Dienstag, 6. Oktober 2009

WE166I: Ein tschechisches Neuschwanstein und Eishockey in der Planstadt Most

HC Baník Most 5:0 SHC „Maso Brejcha“ Klatovy
Samstag, 03. Oktober 2009 - Anbully 17.30
2. Liga Hokej (3. tschechische Eishockeyliga; Halbprofiliga)
Ergebnis: 5:0 nach 60 Min. – Drittelstände: 1:0, 2:0, 2:0
Tore: 1-0 12. Vrtek, 2-0 21. Přeučil, 3-0 36. Salač, 4-0 43. Novák, 5-0 50. Havlůj
Strafminuten: 6-30 (darunter 10 Min. für Maxa und 10 + Spieldauer für Pavlis; beide Klatovy) Spielort: Zimní Stadion Most (Kap. 2.646 Sitzplätze)
Zuschauer: 200 (davon 5 Gästefans)
Unterhaltungswert: 7,0/10 (Gut)
Sightseeing: 7,5/10 (Gut bis Sehr Gut)

Am nächsten Tag – bis die im U Hada endlich mal das Frühstück auf dem Tisch stehen hatten, dauerte aber ewig: aber Hauptsache angeben, dass man schon ab 6:30 Uhr frühstücken könne – wurde erst der Thomas in Oberwiesenthal abgeholt und dann zügig gen Burg Karlštejn, teilweise als tschechisches Neuschwanstein bezeichnet, gesteuert. Dabei machte ich mich bei allen Insassen mit Aktionen, wie mit 90 km/h über einen Bahnübergang zu fahren – war ja zugelassen -, sodass alle Mitfahrer durchgeschaukelt wurden oder die unebenen und welligen Straßen so schnell entlang zu fahren, dass immer wieder ein Fluggefühl vermittelt wurde, beliebt.

Natürlich kamen wir dann sicher am Parkplatz der Burg Karlštejn an. Erst noch im Restaurant am Parkplatz essen: gutes böhmisches Essen, aber ziemlich wenig, doch Preis-Leistung stimmte. Wir nahmen dann einen der Shuttle-Busse. Das war allerdings der Lauffaulheit eines Gruppenmitgliedes geschuldet, normalerweise hätte ich dem Busfahrer, also dem aufdringlichen Zuhältertyp, klar gemacht, dass er sich verpissen solle, und wäre die 2km steil den Wanderweg hoch gelaufen. Kann ich auch jedem empfehlen, der noch ohne Rollstuhl oder Gehhilfe klar kommt. Lohnt sich absolut nicht, die (in eine Richtung) zu entrichtenden 100 Kronen (3,50€) zu zahlen.
Auch der Eintritt in die Burg ist völlig überhöht. Neuschwanstein, was allerdings ein völlig unechtes, kitschiges und schon lächerlich Pappmaschee- oder Disney-Filmkulissen-artig wirkendes Kunstgebilde ist, kostet weniger Eintritt als diese hochmittelalterliche Burganlage, die historistisch völlig überformt wurde. Wer sich mit Burgen etwas auskennt, bemerkt sofort einige Verfälschungen, aber die Anlage liegt so spektakulär und die Qualität des Historismus ist so hoch – was bei dieser Bauepoche wirklich selten ist, dass man von Qualität reden kann – dass sich ein Besuch der Burg lohnt. Wer nur Fotos machen will und keinen Bock auf eine geführte Tour durch ein Museum mit guten Exponaten des böhmischen Mittelalters hat, wo er ohnehin nichts fotografieren darf, der sollte ebenfalls hoch steigen aber sich nur auf den unentgeltlich zu besuchenden Teil: den Vorhof, sowie den Brunnenturm, verlegen. Das Museum lohnt wirklich nicht für 8,50€ zu besuchen, da das Highlight; die Burgkapelle, aus Sicherheitsgründen nur mit aufwändigen und seltenen Spezialführungen, die noch einmal 8€ extra kosten, zu besuchen ist.
Wir nahmen übrigens an der englischsprachigen Führung – an der Reiseleitung gab es nichts auszusetzen – teil, da uns das saumäßige Deutsch auf der Burg-Website [LINK http://www.hradkarlstejn.cz/] abschreckte.

Wir fuhren wieder den Weg durch Křivoklát zurück, wo mein Vater lässig die Straße zuparkte, damit ich noch ein paar Fotos der Burg machen konnte, die ebenfalls eine äußerst sehenswerte Anlage in schöner Lage ist. Diese Burg ist auch authentischer, als die Touristenfalle Karlštejn. Auch ist der Ort ordentlich und halbwegs gepflegt und nicht mit Ramschläden gesäumt – in Karlštejn gibt es ja von erzgebirgischer Volkskunst über Schlagringe und Butterflymesser bis hin zu SS-Uniformen eine große Auswahl an dummem Zeug zu kaufen.
Weiter ging es von Křivoklát nach Most – tolle Ausschilderungen der Umleitungen übrigens: die widersprachen sich auch das ein oder andere Mal – wo wir ohne viel Aufhebens durch die Plattenbauschluchten fuhren und hinter dem Fußballstadion vor der Eishalle parkten.
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Für eine Partie der 3. Liga, der Halbprofiliga also, mussten wir nur 1,50€ Eintritt für Sitzplätze zahlen. Die Halle war aber erstaunlich kalt, was allerdings auch nicht weiter verwundert, bei kaum 10% Auslastung. Wir legten, da vom Halbprofistatus vergleichbar, die 3. deutsche Liga zugrunde und kamen schon nach dem ersten Drittel zum Urteil, dass man in der Tschechischen Republik neben Burgen besichtigen, böhmisch essen gehen und Fußball in alten Stadien gucken, auch Eishockey sehen sollte. Selbst die 3. Liga ist hier wirklich gut. Besser als tschechischer Fußball. Im Übrigen war die Eishalle topp modern, wobei ich das nicht einmal positiv verbuchen will.
Was das Spiel anging, so war auch Thomas, für den es das erste Eishockeyspiel überhaupt war, angetan. Denn es wurde schnell, weitestgehend sauber, aber teils spektakulär und hart gespielt. Gute Torhüter verhinderten eine hohe Anzahl von Toren, doch die Moster machten ihre Überlegenheit nach und nach deutlich. Die Gäste aus Klatovy, dessen Wappen aus irgendwelchen Gründen ein zotteliges Rindvieh „ziert“, steckten zwar nie auf und waren auch nicht schlecht, aber bei weitem nicht so druckvoll und wendig vor dem Tor, wie Baník Most. Der Support war typisch tschechisch: ein paar Trommler und ganz wenige Schreihälse, sonst absolut tote Hose.
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Gutes, aber nicht sehr gutes Essen gab es dann im ganz nahe der Halle gelegenen „Švejk“ wobei ich mich wieder für die Spezialität des Hauses; einen gemischten Fleischteller (Enten-, Schweine- und Rindfleisch) mit Rot- und Weißkraut sowie drei Sorten Knödel, entschied. Noch empfehlenswerter: Schnitzelrollen mit Würstchen und Schimmelkäse, dazu Salat – klingt komisch, schmeckt toll!
Thomas noch schell in Oberwiesenthal abgeliefert, dann selbst nach Žatec. In der Stadt, wo das Bier zu Hause ist, sollten wir noch eine Nacht verbringen, ehe der letzte Tag der Ferien einen mittelmäßigen Abschluss liefern sollte.
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Statistik:
Ground Nr. 360 (ein neuer Ground; diese Saison: 29 neue)
Sportveranstaltungen Nr. 895 (diese Saison: 37)
Tageskilometer: 520 (Auto)
Saisonkilometer: 11.300 (10.420 Auto/ 890 Fahrrad/ 90 öffentliche Verkehrsmittel/ 0 Flugzeug)
Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 21
Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 166

Photos and English version:
Castles and Ice hockey.

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