Mittwoch, 4. Januar 2012

W283I: Über Marrakesh und die höchstgelegene Asphaltstraße Marokkos in die Festungsstadt Ouarzazate

Photos and English Version:

Nach dem Frühstück in El Jadida fuhren wir zu dritt in knapp drei Stunden über die Landstraße nach Marrakesh. Die N1 und N7 sind weitestgehend in gutem Zustand, doch recht stark frequentiert. Allerdings natürlich nicht so stark frequentiert wie die innerstädtischen Straßen Marrakeshs...
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Wir parkten in der Nähe des Bahnhofs, neben dem gleich die Stadtmauer beginnt. Bevor wir uns die Innenstadt anguckten, besichtigten wir aber den Jardin Majorelle, der eine herrliche Pflanzensammlung ist. Besonders Yves Saint Laurent machte sich verdient um den Unterhalt der Gartenanlage, die auch immerhin knapp 4€ Eintritt kostet. Dann führte Conny uns durch ein paar sehenswerte Teile der Altstadt, in der die rote Ziegellehmfarbe extrem dominiert. Kaum ein Haus das nicht rot gefärbt ist. Deshalb ja auch „Rote Stadt Marrakesh“. Der berühmte Sâħa Jâma’ al-Fanâ (oder auch Fenaa-Platz, Place du Fenaa oder so) bildet natürlich einen der Höhepunkte. Allerdings habe ich auch schon eindrucksvollere Plätze gesehen, als diese weitläufige und niedrig umbaute Anlage mit einer Unmenge an Schaustellern und Ramschhändlern darauf. Besonders grober Unfug sind natürlich die Henna-Malerinnen, Schlangenbeschwörer und – ganz besonders unsinnig – Affengaukler, die Touristen mit einem angeketteten Affen auf dem Arm gegen Entgelt ablichten lassen. Aber guten, frisch gepressten Orangensaft kriegt man selbst in dieser von Touristen überlaufenen Gegend schon für 0,40€. Man muss aber schon fast sagen, zum Glück von Touristen stark frequentiert, denn es wäre schlecht für viele Einheimische, wenn wegen der bekannten Zwischenfälle der letzten Jahre Touristen fernbleiben würden. Erst vor einigen Monaten bewiesen an diesem Platz einige vom Wahabiten-Abschaum aus Saudi-Arabien indoktrinierten Geisteskranke die Gefährlichkeit einer ganz bestimmten dünnen Schicht der marokkanischen Bevölkerung. Die Salafisten-Szene ist nicht zu unterschätzen und scheint in Marrakesh im Stadtbild auch etwas präsenter zu sein, als z.B. in Rabat oder Casablanca, auch wenn die Attentäter, die ein Cafe am Sâħa Jâma’ al-Fanâ samt einiger Gäste in die Luft sprengten, aus dem Umland von Casa kamen.

Nach der Stadtbesichtigung der Roten Gartenstadt stand eine spannende Weiterfahrt an. Die Fahrt heute war ohnehin schon sehr actionreich – wenn man so fährt wie die Einheimischen mit neuen Autos, an denen ich mich orientiert habe, rockt man die Landstraße ganz gut – aber wurde jetzt erst richtig spannend. Nun lenkte mein Vater die Karre über die Passstraße von Tizi-n-Tichka. Langsam steigt es von Marrakesh über den Atlas an. Am Anfang sind die Berge noch dicht bewaldet und Kakteen säumen den Straßenrand, doch dann geht es mit schroffen Felsen, extrem tief eingeschnittenen Tälern und spärlichem Pflanzenbewuchs weiter. An den schönsten Aussichtspunkten haben Nippesverkäufer und Restaurantbesitzer – meist Berber – ihre Geschäfte aufgebaut. Daneben kann man dann in die Landschaft fotografieren, wobei man immer die Verkäufer freundlich abwimmeln muss. Berbern wird oft eine besonders hohe Geschäftstüchtigkeit – aber auch Aufdringlichkeit – nachgesagt. Das bewahrheitete sich auch, als wir an zwei verschiedenen Punkten ausstiegen. Besonders am mit 2.260m höchsten Punkt der höchstgelegenen asphaltierten Straße Marokkos, dem Col du Tichka, waren ein paar recht hartnäckige Mineralienverkäufer. Deren Art einen zu einem Kauf zu überreden war schon etwas anders als die der arabischen Marokkaner. Unfreundlich waren sie allerdings nicht: Conny wurde z.B. von einem der Typen passenderweise als „Gazelle“ angesprochen, die als das schönste aller Tiere gilt...

Die Fahrt von Marrakesh nach Ouarzazate über den Tizi-n-Techka dauert übrigens schon so seine vier Stunden, denn mehr als einen 50er-Schnitt schafft man eigentlich nicht; manchmal ist es eng, mal fehlt die Leitplanke die einen Sturz in eine Schlucht verhindern soll, mal werden LKWs extrem knapp überholt und der Gegenverkehr muss bremsen – das ist schon eine anspruchsvolle Strecke! In Ourzazate ist es dann mitunter anspruchsvoll, in diesem recht toten Nest ein Restaurant zu finden. Wir gingen in eins in einer Nebenstraße in der Nähe des Wasserturmplatzes. Dort aßen wir zu dritt für nur 9,50€ typisch marokkanische Sachen wie Tadjîn (Tajine) und tranken den berühmt-berüchtigten, extrem süßen Pfefferminztee. Einfacher sind viele der Hotels zu finden, da diese entweder direkt an den Ausfallstraßen liegen (wie das Zaghrou, das Conny empfehlen kann) oder gegenüber der einzigen Sehenswürdigkeit der Stadt, der Festung, erbaut sind (wie das IBIS, dass wir beide vergünstigt gebucht hatten).
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Statistik:
Tageskilometer: 440 (440 Auto)
Saisonkilometer: 20.320 (15.400 Auto/ 3.000 Flugzeug/ 1.910 Fahrrad/ 10 Bahn, Bus, Tram/ 0 Schiff, Fähre)

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