Freitag, 3. Juni 2011

W253I: Kreisliga-Krawall zum Männertag

SG Gnandstein 49 0:3 TuS Pegau 1903
Datum: Donnerstag, 2. Juni 2011 – Anstoß: 11.00
Wettbewerb: Kreisliga A Muldental/ Leipziger Land - West (9. Liga, 4. Amateurliga)
Ergebnis: 0:3 nach 87 Min. (47/42) – Halbzeit: 0:2
Tore: 0-1 24. (14), 0-2 38. (11), 0-3 50. (7)
Verwarnungen: 1x Gnandstein (11)
Platzverweise: keine
Spielort: Sportstätte Gnandstein (Kap. 1.000, davon 100 Sitzplätze)
Zuschauer: ca. 300 (davon ca. 50 Gästefans)
Unterhaltungswert: 7,5/10 (Auf dem Feld war nicht viel los – auf den Rängen dafür umso mehr)
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Photos and English version:
a) Gnandstein Gothic Church and Castle: GNANDSTEIN KIRCHE & BURG
b) Gnandstein Amateur Football at Father’s Day: SG GNANDSTEIN 0-3 TUS PEGAU (MÄNNERTAGSFUßBALL)

Die obligatorische Radtour zum Männertag unternahmen mein Vater und ich diesmal in der Gegend Muldental/ Leipziger Land. Hin ging es um 5.30 mit der Bahn noch ziemlich problemlos: über Weißenfels nach Zeit per Hopperticket – pünktlich und kaum Fahrgäste. Auch die Straßen waren noch ziemlich leer, als wir über Spora (wo wir letztes Jahr bei einem Spiel zum Vatertag waren), Meuselwitz, Wintersdorf, Windischleuba und Bocka nach Gnandstein fuhren.

Das 440 Einwohner zählende Dorf Gnandstein ist der sehenswerteste Ortsteil von Kohren-Sahlis, wobei nicht nur die landschaftliche Lage in einem bergigen Tal interessant ist, sondern auch zwei architektonische Sehenswürdigkeiten höherer Qualität zu finden sind. Zum einen ist da die Kirche St. Gangolf zu nennen, die schon von außen aufgrund farbiger Bänderverzierungen auf dem weißen Putz etwas daher macht und von innen ein sehr sehenswertes Beispiel für gotischen Kirchenbaustil ist. Man kann lobenswerterweise in der ganzen Kirche herumlaufen – auch Emporen und Kanzel besteigen – nur die Fürstenloge darf nicht betreten werden. Die kunstvollen Holzbemalungen, Taufbecken und Altar sind auch absolut sehenswert. Zum anderen gibt es die Burg Gnandstein mit Museum, das am Vatertag hirnloserweise geschlossen hatte. Ich wollte eigentlich v.a. auf den Turm wegen Ausblick auf die Umgebung und insbesondere den Fußballplatz, aber so konnten wir nur von der Terrasse gucken. Wieso ist die Kirche eigentlich geöffnet und die Burg geschlossen? Das Arschloch von Museumsleiter kann doch auch nachmittags noch auf Sauftour gehen!
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Wenigstens fand das Fußballspiel am Fuße der Burg statt. Auch die Website der 1949 gegründeten Sportgemeinschaft Gnandstein titelt: „Fußballtradition am Fuße der Burg“ – und das einzige sehenswerte an diesem Platz ist in der Tat die Lage am Fuße der eindrucksvollen Burganlage. Die kleine Tribüne auf dem niedrigen Graswall, auf dem die Durchgangsstraße verläuft, die den Platz von der Vorburg trennt, ist allerdings auch ganz nett. Als wir uns zum Rosterstand bewegten, wo der Grillmeister schon fleißig gute thüringer Roster zubereitete, begaben sich auch schon die ersten Fangruppen auf diese Tribüne. Da es weit und breit das einzige Spiel am Männertag war – die anderen verbliebenen Nachholspiele wurden alle am Abend des 1.6. ausgetragen – fanden sich knapp 300, größtenteils angetrunkene bis hackedichte (und das schon um 11 Uhr!) Zuschauer ein.

Mittlerweile finden ja kaum noch Spiele am Männertag statt, aber solche Spiele wie das könnte ich mir mindestens einmal im Monat angucken. Jede Woche muss dann auch nicht sein – es sei denn, die spielerische Qualität ist besser als hier – aber so ein Kreisligaspiel vor 300 Zuschauern, von denen sich knapp 50 ziemlich daneben benehmen, macht schon echt Spaß für den Neutralen... Das Gnandstein als 7. von 16 mit einer klassischen Mittelfeldbilanz von 27 Spielen, 39 Punkten und 61:46 Toren gegen den Tabellenführer und mit 4 Punkten Vorsprung und 1 Spiel weniger sicherlich Aufsteiger Pegau, kein gutes Spiel ablieferten geriet schnell zur Nebensache. BSV Frohburg hätte nämlich von einer Niederlage der Pegauer noch profitieren können, weswegen sich auch locker 30 Frohburger auf den Weg nach Gnandstein machten. Zum einen um die Gnandsteiner Fans beim Anfeuern a la „Hier regiert die SGG“ zu unterstützen, zum anderen (und das vornehmlich) um Pegau einfach nur herunterzumachen. Die Pegauer waren ihrerseits schon mit blau-gelben Fahnen wedelnd und „Wir sind alle Pegauer Jungs“ grölend aus dem Bus gestiegen und drapierten die Flaggen ganz ansehnlich neben der Wechselbank – doch die Heimfans und Frohburger toppten sie akustisch klar. Auch dutzende Böller und vereinzelte Rauch- und Leuchtkörper kamen zum Einsatz. Das Schiedsrichtergespann um Tietze, Schulz und Frietzsche agierte sicher, gelassen und mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl.
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Für das Geschehen auf dem Feld brauchten sie kein übermäßiges Geschick – die Zahl der Pegauer Fouls ging gegen Null und die Gnandsteiner Fouls waren nicht sonderlich bösartig; da auch jedes brutale Foul in der Situation eines solchen Männertagspiels schnell zu einer zünftigen Massenschlägerei ausartet schienen sie sich ein bisschen zurückzuhalten – aber aufgrund des Verhaltens insbesondere der Frohburger Fans muss man die drei Offiziellen absolut lobend hervorheben. Das Spiel hätte man auch nach 57 Minuten abbrechen können – und es wäre berechtigt und angemessen gewesen! – oder auch nach 75 bzw. 80 Minuten dem Treiben ein Ende setzen können. Denn besonders nach dem dritten Tor wurde die Devise „Sieg oder Spielabbruch“ laut. Das dritte Tor war auch die schönste Szene auf dem Feld: ein Sturmlauf über außen, der Pegauer schafft es trotz Verteidiger am Körper in den Strafraum und hämmert den Ball aus spitzem Winkel unter die Latte. Der Treffer war natürlich die endgültige Entscheidung, nachdem bereits in der ersten Hälfte ein Schuss ins lange Eck und ein hoher und harter Schuss für zwei Treffer der Gäste sorgten.

Jedenfalls fielen jetzt besonders die Frohburger Faschisten negativ auf. Die Gestalten hatten schon vor Beginn des Spiels angefangen – und es mit dem Anstoß intensiviert – neben völlig angemessenen Provokationen wie „Hört ihr das Gestöhne, hört ihr das Gestöhne? Pegauer Hurensöhne!“ und Böllerwürfen auf die Straße oder Rauchpulver vor der Tribüne auch einfach asoziale und faschistische Sprüche zu bringen wie das berüchtigte U-Bahn-Lied und „Pegauer haben einen Judenstern zu tragen“ - Gegröle. Widerspruch gab es keinen von Gnandsteiner Fans und die Pegauer ließen sich nicht provozieren und feuerten weiter die Mannschaft an. Gnandsteiner Ordner griffen erst ein, als der Schiedsrichter nach 57 Minuten einmal das Spiel für drei Minuten anhielt, da zum dritten oder vierten Mal Feuerwerk aufs Feld geworfen wurde und ein Böller knapp neben einem Gästespieler hoch ging. Nach und nach flogen auch ein Leuchtkörper und mehrere Flaschen auf den Platz. Gnandsteiner bildeten schon eine Kette zum Spielfeld, wobei zwei Besoffene nach 75 Minuten einfach von ein paar Metern weiter links angerannt kamen und quer übers Feld liefen. Respekt, wie die Schiedsrichter das Spiel leiteten: keine erkennbaren Fehlentscheidungen und wie gesagt auch das notwendige Fingerspitzengefühl gegenüber dem Publikum.

Da ich mal davon ausgehe, dass die Gnandsteiner nur aus Angst vor den Frohburgern keine Anstalten machten, die asozialen Aktionen zu unterbinden, und nicht weil sie es besonders toll fanden, würde ich den Gnandsteinern mal empfehlen nächsten Samstag nach Frohburg zu fahren und dort eine solche Show abzuziehen. Mal sehen, ob man es beim BSV dann noch so lustig findet, wenn grölende Knalltüten alle fünf Minuten „Frohburger haben einen Judenstern zu tragen“ skandieren und im Minutentakt Feuerwerk aufs Feld schmeißen...
Es ist zwar nur einmal im Jahr Männertag weswegen ich das exzessive Abbrennen von Pyrotechnik bei solchen Spielen auch befürworte – aber nicht auf dem Feld! Gut, wenn bei einem anderen normalen Spiel Pyrotechnik vernünftig abgebrannt wird, ist das auch O.K. und wenn gepöbelt wird sowieso – aber auf welchem Niveau das immer wieder in Gnandstein ablief („Pegauer Juden“ usw.) hat einfach nirgendwo was zu suchen: so pöbeln nur Asoziale und Kriminelle!
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Wir schafften doch noch den 15.13-Zug von Zeitz nach Weißenfels, wo wir dann 45 Minuten auf den enorm verspäteten Dreckszug nach Merseburg hätten warten müssen. Wir kamen nach nur etwas mehr als einer Stunde Fahrtzeit gegen den Wind und an Horden von Unterbelichteten, die zum Männertag meinen, sie müssten unbedingt zeigen, dass sie nicht Fahrradfahren können, auch ohne die verhurte Drecksbahn heeme an. So standen jedenfalls mal wieder 110 Fahrradkilometer zu buche!

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Statistik:
Grounds: 573 (heute ein neuer Ground; diese Saison: 123 neue)
Sportveranstaltungen: 1.287 (heute eine, diese Saison: 174)
Tageskilometer: 190 (110 Fahrrad, 80 Bahn)
Saisonkilometer: 41.390 (20.430 Auto/ 10.200 Flugzeug/ 5.570 Bahn, Bus, Tram/ 4.380 Fahrrad/ 810 Schiff, Fähre)
Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 27
Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 253

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