Endlich ergab sich mal wieder die Gelegenheit nach Marokko zu
reisen. Mit 100 Sportveranstaltungen in 83 Grounds (bei 6 Sportarten) ist es
das fremde Land, in dem ich die meisten Spiele und meisten Grounds besucht
habe. Da ich 2013/2014 dort ein Auslandssemester absolviert und bei einer
Gastfamilie gewohnt habe und Anfang 2015 und Ende 2018 selbige noch mal
besucht habe, ist es auch das fremde Land, was mir am wenigstens fremd ist. Den
Kontakt zu Khadija und Driss und ihren Kindern Mohammed, Hamza, Zakaria und
Ghita habe ich ja immer regelmäßig gehalten – mit der Tochter in den letzten
Monaten auch häufiger aufgrund ihrer beruflichen Pläne. An ihr merkt man
natürlich auch am stärksten, wie die Zeit vergeht und wie lange ich bereits
nach Marokko Kontakte habe: Als achtjährige Grundschülerin kennen gelernt,
nun eine Achtzehnjährige wenige Wochen vorm Abi. Sportlich hat sich in Marokko in den letzten Jahren ja auch
einiges getan. Herausragend sind die vielen Dutzend Lehm- und Hartplätze,
welche unter Beibehalt oder Sanierung der Tribünen (wenn zuvor vorhanden) in
Kunstrasenplätze umgebaut wurden und so gut wie überall binnen weniger Monate
ohne irrsinnige Auflagen wie man sie aus Deutschland kennt realisiert wurden
– so einen asozialen Abschaum wie lärmempfindliche Nachbarn, die an einen
Sportplatz ziehen und dann gegen dessen Nutzung oder Ausbau klagen, gibt es
anscheinend nicht in Marokko. Auffällig ist, dass die Anzahl der
Frauenmannschaften im Spielbetrieb seit 2020 enorm gestiegen ist – und auch
die Anzahl der Schiedsrichterinnen deutlich zugenommen hat. Fantastisch war
natürlich die Leistung der (zur Mehrheit, aber nicht ausschließlich aus
Auslandslegionären bestehenden) Nationalmannschaft der Männer bei der WM vor
einem halben Jahr. Die Frauen-Nationalelf muss sich in zwei Monaten in
Australien beweisen – doch auch hier ist die Leistungssteigerung schon
deutlich erkennbar! Man kann also klar sagen: Sport und insbesondere der
Fußball ist in Marokko im Aufwind und die Professionalisierung, Infrastruktur
und Leistungen werden besser. Passend dazu pausierten in der Woche, in der wir in Marokko
waren, die professionellen Ligen – immer dieser Blödsinn zu den Feiertagen
(Ramadan gerade vorbei, 1. Mai ist auch in Marokko Feiertag)! Aber wozu gibt
es den Amateurfußball mit seinen immer wieder herrlichen Grounds in Marokko?! |
Anreise mit Kreispokal in Goch |
Photos with English commentary (FLICKR): |
Wegen anderer anstehender Reisen, dem Ramadan im Frühling und den
blöden Flugverbindungen, fuhren nur mein Vater und ich und auch nur für eine
knappe Woche Ende April, Anfang Mai. Zuerst ging es nach Goch bei Weeze. Denn
von Weeze konnte man wenigstens für akzeptable 200€ (aber nur
Mini-Handgepäck) direkt nach Fés. |
Goch ist eine typische Stadt in der Region Niederrhein: so kurz
vor den Niederlanden weiß man immer nicht, ob man nicht doch schon über die
Grenze gefahren ist, da hier dieselben sterilen Backsteinbauten stehen, wie
in NL... Aber Goch hat immerhin einige schöne historische Gebäude wie das
Stadttor oder das Rathaus. Auch manches Privathaus sticht hervor. Die Gastronomie fiel uns positiv auf. Viel Auswahl, relativ lange Öffnungszeiten – allerdings recht hohe Preise. Häufig angeboten in Imbissen: Kapsalon, hier meist mit Dönerfleisch. Das niederländische Gericht besteht aus überbackenen Schichten Pommes + Fleisch + Salat und Soße. Die gebuchte Unterkunft war auch OK. Das „Hostel zum Padre“ hat
zwar nur kleine Zimmer mit Bad auf dem Gang, aber die sind sehr ordentlich
und gepflegt. Wie in einem richtigen Hotel steht auch eine Flasche Wasser auf
dem Schreibtisch. DZ 49,50€. |
SV Viktoria Goch |
1 : 2 (1:0) |
TSV Wachtendonk-Wankum 1910 |
-
Datum: Mittwoch, 26. April 2023 – Beginn: 20.00 -
Tore: 1-0 30. Tiganj, 1-1 52. Tatzel, 1-2 67. Bongers -
Gelbe Karten: 2x Goch, 3x Wachtendonk -
Rote Karten: keine -
Austragungsort: Hubert-Houben-Stadion Goch (Kap. 6.000, davon 1.000 Sitzplätze) |
Photos with English commentary (FLICKR): |
Natürlich besuchten wir vor dem Abflug nach Marokko am nächsten Morgen,
auch noch ein Mittwochabendspiel. Im schönen alten Hubert-Houben-Stadion von
Viktoria Goch – überdachte Sitztribüne, Stehstufen gegenüber, Wälle; wirklich
sehenswert der Bau! – fand ein Kreispokalspiel zwischen der
Bezirksligaspitzenmannschaft von Goch und einem sicheren Absteiger aus der
Landesliga, Wachtendonk-Wankum statt. Anfangs machte der Gastgeber auch den
ausreichenden Druck, um hier 1:0 in Führung zu gehen. Doch ein verschossener
Elfer und der Seitenwechsel später, und der Gast kam deutlich besser in die
Partie. Am Ende noch ein nicht unverdienter 1:2-Sieg! |
Tagesstatistik: 1 neuer Ground, 1 Spiel, 380km Auto |
Vom Flugplatz gleich auf den Fußballplatz – 4. Liga in Ober-Taza |
Photos with English commentary (FLICKR): |
Ryanair ist eine Drecks-Fluglinie: Überall unlautere Bedingungen und
unseriöse Kostenfallen, perverse Gepäckbeschränkungen, null Service. Wenn ich
sehe, wie viel besser da die oftmals noch billigere Pegasus ist... Aber
wenigstens ist Ryanair fast immer pünktlich und so gut wie nie stark
verspätet oder von Gewerkschaftsterror betroffen. Also kurz vor der Abfahrt
nach Goch noch Online eingecheckt (bei Pegasus am Schalter kostenlos, bei
Ryanair 55€ für was auch immer, wenn man diesen Online-Check-in nicht machen würde).
Am Morgen dann von Goch nach Weeze, den günstig gebuchten Parkplatz einige
hundert Meter entfernt vom Terminal aufgesucht, dort gute Lust bekommen, bei
dem Holländer neben uns der fast anderthalb Parkplätze mit einem Kleinwagen belegte,
den Spiegel abzutreten (alle idiotisch geparkten Autos auf dem Parkplatz
hatten NL-Nummern...) und dann erstmals nur mit Handgepäck geflogen. |
Association Qods Sportive Taza (Jamîyah Al-Quds Ar-Riyadhiya Taza) |
4 : 2 (2:2) |
Association Fath Sportive Ouislane (Jamîyah Fath Ar-Riyadhiya Wislan) |
-
Datum: Donnerstag, 27. April 2023 – Beginn: 16.00 - Tore:
NN -
Gelbe Karten: NN -
Rote Karten: keine -
Austragungsort: Terrain Larbi Mehdi (Kap. 2.000 Stehplätze) |
Photos with English commentary (FLICKR): 4th Division Football in
Morocco: Qods Taza vs. Fath Ouislane |
Nach dreieinhalb Stunden landete der Flieger pünktlich in
Fés-Saiss. Relativ zügig geht es voran, wenn man keine Koffer abholen muss.
Praktisch ist auch, dass nun selbst in Marokko seit ein paar Monaten jegliche
verbliebenen Schikanen aus der dunklen Zeit der Coronahysterie – also
Impfpasskontrollen, Gesundheitserklärung unterzeichnen usw. – abgeschafft
wurden. Die Einreisekarten wurden ebenfalls abgeschafft, man muss dem
Grenzbeamten nur kurz erklären, wo man unterkommt, was man beruflich in
Deutschland macht und ob man auch in Marokko etwas beruflich macht sowie wie
lange man bleiben will. Was wieder einmal endlos aufhielt, war der Mietwagen.
Leider sind offenbar alle Mietwagenanbieter an diesem Flughafen lahmarschig
ohne Ende. Über eine Stunde dauerte es mal wieder, bis wir den Dacia Sandero
in Empfang nehmen konnten – dabei war ich der erste Kunde zu der Zeit bei
Budget. Bei Hertz ging es vor ein paar Jahren fast genauso langsam, Budget
hatte wenigstens die geringeren Preise. Im internationalen Vergleich sind die
Mietwagen in Marokko eher günstig, prinzipiell empfehle ich auch das Mieten
eines Autos – doch verglichen mit der Zeit vor der Chinagrippe sind die
Preise enorm angestiegen. Basispreis mit schlechtem Versicherungsschutz für
den Dacia Sandero: 35€ pro Tag. Dafür hat man vor Corona einen Duster mit
kaum Selbstbehalt bekommen. |
Durch den lahmen Service bei Budget, fuhren wir direkt auf die
Autobahn und ab nach Taza. Ich war bereits zwei Mal dort, mein Vater immerhin
einmal. Die Mittelstadt in einer grünen und stark bewaldeten
Mittelgebirgsregion ist sehenswert aufgrund der ummauerten Altstadt, die
Landschaft drumherum zählt zum Schönsten, was Marokko zu bieten hat. Am Sonntag
fuhren wir deshalb mit Freunden noch mal in die Region. Am heutigen Donnerstag hatten mein Vater und ich aber nur Fußball
im Blick: Zum Anstoß parkten wir den Wagen in der Oberstadt hinter der
Stadionmauer ab. Es gibt ja das größere Stadion mit Rasen und einem
Handballplatz in der Unterstadt und ein kleineres Stadion mit
Kunstrasen und einer größeren Sporthalle in der Oberstadt. Für die
Viertligapartie auf dem Kunstrasen zahlte man 20 Dirham (1,80€) Eintritt. Das
entspricht locker dem Doppelten von vor 5 oder 10 Jahren. Man merkte hier,
dass Corona, Wirtschaftskrise wegen Ukraine-Russland-Krieg und WM zwischen
meinem letzten Spielbesuch und ebendiesem bei Qods Taza lagen... Anders als beim Stadion in der Unterstadt, ist die
Tribünenüberdachung in der Oberstadt noch nicht fertig. Die einzige Tribüne
mit ihren sechs Reihen ungleich hoher Betonstufen hat in der Mitte ein olles
Holzgerüst, das noch nicht saniert und mit neuem Dach versehen wurde. Also
ist ja schön, dass man dann freien Blick in die nicht weit entfernte
Berglandschaft hat. Das ungestörte Panorama mit Minaretten und einem Marabout
(eine nordafrikanisch-muslimische Grabkapelle) ist auch schön. Aber bei
praller Sonne und bis zu 43 Grad hätte es schon Schatten geben können für 20
Dirham Eintritt!!! Auf dem Feld störte die trockene Hitze keinen und es ging zügig
los. Kaum hatten wir uns gesetzt, schon gab es einen umstrittenen Freistoß
für den Gast aus Ouislane bei Meknés, der toll in den Winkel gezimmert wurde.
Schnell glich der nach Jerusalem benannte Heimverein (bzw. das Stadtviertel
in Taza, wo der Club gegründet wurde, heißt nach Jerusalem, Al-Quds = Qods)
vom Punkt aus. Die 2:1 Führung wurde dann ebenfalls egalisiert. Eine tolle
erste Hälfte! Auch in Hälfte zwei gab es viele gute Torszenen, doch Fath
Ouislane war nun ziemlich abgemeldet. Der Abstiegskandidat erzielte keinen
weiteren Treffer, der Gastgeber kam jedoch noch zu zwei weiteren Toren zum
verdienten 4:2 Sieg, der vor einer deutlich unterdurchschnittlichen Kulisse
von gut 150 Zuschauern erzielt wurde. |
Danach liefen wir noch etwas um die Anlage herum und schauten mal
kurz in die Sporthalle rein. Da wir im 120km entfernten Ain Cheggag erwartet
wurden, schauten wir nicht noch U19-Futsal, was gerade angepfiffen wurde.
Nach Marokko komme ich sowieso nächstes oder übernächstes Jahr mal wieder –
da kann ich ja auch ein viertes Mal nach Taza, um die vierte Sportanlage z.
B. mit einem Handballspiel abzuhaken... Jedenfalls ging es über die Autobahn wieder bis zur
Anschlussstelle am Flughafen. Nach Ain Cheggag hätte ich auch ohne Navi noch
gefunden. Doch im Ort zeigte sich, dass es gut war, dass mir Ghita noch am
Vorabend die genauen Koordinaten geschickt hatte. Ich war schon wieder eine
Straße zu weit gefahren und wunderte mich dann: So schmal, so uneben – und
das hässliche leerstehende Haus soll das sein?! Es war natürlich das deutlich
ordentlichere Haus schräg dahinter in der etwas breiteren Parallelstraße, was
mir dann ein prüfender Blick auf die WhatsApp-Nachricht verriet... Genau Ghita war es dann auch, die uns gleich an der Tür
herzlichst empfing. Ihre Mutter Khadija war ebenfalls da. Die drei Brüder
(beruflich in Fés eingespannt) und den Vater (auf Montage in Immouzer Kandar,
so 20km entfernt) trafen wir erst später auf dieser Tour. Wir unterhielten
uns noch lange, Ghita kochte nebenbei sehr gut eine süße Reis- und
Nudelspeise für alle und gegen Mitternacht war dann Ruhe. Dass eine
marokkanische Frau männliche Gäste beherbergt, wenn keine weiteren zur
Familie gehörenden Männer zuhause sind, kann übrigens zu Schwierigkeiten
führen; auch wenn die Gäste (so wie wir) ein Stockwerk unter den
Gastgeberinnen nächtigen – aber die Untermieter und Nachbarn muckten offenbar
nicht auf... |
Tagesstatistik: 1 neuer Ground, 1 Spiel, 2.130km Flug und 260km Auto
(davon 240km Mietwagen). |
Die irren Sportanlagen der Phosphatstadt Khouribga |
Photos with English commentary (FLICKR): a) Sightseeing in the Middle Atlas Region: Iqaddar, Bouchbel |
Am Freitag gab es einen größeren Tagesausflug nach Khouribga, der
Hauptstadt des Phosphatbergbaus. Da war ich wegen des tollen Stadions auch
schon mal. Das Nachwuchsleistungszentrum ist auch noch einen Besuch wert,
genial ist aber auch die große Sporthalle, die nach Kronprinz Josef (Moulay
Youssef) heißt – die war das heutige Ziel. Zudem gibt es noch eine Anzahl
weiterer, weniger spektakulärer Sportstätten dort in der Industriestadt. Wir fuhren über El Hajeb, Iqaddar und Bouchbel nach Moulay
Bouazza. Weiter ging es über Aguelmous, Sebt Ait Rahhou und Maadna nach
Khouribga. Die Landstraßen waren teils extrem eng und zerfahren. Die
Landschaft aber überall interessant. In Khouribga gingen wir ausgiebig Mittagessen und liefen etwas in
dem Park mit den Tierstatuen rum. |
Chabab Union Khouribga |
5 : 4 (3:1) |
Association Liones de Khouribga |
-
Datum: Freitag, 28. April 2023 – Beginn: 16.00 - Tore:
NN -
Gelbe Karten: NN -
Rote Karten: 1x CUK (39. Gelb-Rot wg. unsportlichen Verhaltens) -
Austragungsort: Salle Moulay Youssef (Kap. 3.000 Sitzplätze) |
Photos with English commentary (FLICKR): |
Eigentlich wollten wir Volleyball (1. Liga) gucken, doch das
haben die Idioten von diesem scheiß Verband kurzfristig verlegt – sowas habe
ich in Marokko noch in keiner Sportart erlebt. Wenigstens gab es Ersatz und
zwar ein Futsalspiel des regionalen Verbandes zwischen zwei Teams aus
Khouribga, was sehr spannend war und 5:4 für Chabab Union endete. Highlight war dennoch die sehr steile und hohe Halle mit
gegeneinander versetzenden Tribünensektoren, kunstvollem Bogendach und irrer
Gestaltung der Seitenwände. Etwas Vergleichbares ist mir noch nicht
untergekommen – das ansonsten wenig sehenswerte Khouribga hat einfach tolle
Sportanlagen! |
Nach dem Spiel fuhren wir bis auf einen Abstecher an den Stausee
bei Ain Bouacha, wo eine historisierende Villa verfällt und zum Verkauf steht,
und einen Halt am Oued Grou, wo die Flora besonders schön am Flussufer war,
denselben Weg über El Hajeb zurück. Am Abend in Ain Cheggag mussten wir noch schnell Fleisch kaufen.
Da z. B. ein Kilo Rinderhack 8€ kostet, kauft unsere Gastfamilie kaum Fleisch
– auch das billigere Geflügelfleisch nur selten. Daher habe ich dann das Rinderhack
bezahlt, denn auf die Kaufkraft gerechnet, müsste man in Deutschland mit 40€
pro Kilo kalkulieren. Also dem gewünschten Preis unserer grünen
Verbotsfetischisten. Wenn es bei uns soweit kommt, würde ich wahrscheinlich
mit Kollegen im Harz wildern gehen... Wildern macht unsere Gastfamilie nicht, da zu gesetzestreu und
Khadija ist auch nicht begeistert, wenn Ghita oder Hamza ohne Helm (erstere
ja sogar noch ohne Führerschein, denn den soll sie erst nach dem Abi machen) auf
dem Moped durch Ain Cheggag fahren, um mit mir das Abendessen einzukaufen.
Aber so fahren halt alle... |
Tagesstatistik: 1 Ground, 1 Spiel, 540km Mietwagen |
5. Liga in der hintersten Ecke der Provinz Fés-Meknés |
Photos with English commentary (FLICKR): Sightseeing in the Middle Atlas Region: Tighboulah,
Bouleman, Missour, Enjil, Zaouia |
Am Samstag suchte ich die höchstklassigste Partie in der Provinz
Fés-Meknés raus. Diese fand in der hintersten Ecke statt. Wenn schon die
Profiliga pausiert, ist das perfekt! Über Sefrou ging es via Tighboulah mit tollen Schluchten und
Serpentinenstraßen nach Bouleman. Seit Sefrou gab es auf der Strecke fast nur
Lehmbauten, nun auch wieder Kolonialstil und größere Moscheen. Einige
Kilometer blieb die Berglandschaft noch grün, doch nach Passieren eines
weiteren Höhenzugs gab es nur noch spärlichen Bewuchs. Dieser Teil des
Mittleren Atlas liegt im Regenschatten und fällt dann nach Missour hin in
eine Wüstenebene ab. Sehenswert in der Ecke ist am ehesten Enjil, was wir erst nach
dem Spiel besichtigten. Das Dorf hat Wehrmauern und einige größere Gebäude.
Im benachbarten Zaouia gibt es auch noch ein ummauertes Gotteshaus. In Enjil
sind die Bolzplätze auch kurios: Halbfeld mit 6x2m großen Toren und
Handballfeld mit Handballtoren und ein Minispielfeld noch neben der Moschee.
Da waren gerade etwa zehn Kinder, überwiegend Mädchen in Aktion. Habe ich in
Deutschland noch nie erlebt (aber auch noch in keinem anderen europäischen
oder arabischen Land), dass mehr Mädchen als Jungen auf einem Bolzplatz kicken... Missour selbst war dann noch schlimmer als gedacht: Einen schönen
Blick hat man von mehreren Felsen, die Wege durch die Oasen sind nett, doch
ist der Ort staubig, öde, architektonisch uninteressant und vielfach
heruntergekommen. Wir gingen in einer Kaschemme essen, wo es ordentliche
Broiler mit Salat (gemischter Salat heißt in Marokko z. B. Nudeln, Reis,
Kartoffeln, Rote Beete und Tomaten) gab. Kurz vor uns wurden vier Herren am
Tisch im Obergeschoss fertig, die ich anhand der mitgeführten Mappe als das
Schiedsrichtergespann des anstehenden Fünftligakicks identifizieren konnte... |
Mouloudia Missour |
0 : 3 (0:1) |
Hilal Athletique Nador |
-
Datum: Samstag, 29. April 2023 – Beginn: 16.00 - Tore:
NN -
Gelbe Karten: NN -
Rote Karten: keine -
Austragungsort: Stade de Sport Missour (Kap. 1.500, davon 500 Sitzplätze) |
Photos with English commentary (FLICKR): |
Das Stadion von Missour ist ganz OK. Liegt an einer Moschee, wenn
man auf der Tribüne oben sitzt hat man etwas Blick über die Landschaft mit
den Oasen. Die Tribüne ist in den üblichen dunklen Rottönen gehalten und hat
ein Dach sowie Schalensitze. Ansonsten kann man um den Platz herum stehen,
hat dort aber den Zaun vor der Nase. Seit einigen Jahren ist der Platz
Kunstrasen, nicht mehr Lehm. Die Trainer der beiden zuvor hier aktiven Jugendmannschaften von
Mouloudia und Hilal hatten gut zu tun, ihre U13 und U15 Chaoten zu bändigen,
die nun die Männerpartie verfolgten. Uns Ausländer zugelabert, untereinander
ständig übelst beleidigt, Spieler und Schiris dummgemacht – dumme
Berber-Wänster halt... Der Tabellenführer war die 330km einfache Richtung gekommen, um
dem Drittletzten den entscheidenden Schubs Richtung 6. Liga zu verpassen. Das
mittelmäßige Spiel war erst ausgeglichen, doch Hilal nutzte einen Abpraller
konsequent zum 0:1 vor der Pause. Nach der Halbzeit zwei starke Schüsse in
der Schlussphase zum 0:3 Endstand. Ein Jugendlicher zeigte sich uns gegenüber enttäuscht vom Spiel
und erklärte, dass in Missour einfach nicht mehr gut Fußball gespielt wird
und in dem Ort alles den Bach runterginge. Diese abgelegene und öde Lage
dürfte in der Tat dazu führen, dass Missour einen Bevölkerungsrückgang zu
verzeichnen hat. So hoch sind die Geburtenraten in Marokko nämlich seit
einigen Jahren nicht mehr, als dass sie größere Abwanderung in den
strukturschwachen Regionen komplett ausgleichen könnten. Zum Aussterben
ganzer Landstriche wie in Ostdeutschland z. B. ist es aber ein ganz weiter
Weg und den wird Marokko aufgrund des leicht aber kontinuierlich steigenden
Wohlstands sowie der Landeskultur wohl auch kaum begehen. |
Am Abend in Ain Cheggag war nun auch Driss endlich von Montage
zurück. Wir fuhren noch nach Fés rein und besuchten Mohammed, den ältesten
Sohn der Familie und dem einzigen, der schon eine eigene Familie gegründet
hat. Seine Frau Wafae und die einjährige Tochter Firdous lernten wir dann
auch kennen. Die kamen dann gleich mit uns nach Ain Cheggag mit für die
beiden anstehenden Tage. Dafür spendierten die uns erstmal eine Runde
Schnecken an einem der Stände im Stadtteil Ain Smen. Marokko ist wohl das
einzige islamische Land, wo Schnecken zum Verzehr gezüchtet werden. Nachdem uns Mohammed noch seinen eigenen Friseursalon präsentiert
hatte, ging es nach Ain Cheggag zurück, wo es gegen Mitternacht noch ein
richtiges Abendessen gab. |
Tagesstatistik: 1 Ground, 1 Spiel, 440km Mietwagen |
Sieben Leute auf fünf Sitzen sowie fünf Tore im Nationalpark
Tazekka |
Photos with English commentary (FLICKR): Sightseeing just outside Fés: Ain Hamara,
Barrage Sidi Allal Elfassi, Bab Sgharna, El Menzel Sightseeing in Taza Region: Kassioua, Barrage Bab Louta, Ait Boudriss |
Der Sonntagsausflug war dann wie damals im Auslandssemester: Ein
interessantes Spiel rausgesucht, Besichtigungen drumherum geplant – und da es
entsprechend viele Interessenten gab, einfach mit sieben Leuten im Fünfsitzer
los. Sah dann halt diesmal so aus, dass mein Vater als Beifahrer bequem Platz
hatte, während hinten Driss, Khadija, Ghita und Wafae auf den drei Sitzen
zusammenrückten. Baby Firdous hockte entweder auf dem Schoß ihrer Mutter
Wafae oder auf Ghitas Oberschenkeln. So fuhren wir mehrere Stunden lang durch die ausgenommen schönen
Berglandschaften zwischen Fés und Taza, am tief eingekerbten Stausee Allal
Elfassi, bei Bab Sgharna und El Menzel, über Ribat Elkheir nach Kassioua und
zum Stausee Bab Louta, wo wir picknickten. |
Club Athletique Bouhlou |
3 : 2 (2:0) |
Union Sportive de Fés |
-
Datum: Sonntag, 30. April 2023 – Beginn: 16.00 -
Tore: NN -
Gelbe Karten: NN -
Rote Karten: keine -
Austragungsort: Stade Massira Ahl Boudriss (Bouchfaa; Kap. 1.500 Stehplätze) |
Photos with English commentary (FLICKR): 7th DIVISION FOOTBALL IN AHL
BOUDRISS (BOUCHFAA MUNICIPALITY): ASC BOUHLOU – UNION SPORTIVE DE FÉS |
Vom Stausee Bab Louta war es dann nur eine knappe halbe Stunde
bis nach Ahl Boudriss, einem Ortsteil der Gemeinde Bouchfaa, westlich von
Taza im Nationalpark Jebel Tazekka auf 1000 Metern Höhe. Der Nationalpark ist
sehr waldreich, wobei es in einer der Nachbargemeinden einen größeren
Waldbrand gegeben hatte. Es grünt da trotzdem wieder. Um den herrlich gelegenen Fußballplatz herum grünt es erstrecht.
Dichter Nadelwald, durchsetzt mit einzelnen Laubbäumen und Büschen. Der
sandige Lehmplatz wurde auf einer aufgeschütteten Fläche, die z. T. aus dem
Abraum, der aus dem Steilhang geprügelt wurde, aufgebaut wurde, angelegt. Auf
dem Steilhang kann man prima sitzen. Die Ordner zeigten uns den am wenigstens
anstrengenden Weg da hoch. Interessant ist auch das kleine Vereinsgebäude mit
den Umkleiden: eine Holzhütte mit modernem solarbetriebenen
Wasserversorgungstank. Das überwiegend aus Berbern bestehende Publikum war sehr fair und
auch wenn außer unseren Mitfahrerinnen kaum Frauen anwesend waren und wir
daher für Gästefans gehalten wurden, wurde man weder blöd angeglotzt noch
angepöbelt. In Missour oder weiter südlich z. B. sieht das ja anders aus. Das nach dem Grünen Marsch in die West-Sahara (Massira al-Khadra)
benannte Stadion ist eines der schönsten in Marokko. Es ist die
Heimspielstätte für mehrere Vereine aus der Gemeinde Bouchfaa, die alle 6.
bis 8. (unterste) Liga kicken. Heute war der Siebtligist aus dem benachbarten
Ortsteil Bouhlou Gastgeber. Tabellenführer in der Staffel 3 dieser 1.
Kreisklasse oder Kreisliga B. Zugast ein Mittelfeldteam aus Fés, Ittihad bzw.
Union Sportive (US). Traurig, wo USF gelandet ist. Der Verein ist mit dem
Gründungsjahr 1915 wohl der älteste noch existierende marokkanische
Fußballverein bzw. Mehrspartenverein mit Fußballabteilung. Sie nahmen wohl
auch schon an der ersten offiziellen Fußballmeisterschaft (Vorläufer der
heutigen Botola Pro) in der Saison 1915/16 teil. Damals spielte man in
mehreren Staffeln im französisch-besetzten Marokko sowie im
spanisch-besetzten Marokko separate Meisterschaften aus. Ende der 20er bis in
die 50er Jahre spielten die Sieger gar eine Meisterrunde mit den anderen
französischen Kolonien in Nordafrika (Algerien und Tunesien) aus. Da war US
Fés aber schon nicht mehr so erfolgreich. 1924 und 1925 holte sie jedoch zwei
Mal den Meistertitel für Französisch-Marokko. Leider sind die Daten zu den
Meisterschaften vor der Unabhängigkeit extrem lückenhaft und auch auf Französisch
oder Arabisch nicht herauszufinden. Mit der Unabhängigkeit verschwand die Fußballabteilung von US Fés
bald in der Bedeutungslosigkeit der regionalen Ligen. Heute also Mittelfeld
der zweituntersten Liga, die meisten Heimspiele finden daher auch nicht mehr
im Stade Hassan II (Naturrasen und 10.000 Sitzplätze) sondern auf einem der
Kunstrasenplätze im Sportkomplex Saadienne (1.000 Stehplätze) statt. Die
einzige erstklassige Abteilung von US Fés sind die Rugbyspieler – doch weder
die Männer noch die Frauen sind da auf Meisterschaftskurs, nur immerhin noch
1. Liga. Erfolgreich ist auch die Schwimmabteilung, die die Anlage neben dem
Stade Hassan II nutzt. Andere Abteilungen, die allesamt zumindest etwas
erfolgreicher als die Fußballer in Marokko agieren, sind Handball,
Volleyball, Basketball, Tennis, Tischtennis und natürlich Petanque (also
Boules oder wie es auf Arabisch heißt „kurat al-hadidiya – Eisenball“). Auch heute vergeigte die Fußballabteilung dieses sehr
interessanten Clubs ihre Partie. Die Torwart schien sonst auf dem Feld
mitzukicken, griff jedenfalls toll daneben und die Weitschüsse sowie
sonstigen Angriffe von Bouhlou waren auch sehenswert und dem Tabellenplatz
angemessen. 2:0 bei Halbzeit. Der Gast kam aber verwandelt aus der Pause und
traf erst vom Punkt und dann aus Nahdistanz zum Ausgleich. Es war dann aber
wieder der Torwart, der Scheiße baute und einen Stürmer von Bouhlou am
Elfmeterpunkt umnietete, sodass es nun für die Gastgeber Elfer gab. Dieser war
scharf geschossen und rutschte unter seinem Körper durch. Ein paar Minuten
später wurde ein Ersatzmann für ihn eingewechselt. Der war auch unsicher,
kassierte aber wenigstens keinen weiteren Treffer mehr. Ittihad kam leider
dennoch nicht mehr zum Ausgleich. |
Nach diesem sehr schönen Spielbesuch fuhren wir die schöne Straße
durch die Schlucht nach Oued Amlil und von da die Bundesstraße nach Sidi
Harazem bzw. Fés und Ain Cheggag. Einmal hielt uns die Gendarmerie an,
allgemeine Verkehrskontrolle, gespannte Blicke auf der Rückbank, ob der nun was
kassieren will. Aber der Uniformierte wollte nur mal prüfen, ob die Karre
wenigstens versichert ist, wenn denn schon mehr mitfahren als erlaubt... |
Tagesstatistik: 1 Ground, 1 Spiel, 280km Mietwagen |
Ausflug ans Meer mit Beachsoccer in Ksar Sghir |
Photos with English commentary (FLICKR): |
Am Sonntag musste Driss arbeiten, sodass es für die Damen auf der
Rückbank bequemer war mit dem Sitzen. Nur Baby Firdous hockte dann halt immer
wechselweise bei Mutter, Oma oder Tante auf dem Schoß. Dafür, dass der Hinweg
über die Landstraßen so furchtbar lahm und anstrengend war, verhielt die Kleine
sich auch sehr ruhig. Die Landschaft zwischen Ouezzane, Chefchaouen und
Tetouan ist herausragend. Auch hier
blieb eine Kontrolle der Polizei folgenlos. Wie sehr Marokko durch
Auswanderung geprägt ist, bekam ich dann kurz vor Chefchaouen noch mal in
anderer Form präsentiert: Erst kürzlich hatte ich erfahren, dass Khadijas
jüngste Schwester Faiza, mit der ich im Auslandssemester immer mal was
unternommen habe – und in so einer Konstellation als vermeintliches Ehepaar
(denn nur gute Freunde geht nach Meinung vieler Marokkaner, deren Meinung man
gar nicht hören will, ja nicht) erlebt man in Marokko so einiges Kurioses –
mit ihrem Mann und Sohn Anfang des Jahres nach Kanada ausgewandert ist.
Allerdings nur ein Zweijahresvertrag und nicht sicher, ob sie überhaupt
bleiben will. Tja, irgendwann noch vor Corona meinte sie noch zu mir, sie
könne sich nicht vorstellen ins Ausland zu gehen, außer für Urlaubsreisen. Jetzt
rief sie von ihren Weg zur Frühschicht in Montreal Khadija an und ließ meinen
Vater und mich grüßen. Gerade als wir auf der Umfahrung von Chefchaouen
waren, wo wir 2014 mal eine sehr lustige Tour zu zweit gemacht hatten... Endlich in Ksar Sghir angekommen, parkten wir auf einem der
privaten bewachten Stellplätze und gingen dann unweit der namensgebenden Festung „Kleines Schloss“ an den
Strand. Dort gibt es auch Rettungsschwimmer, wobei ich nicht weiß, wie viel die zu tun kriegen, denn so wenig verbreitet sind zumindest Grundkenntnisse im Schwimmen oder Schwimmkurse an Schulen auch wieder nicht. Ghita zum Beispiel kann sicher schwimmen – die interessiert sich aber auch für alles
sportliche, was die drei großen Brüder machen und will das auch immer alles können,
daher auch das Interesse an Fußball, trainieren verschiedener Sportarten, die
in Ain Cheggag gerade als Kurse angeboten werden (Taekwondo, Fitness usw.)
und auch das Fahrrad- und Motorradfahren. Führerschein für Auto und Motorrad
muss dann in diesem Jahr natürlich auch noch sein, denn sonst fühlt sie sich
nicht modern und emanzipiert. Bei Wafae sieht das anders aus, da sie aus (noch)
einfacheren Verhältnissen als meine Gastfamilie kommt. Auf dem Rückweg sagte
sie mir, dass sie zum ersten Mal Autobahn fährt. Eine Berufsausbildung hat
sie keine, Schwimmen hat sie nie gelernt, schaut zwar auch gerne Fußball aber
hat nie im Verein Sport gemacht und als verheiratete Frau will sie das Wehren
und Verteidigen lieber auf ihren Mann abschieben, was Ghita und Sara ihr vor
ein paar Wochen mal austreiben wollten. Für Nahkampf mit den beiden war Wafae
aber wohl genauso wenig zu begeistern, wie für Ghitas Versuch hier in Ksar
Sghir, sie zum Reinspringen in Wellen und Schwimmübungen im bauchtiefen
Wasser zu bewegen... |
Club Ksar Magaz (Ksar Sghir) |
5 : 3 (3:0 / 1:1 / 1:2) |
S.E.B. Maghreb Tanger 1919 |
-
Datum: Montag, 1. Mai 2023 – Beginn: 17.15 -
Tore: NN -
Gelbe Karten: NN -
Rote Karten: keine -
Austragungsort: Plage Ksar Magaz (Beachsoccerplatz am öffentlichen Strand
Ksar Magaz in Ksar Sghir; Kap. 400 Stehplätze) |
Club Sportif Ajax Tanger |
3 : 2 (1:0 / 1:1 / 1:1) |
Association Al-Boughaz Tanger |
-
Datum: Montag, 1. Mai 2023 – Beginn: 18.30 -
Tore: NN -
Gelbe Karten: NN -
Rote Karten: keine -
Austragungsort: Plage Ksar Magaz (Beachsoccerplatz am öffentlichen Strand
Ksar Magaz in Ksar Sghir; Kap. 400 Stehplätze) |
Photos with English commentary (FLICKR): |
Wir seilten uns dann noch ans andere Ende des Strandes ab: Vor
den relativen schicken mediterranen Häusern an der Promenade, befindet sich
in Sichtweite der großen Hafenanlagen ein Beachsoccerfeld. Zwar keine
Tribünen wie am Aktivstrand in Warnemünde, aber viel geileres Panorama:
moderner Hafen, ältere landestypische Häuser, schöner Sandstrand, Blick ins
Gebirge auf marokkanischer sowie gegenüberliegend spanischer Seite, links
auch die Festung... Auf der Promenade konnte man prima zugucken. Es fanden
sich aber auch weit über 200 Zuschauer ein, teilweise ziemliches Bruchvolk.
Aber für weniger Pöbelpublikum hätten wir nach Martil zu dem Doppelspieltag
dort fahren müssen; Martil ist für Marokko das, was Sylt für Deutschland ist... Jedenfalls ist Strandfußball in Marokko weiter verbreiteter als
in Deutschland. Futsal ist ja sogar viel populärer als bei uns. Was den
Beachsoccer angeht, ist aber auffällig, dass fast ausschließlich wirklich in
See- oder Hafenstädten an natürlichen Stränden gekickt wird. Rostock (Robben
und Versandkostenfrei) ist in Deutschland hingegen so ziemlich der einzige Beachsoccerstandort
am Meer. Hier in der 2. Liga Nord spielen v.a. Teams aus Tanger, Tetouan und
Martil – und eben eine Mannschaft aus dem kleinen Ksar Sghir, dass nur
Kleinfeldfußball und Beachsoccer hat. Es gibt gar keinen Großfeldplatz im
Dorf. Andere Erst- und Zweitligisten kommen z. B. aus Rabat, Casablanca oder Agadir. Kuriose Ausnahme ist Smara, die
einzige weit weg von der Atlantikküste liegende Stadt der Westsahara: die
haben es 250km zum Meer und schütten daher ihren Saharasand spieltauglich auf
eine Freifläche um Beachsoccer zu zocken... Ein weiterer Unterschied zu
Deutschland: Es wird nicht in Turnierform, sondern in Ligaform gespielt. Ein
Spiel dauert 3x15 Minuten effektiv. Die Heimmannschaft vom namensgebenden Strand Ksar Magaz trat
zuerst an. Der 1919 gegründete Verein Maghreb Tanger (damals natürlich
erstmal nur Großfeldfußball im Angebot, kein Beachsoccer) wurde anfangs
kräftig überrollt. Ein tolles Spiel das im ersten Viertel 3:0 stand. Ksar
Magaz war weiterhin die bessere Mannschaft, doch der Gast kam nach und nach
etwas ins Spiel. Am Ende wurde es noch mal eng, doch mehr als ein 5:3
erreichte Maghreb Tanger nicht mehr. Hier wurde wirklich guter Strandfußball
gezeigt! Das zweite Spiel war vor allem in den ersten 20, 25 Minuten
deutlich schwächer, sah aber immerhin eine furiose Schlussphase und war noch
enger. Spielerisch waren beide Teams aber deutlich dahinter einzusortieren.
Ajax gewann am Ende 3:2 gegen Boughaz. Beide Teams sind aus Tanger und
spielten wohl nur hier, weil der Stadtstrand Tanger mit vier anderen
Paarungen an diesem 1. Mai zu stark belegt war. |
Da Khadija nicht so viel von den Gaststätten in Marokko hält,
fuhren wir danach bis Ain Cheggag durch. Das Abendessen kurz nach Mitternacht
war für uns kein Problem, andere Europäer jammern natürlich rum, wenn nach
20, 21 Uhr erst gegessen wird. Der Rückweg über die Autobahn war zwar über
100km länger, als über die Landstraßen hin – doch mehr als eine Stunde
schneller! Aufgrund der Maut von gut 13€ und mehr Benzinkosten aber etwa
doppelt so teuer. Kein Wunder also, dass Wafae weder mit ihrer Familie noch
mit Mohammed jemals diese Autobahn benutzt hat... |
Tagesstatistik: 1 Ground, 2 Spiele, 790km Mietwagen |
Vor der Abreise noch ein C-Junioren-Spiel auf dem Hartplatz am
Wasserturm |
Photos with English commentary (FLICKR): |
Am Dienstag ging es dann leider schon wieder zurück. Ich hätte
noch um eine Woche verlängert, wenn ich gewusst hätte, dass die Fußballmafia
FRMF die Erstligaspiele wie Berkane gegen Maghreb Fes erst am 5. und 6.5.
ansetzt. Aber bei diesem Drecksverband weiß man das ja erst eine Woche
vorher. Naja, nächstes oder übernächstes Jahr komme ich mal wieder; dann
außerhalb von marokkanischen Feiertagen und dementsprechend eher zu einem Spieltag
der Botola Pro. Nach dem Frühstück gab es aber tatsächlich noch an einem
Dienstagvormittag Fußball. Erstmal sorgte aber Ghita dafür, dass wir von
Ryanair nicht abgezockt werden. Eine Kostenfalle die ich bisher noch nicht
kannte: Um nicht um 55€ von Ryanair betrogen zu werden, checkt man online 24
Stunden vor Abflug ein. Soweit so bekannt. Doch gibt es Flughäfen wie diese
Klitsche in Fés-Saiss, die keine Handy-Bordkarten lesen können. Also muss man
die heruntergeladene Bordkarte aus der App heraus ausdrucken. Da meine
Gastfamilie natürlich keinen Drucker zuhause hat, ging es zum „Ilyas Shop“.
Der ist, wenn man nach Süden durchs Dorf fährt kurz vorm Kreisverkehr in der
Ortsmitte rechts. Daneben ist auch der einzige Geldautomat (Volksbank, Banque
Populaire, Bank Chaabi) im Ort. Die sehr freundlichen Mitarbeiterinnen gaben
mir das Wifi-Passwort, ich schickte die Bordkarten per WhatsApp, die druckten
das für zusammen 36 Cent aus und ich vermied 2x25 Euro „Service“-Gebühr bei
Drecks-Ryanair. Für so etwas wie das Ausdrucken von Bordkarten Geld zu verlangen,
zeigt wieder nur die gute alte kriminelle Energie der Iren, die aus der
früher schlimmen Armut dieser damals noch wirklich abgelegenen Insel
resultiert. Bei der türkischen Pegasus Airline wird sowas nicht gemacht. |
Club Amjad Ain Cheggag (Fityan / U15) |
2 : 1 (1:0) |
Club Sportif Atlas du Sefrou (Fityan / U15) |
- Datum: Dienstag, 2. Mai 2023 – Beginn: 10.30 -
Tore: NN -
Gelbe Karten: NN -
Rote Karten: keine -
Austragungsort: Stade Stay Chkof (Ain Cheggag; Kap. 750 Stehplätze) |
Photos with English commentary (FLICKR): |
Ein Stückchen weiter südlich vom Kreisverkehr kommt erst die
Gemeindeverwaltung – die ganzen Ämter waren gut besucht und dementsprechend
auch der Copyshop von Ilyas, da man dort die ganzen Passkopien und sowas
macht. Direkt neben der Verwaltung liegt dann das Herzstück des leider
(bis auf zwei Moscheen und etwas Landschaft vielleicht)
sehenswürdigkeitenfreien Dorfes: Ein staubiger Hartplatz an einem markanten
Wasserturm mit einem niedrigen Zaun mit Mauer drumherum und einzelnen Bäumen
auf den Brachflächen zu den angrenzenden Straßen hin. Wie mir Hamza, der mal
bei Wifak Ain Cheggag spielte, sagte: Aus dem Kunstrasenprojekt ist immer
noch nichts geworden und Tribünen, die super auf die Seite vor dem Wasserturm
oder auch ein paar Stufen vor den großen Baum gegenüber passen würden, wurden
ebenfalls noch nicht realisiert. Anders als in Deutschland, wo man so etwas
wegen Lärmschutzklagen, Kostenexplosionen, Klagen nach EU-weiter
Ausschreibung, Umweltauflagen und/oder Desinteresse der vollgefressenen
Politikerkaste am Sport nicht realisiert, ist in Ain Cheggag das Problem,
dass die Stadtverwaltung in den letzten Jahren mehrfach auseinandergenommen
wurde (u.a. Geldwäsche, Vorteilsannahme etc.) und in dem ganzen Chaos immer
die Anträge auf die Fördergelder vom Verband verpennt wurden. So hat Ain
Cheggag nach wie vor einen der schlechtesten Plätze der Region, obwohl Wifak
nun Männer, Junioren, Juniorinnen und Amjad sogar noch mehr Teams (Männer,
Alte Herren, Frauen, Junioren aller Klassen und Juniorinnen aller
Altersstufen) hat. Hier teilen sich also mehr als 20 Mannschaften aus zwei
Vereinen einen Platz. Amjad (Ehre, Glorie) hat – auch im Wappen erkennbar –
mehrheitlich berberische Spieler, Wifak (Entente, Einigkeit, Vereinigung)
hingegen überwiegend Araber. Der Ort ist ja etwa 60:40 Berberisch/Arabisch
gemischt – soweit ich weiß, ist das bei Ortsderbys aber kein
Sicherheitsproblem und anders als deutlich weiter südlich bei berberischen
Vereinen öfters mal vorkommt, wird man auch in Ain Cheggag nicht angepöbelt
als Ausländer. OK, warum aber nun ein Kick heute Vormittag? In Marokko ist es
üblich, dass Juniorenspiele in den Schulferien unter der Woche vormittags
stattfinden. So auch diese C-Junioren Kreisligapartie zwischen Amjad Ain
Cheggag und Atlas Sefrou. Die Gäste kamen recht unpünktlich mit einem
unmöglichen Transporter und auffälligen, hinten nur in Berberisch beflockten
Trikots aus der 30km entfernten Kleinstadt. Das Schiedsrichtergespann
bummelte auch ohne Ende, da sie wohl die Kabinen hintereinander benutzten
mussten: Die junge Frau an der Linie hatte halt keine eigene Kabine in diesem
kleinen Vereinshaus... Aber auch hier wieder volles Gespann bei einer so niederklassigen
U15-Partie! Kürzlich erst in Bosnien vergleichbares gesehen – und die haben
dort ja eine genauso unvorteilhafte Altersstruktur wie wir in Deutschland. In
Niedersachsen schaute ich ja die nächste U15-Partie ganz unten: Von den drei
Partien die mit Abstand schlechteste und der angesetzte Schiri (natürlich
ohne Linienrichter) erschien nicht, sodass ein Ersatzmann ohne Karten und
Zettel pfiff. Genau wegen sowas bin ich hinsichtlich des deutschen Fußballs
absolut nicht optimistisch: Sport spielt in Deutschland eine immer geringere
Rolle – hier wird noch vieles wegbrechen! Die Partie in Ain Cheggag war jetzt natürlich auch nicht gerade Weltklasse,
aber ein Foulelfmeter direkt in den Winkel und ein Freistoß aus spitzem
Winkel in den langen Torwinkel sorgten für eine 2:0 Führung für Amjad Ain
Cheggag. Atlas Sefrou gelang nur noch der Anschlusstreffer: Ecke per Kopf
verlängert ins lange Eck. Ein auch verdienter 2:1-Sieg für die Jungs aus dem
Dorf meiner marokkanischen Gastfamilie – und ein klasse Abschluss für diese
sehr schöne Tour! |
Wir mussten dann noch den Mietwagen reinigen – mit Trinkgeld 3€ –
und selbigen volltanken (Diesel um die 1,10€ und Benzin um die 1,20€; was
verglichen mit der Kaufkraft Spritpreise um die 3,50€ in Deutschland bedeuten
würde – also so wie die marokkanischen Fleischpreise auch ein feuchter Traum
der menschenfeindlichen deutschen Grünen). Der Flieger hob leicht verspätet ab und landete daher auch 10
Minuten nach der Zeit in Weeze. Für Ryanair ungewöhnlich, aber da wir ja nur
Handgepäck hatten und es sich um eine Verspätung handelte, die bei der DB
noch als „pünktlich“ zählen würde, störte uns das nicht weiter. In Weeze holten wir noch mal Kapsalon-Kebab, was wir mitnehmen und
im Auto essen mussten, weil ja 21.30 oder 22 Uhr schon geschlossen wird. Wäre
in Marokko um die Zeit natürlich nicht passiert – in der Türkei auch nicht. Dann ging es zügig über die Autobahn nach Braunschweig und am
nächsten Morgen wieder arbeiten... |
Tagesstatistik: 1 Ground, 1 Spiel, 2.130km Flug, 400km Auto (davon
20km Mietwagen) |
Statistik
der gesamten Tour: - Grounds: 3.365 (7; diese Saison: 237 neue) - Sportveranstaltungen: 4.762 (8; diese Saison: 281) - Tourkilometer: 8.040km (4.260km Flugzeug und 3.780 km Auto,
davon 3.010 km Mietwagen) - Saisonkilometer: 56.960 (39.210 Auto, davon 9.030 Mietwagen/ 15.060
Flugzeug/ 2.630 Fahrrad/ 60 Bus, Bahn, Straßenbahn / 0 Schiff, Fähre) - Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 5 [letzte
Serie: 12, Rekordserie ohne 0-0: 178] - Jede Woche mindestens eine Sportveranstaltung seit:
Kalenderwoche 2 des Jahres 2021 (04.-10.01.), d.h. seit 123 Wochen in
Folge [letzte Serie: 30 Wochen von KW22/2020-51/2020; Rekordserie: 711 Wochen
von KW 31/2006 bis KW 11/2020]. |
Mittwoch, 10. Mai 2023
W3.0122I-W3.0123II: Ein langes Wochenende in Marokko mit Dorffußball im Gebirge und Strandfußball am Mittelmeer
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