Donnerstag, 28. April 2011

W248I: Ob Österreich oder Balkan; schöne alte Stadien gibt es in beiden Gegenden

Wiener Sportklub 0:5 SC/ ESV Parndorf 1919
Datum: Montag, 25. April 2011 – Anstoß: 16.00
Wettbewerb: Regionalliga Ost (3. österreichische Fußballliga, 1. Halbprofiliga)
Ergebnis: 0:5 nach 90 Min. (45/45) – Halbzeit: 0:3
Tore: 0-1 9. Slaven Lalić, 0-2 10. Michael Pittnauer, 0-3 21. Thomas Jusits, 0-4 52. Filip Juroszek, 0-5 78. Thomas Jusits
Verwarnungen: Christoph Jedlicka, Sertan Güneş, Jürgen Csandl (alle Sportklub)
Platzverweise: keine
Spielort: Wiener Sportclub-Platz (Kap. 7.000, davon 4.000 Sitzplätze; außerdem 1.000 gesperrte Stehplätze)
Zuschauer: ca. 2.500 (davon 1.770 zahlende und ca. 30 Gästefans)
Unterhaltungswert: 4,0/10 (Sportklub spielte wie besoffen, Parndorf tat das Nötigste für einen deutlichen Sieg)
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Photos and English version:

Von Graz fuhren wir nach dem Frühstück im Hotel zügig nach Wien weiter. Die österreichische Hauptstadt hätte ich für überschätzt gehalten, doch die Befürchtungen wurden nicht bestätigt: selbst die modernen Gebäude, die einen Stilbruch in der Altstadt verursachen, sind von so hoher Qualität, dass man sich gar nicht daran stört, dass sie nicht so hineinpassen zwischen die spektakulären Barock- und Jugendstilfassaden, die man zu hunderten findet. Wien muss zwar nach Prag und Istanbul eingeordnet werden, aber klar vor einigen anderen nahe bei Wien gelegenen Hauptstädten wie Zagreb, Ljubljana, Budapest, Bratislava oder Berlin.

Nach der mehrstündigen Altstadtbesichtigung musste zum Abschluss der Reise natürlich noch ein Fußballspiel besucht werden. Zwei der ganz wenigen Vereine ohne Sponsorennamen-Zusätze sind der Wiener Sportklub und der SC/ ESV Parndorf. Der Sportklub ist im Wiener Stadtteil Dornbach beheimatet und Parndorf ist ein Kaff im Burgenland am Neusiedler See. Was die Sponsorennamenvereine, „Arenen“ und andere Kommerzialisierungserscheinungen angeht, hab ich mich bei einem ersten Spielbericht aus Österreich in Altach schon genug ausgelassen; in der Regionalliga ist es ja nicht so schlimm wie in der Bundesliga und der 1. Liga. Jedoch findet man diese Erscheinungen auch auf Kreisebene und auch z.B. in der Oberliga A, wo die U-23 des Wiener SK mit seinem teilweise alternativen und multikulturellen Anhang – erinnert nicht nur wegen des Schlüsselklimperns bei Standards an Babelsberg 03 – gegen Teams mit so derart schwachsinnigen Namen wie „SC Wiener Victoria Sun Company“ oder „FV Austria XII Auhofcenter“ spielt. Beim burgenländischen „SV Sankt Margarethen Waha fix&fertig“ weiß man nicht mehr, ob man lachen oder weinen soll: wenn man seiner Firma schon einen derart hirnverbrannten Namen gibt, muss man doch nicht noch einen Sportverein – wäre es nur Fußball: im Handball, Volleyball, ja sogar Radball tummelt sich noch mehr von der Sorte – namentlich verunstalten.

Aber beim Wiener SK ist das mit der Umbenennung wohl kein Thema. Auch das Stadion heißt nicht „Cashpoint-Arena“, es gibt keine von „bet365“ bedruckten Eckfahnen (gibt’s wohl nirgendwo, kommt aber garantiert) und auch die Spieler werden nicht einzeln von Sponsoren präsentiert (u.a. beim THSV Eisenach/ Handball erlebt). Auch das Stadion ist weit vom Kommerztempel entfernt: auch wenn die Stehplätze der Längsseite gesperrt sind; eine Bruchbude ist es nicht, sondern ein Stadion mit Charakter und englischem Aussehen. Unter Wellblechdächern sind Holzbänke und Sitze angebracht. Auf der Seite des Friedhofs an der Alszeile – die Als fließt kanalisiert unter dem Stadion durch – befindet sich die Stehplatztribüne, die originellerweise „Friedhofstribüne“ heißt – und nicht etwas „BP-Gas-Austria FAMILYtribüne“.
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Stimmung war allerdings auch hier nicht – so zahlreich sind österreichische Vereine mit richtiger Fanszene leider nicht. Die teils englisch gesungenen und ans England der 1980er erinnernde Lieder wurden von 30, 40 Leuten getragen. Auch Parnsdorf tat nichts zu Stimmung dazu.

Vor dem Spiel war der Wiener SK 5. und Parndorf 3. Beide hatten noch Chancen, vor Austria II, Horn und Mattersburg II auf dem ersten Tabellenplatz – und einzigen Aufstiegsplatz – oder dem Relegationsplatz zu landen. Nach diesem Spiel ist nur noch Parndorf mit Chancen.

Der Wiener SK stammt übrigens vom Wiener Sport Club (mit C!) ab, der in den 1990ern Konkurs anmeldete und deshalb die Fußballabteilung ausgliederte, die v.a. in den 1950ern erfolgreich war. Gerne wird vom 7:0 Sieg im Europapokal der Landesmeister gegen Juventus Turin geschwärmt. Die letzte Meisterschaft datiert auf 1959. Heute sah es eher nach 0:7 Niederlage aus...

Von Anfang an war Parndorf die bessere Mannschaft. So gingen die Gäste auch mit einem Doppelschlag nach 9 bzw. 10 Minuten mit 0:2 in Führung. Ein richtig schöner Schuss unter die Latte entschied die Partie schon nach 21 Minuten.
Die Gäste machten nur so viel wie nötig, um gegen den völlig unfähigen Sportklub einen deutlichen Sieg einzufahren. In der zweiten Hälfte setzten sie noch zweie drauf, u.a. ein schöner Kopfball in den Winkel nach einem Eckstoß. Die wenigen Chancen, die sich die langsame, hüftsteife, ball- wie schusstechnisch völlig unterbelichtete Sportklub-Rumpeltruppe erspielte, wurde allerkläglichst vergeben: einen Ball aus zwei Metern nach einfacher Hereingabe so nach rechts aufs halbleere Tor zu bringen, wie der Hornochse vom WSK, dass der Torwart von Parndorf locker pariert, da der Ball trotz halbleerem Tor direkt auf ihn zu geschossen wird, ist wirklich das Letzte.
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Trotzdem war der Spielbesuch ein schöner Abschluss einer sehr gelungenen Reise, die durch interessante Sehenswürdigkeiten, schöne Landschaften, bestes Wetter, tolle Stadien und zumeist gute Spiele in Erinnerung bleiben wird.
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Statistik:
Grounds: 555 (heute ein neuer Ground; diese Saison: 105 neue)
Sportveranstaltungen: 1.262 (heute eine, diese Saison: 149)
Tageskilometer: 960 (960 Auto)
Saisonkilometer: 39.660 (20.430 Auto/ 10.200 Flugzeug/ 4.820 Bahn, Bus, Tram/ 3.400 Fahrrad/ 810 Schiff, Fähre)
Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 4
Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 248

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