Sonntag, 27. Februar 2011

W239II: Packendes Thüringen-Derby in der Mitteldeutschen Oberliga

HSV Ronneburg 27:28 HSV Bad Blankenburg
Datum: Freitag, 25. Januar 2011 - Anwurf 19.00
Liga: Mitteldeutsche Oberliga (4. Liga, 1. Amateurliga)
Ergebnis: 27:28 nach 60 Min. – Halbzeit: 12:16
Tore: Meyer 5, Rose 5, Zverina 5, Zänsler 4, Gottschalk 3, Masat 2, Förster 1, Glause 1, Nowak 1 (Ronneburg); Ardan 7, Weyhrauch 7, Havel 5 Sindermann 4, Puikis 3, Menge 2 (Blankenburg)
Siebenmeter: Ronneburg keinen, Blankenburg 1 von 1
Verwarnungen: 3x Ronneburg; 3x Blankenburg (?)
Zeitstrafen in Minuten: Ronneburg = 8 Minuten; Blankenburg = 14 Minuten
Platzverweise: Oertel (Ronneburg, 45., angeblich mutwilliger Wurf des Balles gegen Kopf des Torwarts), Ardan (Blankenburg, 60., grobe Unsportlichkeit), Havel (Blankenburg, 60., Tätlichkeit)
Spielort: Sporthalle Ronneburg (Kap. 800, davon 500 Sitzplätze)
Zuschauer: ca. 450 (davon ca. 50 Gästefans)
Unterhaltungswert: 9,0/10 (Sehr gutes und sehr spannendes Spiel mit echten Emotionen!)
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Photos and English version:
a)
Derby of Thuringia in Germany’s Amateur Handball Top Flight: HSV Ronneburg vs. HSV Bad Blankenburg
b)
Pictures from Ronneburg Town, taken in Summer 2009

Obwohl die Lokführer bis zum Mittag mit leider völlig unbestrafter Arbeitsverweigerung ihre Kunden terrorisierten, wagten wir uns am Nachmittag zum Handball nach Ronneburg. Verspätungen gab es natürlich immer noch, da – bis auf die vom GDL-Topterroristen als „verirrte Schäfchen“ verunglimpften und in Wirklichkeit einzigen anständigen Mitglieder dieses Berufsstands der selbsternannten Piloten – fast alle sich an diesen asozialen Akten gegen anständig arbeitende Menschen, deren Weg zur Arbeit sabotiert wurde, beteiligten. Von sechs Zügen hielten nur zwei die Zeit ein, wobei einer unserer Züge auf dem Hinweg von Merseburg über Weimar und Gera nach Ronneburg 70 Minuten Verspätung hatte und wir dadurch nicht einmal rechtzeitig zum Anwurf an der Halle waren.

Da wir im Gegensatz zu den Lokführern bis zur Mittagszeit arbeiten müssen und nicht einfach unter fadenscheinigen Gründen die Arbeit niederlegen, konnten wir auch nicht früher losfahren als kurz nach 15 Uhr. Das hätte normalerweise gereicht, aber statt 50 Minuten vor dem Anwurf waren wir erst 20 Minuten danach an der Halle in der schönen, kleinen Stadt Ronneburg, die mit einem Schloss und einem ansehnlichen Markplatz – alles in netter, gebirgiger Lage – aufwarten kann. Auch die Sporthalle in der Zeitzer Straße, wo sich auch der Fußballplatz befindet, ist ein wirklich schöner Bau. Von außen macht er nicht so viel daher, aber Innen muss man nur die Balken vor der ersten Reihe der Obertribüne kritisieren, während die Holzbänke der Obertribüne, die direkt darunter liegende Vortribüne und die Wände aus wellenförmig angeordneten Klinkersteinen echt sehenswert sind. Auch schön ist es, dass man hinter dem einen Tor auch noch Stehplätze hat. Vor allem wenn es so voll ist wie heute und man dann auch noch erst zur 20. Minute reinkommt, dann lohnt es sich gleich die Stehplätze schräg hinterm Tor aufzusuchen.

Wie gesagt: es war voll. Zwar bei weitem nicht ausverkauft, aber sicher doch mindestens 450 Zuschauer verfolgten das Spiel. Nur die Obertribüne war halt ziemlich leer – kein Wunder bei der schlechten Sicht; fast alle Zuschauer auf der Obertribüne standen an der Reling – aber dafür waren die Fans nah am Spielfeld. Nah am Spielfeld will allerdings auch sein, bei den Preisen: 5€ und dann nur für U-18 und Mitglieder Ermäßigungen – das ist wirklich schon so asozial wie die Preise der Deutschen Drecks Bahn. Selbst der heutige Gast aus Bad Blankenburg gibt in seiner Halle für Studenten, Azubis und Co. großzügige Ermäßigungen von 40%!
Dafür war die Stimmung aber auch richtig gut: durch das ziemlich banale Getrommel der jungen Heimfans und monotone Geklatsche der Anderen kamen auch Sprechchöre und Zurufe immer wieder durch. Auch ordentliche Pfeifkonzerte bekamen die Ronneburger auf die Reihe – wenn die Blankenburger halt zu lange passiv spielten oder foulten. Aber auch den Gästefans muss man ein Lob aussprechen: eine ganze Busladung von Leuten, die richtig gut mitgingen!
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Dieses Thüringenderby war ein Spiel des 6. und 3. der Mitteldeutschen Oberliga. Da Ronneburg mit einem osteuropäischen Profi und Bad Blankenburg mit fünfen oder so antritt, waren die Gäste von vorneherein favorisiert. Im Spiel gegen Staßfurt (siehe Bericht vom 16.1.) hatte mich der Halb-Söldner-Halb-Amateur-Trupp gar nicht so richtig überzeugt, doch heute zeigten sie bis zur 50. ein richtig gutes Spiel. Dass die Vorsprünge von teilweise bis zu sechs Toren immer wieder auf eines zusammenschmolzen, hat dabei weniger mit Blankenburger Fehlern zu tun, sondern vielmehr mit der Qualität der Heimmannschaft. In den letzten 10 Minuten der ersten Halbzeit hatten sie zwar enorme Probleme mal durch die gute Gästeabwehr zu kommen, doch in der zweiten Hälfte waren es immer wieder schöne und erfolgreiche Torwürfe der Heimmannschaft, die das Spiel offen hielten. Da war nicht zuletzt der Blankenburger Torwart ein Garant für das Verhindern von Torchancen. Auch sein Ersatzmann war nicht schlecht: der musste vor allem nach einem kleinen Ausraster des ersten Torhüters, der einen Ronneburger anpöbelte, der ihm angeblich mit Absicht den Ball vor den Nischel gehämmert hat, mal auf die Platte. Der Ronneburger wurde vom Feld gestellt und der Blankenburger bekam nur zwei Minuten.

Die Schiedsrichter leiteten die Partie weitestgehend gut und sicher, nur bei einigen ungeahndeten Blankenburger Fouls (z.B. klare zwei Minuten nicht gegeben, obwohl der Verteidiger den Ronneburger Spieler an den Hals packte und zu Boden zerrte) platzte mir bald der Kragen. Der Kragen ist dann einigen Spielern nur drei Sekunden vor dem Ende wirklich geplatzt: in dieser Szene zeigte sich auch das wahre Niveau der Blankenburger wieder einmal. Diese vertendeln 5 Sekunden vor Abpfiff beim Stand von 27:28 für sie einen Ball, Ronneburg leitet einen Tempogegenstoß ein, der im Mittelfeld platzverweiswürdig gestoppt wird, was zu einem ordentlichen Handgemenge führte. Wieso dann nur zwei Blankenburger vom Feld geschickt wurden und nicht noch der eine Ronneburger, weiß ich auch nicht.

Nachdem alle Spieler und Betreuer eine lautstark schimpfende Traube gebildet hatten, kehrte aber auch schnell wieder Ruhe ein und die Schiedsrichter ließen noch einen direkten Angriff der Ronneburger anpfeifen, der allerdings zu lange ausgeführt wurde. Der Treffer zählte korrekterweise („leider!“ muss man da auch als Neutraler sagen) nicht. Das 27:28 hielt Bad Blankenburg also mit einem Foul fest, was ihre sonstige spielerische Leistung dann ziemlich überschattete. Dass sie nicht beschämt von der Platte schlichen nach so einem packenden Spiel ist klar, aber den Anstand des verärgerten Heimpublikums sollten auch die nach dem Sieg albern herumhopsenden Gästespieler und -fans nicht überstrapazieren: man kann es auch übertreiben mit dem „Auswärtsieg“-Geplärre, zumal wenn nicht nur direkt vorm Gästeblock ausgeführt. Die ausgelassene Feierei hätte noch mehr wütende Reaktionen als Pfiffe, „Freut euch, ihr Arschlöcher“-Rufe und freundlich zum Gruße erhobene Mittelfinger hervorrufen können...

Was meine Bewertung des Spiels angeht: dieses Handballspiel hätte aufgrund des dramatischen Spielverlaufs und der enorm hohen Qualität fast 10 Punkte gekriegt, aber dafür waren doch zu wenige spektakuläre Tore zu sehen und für 10 von 10 hätte zudem noch der letzte Angriff der Ronneburger sitzen müssen...

Wir quetschten uns schnell durch das viel zu enge Foyer nach draußen und rasten mit den Rädern die vier Kilometer bergab zum Bahnhof hinunter. Fünf Minuten vor der planmäßigen Abfahrt waren wir da, warten mussten wir auf den verrotteten Regionalzug fast 15. In Gera dann über 30 und in Weimar über 50 Minuten Umsteigezeit. Toll. Wer bei Weimar denkt: „Na, da kann man doch noch mal Schnell-Sightseeing machen“, der hat sich geschnitten: der Bahnhof ist sowieso der letzte Provinzhaltepunkt, wo unfreundliche Gestalten in Uniformen schon um 22 Uhr das Gebäude verschließen, da auch keinerlei Servicepersonal oder Ladenbesitzer mehr da sind – und in der Stadt ist man wirklich schockiert, wie die Kulturstadt sich präsentiert. Am Tag weiß ich, wie sehenswert und schön dieser Ort ist, aber wenn man Freitag gegen 23 Uhr die leeren Straßen entlang fährt, nur das Rülpsen und Bierflaschenzerschlagen von ein paar wenigen primitiven Jugendlichen, die teilweise auch noch Neonazi-Outfit tragen, hört und nicht eine Sehenswürdigkeit angestrahlt sieht, fragt man sich doch: „Bin ich hier in einer Kulturstadt oder dem letzten Drecksdorf?“ Für Weimar nach Einbruch der Dunkelheit trifft das Attribut „Drecksdorf“ wirklich zu.
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Die Fahrt zeigte uns mal wieder zwei Sachen: 1. in Thüringen spielen die einfach den besten Handball (z.B. noch besser als in Sachsen und klar besser als in Sachsen-Anhalt) und 2. wenn wir Mitte des Jahres wieder ein eigenes Auto haben, bestreiken WIR die Bahn; und zwar indem wir für private Fahrten nie wieder dieses verkommene Schweineunternehmen nutzen.

Statistik:
Grounds: 530 (heute ein neuer Ground; diese Saison: 80 neue)
Sportveranstaltungen: 1.231 (heute 1, diese Saison: 118)
Tageskilometer: 350 (330 Bahn, 20 Fahrrad)
Saisonkilometer: 19.840 (12.070 Auto/ 4.250 Bahn, Bus, Tram/ 2.720 Fahrrad/ 800 Schiff, Fähre/ 0 Flugzeug)
Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 89
Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 239

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