwucherten und von blauen sowie mehreren stadttorähnlichen Eingängen versehenen Mauern umgebenen Sportgelände befindet sich auch noch ein Bolzplatz (heißt in Marokko „Minifoot“) mit Handballtoren und kleiner Tribüne.

Leider spielte nicht die Heimmannschaft Ittihad Chaoueni in ihrer 5. Liga sondern eine Liga tiefer der FC Bab Taza, ein Dorf im Landkreis Chefchaouen, knapp 25km südlich der Kreishauptstadt. Der Gegner war heute eines der drei Teams aus Amsa, einem Ortsteil von Tetouan und gut 75km bzw. zweieinhalb Stunden über enge Gebirgsstraßen weg. Die Trikotfarben der Gäste gingen ja noch mit gelb und grün, doch bei der Farbwahl der nominellen Heimelf konnte sich selbst Fayza einen Spruch nicht verkneifen: „Also ich bin für Bab Taza, weil das eine Mädchenmannschaft ist: rosa Trikots und hellblaue Stutzen habe ich bisher nur beim Frauenfußball gesehen…“

Das Spiel fing mit 20 Minuten Verspätung an, da der Unparteiische anordnete, die größten Pfützen auf dem matschigen, fast völlig weggetretenen Rasenplatz mit Besen zu verteilen, sodass der Ball nicht so stark gebremst wird. Der Platz war schwer bespielbar, aber eine Verlegung stand nicht zur Debatte. Es gab nur noch ganz geringen Niederschlag und Bab Taza wie auch Amsa hätten auch bei besserem Wetter kein besseres Spiel abgeliefert…

So schlecht war es insgesamt gesehen aber nicht: beide spielten schnell und offensiv, zeigten vollen Einsatz sodass sich fünf Mal jemand packte und durchnässt aus einer der Pfützen aufstand; nur gleichwertig wie sie waren, kamen sie wenig in die Strafraum und die Distanzschüsse aus 20 und mehr Metern gingen alle weit daneben. Die Schüsse von innerhalb des Strafraums wurden abgeblockt oder an den Pfosten oder das Außennetz gesetzt. Amsa erzielte auch schon nach 15 Minuten ein Abseitstor. Am Ende traf aber niemand regulär den Kasten, sodass es 0:0 hieß, was in Marokko leider deutlich häufiger als in Deutschland vorkommt. In den Amateurligen (v.a. auf Kreisebene) fallen jedoch mehr Treffer und in den drei Staffeln der 6. Liga Nord war es das einzige torlose Unentschieden dieses Wochenende, was von Fayza passend kommentiert wurde: „Also wenn hier in den oberen Ligen keine Tore fallen, dann kommt das durch die defensive Spielweise, weil die Angst vor der Niederlage haben. Aber wenn auf der Amateurebene keine Treffer erzielt werden, dann kommt das, weil die so ungeschickt den Ball behandeln wie ich…“

Dass hier zwei hauptsächlich aus Berbern bestehende Dorfmannschaften kickten, merkte man übrigens nicht am Verhalten auf dem Platz – es wurde zwar bei jedem noch so klaren Regelverstoß „wa l-hakam“ (boah, Schiri) gerufen, aber es gab keine derben Beleidigungen – sondern nur auf den Rängen. Dass außer Fayza keine einzige Frau unter den über 70 Zuschauern im Stadion war, ist ungewöhnlich – aber in so einer konservativen Ecke wie dem Rif vielleicht doch eher üblicher als in den arabischen Städten (Fes, Rabat, Meknes etc.) oder auch den berberischen Atlas-Orten (v.a. Khenifra und Beni Mellal wo mehr Frauen als sonst in Marokko ins Stadion gehen). Blöd zu quatschen wagte keiner, aber dass wir - wie es in vergleichbaren Orten überall in Deutschland auch passieren würde - dämlich und deutlich angeglotzt wurden, ist auch nicht typisch für Marokko. Selbst Bab Taza-Spieler auf der Wechselbank drehten sich auffällig nach ihr um und tauschten Kopfbewegungen aus die nicht nur in Marokko „guck dir die mal an“ heißen. Fast alle auf der Tribüne guckten ihr hinterher als sie sich zum Nachmittagsgebet kurz vor der Halbzeit etwas entfernt von den vereinzelten betenden Männern hinter den Parkplatz zum Beten begab. Und einige Alte schräg hinter mir hörte ich nur mit Blick auf mich tuscheln „… huwa ma kiysallish [der betet nicht]...“ – obwohl sie selber nicht mal in der Pause ihr Gebet verrichteten…  
Die Rückfahrt legte ich anders: über El-Hamra durch den Naturpark Bouhachem nach El-Ayisha, wo die Straße nach Larache zurückführt. Schon kurz vor El-Hamra gab es den üblichen Stress mit dem Polizei aus dem Rif, wobei uns wohl nur ein Übereifriger mit frischem Abschluss von der Polizeischule anhielt, der gar nicht auf Bestechung aus war, sondern wirklich nur ganz korrekt die Dokumente kontrollieren wollte:
Polizist: Friede und Gottes Segen sei mit euch. Die Fahrzeugpapiere bitte!
Ich [gebe ihm Fahrzeugschein und Zolldokument]: Auch mit Ihnen sei Gottes Segen!
Polizist [liest ordentlich durch]: Du bist Deutscher, ja? Wer ist die Dame neben dir?
Ich [gucke zu Fayza, deren Gesichtsausdruck mir sagt: „bring jetzt bloß keinen Gag mit Ehefrau“]: Meine Freundin. Wieso?
Polizist: Kein Problem. Aber ich muss deinen Reisepass, internationalen Führerschein und Versicherung sehen.
Ich [gebe nur Pass und Führerschein hin]: Bitte sehr.
Polizist [kurzer Blick in die Dokumente]: OK, nur noch die Versicherung, bitte.
Ich [werde langsam unruhig während Fayza neben mir schon kreidebleich wird, da wir beide selbst zusammen kein Geld für das Benzin für meine Rückfahrt hätten, wenn er uns jetzt einen Strafzettel ausstellen würde]: Moment. Die ist hier. Irgendwo. Weiß nicht… Das hier glaube ich. [Ich reiche ihm die ungültige Grüne Karte, die meine beschissene deutsche Versicherung nicht für Marokko validieren wollte]
Polizist: Ja, genau. Die Grüne Karte meinte ich. [Guckt etwas drauf herum, dreht sie noch mal um und nickt]. Alles klar. Gute Fahrt!
Ich: Auf Wiedersehen! [Fahre an, biege gen Bouhachem ab]. Fayza [nach einer Minute Sprachlosigkeit über mein breites Grinsen]: Kein Gott außer dem Herrn… Was hast du mir denn erzählt? Du hast ja doch eine Versicherung! Und was lachst du denn so?!
Ich: Ich habe eine Versicherung, die ist aber nicht in Marokko gültig, es ist auch erst das zweite Mal in 20.000km in Marokko, dass einer die Versicherung sehen will und ich habe dir auch schon gesagt, dass ich nicht die marokkanische Versicherung für ausländische Fahrzeuge löse, da sie reiner Betrug ist [kostet das Vierfache einer deutschen Teilkasko und nutzt eigentlich nichts, da bei einem Unfall alle Beteiligten der Gegenseite die Schuld auf den Ausländer schieben, was jeder Polizist für ein bisschen Bestechung so eidesstattlich versichern würde].
Fayza [lacht los]: Gott sei Dank, dass er nie Deutsch gelernt hat und deine Dokumente nicht richtig verstehen kann!

Der Schreck an der Straßenkontrolle lohnte sich, denn der Naturpark Bouhachem, den wir mit dem letzten Licht des Tages noch durchfuhren, ist eine der schönsten Ecken Marokkos. Der Westrand des Rifgebirges ist fast gänzlich unbesiedelt zwischen der Stadt Chefchaouen und dem Umland von Larache. Hier winden sich enge Asphaltstraßen und Schotterwege durch ruhige Bergtäler, über kleine Gebirgsbäche und bewaldete Höhenzüge. Hier sind auch nicht nur Nadelbäume vorzufinden, sondern auch etliche Laubbäume wie Buchen und Birken, die dem ganzen Gebirge einen europäischen Anschein – irgendwas zwischen Böhmen und Balkan – geben.

Ich brachte Fayza noch zur Firmenwohnung und fuhr dann nach Fès zurück, wo ich Mitternacht ankam. Wahrscheinlich gehen an einigen Sonntagen im Februar noch mal Groundhoppingtouren zum Fußball und auch endlich mal Handball im Nordwesten Marokkos mit ihr: wenn die Firma frei gibt, ist sie nämlich auch sehr gerne auf Sportstätten unterwegs. Und auch wenn Sportbegeisterung unter Frauen in Marokko mindestens genauso oft wie in Deutschland zu finden ist und Fayza sogar mehr Ahnung vom Sport hat als die meisten deutschen Frauen die ich kenne, ist es für sie ungleich schwieriger, mal einfach zum Fußballgucken irgendwo ins Stadion zu gehen: es ist zwar keineswegs verboten, aber selbst sie geht nicht ohne einen ihrer Brüder (die wohnen jetzt aber alle zu weit weg) oder eben mich zu einem Männerspiel, da sie nicht nur (v.a. in Stadien in kleineren Orten) ziemlich schief angesehen werden würde, sondern sogar blöd angelabert...  
Statistik:
- Grounds: 1.061 (Samstag 1 neuer, Sonntag 1; diese Saison: 90 neue)
- Sportveranstaltungen: 1.971 (Samstag 1, Sonntag 1; diese Saison: 115)
- Tageskilometer: 1.080 (Samstag 350km Auto, Sonntag 730km Auto)
- Saisonkilometer: 33.080 (32.030 Auto/ 1.000 Fahrrad/ 40 Schiff, Fähre/ 10 öffentliche Verkehrsmittel/ 0 Flugzeug)
- Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: keines [letzte Serie: 4, Rekordserie: 178]
- Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 390

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